Test | Iki
„Iki“ entführt uns in die Welt der Märkte in Edo, dem heutigen Tokyo, zur Zeit des Mittelalters. Beschäftigte in mehr als 700 Berufen, von Verkaufs- und Essensständen bis hin zu Kabuki- Schauspielenden, tummelten sich in den Straßen und boten Ihre Waren oder Dienstleistungen feil. In dieses emsige Treiben stürzen wir uns.
Sorry We Are French hat uns „Iki“ freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Auf ins Marktgetümmel
Ziel des Spiels ist es, die meisten Siegpunkte in Form von Iki zu sammeln. Iki stellt ein philosophisches Konzept dar und bedeutet, den idealen Weg eines zivilisierten Lebens zu finden.
„Iki“ wird beginnend mit dem Frühling über vier Jahreszeiten á drei Runden gespielt, also über zwölf Monate bzw. Runden. Am Ende jeder Jahreszeit gibt es eine Zwischenwertung. Nach dem Jahresabschluss wird noch eine verkürzte finale dreizehnte Abschlussrunde gespielt, gefolgt von der Abschlusswertung.
Alle erhalten zu Beginn ein Playerboard und Startressourcen. Das Spielbrett zeigt einen Rundgang von acht Feldern auf dem sich je Person ein Meeple, Oyakata genannt, gegen den Uhrzeigersinn im Kreis bewegt. An jedes Feld angrenzend befinden sich freie Plätze für kleine Geschäfte. Zu Spielbeginn dürfen alle bereits ein Start-Geschäft auf eines dieser Plätze kostenfrei auslegen.
Am Anfang einer Runde platzieren alle einen sogenannten Ikizama-Meeple auf der Ikizama-Leiste, wodurch festgelegt wird, wie viele Schritte von eins bis vier der eigene Oyakata-Meeple sich auf dem Markt bewegen wird. Jedes Feld ist nur einmalig vorhanden und darf nur von einem Meeple belegt werden. Diese Leiste gibt für die folgenden Aktionen die Reihenfolge der mitspielenden Personen vor, beginnend mit den wenigsten bis zu den meisten Schritten. Es gibt ein Sonderfeld, dass eine beliebige Anzahl Schritte von eins bis vier erlaubt, allerdings wird dafür auf die nachfolgende Einkommensphase verzichtet.
Nun dürfen alle entscheiden, ob ein Einkommen in Höhe von vier Geld genommen oder ein Geschäft eröffnet wird, indem sie eine der ausliegenden Charakter-Karten kaufen. Die Karte wird dann auf eines der leeren Geschäftsfelder ausgelegt und der Besitz mit einem der eigenen vier Kobun-Meeple angezeigt. Verlässt ein Geschäft den Markt später aus irgendeinem Grund, wandert der Meeple wieder in den Vorrat dieser Person.
Wenn alle gewählt haben, werden die Oyakata-Meeple nacheinander entsprechend der gewählten Schritte gegen den Uhrzeigersinn über den Markt bewegt. Durch den Einsatz von Sandalen ist es möglich, einen Schritt weiter zu gehen. An dem erreichten Feld kann nun, wenn gewünscht, eine möglichen Aktion ausgeführt werden. Befindet sich dort auch ein Geschäft, egal ob ein eigenes oder ein fremdes, kann auch dessen Effekt genutzt werden.
Wird eine fremde Charakter-Karte aktiviert, so darf der darauf stehende Meeple auf der abgedruckten Leiste der Karte ein Feld hochgeschoben werden, wodurch das Einkommen in Form von Siegpunkte, Reis, Geld, etc. wie abgebildet für diese Person steigt. Wird das letzte Feld erreicht, wandert die Charakter-Karte auf das Playerboard. Dabei wird nach Farben der Charakter-Karten unterschieden. Je mehr verschiedenfarbige Karten am Spielende am Playerboard ausliegen, desto mehr Siegpunkte gibt es hierfür. Die Meeple auf allen eigenen Charakter-Karten werden auch eine Position hochgeschoben bei jeder vollständigen Umrundung des Marktes mit dem Oyakata-Meeple. Danach ist die Runde beendet.
Neben dem Sammeln und Tauschen von Ressourcen, um beispielsweise eine der sechs zu Beginn ausliegenden Gebäudekarten zu kaufen, können über Aktionen verschiedene Token-Plättchen erworben werden. Diese Aktionen bringen meist Siegpunkte zum Spielende. Sehr wichtig ist auch der Fortschritt auf der Feuerleiste, denn in festgelegten Monaten bricht auf dem Markt ein Feuer aus. Dann wird einer der vier Feuermarker, die je einen Bereich des Marktes abbilden, zufällig gezogen. Das Feuer breitet sich dort von außen startend aus und vernichtet Geschäfte, die nicht mindestens die benötigte Feuerstufe erreicht haben. Je näher zum Marktinnern ein Geschäft platziert wurde, desto weniger stark ist das Feuer noch und eine geringere Feuerstufe ist notwendig. Die Feuerleiste bestimmt auch die Start-Reihenfolge zur Wahl der Anzahl Schritte für die nächste Runde.
