Test | Nemos War
1870 erschien Jule Vernes Meisterwerk ,,20.000 Meilen unter dem Meer“, wobei die Faszination für die Abenteuer des berüchtigten Kapitän Nemo in seinem stählernen Unterseeboot, der Nautilus, auch als Stilanleihe für die auflodernde Steampunkszene bis heute ungebrochen ist. In "Nemos War" steuern wir die Nautilus über die sieben Weltmeere, stiften Rebellionen an und versenken Flotten der imperialen Mächte. Doch Siegpunkte werden nur von Belang sein, wenn das Finale überhaupt erreicht und damit der Epilog freigeschaltet wird. "Nemos War" ist somit ein komplexes Abenteuerspiel für versierte Solospieler.
Wir haben "Nemos War" selbst gekauft. Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Spielaufbau
Das Spielbrett zeigt im zentralen Bereich sechs große Weltmeere, die jeweils mit einer Würfelzahl ausgezeichnet sind. Drei bis vier rechteckige Felder auf diesen Orten weisen Platz für Schiffe bzw. unbekannte Kontakte aus. Diese Hauptorte sind mit kleineren Orten wie dem Kap Horn, Kap der guten Hoffnung, Zentralpazifik usw. verbunden, die nur ein bis zwei Schiffsfelder aufweisen. In den oberen Ecken aller Orte befinden sich Slots für Schatzkristalle und Rebellionsmarker. Das anfängliche Bestücken der Slots mit Markern für unbekannte Kontakte und Schatzkristallen ist abhängig von der gewählten Schwierigkeitsstufe. Ein Säckchen mit Schiffen (Kriegs- und Zivilschiffe) und eines mit allen Schatzmarkern wird in greifbare Nähe gelegt, vier Technologiekarten aufgedeckt und die sechs Crewmarker offen ausgelegt. Die zentrale Triebkraft des Spiels stellt das Abenteuerdeck dar. Eine zufällige Finalkarte ganz unten, mehrere Schichten Ereigniskarten, Akt 1-3 Karten und die Wendepunktkarte bilden diesen Stapel aus insgesamt 31 Karten, die es durchzuspielen gilt. Anschließend muss nur doch Nemos Beweggrund ausgewählt werden. Beim Ziel „Krieg“ geben beispielsweise versenkte Kriegsschiffe am Ende mehr Punkte als beim Beweggrund „Wissenschaft“. Dementsprechend sollte sich die Spielstrategie an diese Wahl anpassen.
Der Tauchgang startet
Als Spielziel gilt es, das Abenteuerdeck komplett zu bewältigen, also alle Ereigniskarten abzuhandeln. Ist die Finalkarte geschafft, werden ein Epilog entsprechend des anfänglich ausgewählten Beweggrundes gelesen und die Siegpunkte gezählt. Rückt der Marker auf der Leiste einer Nautilus-Ressource (Crew, Nemo oder Rumpf) zu irgendeinem Zeitpunkt auf das letzte Feld oder rutscht der Rufmarker auf eine entsprechende Markierung (kommt auf die gewählte Schwierigkeitsstufe an), ist die Partie sofort verloren und eine Wertung findet nicht mehr statt.
Der Ablauf einer Runde ist stets gleich aufgebaut: Zunächst wird in der Abenteuerphase die oberste Karte des Abenteuerdecks gezogen und abgehandelt. Die Karten zeigen entweder Fähigkeiten, die zum passenden Zeitpunkt ausgespielt werden können, Aktionen, die sofort ausgeführt werden müssen, oder Tests, bei denen die gezeigte Zahl mit zwei Würfeln erreicht werden muss, um positive Ereignisse auszulösen. Anschließend werden in der Kontaktphase die Aktionspunkte für die Runde bestimmt, indem die Differenz zwischen zwei Würfelergebnissen ermittelt wird. Auf die Felder mit den passenden Augenzahlen werden außerdem neue ,,unbekannte Kontakte“- Marker oder – falls dies nicht mehr möglich ist – Schiffe aus dem Beutel gezogen und abgelegt. Wird an dieser Stelle ein Pasch gewürfelt, bedeutet das eine Flaute. In diesem Fall werden zusätzliche Schatzsteine platziert und ggf. Rebellionsmarker entfernt. Hier hat man dann für die anschließende Aktionsphase keine Aktionspunkte.
