Test | Golem

Verfasst von Alex & Wandee Steinmaier am 25. Februar 2023. Veröffentlicht in Brettspieltest

Prag 1548, es ist eine dunkles Zeitalter mit viel Schatten und Geheimnissen. In düsteren Laboren formen wir Golems aus Lehm, denen wir mit mystischen Ritualen Leben einhauchen. Unsere Diener arbeiten gehorsam, doch wehe wenn sie außer Kontrolle geraten.

Das Spiel wurde uns kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf die Bewertung hat dies keinen Einfluss!

Unermüdliche Golems

Der Aufbau von „Golem“ nimmt ein wenig Zeit in Anspruch, da es viele Bereiche gibt, die für jede Partie individuell zusammengestellt werden. Besonders ins Auge fällt der Murmelturm in Form einer Synagoge mit dazugehörigem Tableau, von welchem sich im Laufe einer Runde jeder zwei Murmeln nimmt. Je nach Farbe und Reihe werden dadurch die Aktionsmöglichkeiten festgelegt.

Jede Partie von „Golem“ wird über vier Runden gespielt, was mit Hilfe von vier Charakter-Karten gesteuert wird.

Eine Runde besteht aus sieben Phasen. Die erste Phase ist die Auffrischung, hierbei werden die Murmeln mit Hilfe der Synagoge zufällig auf dem Synagogen-Tableau verteilt, wodurch sie zufällig den Reihen und somit den möglichen Aktionen zugeordnet werden. Verwendete Plättchen und Karten werden aufgefüllt.

Die zweite Phase ist die Golem-Bewegung. Alle auf einem der drei Pfade (gelb, rot oder blau) eingesetzten Golems müssen in Summe um eine vorgegebene Anzahl Schritte, die sich durch einen Fortschritt auf der Golemleiste und der Rundenkarte ergibt, auf dem Spielbrett vorwärts bewegt werden. Hierbei hat es Nachteile wenn eine Grenze am hinteren Ende überquert wird. Aus diesem Grund ist eine wesentliche Aktion im Spiel, einen Golem zu beerdigen.

In Phase drei führen alle in Spielreihenfolge nacheinander Aktionen aus, indem sie eine Murmel nehmen. Entsprechend der Farbe der Murmel darf der eigene Student auf dem entsprechend farbigen Pfad ein Feld vorwärts bewegt werden. Entsprechend der Reihe werden verschiedene Aktionen festgelegt, deren Stärke sich aus der Anzahl der Murmeln, die sich in der Reihe befunden hatten, ergibt. Außerdem darf pro Runde zusätzlich eine Rabbi-Aktion ausgeführt werden, indem die eigene Rabbi-Figur auf eine der ausliegenden Aktionskarten gestellt wird. In Summe werden somit drei Aktionen ausgeführt.

Es besteht die Möglichkeit zu passen, bevor beide Murmeln genommen wurden. Hierdurch werden später die Murmeln nochmals in die Synagoge geworfen und es besteht die Chance, dass die Verteilung besser passt, allerdings werden dabei Murmeln entfernt, was die Chance auf starke Aktionen verringert.

In Phase vier wird dann die Spielreihenfolge für die nächste Runde festgelegt entsprechend der Belegung der Rabbi-Aktionskarten.

Danach folgt Phase fünf, in welcher der Bonus der Charakter-Karte genutzt werden kann, sofern die der Vorgabe entsprechende Farbkombination an Murmeln genommen wurde.

Danach erhalten alle Einkommen und dürfen eine Aufwertung auf ihrem Spieltableau vornehmen.

In der letzten Phase wird überprüft, ob die Kontrolle über die Golems aufrecht erhalten bleibt. Hierzu wird für jeden Pfad geprüft, ob ein Golem weiter voran geschritten ist als der dazugehörige Student. Die Differenz muss in Wissensmarkern gezahlt werden. Sollte jemand die Kontrolle über den eigenen Golem verlieren, so müssen alle Wissens-Tokens und fünf Siegpunkte abgegeben werden.

Es gibt eine Vielzahl von Aktionsmöglichkeiten, die hier daher nur beispielhaft aufgeführt werden. So können Golems erschaffen oder begraben und allerlei Plättchen freigeschaltet werden, die Einkommen und andere Boni ermöglichen. Dabei befasst sich jede der drei Farben mit einem speziellen Thema. Rot mit Golems, Gelb mit Artefakten und Blau mit Wissen. Ebenso ist auf verschiedenen Pfaden und Leisten ein Fortschreiten möglich. Im Laufe des Spiels werden hierdurch Kerzenhalter, sogenannte Menora, in den drei Farben freigelegt, die zum Spielende in die Schlussabrechnung einfließen.

