Test | Crash Octopus
Rau ist die See und noch rauer ist das, was in ihr lebt. Riesige Oktopusse bedrohen unsere Segelreise in Richtung Reichtum. Denn wir sind gierige Seeleute, die sich nicht einmal von einem monströs großen, rosafarbenen Monster davon abhalten lassen Gold, Schatztruhen und Juwelen an Bord zu hieven. Euer Lachen schallt in Richtung eurer Kontrahenten, als ihr gerade wieder einen Schatz einsackt, doch was kommt da aus dem Nebel gefahren? Es sind die knallpinken Segel des gefürchteten Piratenschiffs. Holt den Anker ein!
Wir haben "Crash Octopus" selbst gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Worum geht es in dem Spiel
„Crash Octopus“ ist ein einfaches Schnipsspiel, bei dem es darum geht, sein Schiff mit Schätzen zu beladen. Wären da nur nicht die anderen am Spieltisch, die mithilfe des Oktopus versuchen, alle gesammelten Schätze wieder ins Meer zu schmeißen, um sie selbst einzuheimsen.
Das Spielfeld ist eine große Schnur, die ungefähr in Kreisform auf dem Tisch verteilt wird. Darin wird etwa mittig eine große Halbkugel platziert, die den Kopf des Oktopusses darstellen soll. Drum herum werden seine Tentakel aufgestellt. Alle suchen sich ein Schiff aus und dann werden alle Schätze aus der Hand auf den Oktopuskopf fallen gelassen. Diese prallen natürlich von der Halbkugel ab und verteilen sich zufällig über das Meer.
Wer dran ist, kann versuchen, einen Schatz aufzuladen. Dazu wird ein kleines Fähnchen genommen, mit dem eines der Schatzteile an das eigene Boot geschnipst werden darf. Bei Erfolg wird der Schatz verladen und eine kleine Krabbe am Rand des Spielfelds bewegt sich auf einer Perlenschnur eine Stelle weiter. Passiert sie eine blaue Perle, geschieht nichts, doch bei einer schwarzen Perle erfolgt ein Oktopusangriff.
Bei einer solchen Attacke dürfen reihum alle einmal den Tintenwürfel auf den Oktopuskopf fallen lassen, mit der Absicht, die Schiffe der anderen zu treffen und ihre Schätze von Bord zu fegen. War ein Angriff nicht erfolgreich, darf das Würfelergebnis noch genutzt werden. Zeigt der Würfel Schwarz, darf ein Tentakel an den Würfel heranbewegt werden. Zeigt der Würfel Rosa, kann sogar der Oktopuskopf seine Position neben den Würfel verändern.
Sollte der Kopf gefährlich nah sein, ist es vielleicht an der Zeit zu fliehen. Anstatt Schätze zu sammeln, kann auch das Schiff bewegt werden. Alle haben einen Anker vorm Schiff, der ebenfalls geschnipst werden darf, um die Position des Schiffs zu verändern.
Das Spiel endet, wenn die Krabbe einmal die komplette Perlenschnur abgelaufen ist, oder jemand es geschafft hat, alle fünf verschiedenen Schätze aufzuladen und einen Oktopusangriff damit zu überleben.
Varianten
Im Spiel sind gleich mehrere Minierweiterungen enthalten. Die Namenlose Insel ist ein kleines Stück Land, an dem immer die nächstgelegenen Schätze angespült werden, die dort auf ein Schiff warten, das sie aufsammelt. Das Piratenschiff sammelt Schätze nur, wenn es sie von anderen Schiffen klaut. Es hat eine kleine Oktokanone. Sollte diese den Oktopuskopf treffen, wird ein Oktopusangriff nur von der Person mit dem Piratenschiff ausgeführt. Alle Schätze, die dabei von fremden Schiffen ins Meer fallen, gehen an das Piratenschiff. Und dann wäre da noch ein zweiter, kleinerer Oktopuskopf, der mit ins Spiel integriert werden kann und genau so funktioniert wie der große.
