Test | Endless Winter
Lang war der Weg durch die gefrorene Landschaft. Doch nun scheint der endlose Winter seinen Griff zu lockern und das Land langsam frei zu geben. Für die wandernden Stämme, die den Weg über die letzte Landbrücke nach Amerika wagten, bietet sich die Gelegenheit sesshaft zu werden und Siedlungen mit reichen Jagdgründen zu errichten. Gestalte die Zukunft deines Stammes in „Endless Winter“.
Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss!
Kommt kuscheln
Wenn es kalt ist, versammelt sich alles um ein gemeinsames Lagerfeuer. Für Spielmechanismen muss das wohl auch gelten, denn in „Endless Winter“ haben sich alle möglichen Mechaniken eingefunden um, eng aneinander gekuschelt, ein funktionierendes Spiel zu bilden.
Bis zu vier Personen übernehmen die Stämme im Spiel. Ausgestattet mit einigen Stammesmitgliedern in Kartenform und drei Arbeitern beginnt die Reise. Jede Spielrunde teilt sich in mehrere Züge. In jedem Zug wird ein Arbeiter auf dem Spielbrett eingesetzt und abgehandelt. Nach drei Zügen endet eine Runde mit der Sonnenfinsternisphase und nach insgesamt vier Runden endet die Partie. Es gewinnt die Person mit den meisten Siegpunkten nach Endwertung.
Zwei wesentliche Mechanismen bilden das Grundgerüst des Spiels. Während Arbeiter an vier Orten des zentralen Spielbretts eingesetzt werden können um eine Aktion auszulösen, dürfen Handkarten ausgespielt werden. Zu Beginn jeder Runde erhalten alle Spielerinnen und Spieler fünf davon vom eigenen Nachziehstapel. Wie in anderen Deckbauspielen können neue Karten aus der Auslage hinzugekauft werden, um den eigenen Kartenstapel zu erweitern. Karten von Stammesmitgliedern besitzen Arbeitskraft, während Fortschrittskarten eine attraktive Aktion erlauben. Eingesetzte Arbeiter benötigen eigentlich immer Arbeitskraft um ihre Aktionen effektiv nutzen zu können. Ressourcen in Form von Fleisch und Werkzeugen dienen zum Bezahlen der Kosten dieser Aktionen.
Die einzelnen Aktionen sind weitreichend und miteinander verzahnt. So bringen sie neue Fortschritts- und Stammesmitgliederkarten, erlauben das Platzieren und Verschieben von Zelten auf dem Geländespielfeld um Siedlungen zu gründen oder bringen Tierkarten als Jagdbeute ein. Neue erworbene Stammesmitglieder und Fortschritte landen meist direkt auf der Hand und erhöhen die Möglichkeiten in zukünftigen Zügen beträchtlich. Die Tierkarten der Jagd sind Sammelobjekte und je mehr von einer Art gefangen wurden, desto mehr Punkte bringt diese Tierart am Ende ein. Wenn der Hunger nach Fleisch und Werkzeugen oder anderen Boni allerdings zu groß wird, kann ein geschlachtetes Beutetier dem entgegenwirken. Punkte gibt es für diese Tiere dann meist nicht mehr.
Beim Geländespielfeld geht es um die klassische Gebietskontrolle. Dabei erstrecken Siedlungen ihren Einfluss über mehr Felder als Zelte und sind auch doppelt so einflussreich auf ihnen.
In der Sonnenfinsternisphase verschwindet die Sonne, doch es hagelt ordentlich Boni. Je mehr bereits platziert wurde, desto mehr Geschenke gibt es. Fast schon überflüssig zu erwähnen, aber dennoch an dieser Stelle angesprochen seien die Götzenleiste, die im Spielverlauf von den Stämmen erklommen wird, um so am Ende ein möglichst gutes Punkteverhältnis für begrabene Stammesmitglieder und übrige Ressourcen zu erreichen, und das variable Menhirfeld mit seinen Sofortboni. Wer klug agiert und seine Arbeitskraft sinnvoll einsetzt, kann „Endless Winter“ für sich entscheiden.
Endlos schön, endlos gut?
Das wirklich endlose an „Endless Winter“ ist die Fülle an Möglichkeiten. Das ist umso bemerkenswerter, da eigentlich nur 4 Aktionsfelder zur Auswahl stehen. Zwar geht es, ganz typisch für ein Euro-Game, immer um Effizienz, allerdings haben auch die Aktionen der Mitspielenden Einfluss auf das Spielgeschehen und können die angestrebte Effizienz kräftig beeinträchtigen. So wechseln Auslagen mitunter bevor es wünschenswert wäre. Nicht selten geht es bei der Aktionswahl aber auch um die Boni, welche nur die erste Person bei einer Aktion erhält. In diesem Gewirr die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen, ist nicht leicht. Genau das macht den Wiederspielreiz von „Endless Winter“ aus. Nach jeder Partie gab es das Gefühl etwas noch besser machen und so noch mehr Punkte bekommen zu können. Analytikerinnen und Optimierungsfanatiker können hier in der gefürchteten Paralyse verschwinden.
„Endless Winter“ bedient sich durch die Bank an allen gängigen Spielmechanismen. Was nicht drin ist, kommt mit einer der vielen großen und kleinen Varianten und Erweiterungen dazu. Das ist gerade am Anfang etwas überwältigend, funktioniert aber gut. Fast alles kann verändert und noch kniffliger gemacht werden, wenn sich das Gefühl einstellen sollte, alles bereits perfektioniert zu haben. Das Wechselspiel dieser Veränderungen trägt zum Wiederspielreiz bei. Andererseits entscheidet nicht die Summe seiner Teile über die Qualität eines Spiels. Um ein gutes Spiel zu machen reicht es nicht aus einfach beliebte Mechaniken in eine Schachtel zu werfen. Was natürlich nichts an der Tatsache ändert, dass auch das bereits häufig versucht wurde.
Zugegeben: „Endless Winter“ schafft es nicht wirklich die menschliche Frühzeit und den Überlebenskampf in ihr abzubilden. Doch dafür versucht es durch sein Spielmaterial eine optisch ansprechende Atmosphäre zu schaffen. Und das ist gelungen. Das beginnt bei den Illustrationen von ‚The Mico‘ und führt über schönes Holzmaterial bis hin zu doppellagigen Spielbrettern. Alles sieht super aus und sorgt für eine schöne Haptik. Ich fürchte allerdings, dass allein das nicht genügt, um mich für sehr lange Zeit zu begeistern. Der Reiz des Neuen nutzt sich selbst bei viel Varianz ab. Da „Endless Winter“ nichts radikal anders oder neu macht, hat man alles irgendwie schon gesehen. Wer sich dennoch für die sehr gelungene Cuvee aus Mechaniken begeistern kann, wird einen dauerhaften Platz für „Endless Winter“ finden.
Bilder zum Spiel
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Tags: 1-4 Personen, Gebiete erobern, Set sammeln, Worker Placement, Deckbauspiel