TEST // Nusfjord
Lookout Spiele veröffentlichte 2017 mit Nusfjord ein weiteres der "großen" Strategiespiele des deutschen Erfolgsautors Uwe Rosenberg. Wie schon bei Klassikern wie Agricola oder Caverna ist Nusfjord ein Arbeiter-Einsetz-Spiel (engl. workerplacement)
, bei dem 1-5 Spieler durch planvolles Handeln ihre Punkteausbeute zu optimieren versuchen. Aber mal Butter bei die Fische - was taugt das Spiel?
Darum geht es
Irgendwo in den malerischen Landschaften der norwegischen Lofoten liegt euer bescheidenes Heimatdorf Nusfjord. Ihr seid einer der Fischer und wollt durch geschickte Schachzüge eure Konkurrenten ausstechen und zum Einflussreichsten und Vermögendsten eures Standes aufsteigen. Dafür müsst ihr Schiffe bauen und Dorsche an Land ziehen. Mit diesen gewinnt ihr die Ältesten des Dorfes für euer Unternehmen und errichtet allerlei Gebäude. Das nötige Kleingeld erhaltet ihr unter anderem durch den Verkauf von Anteilen. Wer wird sich in diesem Wettbewerb durchsetzen?
Spielaufbau
Jeder Spieler erhält ein Ältesten- und ein Hoftableu. Auf dem Hoftableu werden 2 einzelne und 1 doppeltes Waldgebiet ausgelegt. Darüber hinaus bekommen die Spieler einen Vorrat, 3 Arbeiter und 5 Anteile, wobei 2 Anteile von Anfang an realisiert sind. Als allgemeine Auslage werden das Aktionstableu, der Ältestenrat zusammen mit dem Schiffstableu und die Gebäudetableus A und B so auf dem Tisch platziert, dass jeder sie lesen kann.
Dann wählen die Spieler eines der drei Decks und legen den A- und B-Gebäude auf die Gebäudetableus. Der Rest wird je nach Spielerzahl beiseite oder in die Schachtel getan. Außerdem werden Fische, Holz und Gold bereitgelegt. Hat man diesen Aufbau verinnerlicht, kann man innerhalb von 5-7 Minuten loslegen. In den ersten Partien wird das aber sicher etwas länger dauern.
So funktioniert das Spiel
Eine Partie Nusfjord besteht immer aus 7 Runden á 3 Phasen. Jeder Spieler ist somit maximal 21 Mal an der Reihe. Die Runden beginnen immer mit der Fangzeit. Abhängig von der freien Fläche auf dem Schiffstableu errechnet sich die Fangmenge. Die Fische werden dann in einer festgelegten Reihenfolge auf die Anteile, die Ältesten und die Rücklagen verteilt. Bereits hier ahnt man, dass jede Aktion in Nusfjord mit anderen verzahnt ist und man sich gut überlegen sollte, was man in der nun folgenden Arbeitszeit machen möchte.
In der Arbeitszeit nämlich passiert ein Großteil des Spiels. Abwechselnd wird einer von drei Arbeitern von den Spielern auf dem Aktionstableu platziert und dann die entsprechende Aktion durchgeführt.
Man kann Holz sammeln, Schiffe oder Gebäude bauen, Anteile realisieren oder kaufen und dem Ältestenrat Fisch servieren. Viele dieser Dinge bringen direkt Siegpunkte oder teils mächtige Vorteile im Laufe des Spiels.
Nachdem alle Chips platziert wurden, endet die Runde mit der Heimkehrzeit, in der die Spieler ihre Arbeiter wieder einsammeln und sich so für die nächste Fangzeit- und Arbeitszeit rüsten. Sind die 7 Runden vergangen, werden die Siegpunkte zusammengezählt und der Spieler mit den meisten geht als Sieger hervor.
Wer den klangvollen Namen von Uwe Rosenberg auf einer Spieleschachtel liest, erwartet natürlich ein herausragendes Spiel. Ist das nun auch bei Nusfjord der Fall? Die Antwort ist ein klares Ja. Auf der einen Seite ist Nusfjord ein klassicher Rosenberg-Titel, der fast alles richtig macht. Die Spieleschachtel ist bis zum Rand mit Material gefüllt.
Satte Farben, übersichtliche Spielpläne und Fisch- und Holzmarker aus Holz machen einen wertigen Eindruck. Lediglich die Taler - vor allem die Einer - sind etwas zu klein geraten und daher etwas unhandlich. Alles wirkt dem Setting entsprechend stimmig, sodass die in der Anleitung erzählte Geschichte gut transportiert wird. Die Anleitung ist übrigens sehr gut geschrieben. Ich hatte keinerlei Probleme, das Spiel zu verstehen und konnte es daher auch gut erklären. Das beiliegende Glossar erklärt dann noch ausführlich die einzelnen Gebäude und Ältesten; meistens sind die Kartentexte aber ausreichend. Jede Entscheidung will wohl durchdacht sein, da jedes Spiel anders verläuft und es daher nicht die eine Taktik, welche zum Ziel führt, geben kann. Für ausreichend Interaktion ist durch das Blockieren von gegnerischen Zügen und Strategien gesorgt, sodass man nie denkt, man spiele alleine vor sich hin. Gleichzeitig hatten wir zu zweit oder dritt auch nie das Gefühl, ständig eingeschränkt zu sein, da viele Aktionen mehrmals nutzbar sind. Dadurch halten sich auch Wartezeiten in Grenzen, da einmal erdachte Strategien in aller Regel auch bis zum Ende verfolgt werden können. Da der Glücksfaktor sich zudem lediglich auf das Ziehen der Gebäudekarten beschränkt, kommt also jeder Eurogamer da draußen auf seine Kosten und könnte für 40 € zugreifen.
Andererseits bietet Nusfjord auch nur wenig Neues und wer Rosenberg-Spiele wie Le Havre, Agricola, Arler Erde, Ein Fest für Odin oder Caverna bereits besitzt sollte sich wirklich überlegen, ob er sein Geld hier investieren möchte.
Vor allem Einsteigern in das Rosenberg´sche Universum würde ich Nusfjord jedoch ganz klar empfehlen. Der Schwierigkeitsgrad des Spiels pendelt irgendwo zwischen Kenner- und Expertenspiel hin und her. Der grundlegende Mechanismus ist sehr schnell erlernt und sollte Freunden von Kennerspielen wie Stone Age oder Village vertraut vorkommen. Allerdings ist hier die taktische Tiefe viel größer, sodass Nusfjord ein Türöffner in das Reich der komplexen Spiele darstellen könnte. Außerdem bestraft Nusfjord Fehlentscheidungen nicht so brutal wie Agricola.
Abschließend kann also gesagt werden, dass Nusfjord sicherlich nicht das Opus magnum des Herrn Rosenberg ist. Trotzdem wurde hier ein Spiel veröffentlicht, das mit seinem Spielmaterial und einer schier endlosen Variabilität glänzt. Diese wird sogar noch durch die jüngst erschienene Erweiterung Schollen Deck erhöht, die wir euch aller Voraussicht nach in Kürze noch vorstellen wollen. Ihr dürft also schon mal gespannt sein.
Bilder zum Spiel
Tags: 1-5 Spieler, Solospiel, Ökonomie, Worker Placement