Test | Marrakesh
Stefan Felds neustes Eurogame ,,Marrakesh“ entführt uns in die gleichnamige marokkanische Stadt, in der wir Einfluss in der Koutoubia-Moschee und im Bahia-Palast erringen, Schriftrollen und in den Souks Luxuswaren erwerben, den Marktplatz Djemaa el Fna mit seinen Schaustellern besuchen, Oasen der Sahara entdecken und den Fluss Tensift befahren. In der ,,Perle des Südens“ gibt es also einiges zu sehen und zu tun!
Queen Games hat uns "Marrakesh" freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Eine Rundreise durch Marrakesh´s Spielbretter
Auf dem Hauptspielplan werden mehrere Stapel der Luxusgüterplättchen und Schriftrollenplättchen aufgebaut, sowie die zu den Spielerfarben passenden Assistenten auf je eine Moscheeleiste gesetzt. Die Flöße in Spielerfarben kommen an den Anfang des Flusses. Die Resourcen Datteln, Wasser und Dinare sowie die 12 unterschiedlich farbigen ,,Keshies“ werden am Rand bereitgelegt. Jede Person bekommt ein eigenes Spielertableau, drei Arbeiter und einen Sichtschirm.
"Marrakesh“ wird über 3 Durchgänge mit je 4 Runden gespielt. Zu Beginn jedes Durchgangs legen alle jeweils 12 Keshies, also einen Keshie jeder Farbe, hinter den persönlichen Sichtschirm.
Die Runde beginnt nun immer damit, dass jede Person 3 ihrer Keshies auswählt und die 3 eigenen Arbeit auf das persönliche Tableau in die passendfarbigen Bezirke stellt. Nun nimmt eine Person alle ausgewählten Keshies am Tisch in die Hand und wirft sie in den Würfelturm. Es kann passieren, dass aufgrund der eingebauten Stege innerhalb des Turmes nicht alle Keshies unten herauskommen. Die Keshies, die es geschafft haben, werden nach Farbe im Auffangbecken sortiert.
Nun wählt die aktive Person 1 bis 2 gleichfarbige Keshies und setzt sie in den passenden Bezirk auf dem Spielertableau ein. Reihum suchen sich so alle am Tisch Keshies aus, bis das Auffangbecken des Würfelturmes leer ist. Danach handelt die aktive Person alle ihre 3 Aktionen ab, bevor die nächste Person die ihrigen abhandelt und so weiter.
Aktionen werden nur in den Bezirken mit einem Arbeiter ausgeführt. Dort gibt es jeweils nun zwei Möglichkeiten: Entweder ein passend farbiges Keshie dazusetzen und gegebenenfalls Sofortboni auslösen, oder der den Bezirk aktivieren. Jeder Bezirk bietet eine spezielle Aktion, die umso effektiver ist, je mehr Keshies dort bereits eingesetzt wurden.
Der Flussbezirk mit seinen blauen Keshies, lässt das eigene Floß so viele Felder vorwärtsbewegen, wie Keshies in dem Bezirk eingebaut wurden. Pro dabei ausgegebenem Wasser, kann ein Schritt zusätzlich gefahren werden. Überfährt das Floß eine der Linien, bekommt die Person nach jedem Rundenende einen Bonus. Wer am Ende des Durchgangs am weitesten vorne auf dem Fluss fährt, gewinnt nochmal einen einzigartigen Bonus.
Auf der Dattelplantage werden so viele Datteln genommen, wie grüne Keshies platziert wurden.
Im Souk kann mit einem gelben, lilafarbenen oder orangenen Keshie die Wechselstube besuchen, also das Keshie in Ressourcen umwandeln, oder es können Luxusgüter aus der Auslage erworben werden, um sofortige siegpunkte zu generieren.
Der pinkfarbene Bezirk stellt den großen Platz Djeemaa el Fna dar, auf dem in der Mitte eine 8-eckige Scheibe, die unterschiedliche Anzahlen kleiner Zuschauer zeigt. An jedem der 8 Außenkanten gibt es unterschiedliche Ressourcen, die durch Keshies bereit gemacht werden. Aktiviert eine Person diesen Bezirk, wird das Rad gedreht und sich eines der bereiten Ressourcen ausgewählt. Diese werden in der Anzahl der nun davor abgebildeten Zuschauer auf dem Rad ausgeschüttet.