Zu Beginn der neuen Runde werden auf die verbliebenen Charakter-Karten je ein Geld platziert und dann vier weitere Charakter-Karten aufgedeckt und zur Auslage hinzugefügt.
Nach dem Ende einer Jahreszeit erfolgt eine Zwischenwertung. Die verbliebenen Token-Plättchen werden entfernt und durch die Marker der nächsten Jahreszeit ersetzt, ebenso die Charakter-Karten. Dann werden Boni wie beispielsweise Reis, Geld oder Siegpunkte entsprechend der erreichten Stufe auf den Charakter-Karten im Markt und der am Playerboard ausliegenden ausgeschüttet.
Für Charakter-Karten, die sich auf dem Markt befinden, gibt es zusätzlich Siegpunkte. Der Markt ist in fünf Reihen bzw. Bereiche unterteilt (die vier Plätze im Inneren jeder Reihe zählen zusammen als eigener Bereich, kosten daher aber zusätzlich Geld zum Besetzen). Für jeden Bereich gibt es Siegpunkte für gleichfarbige Charakter-Karten. Liegen beispielsweise drei gelbe aus und einer Person gehören davon zwei, bekommt diese 2x3 Siegpunkte und die andere 1x3.
Die Charakter-Karten die sich im Markt befinden müssen abschließend mit jeweils einem Sack Reis versorgt werden, ansonsten verlässt die Charakter-Karte den Markt und ist nicht mehr verfügbar.
In der 13ten Runde haben alle noch einmal die Möglichkeit eine Aktion eines frei wählbaren Feldes durchzuführen, bevor im Anschluss die Endwertung erfolgt.
Bei der Endwertung werden zu den bereits gesammelten Siegpunkten die Iki für gesammelte Token-Plättchen, erworbene Gebäude, verbliebenen Ressourcen und unterschiedlich farbige am Playerboard ausliegende Charakter-Karten hinzugezählt. Wer dann die meisten Iki gesammelt hat, gewinnt die Partie.
Die vorliegende Version von „Iki“ ist bereits eine Neuauflage des Spiels. Das Original wurde 2015 als Kampagne über Kickstarter erfolgreich finanziert. Neben kleineren Regeländerungen fällt vor allem die neue Optik ins Auge, die gegenüber dem damals traditionell japanischen Malstil deutlich modernere an westliche Vorstellungen angepasste Illustrationen zeigt.
Die Regeln sind nicht sehr schwierig, aber es bedarf dennoch eine Spielrunde, bis die Mechanismen wirklich verinnerlicht sind. Das Studium der 16 Seiten Regeln (inklusive Appendix) wird etwas durch die häufige Nutzung japanischer Ausdrücke erschwert.
„Iki“ bietet eine große Spieltiefe mit vielen Optionen, Siegpunkte zu erhalten. Es sind verschiedene Strategien möglich und auch nötig, da der Spielfluss stark von den zur Verfügung stehenden Karten und möglichen Bewegungsschritten abhängig ist. Sich flexibel an die jeweilige Situation anzupassen, lautet die Devise, beispielsweise bei der Wahl der Charakter-Karten und deren Boni.
Ein wesentliches taktisches Element in „Iki“ ist die Abfolge, wer wann am Zug ist. Der Fortschritt auf der Feuerleiste bestimmt, wer zuerst entscheiden darf, wie viele Schritte die eigene Figur auf dem Markt vorgerückt werden darf. Wer die kleinere Anzahl Bewegungspunkte gewählt hat, darf zuerst einkaufen und sich bewegen. Dies sorgt für die meiste Interaktion.
Somit ist die Feuerleiste nicht nur als Schutz für die eigenen Stände vor Feuer wichtig, sondern auch um aktiv das Spiel beeinflussen zu können. Beispielsweise kann der Startspieler wenige Schritte wählen, um dafür zuerst ziehen zu dürfen oder ein wichtiges Feld zu erreichen, was in diversen Situationen sehr wichtig sein kann.
Wer auf der Feuerleiste erst einmal ins Hintertreffen gefallen ist, kann es durchaus im weiteren Spielverlauf schwer haben und muss sich eine andere Strategie überlegen, was aber gerade für Neulinge schwierig ist. Sandalen können beispielsweise die Anzahl Schritte erhöhen und dadurch die eingeschränkte Wahl der Schritte auf dem Markt etwas ausgleichen. Eigene Geschäfte können hinter gegnerische gesetzt werden, die ein Feuer aufhalten dürften, da die Person auf der Feuerleiste weiter vorangeschritten ist. Alternativ kann auch einfach darauf gehofft werden, dass eine Straße ohne eigene Händler von einem Feuer betroffen ist, denn dies wird zufällig festgelegt.
Dies ist zugleich auch ein großer Kritikpunkt. Ein Feuer kann durchaus Spiel-entscheidende Auswirkungen haben und dieser Glücksfaktor will nicht so recht zu dem ansonsten sehr taktischen Spielverlauf passen.
