Test | Factory Funner
Fabriken brauchen Maschinen. Klar. Maschinen brauchen wiederum bestimmten Input, um Output zu generieren. Logisch. Doch diesen Output erfolgreich als Input einer anderen Maschine nutzbar zu machen und alle Teile gewinnbringend miteinander zu verbinden, ist die große Kunst in ,,Factory Funner“. Das gelingt nur durch hocheffiziente Planungsarbeit und jede Menge Verbindungsrohre. Ist in ,,Factory Funner“ der erforderliche Input an Denkleistung gleich dem Output an Spielspaß und wie viel Innovation steckt in dieser Puzzlefabrik?
Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss.
Aufbau, Spielziel und Ablauf
Über acht Runden hinweg versucht jede Person so viele Maschinenteile wie möglich auf sein Board zu puzzeln – immer mit der Berücksichtigung von In-und Outputressourcen. Wer mit seiner Fabrik am Ende das meiste Geld erwirtschaftet hat, gewinnt das Spiel.
Dazu legt jede Person zunächst ein Playerboard, von jeder Farbe ein Versorgungsreservoir-Teil und drei Outputreservoir-Teile vor sich ab. Außerdem bilden alle je 10 Dollar Startkapital mit dem eigenen Token auf dem Einkommenstableau ab. Die 154 verschiedenen Verbindungsrohre werden in greifbarer Nähe platziert.
,,Factory Funner“ lässt sich in drei verschiedenen Varianten spielen: einmal natürlich im Solomodus, aber auch das Mehrpersonenspiel kann unterschiedlich gespielt werden.
In Variante 1 erhält zu Spielstart jede Partei acht verdeckte Maschinenteile. Zu Beginn jeder Runde wird gleichzeitig jeweils eine dieser Maschinen in der Tischmitte aufgedeckt. Jede Person kann sich nun eine davon aussuchen, die sie gerne in ihre Fabrik einbauen möchte. Dafür tippt sie das gewählte Teil an. Wer ein Teil zuerst antippt, darf es einbauen. War die Wahl doch zu vorschnell und es gelingt jemandem nicht das gewählte Teil regelkonform in seine Fabrik einzubauen, wird es abgelegt und es erfolgt eine Strafe von 2 Dollar. Wer zuerst ein Teil gewählt hat, bekommt den First-Player Token, was einen Dollar mehr in der Abrechnungsphase jeder Runde bringt. Die Person, die als letztes übrigbleibt, bekommt einen Dollar in dieser Phase abgezogen, kann sich aber auch dazu entscheiden, das übriggebliebene Maschinenteil nicht einzubauen, ohne Strafe zu kassieren. Dieser Auswahlvorgang wiederholt sich acht Mal, also zu Beginn jeder Runde.
Variante 2 gestaltet diesen Rundeneinstieg ohne Schnelligkeitskontest. Dazu werden von einem Maschinenteilstapel immer drei gezogen und in der Tischmitte präsentiert. Reihum gibt es eine Startperson, die eines davon wählt und einbauen darf. Die Strafe kommt allerdings auch hier wieder zum Tragen, falls es dann doch nicht erfolgreich eingebaut werden kann. Danach wird die Auslage wieder auf drei Teile aufgefüllt und die nächste Person im Uhrzeigersinn darf auswählen. Man kann sich aber auch jederzeit dazu entscheiden, keine Maschine zu nehmen. Natürlich erwirtschaftet man so schwer das nötige Kleingeld, um die anderen auszustechen.
Im Solospiel liegt ein Stapel aus acht verdeckten Maschinenteilen bereit. In jeder Runde muss das oberste Maschinenteil verbaut werden. Ist das nicht möglich, werden wieder 2 Dollar vom Gewinn abgezogen. Das Ziel der Partie besteht darin, am Ende mindesten 50 Dollar erwirtschaftet zu haben, um das nächste Level freizuschalten. So beginnt die erste Partie auf dem Standardplayerboard und von Level zu Level werden die verschiedenen Boardrückseiten freigeschaltet, die immer höhere Schwierigkeitsgrade bieten.