Der schwarze Bezirk lässt den Assistenten auf der schwarzen Leiste so viele Schritte nach oben wandern, wie Keshies in diesem Bezirk stehen. Der weiße Bezirk tut das, mit dem Assistenten auf der weißen Leiste. Überschreitet einer der Assistenten (ob schwarz oder weiß) eine markierte Schwelle, bekommt die Person einen Dinar und darf sich einen beliebigen Bonus auswählen, der auf der Linie zwischen den beiden Assistenten abgebildet ist.
In dem grauen Bezirk kann die Person Schriftrollen erwerben, wenn sie die Bedingung der ausliegenden Schriftrollenplättchen erfüllt. Dafür müssen entweder bereits 1, 3, 5 oder 7 graue Keshies im Bezirk stehen. Diese Schriftrollen ermöglichen sofort oder dauerhafte Boni.
Der Medina-Bezirk mit seinen beigen Keshies, ermöglicht es Mauern zu bauen. Pro Keshie darf eine Mauer gegen Dinare oder Siegpunkte erbaut werden. Wird eine farbige Mauer auf einen passend farbigen Slot gebaut, erhält die Person 2 Siegpunkte und einen gleichfarbigen Keshie, das sofort eingesetzt werden darf.
Mit den braunen Keshies können die in das Dobblelayerboard eingelassenen Oasenblättchen umgedreht werden. Sie enthalten Siegpunktbedingungen für das Spielende, die jedoch erst durch eine Aktion des Arbeiters freigeschaltet werden müssen.
Rote Keshies sind Joker und erlauben es der Person einen Arbeiter in ein beliebiges Gebiet zu stellen. Werden die roten Keshies allerdings aus dem Würfelturm gezogen, werden sie auf rot markierte Slots innerhalb der Bezirke als Wasserverkäufer eingesetzt. 10 Bezirke weisen jeweils einen dieser Slots auf und schütten bei ihrer Aktivierung jedes Mal ein Wasser aus, wenn der Wasserträger auf dem Slot steht.
Sind alle Keshies hinter den Sichtschirmen aufgebraucht, ist ein Durchgang beendet. Der Bonus für das schnellste Floß wird vergeben und ein neues Plättchen für die Wechselstube gezogen. Außerdem müssen nun auch die Bewohner versorgt werden: Oberhalb jedes Spielertableaus befinden sich drei zufällige Versorgungsplättchen, die jeweils 3 Ressourcen zeigen. Zu Beginn liegt eines der Plättchen offen und die abgebildeten Ressourcen müssen am Durchgangsende abgegeben werden. Nach jedem Durchgang wird ein zusätzliches Versorgungsplättchen aufgedeckt, sodass immer mehr Abgaben zu leisten sind. Ist das mal nicht möglich, erhält die Person 4 Minuspunkte und muss alle noch verbleibenden Ressourcen abgeben.
Am Spielende gibt jeder komplett mit Keshies (und Wasserverkäufer) gefüllte Bezirk 10 Siegpunkte. Außerdem werden 3 aktive Oasenplättchen gewertet. Wer die meisten Siegpunkte hat, gewinnt ,,Marrakesh“.
Dieser Stefan Feld-Titel hat bisher wenig Aufmerksamkeit bekommen. Zu Unrecht, meiner Meinung nach. Das Spiel bringt tolle Komponente mit, einen Würfelturm aus Pappe und etliche Holzklötzchen, die sogenannten ,,Keshies“. Auch die Plättchen und Ressourcen sind aus hochwertiger Pappe. Ist man bereit noch einmal ca. 40 Euro draufzulegen, bekommt man mit der Deluxe-Edition wunderschöne bedruckte Holzmauern, Holzressourcen und Figuren.
Viel Material bedeutet aber immer auch einen enormen zeitlichen Aufbauaufwand. Alleine und ohne Inlay sitzt man daher schonmal 30 Minuten am Aufbau.
