Test | Abgrundtief

Test | Abgrundtief

Es hätte eine entspannte Kreuzfahrt auf der S.S. Atlantica werden können. Stattdessen wurde es ein Albtraum mit Schrecken so finster, dass sie jeder Beschreibung trotzen. Mitten auf hoher See verwandelten sich die Passagiere in Kreaturen, die kaum noch Menschen glichen. Riesige Bestien aus den Tiefen des Meeres rissen an unserem Schiff. Wer eben noch klar denken konnte verlor im nächsten Moment den Verstand. Menschen schrien an Deck. Ich glaubte mich schon verloren, als mir ein Buch mit einem okkulten Ritual in die Hände fiel…

 

infos zum spiel

Wir haben "Abgrundtief" selbst gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

Worum geht es in dem Spiel?

„Abgrundtief“ ist ein semi-kooperatives, soziales Deduktionsspiel. Ziel ist es das Kreuzfahrtschiff, auf dem sich alle befinden, sicher nach Boston zu bringen. Allerdings gibt es Verräterinnen und Verräter an Bord, die das Ziel verfolgen das Schiff zu versenken.

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Zu Spielbeginn erhalten alle Teilnehmenden einen Charakterbogen, auf dem Spezialfähigkeiten, Startgegenstände und ein Startort vermerkt sind. Zusätzlich werden geheime Rollenkarten ausgeteilt, die festlegen welches der beiden Ziele die Person verfolgt. Die Menschen möchten den Albtraum überleben und das Schiff sicher in den Hafen von Boston steuern, während die Hybriden versuchen dies zu verhindern. Hat das Schiff die halbe Strecke zurückgelegt, werden erneut Rollenkarten ausgeteilt, sodass sich das persönliche Ziel mitten im Spiel noch einmal ändern kann.

Der Spielplan zeigt die Draufsicht der S.S. Atlantica. Das Schiff ist in mehrere Räume unterteilt, die verschiedene Aktionsmöglichkeiten bieten. Den äußeren Rand des Schiffes bildet das Deck, welches ebenfalls unterteilt ist. Rund um das Schiff befinden sich Wasserfelder. Zudem gibt es noch einen gesonderten Bereich, der sich „Die Tiefe“ nennt.

Wurden alle Karten gemischt und verteilt, die Charaktere an ihre Startpositionen gestellt und ein paar Tiefe Wesen eingesetzt startet das Spiel. Im Grunde fordert das Spiel die Lösung einer kooperativen Optimieraufgabe. Die Spielerinnen und Spieler müssen sich absprechen, wie sie ihre insgesamt drei Aktionspunkte am besten einsetzen können, um entweder Dampf im Kesselraum zu machen, die Tiefen Wesen abzuwehren oder andere Aufgaben lösen, die an Bord eines Schiffes anfallen, das droht von Vater Dagon in die Tiefe gerissen zu werden. Sind alle drei Aktionspunkte ausgegeben beginnt, was viele Fans von Spielen aus dem „Arkham Horror“-Universum bereits kennen, die Mythosphase!

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Dazu wird eine Mythoskarte gezogen, die eine Krise zeigt, welche bewältigt werden sollte. Diese können ein brennender Raum, durchdrehende Passagiere, knappe Nahrung an Bord, ein Leck im Rumpf und viele weitere Katastrophen sein. In den meisten Fällen zeigt die Mythoskarte einen Probenwert an, den alle gemeinsam zu erreichen versuchen. Zudem ist angegeben welche Karten sich positiv auf die Probe auswirken und welche die Probe sabotieren. Es gibt fünf Arten von Fertigkeitenkarten, welche Aktionen und Sonderfähigkeiten bereithalten, aber auch einen Zahlenwert. Auf dem Charakterbogen jeder Person ist angegeben von welchen Stapeln sie Karten ziehen darf. Fordert eine Probe z.B. Stärke und Wille, der eigene Charakter darf aber nur Wahrnehmungs- und Wissenskarten ziehen, kann er zum Gelingen der Probe wenig beisteuern. Reihum dürfen nun alle Karten für die Probe abgeben. Der Wert einer geforderten Fertigkeit wird zum Ergebnis dazugerechnet und alle anderen Fertigkeitskarten werden vom Ergebnis abgezogen. Zu jeder Probe werden noch zwei zufällige Karten vom Chaosstapel hinzugefügt und im Anschluss die Karten aufgedeckt. In diesen Momenten könnte sich herausstellen, dass einige Personen vielleicht gar nicht daran interessiert sind, dass die Reise weitergeht. Versucht vielleicht jemand aktiv das Vorankommen zu sabotieren?

