Test | Bitoku - Fazit + Wertung + Bilder vom Spiel
„Bitoku“ gehört zu den Spielen, die einen großen Hype auf der „Spiel 21“ ausgelöst haben und bereits nach kürzester Zeit ausverkauft waren. Glasklar ist dafür das wirklich wunderschöne Äußere verantwortlich. „Bitoku“ ist extrem farbenfroh, hat ein sehr hochwertiges Artwork und besitzt ein wirklich qualitatives Spielmaterial. An keiner Stelle kann und will ich hier die Qualität des Spielmaterials kritisieren, was schon einiges bedeutet. Auch der Spielfluss von „Bitoku“ weiß zu begeistern. Die Mechaniken ergeben Sinn, funktionieren des Öfteren wie ein gut geöltes Zahnrad und wissen zu motivieren. Paradoxer Weise sind aber auch das Material und die Mechaniken nicht nur die größte Stärke, sondern ebenfalls die größte Schwäche des Spiels. An allen Enden wirkt „Bitoku“ überfüllt. Das Spielfeld weiß von der alleinigen Größe und Tischpräsenz seine Spielgruppen einzuschüchtern, der Spiel Aus- und Abbau dauert ohne eine ordentliche Strategie sehr lang und während des Spiels alle Optionen und Mechaniken im Auge zu behalten wirkt an vielen Stellen eher wie eine Vollzeitarbeit. Bei „Bitoku“ verlangt es nach erfahrenen Spielgruppen, die sich von Komplexen und verworrenen Strukturen nicht einschüchtern lassen und auch noch den Überblick behalten, wenn eine Lawine an Spielmechaniken auf sie niedergeht. An allen Ecken und Enden gibt es eine Mechanik zu beachten, die in den meisten Fällen einen großen Haufen Siegpunkte für die Endwertung bereithält.
Verliert eine Person relativ schnell den Überblick, zum Beispiel welche Kartenart sie für die Endwertung sammeln sollte, oder welche Optionen das vollkommen überfüllte Spielfeld eigentlich nochmal bereithält, sieht es mit Siegeschancen meist sehr gering aus. „Bitoku“ lässt sich mit seinem Spielfeld und seinen Mechaniken super einfach in zwei vollkommen separate und komplett vollständige Spiele teilen, da alle Elemente für sich klasse sind, nur in der völligen Überfüllung selbst in der eigenen Lawine unterzugehen scheinen.
Ein weiterer ambivalenter Punkt ist die Sprachneutralität des Spiels. Das gesamte Spielmaterial kommt vollständig ohne jegliche Sprache aus und setzt in allen Bezügen auf unterschiedliche Symbole. Alle Symbole werden zwar in einem kleinen Spielreferenzhandbuch erklärt, jedoch übertreibt es „Bitoku“ damit etwas. Insbesondere die ersten Spiele werden viel davon geprägt sein, die Ikonographie des Spiels zu entschlüsseln, obwohl an manchen Stellen ein paar wenige Worte vermutlich hilfreicher gewesen wären. Besonders gelitten hat darunter der Solo-Modus an meinem Spieltisch.
Die Regeln helfen teilweise wenig weiter, da sich die Liebe zum Thema in der Bezeichnung des Spielmaterials besonders deutlich macht. So gibt es keine Aktionskarten oder X-Plättchen sondern Kodama-Leisten, Mitama-Geist-Plättchen, Yokai-Karten und Bitokukarten. Wurde erstmal erschlossen, was zur Hölle eigentlich mit all dem gemeint ist, funktioniert es (wobei dieses vehemente Durchsetzen der Details ja schon irgendwo liebenswert ist), aber um dahin zu kommen, dauert es gerne einen ganzen Lektürenachmittag. Besonders „ärgerlich“ ist das alles, weil das sonstige Thema des Spiels, wie bei Eurogames schon selbstverständlich, beliebig austauschbar ist und sich im Spielverlauf eigentlich gar nicht widerspiegelt. Es klingt alles schön und sieht klasse aus, ein wirkliches Gefühl fürs Thema kommt aber nicht auf.
Der Solo-Modus an sich ist nicht sonderlich leicht verständlich, treibt die Symbolverliebtheit aber auf die absolute Spitze, da zu den ohnehin schon vielen Symbolen, noch Solo-Spezifische Symbole kommen. Dadurch, dass dieser Modus noch weiter an der Komplexitätsschraube dreht, möchte ich darauf hinweisen, dass alle Mechaniken des Spiels besonders gut trainiert und verinnerlicht sein müssen, bevor ein wirkliches Verständnis für diesen Modus einsetzen kann. Ob sich „Bitoku“ dadurch nun als Solo-Spiel anbietet, müssen alle Solo-Fans damit für sich selbst entscheiden.
Das alles klingt so, als hätte ich keinerlei Spaß mit „Bitoku“ gehabt, aber eher das Gegenteil ist der Fall. „Bitoku“ ist ein sehr anspruchsvolles Spiel mit einer extrem steilen Lernkurve, das Spielgruppen mit Familienfokus wohl gnadenlos brechen würde, aber für Fans von Expertenspielen einiges bietet. Viele meiner Kritikpunkte könnten Fans als „Meckern auf hohem Niveau“ verbuchen, da es viele Spiele gibt, die an keine der hier gezeigten Mechaniken im Ansatz heranreichen könnten. Hat man sich durchgebissen und die Ikonographie sowie alle Mechaniken erlernt, bietet „Bitoku“ ein extrem vielschichtiges Spielerlebnis, das besonders auf einem großen Spieltisch für Aufsehen sorgen wird. „Bitoku“ ist nicht der Große Heilsbringer der Eurogames, aber insbesondere durch sein Äußeres bietet es eine willkommene Abwechslung zu den meist sehr gleich gestalteten Spielen dieses Genres.
Spielgruppen, die bereits viel Erfahrung in diesem Spielgenre sammeln konnten und auf der Suche nach einem schönen Augenschmaus sind, können hier zugreifen. Spielgruppen, die nur am Äußeren Gefallen finden, aber noch wenig Erfahrung mit komplexeren Spielen haben, werden von „Bitoku“ jedoch ungespitzt in den Boden gerammt.
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Tags: 1-4 Personen, Dice-Placement, Expertenspiel, Japan, Worker Placement, Deckbauspiel