Test | Peak Oil
Dass die Menschheit einen eindeutigen Einfluss auf das Klima und die Ressourcen unserer Erde haben kann, zweifelt seit Jahrzehnten niemand ernsthaft an. Die Wasserpegel steigen, die Temperaturen gehen durch die Decke und Naturkatastrophen häufen sich immer mehr. Die Umstellungen auf klimafreundliche Alternativen fällt dabei nicht immer allen leicht. Besonders als offen bösartige Öl-Unternehmen kann es problematisch sein, wenn die Profitgrundlage in naher Zukunft versiegt ist. Welche Optionen gibt es denn eigentlich außer das schwarze Gold und – vielleicht noch viel wichtiger – wer bekommt die letzten Tropfen davon?
2Tomatoes Games hat uns "Peak Oil" freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Darum geht es in dem Spiel
In „Peak Oil“ übernimmt die Spielgruppe die Rollen von Öl-Unternehmen in ihrem Kampf um die letzten Tropfen Öl. Ziel des Spiels ist es, die eigenen Öl-Geschäfte so gut wie möglich abzuwickeln und dadurch die Profite in umweltfreundliche Alternativen zu investieren.
Zu Beginn des Spiels erhält dafür jede Person ein persönliches Portfolio. Diese Karte, die bis zum Spielende verdeckt gehalten werden sollte, gibt an, über welche Unternehmen die eigene Öl-Firma schon verfügt und auf welche Technologien sie sich damit eher konzentrieren sollten. Jede Technologie besitzt dafür ein eigenes Symbol, das nach typischer Set-Collecting-Manier gesammelt und am Ende des Spiels für die Punktwertung verwendet werden kann.
Alle Öl-Fässer im Spiel befinden sich bereits zu Beginn der Partie im Beutel, wobei die Anzahl je nach Spielgruppengröße variiert. Jedes Mal, wenn neues Öl auf den Spielplan gelegt wird, wird aus diesem Beutel gezogen (was in speziellen Fällen auch negative Auswirkungen haben kann). Ist das Öl im Beutel aufgebraucht, beginnt die letzte Runde und der Kampf um die letzten Öl-Fässer entbrennt noch mehr.
Während eines Spielzuges haben die Personen genau zwei Aktionen, um ihren eigenen Zielen ein wenig näher zu kommen. Mit ihrer ersten Aktion führen sie entweder eine Aktion auf einem Feld aus, auf dem sie bereits einen „Agenten“-Meeple positioniert haben (wodurch sie alle Meeple auf diesem Feld wieder an sich nehmen) oder sie bewegen einen Meeple auf eines der Aktionsfelder. Bei der zweiten Aktion gibt es nur noch die Option einen Meeple zu bewegen, sodass in einem Spielzug bis zu zwei Meeple bewegt und eine Aktion ausgeführt werden können.
Dadurch, dass nur Aktionen genutzt werden können, auf denen bereits eigene Meeple stehen, haben die anderen Personen der Spielgruppe Zeit, auf die geplanten Aktionen zu reagieren. Aktionen bringen nämlich den meisten Vorteil, wenn die eigenen Meeple auf dem Aktionsfeld in der Mehrheit sind. Hat man das erfüllt, kann das gesamte Aktionsfeld und die bis zu zwei aufgedruckten Optionen in einem Zug genutzt werden. So lassen sich Ölfelder kaufen, in Technologien investieren (um ihren Wert und damit auch die Siegpunkte für diese Technologien zu erhöhen), Bohrungen durchführen, den Schwarzmarkt etwas anfeuern oder das eigene Image in der Bevölkerung verbessern.
Herrscht auf einem Aktionsfeld ein Gleichstand kann nur eine der beiden angebotenen Optionen dieses Feldes genutzt werden. Zusätzlich muss sie blind ein Öl-Fass aus einem Beutel ziehen, was ein potentielles PR-Desaster auslösen könnte. Ist das gezogene Öl-Fass schwarz ist alles gut und das Fass wird auf den Schwarzmarkt gelegt. Ist das Fass jedoch gelb oder rot wird ein PR-Desaster ausgelöst und eine PR-Karte von einem der Stapel gezogen. Je häufiger diese Person bereits PR-Desaster ausgelöst hat, desto schlimmer werden sie. Genau bedeutet das, dass diese PR-Desaster immer schwieriger zu lösen sind und (sollten sie am Ende des Spiels noch aktiv sein) einige Minuspunkte einbringen.
Ein weiterer zentraler Ort des Spielfeldes sind die Öl-Bohrungen. Hier gelten die gleichen Regeln wie auf den Aktionsfeldern, wobei hier nur eine Aktion – nämlich das Verschiffen von Öl-Fässern – möglich ist. Wurden genug Bohrungen durchgeführt, um viel Öl auf die Öl-Felder zu legen, können sie an festen Routen entlang verschifft werden, wobei verschiedene Hindernisse im Weg stehen können, die auf unterschiedliche Weise zu überwinden sind.