Danach werden die Konsequenzen der Probe abgehandelt. Es könnte sein, dass Vater Dagon und Mutter Hydra aus der Tiefe kommen und beginnen das Schiff zu zerstören, oder einfach Brennstoff, Nahrung, Seelen oder geistige Gesundheit verloren geht. Sollte eine dieser Ressourcen auf Null fallen, ist das Spiel für die Menschen verloren. War eine Probe erfolgreich kann es gut sein, dass das Schiff weiterfährt. Dazu wird ein Marker eine Leiste weitergeschoben. Sollte der Marker das Ende erreichen wird eine Etappenzielkarte mit einem Zahlenwert der Fahrt hinzugefügt. Sollten alle Karten zusammen den Wert Zwölf erreichen, oder überschreiten, braucht es nur noch eine Etappe auf der Leiste und das Schiff hat sicher den Hafen von Boston erreicht.

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Unter der Fahrtleiste befindet sich die Ritualleiste, auf der ein Fortschritt durch erfolgreiche Proben erreicht werden kann. Sollte sie ihr Ende erreichen werden die Tiefen Wesen entfernt und Vater Dagon und Mutter Hydra erst einmal zurück in die Tiefe verbannt.

Hybriden können ihre Gesinnung auch während des Spiels aufdecken, um aktiv gegen andere Personen zu arbeiten. Dann dürfen sie eine sechste Art von Fertigkeitskarten ziehen, die Verratskarten, und s andere Personen an Bord angreifen. Spielerinnen und Spieler, die diesen Schritt gewagt haben, müssen aber damit rechnen von den anderen überrumpelt und gefangen genommen zu werden.

So hangeln sich alle von Krise zu Krise, bis eine Bedingung für das Spielende erreicht ist.

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Die dritte Rolle!

Neben den Menschen und den Hybriden gibt es noch die Rolle des Kultisten, die erschwerte Siegbedingungen hat. Ein Kultist gewinnt nur, wenn die Gruppe bereits den Wert Zwölf mit den Etappenzielen erreicht hat, das Schiff dann aber auf der letzten Strecke untergeht. Die Rolle sollte erst genutzt werden, wenn alle das Spiel beherrschen.


Die Rolle des Kultisten habe ich absichtlich gesondert am Ende erwähnt, denn sie zeigt am besten was „Abgrundtief“ für ein Spiel ist. Es ist kein berechenbares, ausbalanciertes Euro Game, bei dem es lediglich auf taktisches Geschick ankommt, sondern ein Spiel, das den Fokus ganz klar auf das Erleben einer Geschichte legt. Der Kultist hat es viel schwerer als die Hybriden, aber das tut dem Spielgefühl keinen Abbruch, denn es ist eine Art Rollenspiel und die Rolle des Kultisten hat einen besonderen Reiz.

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Alles ist darauf ausgelegt eine düstere und fast schon beklemmende Atmosphäre einer lebensbedrohlichen Situation auf offener See zu simulieren. Alles geht kaputt, das Schiff wird von grässlichen Kreaturen angegriffen und zu allem Überfluss ist nicht ganz klar wem hier eigentlich noch getraut werden kann. Eine Szene, in der alle krampfhaft ihre Waffen umklammern, aber dennoch zusammenarbeiten müssen. Was den Transport des Themas angeht leistet „Abgrundtief“ hervorragende Arbeit.