Natürlich sprechen wir hier von einem Eurogame. Dieses Genre stellt generell die Mechanik und nicht das Thema in den Vordergrund. Und auch hier rieche ich jetzt nicht direkt Zimt und Minze beim Deckelöffnen und spüre auch nicht den warmen Wüstenwind beim Aktivieren eines Oasenplättchen. Aber die Mechanik, die den Vordergrund ausmacht, ist absolut erfrischend. Alles fühlt sich modern und innovativ an, vom Würfelturm bis zum Zuschauerrad. Und besonders das Einsetzten der Keshies und Auslösen der unterschiedlichen Aktionen, die wiederrum durch die Keshies verstärkt werden, ist ein herausforderndes und rundes Spielgefühl. Auch mit vermeintlich schwachen Aktionen wird die Engine ausgebaut und nach und nach füllt sich auf befriedigendes Weise auch haptisch das eigene Board.
Spannung kommt nach jeder Keshiauswahl auf, wenn diese in den Turm geworfen werden und niemandem klar ist, was unten wirklich zur Verfügung stehen wird. Hier entstehen dann die meisten Emotionen, wenn eine Person in der Zugreihenfolge vor mir, genau das oder die Keshies nimmt, die ich so unbedingt für meinen Zug gebaucht hätte. Dann bleibt mir meistens nur noch übrig mit meinem einsamen Arbeiter einen Keshie aus dem Vorrat aufzustellen, in der Hoffnung im nächsten Durchgang oder mit meinem roten Jokerkeshie, diesen Bezirk doch noch aktivieren zu können. Daher ist es hier sehr wichtig, die wechselnde Spielerreihenfolge immer im Blick zu haben.
In ,,Marrakesh“ stecken viele kleine Ideen und Entscheidungsmomente. Das Zuschauerrad auf dem Marktplatz ist ein interessantes taktisches Element, genau wie die Art und Weise der Bonigenerierung auf den beiden Moscheeleisten. Hier ist es beispielsweise nicht besonders günstig, beide Assistenten gleichzeitig aufsteigen zu lassen, da dann die Bonuslinie kürzer ist und sie weniger Auswahl bietet. Dafür generiert man aber mehr Siegpunkte. Die Oasenplättchen sind ebenfalls spielerisch interessant. Die Siegpunktbedingungen der Oasenplättchen zu Beginn jeder Person verdeckt zuzuordnen, bringt natürlich die Schwierigkeit mit, nicht zielgerichtet spielen zu können. Hier entscheidet meist das Glück, ob ich zu meinem Spielstand passende Bedingungen aufdecke. Die Entscheidung diese Plättchen danach überhaupt zu aktivieren, ist aber dann ein taktischer Twist, der mich wieder als Entscheidungsträger ins Spiel bringt.
Im Endeffekt muss jede Person in einem Durchgang einmal alle Bezirke aktivieren, weil einmal alle Keshies in den Turm geworfen werden müssen. Gerade am Durchgangsende, wenn keine Wahl mehr besteht und Bezirke aktiviert werden müssen, die mit der geplanten Spieltaktik nichts zu tun haben, kann es sich etwas gesteuert anfühlen. Der rote Jokerkeshie bewahrt einen dann wiederrum vor dem Gefühl des Ausgeliefertseins. So gibt es viele Elemente, die im ersten Moment glückslastig oder unvorteilhaft erscheinen, durch kleine Regelelemente aber wieder aufgehoben werden. Umgekehrt wird die knallharte, strategische Planbarkeit durch kleine, spannende Glückselemente aufgebrochen.
Mit mehreren Personen am Tisch ist zwar die Downtime höher, aber auch die Auswahl der Keshies, die (hoffentlich) aus dem Würfelturm plumpsen. Es gibt durchaus viel zu bedenken und durchzuplanen, daher kann eine Runde mit ,,Kopfspielern“ seine Zeit dauern. Meiner Meinung nach sind 3 Personen die beste Spielerzahl, um Downtime einzugrenzen und Auswahl zu erweitern.
Insgesamt ein rundes, frisches Spielgefühl, das ,,Marrakesh“ jedem Eurogame-Freund bietet. Um Synergien und Kettenzüge sowie die Siegendbedingungen voll ausschöpfen zu können, braucht es mehr als eine Partie. Und die wird das Spiel bei mir auf jeden Fall bekommen.
Welche Erfahrungen hast du mit diesem Spiel gemacht
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Bilder vom Spiel
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Tags: 1-4 Personen, Ressourcenmanagement, Enginebuilder, 120 Minuten, Eurogame