Nach der vierte Runde endet die Partie und es werden pro Farbe die freigeschalteten Menora-Symbole mit dem dazugehörigen Multiplikator multipliziert. Multiplikatoren sind bei Gelb die Anzahl der freigeschalteten Artefakte, bei Rot die der freigeschalteten Körperteile eines Golems und bei Blau die Reihen der Wissenskarten. Wer die meisten Punkten hat gewinnt.

„Golem“ wirkt auf den ersten Blick komplizierter, als es eigentlich ist. Das Regelstudium dauert etwas, wie auch der Spielaufbau, bleibt aber für ein komplexes Spiel durchaus im Rahmen. Die eigentlichen Züge sind nicht so schwierig, da die Aktionsmöglichkeiten durch die Wahl einer Murmel oder einer Aktionskarte begrenzt sind. Außerdem gibt es nur drei Bereiche, durch die Siegpunkte generiert werden können, dargestellt durch die Farben Rot (Golems), Gelb (Artefakte) und Blau (Wissen). Werden hier viele Multiplikatoren und Menora freigeschaltet, kann eine Partie sehr erfolgreich verlaufen.

Knifflig ist es dann aber doch, da es bei „Golem“ einiges an Abhängigkeiten zu beachten gibt, ohne die sich eine Person schnell in eine Sackgasse manövrieren kann. Beispielsweise kann es vor allem für Einsteiger schnell passieren, dass ein Golem auf der Leiste außer Kontrolle gerät, dadurch entschlossen voran schreitet und fleißig Minuspunkte generiert, sofern er nicht rechtzeitig eliminiert wird. Aus diesem Grund stufen wir das Spiel auch als Expertenspiel ein.

Spiele, die viele bekannte Mechanismen miteinander kombinieren und diese gut miteinander verzahnen, gibt es mittlerweile viele. Hier kann „Golem“ allerdings mit dem interessanten auf Murmeln (und Rabbi) basierten Aktionsauswahlmechanismus aus der Masse hervorstechen. Abgesehen davon, dass die Murmel-Synagoge die Tischpräsenz ungemein aufwertet, finden wir diesen Mechanismus besonders spannend, da er zusammen mit dem raffinierten Möglichkeit zu Passen für die meiste Interaktion und strategische Entscheidungen im Spiel sorgt.

„Golem“ bietet eine gute Balance zwischen den vielen Aktionsmöglichkeiten, ohne dabei zu komplex zu sein, um es nicht doch meistern zu können. Die Partien sind durch den variablen Spielaufbau bei jeder Partie ein wenig anders, was die eigene Strategie verändert und somit Abwechslung in die einzelnen Partien bringt.

Die Farbgebung hat uns an einigen Stellen verwirrt, da beispielsweise die Plättchen für den roten Pfad grün sind, was für uns nicht wirklich nachvollziehbar ist.

Die Sprachneutralität ist Segen und Fluch zugleich. Wir empfanden die umfangreiche Symbolik nicht immer selbsterklärend und so lag die Anleitung bei unseren Partien immer in Reichweite, um ggf. die Erläuterung nachzulesen.

Noch eine kleine Schwäche ist die Synagoge, deren Ziel ja eine zufällige Verteilung der Murmeln ist. Diese Aufgabe erfüllt sie nur bedingt, denn es kann durchaus etwas beeinflusst werden ob mehr Murmeln links oder rechts rauskommen. Unter ehrlichen Mitspielenden sollte das aber kein Problem sein.

In Summe ist „Golem“ ein ansprechendes Expertenspiel, das mit einem interessanten Aktionswahlmechanismus und gut umgesetzten Thema punktet. Die genommenen Murmeln werden beispielsweise als Augen bei dem Golem des Playerboards eingesetzt. Leider wurde bei der Optik etwas Potential verschenkt, denn das Spielfelddesign hat uns nicht ganz überzeugen können.

Nach der zweiten Runde saßen auch die Regeln gut, so dass wir die Anleitung nur noch für die Symbole benötigt haben. Eine bessere Spielhilfe wäre hier wünschenswert gewesen.

Trotz dieser kleineren Einschränkungen hat uns das Spiel gut gefallen. Allerdings polarisiert das Spiel auch etwas, denn dieser positive Eindruck wurde nicht von allen mit denen wir gespielt haben, geteilt.

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Bilder zum Spiel

Tags: Aktion auswählen, Expertenspiel, Ressoucenmanagement