Die vielen Zufälligkeiten durch das Angreifen mit Würfeln, ziehen verdeckter Karten, die gewollte Unausgeglichenheit bei den Rollenkarten, aber auch die unglaublich gute Atmosphäre drücken dem Spiel ganz klar den „Ich bin ein Erlebnis!“-Stempel auf. Es ist spannend und immersiv, dafür aber weniger kalkulierbar. Alle sollten wissen auf was sie sich hier einlassen.

In der ersten Partie fühlte ich mich ein wenig von Text erschlagen. Zwar gibt es viele gute Flavour-Texte, aber auch viel Regeltext auf den Übersichtskarten. Da hätte allerdings einiges in Symbolsprache umgewandelt werden können. So gestaltet sich der Einstieg recht holprig. Zumal „Abgrundtief“ auch nicht wenig Regelwerk aufweist. Gestolpert bin ich auch an anderer Stelle: Den größten Teil der Spielzeit frisst das Verwalten der Mythoskarten. Die drei Aktionspunkte, die einem gegeben sind, lösen sich schnell in Rauch auf. Danach kommt quasi der Hauptteil des Spiels. Zwar tragen die Krisen viel zum Spielgefühl bei, das Durchzählen der Proben gestaltet sich aber etwas langwierig. Bei mittlerer Besetzung von vier Personen kommen bei einer riskanten Krise mal gerne 16 Karten zusammen, die dann alle zusammengerechnet werden müssen. Das nimmt teilweise den Spielfluss.

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Das positive daran ist die Diskussion danach. Die Mythoskarten können sabotiert werden. Und sich danach gegenseitig zu beschuldigen es gewesen zu sein macht unglaublich viel Spaß. Gerade im fortgeschrittenen Spiel, wenn Schlüsse aus dem Verhalten mehrerer Proben gezogen werden können. Da kommen Hybriden manchmal ganz schön ins Schwitzen, wenn sie nicht subtil genug sabotiert haben.

Neben dem Sabotieren von Proben gibt es noch viele andere Dinge, um das Geschehen in eine gewünschte Richtung zu lenken. Dazu zählen unter anderem Gegenstände, Zaubersprüche aus einem okkulten Buch, die Raumaktionen oder den Rang des Kapitäns, um über die Etappenziele entschieden zu können. Wie sich die Spielerinnen und Spieler mit all diesen Dingen verhalten muss von allen anderen interpretiert werden. Wer gut Lügen kann ist hier im Vorteil. Aber die Nervosität die ich spüre, wenn ich versuche einen Hinterhalt zu planen, oder zu vertuschen, dass ich absichtlich das schlechtere Etappenziel gewählt habe, ist die Art von Emotion, die ich aus einem solchen Spiel ziehen möchte.

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Am ehesten würde ich „Abgrundtief“ mit „Nemesis“ vergleichen. Was das Setting und die damit einhergehende Stimmung angeht finde ich beide Spiele gleichauf. Aber wenn ich sie vergleiche, dann ist „Nemesis“ irgendwie dynamischer, flotter und hält sich nicht so lange an einer Stelle auf. Das Spielgeschehen wechselt rasant und kreiert ständig neue spannende Situationen. „Abgrundtief“ wirkt hingegen oft behäbig und entschleunigt.

Wer auf atmosphärische Spiele steht, die einem die Spielsituation so nahebringen, als würde man Mutter Hydras kalten und feuchten Atem im Nacken spüren, kann hier beherzt zuschlagen. Auch wenn ich mich an der Zähigkeit etwas störe, wird dieses Spiel noch viele Male auf den Tisch kommen. Eine Empfehlung an alle, die das Horror-Setting mögen.

 

Wertung zum spiel

 

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Tags: 3-6 Personen, 120-240 Minuten, Social Deduction, Semi-Kooperativ, Fantasy, Bluffen

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