Um den Wiederspielwert des Spiels zu erhöhen, kann „Peak Oil“ in einer sogenannten „Profivariante“ gespielt werden, die den Spielablauf und das verwendete Spielmaterial ein wenig verändern. So blockieren PR-Desaster zum Beispiel eigene Agenten, indem sie auf eine neue „Pr-Desaster-Leiste“ gestellt werden und das Spiel dadurch um einiges erschweren.
Mit der separat erhältlichen „Spill over“-Erweiterung lassen sich verschiedene Aspekte des Spiels durch Modulkarten verändern. So verändern sich der Spielaufbau oder bestimmte Spielphasen durch neue Sonderregeln, die anhand von 24 unterschiedlichen Karten beliebig kombiniert und variiert werden können.
Beim Betrachten der Spielschachtel von „Peak Oil“ hatten wir zunächst gemischte Gefühle. So ist insbesondere das Thema des Spiels mutig gewählt. Das wird dadurch verstärkt, dass dem Spiel auf den ersten Blick seine Intention nicht wirklich anzusehen ist. Auf den ersten Blick wirkte „Peak Oil“ auf uns wie ein klassisches Wirtschaftsspiel mit Öl-Thematik, bei dem man selbst eine Öl-Firma spielt und sie reich machen muss. So ganz hat dieser Eindruck aber auch auf den zweiten Blick nicht nachgelassen. Im Prinzip ist es genau das. Öl-Firmen konkurrieren um das meiste Geld und um den meisten Einfluss auf dem Öl-Markt, wobei möglichst wenig über die Gefahren des Öl-Handels thematisiert wird.
Erst im Kleingedruckten wird klar, was „Peak Oil“ tatsächlich deutlich machen möchte. Zwar ist es im Spielverlauf wichtig, viel Öl zu ergattern und den eigenen Profit zu steigern, gewinnen wird aber die Person, die die Gewinne am sinnvollsten in erneuerbare Energien gesteckt hat. Wie viel Öl eine Person zu diesem Zeitpunkt besitzt, ist damit völlig egal, da diese Ressource keinen Wert mehr hat. Thematisch begibt sich „Peak Oil“ damit auf eine Gradwanderung zwischen zwei Welten, wobei die Linie nicht immer ganz klar erkennbar ist.
Positiv aufgefallen ist uns, dass das Regelbuch mit einigen humorvollen Einlagen untermauert wurde, die bewiesen, dass sich „Peak Oil“ selbst nicht wirklich ernst nimmt. Leider übertrug sich dieser Humor aber nicht auf das Spielfeld, wodurch der Spielablauf an sich ein eher strikteres Wirtschaftsspiel ist. All die von mir angesprochen Punkte müssen per se nicht negativ sein, beschreiben in ihrer Gesamtheit aber ein Spiel, das schon eine sehr spezielle Zielgruppe ansprechen möchte.
Dabei ist der Spielablauf spannend. Planen ist in jeder Situation der Weg zum Sieg. Wer nicht mindestens an zwei Plänen gleichzeitig in den eigenen Spielzügen arbeitet, wird schnell untergehen. Insbesondere dadurch, dass alle Personen auf geplante Situationen reagieren können, macht „Peak Oil“ zu einem sehr gemeinen und aggressiven Spiel. Alle wissen, welche Optionen eine Person im nächsten Spielzug besitzt, und so können sie direkt dagegen agieren, um so möglichst effektiv im Weg zu stehen und Pläne zu vereiteln. Freundliches Handeln unter Freunden weicht Gedanken, wie man dem Gegenüber am meisten Schaden kann, ohne die eigenen Pläne zu vernachlässigen. Genau wie das Thema polarisiert diese Spielweise ebenfalls, da nicht jede Spielgruppe davon angesprochen wird.
Und genau hier bildet sich ein Problem heraus, das „Peak Oil“ meiner Meinung nach etwas plagt. „Peak Oil“ fehlt ein Solo-Modus. Zwar sind die Mechaniken interessant und das Spielgeschehen spannend, was aber durch die besonders polarisierende Spielweise und die Thematik viele Spielgruppen noch immer abschrecken kann. So bringt das beste Spiel der Welt nichts in der Sammlung, wenn es nicht gespielt wird, da sich keine Spielgruppe finden lässt. Durch den fehlenden Solo-Modus kann es damit nicht einmal von Fans gespielt werden, die sich ansonsten am Spielgeschehen begeistern könnten.
Spielgruppen, die sich hier angesprochen fühlen und gerne Wirtschaftsspiele mit einem sehr kompetitiven Spielgefühl interessant finden, könnten sich diesen Underdog einmal genauer ansehen. Personen, denen jedoch die passende Spielgruppe bislang fehlt, sollten es sich genau überlegen, ob das Spiel so gut auf die eigene Spielweise passt, dass sich das Warten auf eine passende Spielgruppe lohnen würde.
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Bilder vom Spiel
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Tags: 2-5 Personen, 45-60 Minuten, Set sammeln, Worker Placement, Wirtschaftsspiel, Eurogame