Test | Verrückte Fracht
Die Folgen des Lockdowns auf der ganzen Welt sowie der Stau im Suezkanal, bedingt durch den Unfall der Ever Given, sind bei den Lieferzeiten und Rohstoffpreisen deutlich spürbar. Damit sich die Lieferzeiten nicht noch weiter verzögern, ist ein gezieltes Be- und Entladen der Lastkraftwagen notwendig. Wenn dieses nicht gelingt, wird das Versenden der Güter verzögert oder bei ankommenden LKWs die Ware nicht entladen, bevor diese weiterfahren. Daher gilt es in „Verrückte Fracht“ ein gutes Leitungssystem in unsere Fabrik aufzubauen und die richtigen LKWs für den Transport zu wählen.
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Leitungssalat
„Verrückte Fracht“ ist ein Plättchenlegespiel, bei dem die Maschinen in der eigenen Fabrik durch Leitungsplättchen mit den Fließbändern verbunden werden. Über diese können an der linken Seite LKWs beladen und an der rechten Seite entladen werden. Eine Runde besteht dabei aus zwei Phasen.
In der Bauphase stehen zwei verschiedene Aktionen zur Verfügung. Bei der ersten Aktion dürfen Plättchen aus dem Beutel auf die Hand gezogen werden. Bei der zweiten Aktion darf ein Leitungsplättchen aus der Hand oder das oberste Plättchen von einem der beiden Lagerstapel des eigenen Spielertableaus auf den Spielplan gelegt werden. Die Plättchen dürfen dabei frei im markierten Spielbereich platziert werden, so auch übereinander.
Insgesamt dürfen drei Aktionen in beliebiger Kombination und Reihenfolge in dieser Phase ausgeführt werden. Zusätzlich darf pro Bauphase ein Baubonusplättchen abgeworfen werden, um zwei Zusatzaktionen zu erhalten oder ein Verteilerplättchen zu platzieren, wofür ein Verteilerbonusplättchen im eigenen Besitz sein muss. Wird eine Verbindung zwischen einer Maschine und einem Fließband hergestellt, so setzt die Person ihren Reihenfolgemarker auf das entsprechende Feld der Reihenfolgeleiste und erhält gegebenenfalls einen Bonus, sofern der Reihenfolgemarker nicht bereits auf dem Feld lag. Das Feld entspricht dabei der maximalen Anzahl an Verbindungen. Falls eine Verbindung aufgelöst wird, geht der Marker jedoch nicht zurück.
Zu Beginn der Logistikphase, ebenso wie nach jeder abgeschlossenen LKW-Bewegung, wird geprüft, ob LKWs be- beziehungsweise entladen werden müssen. Dabei dürfen keine zwei gleichen Güter nebeneinander geladen werden. In dieser Phase darf eine von drei Aktionen gewählt werden. Es dürfen LKW-Karten mit einem Gesamtwert von 2 Logistikpunkten (LP) ausgespielt werden oder zwei Leitungsplättchen aus dem eigenen Lager abgeworfen werden, um eine LKW-Karte zu erhalten oder eine LKW-Karte abgeworfen werden um 1-3 Leitungsplättchen zu erhalten. Zusätzlich dazu darf ein LKW-Bonusplättchen abgeworfen werden, um eine LKW-Karte sowie zwei zusätzliche Logistikpunkte zu erhalten. Dann muss jedoch mindestens ein LKW ausgespielt werden. LKWs werden immer auf der linken Seite ausgespielt und sobald diese über das Spielfeld hinausragen, werden sie an das Spielfeld der anderen Person angelegt beziehungsweise aus dem Spiel entfernt.
Beide Phasen enden mit der Aufräumphase, bei der sämtliche Leitungsplättchen aus der Hand auf die beiden Lagerstapel des eigenen Spielertableaus gelegt werden müssen. Zudem darf jede Person maximal drei Baubonusplättchen und drei LKW-Bonusplättchen besitzen. Überzählige werden abgeworfen beziehungsweise dürfen jederzeit getauscht werden, entweder zwei Baubonusplättchen in ein LKW-Plättchen oder zwei LKW-Plättchen in ein Verteilerplättchen. Außerdem wird am Ende jeder Phase geprüft, ob eine der vier Endbedingungen eingetreten ist:
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Eine Person hat mindestens einen Stern erhalten
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Eine Person hat neun Güter (bei zwei Farben) beziehungsweise zwölf Güter (bei drei Farben) verladen
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Der Beutel mit Leitungsplättchen ist leer
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Der LKW-Kartenstapel ist leer
Um das Spiel gewinnen zu können, müssen mindestens zwei Waren jeder Art vom eigenen Spielertableau auf LKWs beladen worden sein. Gewinner ist die Person mit mehr Sternen beziehungsweise bei Gleichstand mit mehr Punkten.
Das Spiel kann sowohl mit zwei Gütern und zwei verschiedenfarbigen Leitungsplättchen als auch mit drei Gütern und drei verschiedenfarbigen Leitungsplättchen gespielt werden. Zudem gibt es sechs verschiedene Spielpläne mit unterschiedlich vielen Maschinenanschlüssen.