Egal für welche Variante man sich entschieden hat, die gewählten Maschinen wollen jetzt in der Fabrik ihre Arbeit antreten. Beim Einbauen einer Maschine gilt es, die abgedruckten In- und Outputbedingungen zu beachten. Von ein oder mehreren Seiten verlaufen bunte Rohre mit weißen Punkten in die Maschine. Die Farbe des Rohrs kennzeichnet dabei immer die Ressourcenart und die Punkte die Menge dieser benötigten Ressourcenart, die durch den Anschluss eines Outputs einer anderen Maschine oder durch ein Versorgungsreservoir gewährleistet werden muss. Ein Versorgungsreservoir liefert dabei eine unendliche Anzahl Ressourcen seiner Art. Aber aufgepasst: jede Farbe gibt es als Versorgungsreservoir nur einmal. Dadurch müssen im Verlauf der Partie andere Maschinen ebenfalls an dieses eine Reservoir angeschlossen werden. Das gelingt mit den verschiedensten Verbindungsrohren. Diese dürfen sich überkreuzen, aber nicht parallel übereinander verlaufen.Den Output einer Maschine kann man durch den Anbau eines Output-Reservoirs auffangen, solange man keine andere Maschine damit versorgt. Gelingt es aber, den Output einer Maschine als Input einer anderen durch eine regelkonforme Verbindung zu nutzen, wird ein durchsichtiger Marker daraufgelegt, der am Ende nochmal 3 Dollar einbringt. Die Anzahl des Outputs einer angeschlossenen Maschine muss mindestens die Menge an benötigtem Input aufweisen.
Ist diese Bauphase abgeschlossen und alle Input- und Ouputrohre richtig angeschlossen, folgt die Abrechnungsphase. In der Mitte des Maschinenteils findet man eine schwarz hinterlegte Zahl, die das Geldeinkommen bei erfolgreicher Inbetriebnahme angibt. Nun kostet aber der Bau jedes anderen Teils, außer der Maschine, also alle Verbindungsrohre, Versorgungsreservoirs und Output-Reservoirs, einen Dollar. Die Differenz von Einnahme und Ausgabe wird nun mit dem eigenen Marker auf dem Einkommenstableau abgetragen. In der nächsten Runde können für den Bau eines neuen Maschinenteils alle bereits verbauten Verbindungsrohre und Reservoirs wieder abgebaut werden. Maschinenteile dürfen allerdings nicht mehr bewegt werden. Ein Abbau ist kostenlos, der Umbau bzw. Wiederaufbau kostet wie eben beschrieben wieder pro neu gebautem Teil einen Dollar.
,,Factory Funner“ hätte wahrscheinlich nie einen Weg zu mir gefunden, wenn es kein Rezensionsexemplar wäre. Denn zum Einen ist es ein prädestiniertes Solospiel und zum Anderen besteht die Mechanik zu 100 Prozent aus Puzzeln. Für mich ist beides wenig reizvoll. Die sachlich geschriebenen vierseitigen Regeln konnten mich genauso wenig neugierig machen wie das kaum vorhandene Thema. Lustlos baue ich das erste Maschinenteil ein und bin überraschenderweise nach dem dritten schon absolut süchtig. Eine erfolglose Solopartie jagt die nächste. Man will dieses Spiel einfach knacken und die perfekte Fabrik zusammenbauen. Wie der Fabrikplan am Spielende sieht es bereits nach den ersten Runden in meinem Kopf aus. Die Herausforderung, den Input einer Maschine perfekt zu bedienen, um dann so effizient wie möglich eine andere Maschine an dessen Output anzuschließen, hat mich völlig in den Bann gezogen. Nach einer Zweierpartie mit meinem Mann war auch dieser Feuer und Flamme und ich erwischte ihn schon morgens grübelnd über einer Solopartie ,,Factory Funner“. Wenn das erste Mal die 50 Dollar erreicht oder gar überschritten wird, erlebt man pure Glückseligkeit!
Dann ist es auch interessant, die Bedingungen des neu freigeschalteten Fabrikgeländes kennenzulernen und ebenfalls zu meistern. Natürlich ist das Plättchenziehen gerade im Solomodus, in dem überhaupt keine Auswahl an Teilen besteht, ein kritischer Zufallsmoment. Manchmal kann das Pech einem den Sieg genauso unmöglich machen, wie in einer anderen Partie das Glück einem zusätzliche Baumaßnahmen erlässt. Das kann ich persönlich absolut verschmerzen, da eine Partie höchstens 30 Minuten in Anspruch nimmt und auch mal bei zu viel Pech abgebrochen und neu angefangen werden kann.