Da es auch keinen Mechanismus gibt, der vorne liegende Personen benachteiligt, kann sich schon früh abzeichnen, wer das Spiel gewinnen wird, was für die anderen den Spielspaß dann doch einschränken kann. Zudem ist „Iki“ ein Mangelspiel und keine Punkteschlacht, da es nicht einfach ist, an ausreichend Ressourcen heranzukommen. Dies mag nicht jedem gefallen.
Uns jedoch konnte „Iki“ überzeugen. Der Mix aus einer Vielzahl an Optionen, taktischer Winkelzüge, stets unterschiedliche Spielverläufe und spannender Interaktion vermittelt ein frisches Spielerlebnis. Strategen werden hier auf Ihre Kosten kommen.
Die Neuauflage von "Iki" macht richtig Spaß. Grafisch punktet das Spiel bei mir. Die Illustrationen sind einfach wunderschön. Vom Cover, über das Spielbrett bis hin zu den Händlerkarten – ein tolles Design. Dadurch motiviert musste das Regelwerk schnell gelernt werden. Uff, das ist aber ganz schön dicht gestaltet, war der erste Eindruck, etwas mehr Weißraum hätte dem Layout gut getan. Ausreichend Beispiel-Illustration helfen die Regeln gut zu verstehen. Die japanischen Begriffe stimmen auf das Thema ein, machen es aber oft etwas schwieriger, die Regeln genau zu verstehen.
Gefallen hat mir, dass alle Karten am Ende der Anleitung erklärt werden. Das ist zwar nicht zwingend nötig, da "Iki" über eine gute Ikonographie verfügt, aber ein schönes nice-to-have. Auch die Spielertableaus sind praktisch und übersichtlich, die komplette Aktionsreihenfolge und alle Punkteberechnungen sind dort abgebildet. Ansonsten ist auch das restliche Material schön und hochwertig, die zahlreichen Holzfiguren, die vielen bunten und detailliert gezeichneten Karten, die Marker, alles aus einem Guss. Das Spiel kostet circa 48 Euro, die auf jeden Fall gut angelegt sind.
"Iki" wird über 12 Monate oder auch Spielrunden gespielt plus eine zusätzliche Runde, in der wir Neujahr feiern. Drei Monate bilden jeweils eine Jahreszeit. In jeder Runde werden vier Händlerkarten aufgedeckt. Das führt dazu, dass die Händlerauslage gegen Ende der Saison oft stark anwächst. Zudem werden Händler aus jeder Vorrunde der aktiven Jahreszeit günstiger. Diese umfangreiche Händlerauslage führt in der Regel zu einer erhöhten Downtime. Gleiches gilt für die Ikizama-Leiste, bei der jeder am Tisch entscheiden muss, um wie viele Felder er sich auf der Hauptstraße vorrücken möchte. Eine wichtige Entscheidung, denn schließlich hat diese direkten Einfluss darauf, welche Aktionen später genutzt werden können. Trotz der längeren Downtime hat uns das Spiel in voller Besetzung besser gefallen als zu zweit. Die angegebene Spielzeit von 60 bis 90 Minuten entspricht auch meiner Erfahrung.
Kommen wir zum Kern des Spiels – den Mechaniken. Der Rondell-Mechanismus ist nicht neu, passt hier aber thematisch wunderbar in Verbindung mit der taktischen Platzierung der Händler. Hierdurch entsteht zwangsläufig Interaktion, denn alle am Tisch beobachten gespannt und reagieren auf das, was die anderen machen und vor allem planen. Züge im Spiel zu zweit lassen sich am besten im Voraus planen. Etwas enttäuscht bin ich von einem eigentlich zentralen Mechanismus. Dreimal im Spiel bricht ein immer stärkeres Feuer auf dem Markt aus. Diesen Effekt finde ich zu schwach. Selten hatte ich Partien bei denen mehr als ein Laden abgebrannt ist. Bei einer Wahrscheinlichkeit von nur 25 % kommt der Effekt oft nicht zum Tragen. Der Ruhestand-Mechanismus der Händler ist gut. Er wurde im Spiel zu zweit eher weniger genutzt als bei kompletten Spielrunden. Insgesamt sind alle Mechanismen wie auch Open Drafting (Händlerauslage) und Set Collection (Händler im Ruhestand, Tabak und Fische) sehr gut miteinander verzahnt. "Iki" bietet viele Möglichkeiten für unterschiedliche Gewinnstrategien und somit einen hohen Wiederspielfaktor. Die Punkteleiste gibt meist nur eine Orientierung über den aktuellen Punktestand, da am Ende des Spiels noch viele Bonuspunkte in die Gesamtwertung einfließen.
"Die Handwerker und Händler von Edo" ist ein tolles Eurogame für Kenner und bekommt einen Stammplatz in meinem Regal. Wer eine Affinität zur japanischen Kultur hat und gerne strategisch plant sollte hier zugreifen. Wunderschöne Optik und tolles Gameplay vereinen sich in "Iki".
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Bilder zum Spiel
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Tags: Ressourcenmanagement, Workerplacement, Kennerspiel, Japan