„Verrückte Fracht“ ist gar nicht so verrückt, auch wenn die verlegten Leitungen durchaus chaotisch aussehen. Im Gegenteil, es ist ein Spiel bei dem durchaus viel nachgedacht werden darf – viel Hirnzwirblerpotential. Durch die Möglichkeit des simultanen Spiels in der ersten Phase und einer kurzen zweiten Phase bleibt die Wartezeit verhältnismäßig gering und kann teilweise genutzt werden, um die eigene Taktik weiter zu planen oder sich das Leitungssystem der gegnerischen Person anzuschauen. Dieses sollte nicht vernachlässigt werden. Güter, die von der gegnerischen Person auf LKWs geladen werden, sollten nach Möglichkeit entladen werden, um Punkte und Bonusplättchen zu sammeln. Hierdurch entsteht einige Interaktion, denn LKWs können ebenfalls bei dem Gegner ausgespielt werden, um unter Umständen das Beladen zu verhindern, wenn dieses taktisch sinnvoll ist.
Außerdem können bereits anliegende LKWs durch das Ausspielen von großen neuen LKWs durchgeschoben werden, ohne dass diese die Möglichkeit zum Entladen bekommen. Dabei kann das Leitungsnetz der anderen Person nicht beeinflusst werden und der gefühlte Ärgerfaktor bleibt gering. Die vielen kleinen Entscheidungen und das Entwickeln des eigenen Leitungsnetzes können dafür sorgen, dass der Fokus manchmal mehr auf dem Ausbau des Netzes als auf den Endbedingungen liegt. Dadurch, dass es verschiedene Endbedingungen gibt, die nach jeder der beiden Phasen eintreten können, kann das Ende schneller kommen als gedacht. Wenn plötzlich das Spiel endet, weil der LKW-Kartenstapel leer ist und beide Spieler das Spiel nicht gewinnen können, da nicht genügend Güter verladen wurden, ist die nächste Partie vorprogrammiert.
Dazu kommt viel Variation durch einen unterschiedlicher Verlauf, welches allein durch das zufällige Ziehen von Leitungsplättchen und LKW-Karten bedingt wird. Noch mehr Abwechslung wird durch die sechs verschiedenen Spielpläne geboten, die theoretisch für weitere Variation auf dem Kopf gespielt werden können. Dies gepaart mit den vielen taktischen Entscheidungen und den unterschiedlichen Endbedingungen sorgt für kurzweiligen Spaß. Die ersten Partien können sich etwas ziehen, da die Regeln nur mäßig erklärt sind. Hier ist die freizugängliche Neuauflage der englischen Spielregeln hilfreich, die zudem noch kleinere Variationen im Spielaufbau und Spielverlauf bieten. Sind die Regeln erstmal verinnerlicht, lässt sich das Spiel flüssig runterspielen und kann süchtig machen. So kam es bei uns selten vor, dass es bei nur einer Partie blieb und es auch mal vorkam, dass mehrere Stunden über das Legen von Leitungen gegrübelt wurde.
Sowohl die Variante mit zwei als auch drei Leitungsfarben funktioniert gut. Bei drei Farben wird in der Anleitung von der Expertenvariante gesprochen, vereinfacht jedoch das Beladen mehrere Güter nebeneinander auf einen LKW. Die Endbedingungen können im Spiel alle eintreten und in die taktischen Entscheidungen mit einbezogen werden, wobei es bei zwei Farben leichter ist einen Stern zu erlangen und bei drei Farben das Spiel über versendete Güter zu beenden. Durch die gleiche Größe der Leitungsplättchen, die Möglichkeit diese zu überbauen und den eigenen Spielplan ist das Spiel schön knackig. Es fühlt sich nicht wie die typischen Plättchenlegespiele mit Puzzlecharakter an, was mir gut gefällt. Einen Glücksfaktor gibt es zwar durch die LKW-Karten und Legeplättchen, welcher durch die Tauschoption in der zweiten Phase allerdings verringert werden kann. Folglich sollte nicht auf das richtige Plättchen gehofft werden.
Das Material ist von guter Qualität, wobei die Güter Fingerspitzengefühl benötigen, glücklicherweise jedoch nicht zu viel bewegt werden müssen. Die Illustration ist passend, wobei insbesondere die kleinen Batterien gelungen sind. Die Spielschachtel hätte etwas größer sein dürfen, da beim Einräumen gepuzzelt werden muss, damit auch der Beutel mit Legeplättchen darin untergebracht werden kann. Das Thema und die Mechaniken sind sehr stimmig, auch wenn ich das seltsam wabbelig-grüne aus der Einleitung bis heute suche.
Insgesamt ist „Verrückte Fracht“ ein thematisches, kurzweiliges und gut verzahntes Legespiel. Das Spiel mag nicht für jede/n etwas sein. Wer jedoch Freude an Gehirnakrobatik hat, sollte sich nicht von dem vermeintlichen Bild eines einfachen Plättchenlegespiels täuschen lassen. Dieses gehobene Kennerspiel lässt kaum Kritik zu und kann viel Freude bereiten. Es hat die Kategorie der 2-Personen-Spiele in meiner Sammlung deutlich bereichert.
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Bilder zum Spiel
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Tags: 2 Personen, 30-60 Minuten, Teile Platzieren, Puzzle