Außerdem enthalten die Regeln noch drei Mini-Übungsspiele, die einem das Spiel beibringen sollen.
Ich hatte gehofft, es würde gut werden, doch es wurde noch besser. Beim Anblick der Schachtel wird schon klar, dass hier nicht der neue Stern am Strategiespielhimmel wartet, sondern absoluter Quatsch. Und dann noch der Spruch „Super Schnips-Spiel“ auf dem Cover. Na, das kann ja heiter werden. Und das wurde es tatsächlich auch.
Das Regelstudium verlief etwas holprig, weil nach jedem Kapitel ein großer Kasten mit Ausnahmen abgedruckt ist. Doch nach dieser kleinen Hürde wartet ein echt witziges und chaotisch unausbalanciertes Schnipsspiel.
Die Verteilung der Schätze erfolgt sehr zufällig. Danach kann das eigene Schiff zwar ausgewählt werden, aber es kann dennoch sein, dass die Verteilung etwas vorteilhafter für einige Personen verläuft. Es gibt keine Regel, die verhindert, dass alle auf einer Person herumhacken. Stattdessen wird im Regelheft von „Bündnissen“ gesprochen, die eingegangen werden können. Und dann noch die Sache mit dem Piratenschiff. Ist das jetzt Amitrash aus Japan?
Aber es ist genau diese gefühlte Unfairness, die dieses Spiel so lustig macht. Alle wollen permanent nur das Schlechteste für die anderen. Da wird beim Oktopusangriff gerne mal mit dem nackten Finger herumgezeigt, um die Opfer zu bestimmen. Etwas Frustrationstoleranz sollte mitgebracht werden, denn nicht selten verwandelt sich ein fast sicherer Sieg in eine totale Pleite und sorgt für breites Grinsen am Spieltisch. Zumal die letzten drei Perlen auf der Schnur alle schwarz sind. Eine Partie endet mit Oktopusangriff! Oktopusangriff! Oktopusangriff!
Beim Lesen der Regeln dachte ich schon: Warum soll ich die Runden vorher überhaupt spielen, wenn am Ende ohnehin alles im Chaos versinkt? Die Antwort ist die Kürze des Spiels. Es ist einfach zu flott und zu witzig, als dass ich dem Spiel irgendetwas krummnehmen könnte. Und tatsächlich ist es der Showdown am Ende, der richtig Spaß macht.
Das Spiel fördert Gemeinheiten schon damit, dass eine Person am Tisch das Piratenschiff spielen kann, das Schätze nur durch Diebstahl erbeutet. Dieser kleine, pinke Krawallmacher unterstreicht noch einmal den generellen Charakter des Spiels.
Auch das Material ist große Klasse. Die vielen kleinen Holzteile sind lustig gestaltet und die quietschbunten Farben lassen nicht einen Moment das Gefühl von Ernsthaftigkeit aufkommen. Die Fähnchen sind stabiler als sie aussehen und es macht mehr Spaß mit ihnen, als einfach mit dem Finger zu schnipsen.
„Crash Octopus“ ist einfach super für Zwischendurch. Zwar ist dieses Genre eine schwere Geschmacksfrage, aber wer so etwas mag, wird hier gut bedient. Ich werde es in lockeren Runden noch öfter auf den Tisch bringen und kann es nur empfehlen.
Normalerweise liebe ich Spiele, die einem die volle Kontrolle überlassen. So würde ich zu einer schönen Runde „Wasserkraft“ vermutlich nie nein sagen, aber manchmal braucht es etwas Chaos im Leben. „Crash Octopus“ ist Chaos in seiner reinsten Form und (vermutlich) besten Form. Wer hier Kontrolle sucht, wird vermutlich keine Chance haben, denn die See lässt sich nicht kontrollieren (insbesondere nicht mit einem riesigen Tintenfisch in der Mitte).