Zu zweit gefällt uns die Variante ohne Hektik am besten. Spätestens in der Bauphase spielt sich das Spiel sowieso komplett solitär. Eine erzwungene Interaktion mit Zeitaspekt, die dem Masterplan am Ende durch zu viel unüberlegter Hektik im Wege steht, brauche ich in diesem strategischen Puzzlespiel persönlich nicht. Das ist aber natürlich Geschmackssache.
Viel Unterschied bzw. Mehrwert bietet das Mehrpersonenspiel zum Solospiel generell nicht – außer die Wahl des Maschinenteils, was aber aufgrund des Nachziehens auf drei Auslageteile kaum als Interaktion bezeichnet werden kann. Im Gegenteil, die Wartezeit steht dem eigenen Denkprozess teilweise im Weg und behindert den Spielfluss. Eine Partie zu dritt, viert oder gar zu fünft reizt mich ehrlicherweise überhaupt nicht, weil mich die Downtime zu zweit schon hin und wieder stört. Jedes Maschinenteil in der Auslage muss im Kopf zehnmal gewendet, platziert und verbunden werden, bevor es endgültig erwählt wird. Ohne gründliches Nachdenken geht hier gar nichts. Die Formulierung ,,vorausschauendes Planen“ habe ich hier absichtlich nicht benutzt, da zwar ein weiterer Ausbau berücksichtigt werden muss, aber durch das zufällige Plättchenziehen nicht konkret geplant werden kann. Flexibles Denken ist gefragt. Und genau diese Flexibilität ist der Reiz und Innovation des Spiels.
Puzzlespiele habe ich bis jetzt eher als mechanisch steif erlebt. Einmal eingebautes darf nicht mehr verschoben oder umgebaut werden - das ist das Motto der meisten Puzzlespiele. In ,;Factory Funner“ darf ich, wenn ich Lust und Geld habe, alles zuvor gebaute, außer Maschinenteile, wieder abreißen und neu bauen. So habe ich in jeder Runde wieder neue spannende Entscheidungen zu treffen, die mich strategisch herausfordern, ohne dass mir meine alten Entscheidungen zu sehr zum Verhängnis werden. Es dauert seine Zeit, bis man sich als Spielende gedanklich an diese flexiblen Möglichkeiten gewöhnt hat und man scheut sich in den ersten Partien erfahrungsgemäß noch zu oft, alte und zudem bis dahin erfolgreiche Anschlüsse abzureißen. Bei Grüblern ist die Paralyse dadurch im Bereich des Möglichen, wodurch Bauchspieler wahrscheinlich eher zur Solovariante tendieren. Die Unkompliziertheit der Soloregeln ist dabei ein absoluter Pluspunkt. Generell sind die Regeln nicht kompliziert. Schwierig ist es, in der fortschreitenden Partie lediglich alle In- und Outputbedingungen und Anschlüsse im Blick zu behalten, denn das Rohrleitungssystem kann durchaus ausufern. Das sieht aber schlussendlich auch sehr interessant und hübsch aus. Auf das Endprodukt kann ein stolzer Blick nicht schaden.
Besonders gelungen ist auch das Holzinlay, das meinem Exemplar beilag. Der Zusammenbau hat sehr lange gedauert und mich einige Nerven (und ein abgebrochenes Teil) gekostet, passt aber millimetergenau für jedes Plättchen. So kann das Solospiel in wenigen Sekunden spielbereit auf dem Tisch liegen. Da ich das Originalspiel von 2006 nicht kenne, kann ich zur spielerischen Verbesserung keine Aussagen treffen. Optisch spricht mich diese Neuauflage mehr an.
Ein süchtig machendes Strategiepuzzlespiel mit toller Optik und einfachen Regeln. ,,Factory Funner“ ist für mich eine absolute Überraschung und bekommt einen dauerhaften Platz in meiner Sammlung. Meiner Meinung nach ist es vor allem als Solospiel herausragend, da der Hauptspielspaß für mich in der strategische Optimierung der Fabrik und nicht im mehr oder weniger hektischen Auswahlmechanismus liegt.
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Bilder zum Spiel
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Tags: Draften, Teile Platzieren, Puzzle