Grundlegend ist „Crash Octopus“ ein Spiel, das sich mit anderen Ablegern wie „Flick of Faith“ messen möchte. Schnelle Partien, die ein hohes Maß an Geschicklichkeit und viel Frustrationstoleranz abverlangen, sind hier an der Tagesordnung. Fair ist „Crash Octopus“ dadurch ganz bestimmt nicht, da viel von den eigenen Fähigkeiten und besonders von der Spielgruppe abhängt. Wer führt ist sofort eine Zielscheibe und sollte sich schnell in Acht nehmen, sodass es nicht immer einen klaren Weg zum Sieg gibt. Umso mehr Personen am Spiel teilnehmen, desto komplizierter wird die Lage, obwohl genau das den Charme von „Crash Octopus“ ausmacht. Da sich das Spielfeld kaum an die Personenzahl anpasst, sind 2-Personen-Partien kontrollierbarer als Partien mit 3-5 Personen, die den Reiz dieses Spiels voll ausschöpfen.
Der größte Pluspunkt für uns war der Wiederspielwert des Spiels, der durch die vielen Variationen ermöglicht wird. Die vielen Mini-Spiele, das Piratenschiff oder die Insel bieten viel Abwechslung, sodass immer wieder etwas Neues erlebt werden kann. Jede der Varianten ist dazu noch gut durchdacht, was den Gesamteindruck gut abrundete.
„Crash Octopus“ lässt sich damit als Spiel für alle Altersklassen beschreiben, das viel Abwechslung bietet, eine sehr schöne Tischpräsenz mitbringt, aber viel von seinen Spielgruppen fordert. Wer hier ein faires Spiel sucht oder nicht gut mit Frustmomenten umgehen kann, sollte hier definitiv genau überlegen, ob dieses Spiel dem eigenen Geschmack entspricht. Während einige vielleicht Spezialfähigkeiten vermissen, die die Spieltiefe erweitern würden, könnte es anderen gefallen, dass alle Spielgruppen sich nur auf die eigenen Fähigkeiten verlassen können. Das kann für ein unausgewogenes Spielgefühl sorgen, aber im Notfall schließt man sich zusammen und testet die Frustrationsgrenze der besten Person, indem sie zufällig als Lieblingsziel des Oktopusses gewählt wird.
Ein Problem könnten auf lange Sicht die kleinen Fahnen sein, die die Gegenstände mit einer Papierspitze schnipsen. Besonders Grobmotoriker könnten für einen hohen Verschleiß der Fahnen sorgen und das Spiel damit schnell unspielbar machen. Ein Fahnenkopf aus Holz oder Plastik wäre hier vermutlich eine Idee gewesen, aber die Zeit wird zeigen, wie Widerstandsfähig die Papierfahnen wirklich sind.
Spielgruppen, die ein mehr kontrollierbares und ein ausgeglicheneres Schnips-Spiel suchen, könnten sich alternativ „Flick of Faith“ genauer ansehen. Jene aber, die Chaos vor Ordnung sehen und sich auch auf Spiele einlassen können, die viel Spielspaß in 20 Minuten Spielzeit stecken, dafür aber eine hohe Frusttoleranz einfordern, sollten sich „Crash Octopus“ ruhig genauer ansehen.
Persönlich hatte ich großen Spaß mit dem Spiel und das, obwohl ich durch eine Sehbehinderung kaum eine Möglichkeit habe, das Spiel ernst zu spielen, auch wenn ich es wollte. Der Trick ist, das Gehirn abzuschalten und sich voll und ganz den Wellen hinzugeben. Irgendwo wird man sicherlich ankommen!
Welche Erfahrungen hast du mit diesem Spiel gemacht
oder hast du noch Fragen zu diesem oder anderen Spielen?
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Bilder vom Spiel
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Tags: 1-5 Personen, Schnipsspiel, 20 Minuten, Geschicklichkeit