Während der Aktionsphase können die Aktionspunkte für folgende Handlungen ausgegeben werden: Die Nautilus um ein Feld zu einem angrenzenden Ort bewegen, einen Schatz auf dem aktuellen Feld suchen, dort eine Rebellion anstiften, wodurch ein Marker platziert und Nemos Ruf aufgebessert werden kann, oder ein Kampf durchführen. Steht die Nautilus auf einem Ort mit einem oder mehreren Schiffsplättchen, kann der Versuch unternommen werden, eines davon zu versenken. Wird ein unbekanntes Objekt angegriffen, wird zufällig ein Schiffplättchen gezogen, gegen das gekämpft werden muss. Ein Kriegsschiff greift zuerst die Nautilus an, wobei ein Würfelwurf über den möglichen Schaden an dem eigenen Unterseeboot entscheidet, welches die Verschlechterung einer oder mehrerer Nautilusressourcen-Werte nach sich zieht. Zivilschiffe greifen nicht an, geben aber Minuspunkte auf der Rufleiste. Danach greift die Nautilus an und man wirft zwei Würfel, um in Summe mindestens den Verteidigungswert des Schiffes zu erreichen. Ist das geschafft, wandert das Schiffplättchen entweder auf das Feld in der Tonnageleiste und gibt am Ende Siegpunkte oder wird als Bergungsgut abgelegt, um beim Erwerb einer Technologiekarte als Zahlungsmittel zu fungieren. Ein fehlgeschlagener Angriff bedeutet wiederum Minuspunkte auf der Rufleiste.
Als Aktion kann auch ein zusätzliches Ereignis von dem Stapel nicht verwendeter Ereigniskarten abgehandelt werden, was zusätzlich einen Schatz mit sich bringt. Weiterhin können die Ressourcen ,,Crew“ oder ,,Rumpf“ wieder aktiviert werden. Zusätzlich steht die Aktion ,,Technologie nachrüsten“ zur Verfügung, wodurch eine der ausliegenden Technologiekarten erworben werden kann, um Aktionen nachhaltig zu verbessern.
Das alles ist in "Nemos War" aber nicht einfach so möglich. Für jede ausgewählte Aktion muss zunächst gewürfelt werden, ob diese erfolgreich und somit überhaupt ausführbar ist oder ein Fehlschlag mit herben Konsequenzen bedeutet. Für die Entscheidung über Sieg oder Niederlage steht auf der linken Seite des Spielbrettes eine Aktionstabelle mit Würfelwerten und Konsequenzen zur Verfügung.
Entscheidend ist, dass bei allen Würfelsituationen im Spiel zusätzlich Würfelmodifikationen aktiviert werden können. Dazu entscheidet sich die Person VOR dem Würfeln, eine der drei Nautilusressourcen zu riskieren, um die Würfelsumme durch eine bestimmte Zahl zu erhöhen (wird auf der entsprechenden Leiste angezeigt). Ist diese Summe trotzdem nicht ausreichend, um die angegebene Zahl zu erreichen, muss der Marker der Ressourcenleiste einen Schritt nach rechts gesetzt werden – die Nautilus erleidet so einen Schaden. Zusätzlich kann als letzter Ausweg einer der sechs Personen geopfert werden, die ebenfalls individuelle Modifikationen spendieren.
Im Laufe der Partie kommen immer mehr Kriegsschiffe mit höheren Angriffs- und Verteidigungswerten ins Spiel, die durch Ereigniskarten oder Markierungen auf der Ruf-Leiste in das Säckchen wandern.
Wurde die Finalkarte des Abenteuerdecks erfolgreich abgehandelt, wird entsprechend Nemos ausgewähltem Beweggrund die Wertung durchgeführt. Dann gibt es auf die Quellen Tonnageleiste, Ereigniskarten auf dem Erfolgsstapel, gesammelte Schatzplättchen, Rebellionsmarker, Wunder der Welt-Plättchen, überlebende Personen und Technologien Siegpunkte.
Als Variante kann das Solospiel auch vollkooperativ mit bis zu vier Spielern gespielt werden, wobei jede Person eine Rollenkarte bekommt, die individuelle Verantwortlichkeiten für gewisse Spielabschnitte bedeuten. Eine semikooperative Variante liegt "Nemos War" ebenfalls bei, in der gemeutert werden kann und so die Rolle des Kapitäns unfreiwillig gewechselt wird.
Hochwertige Ausstattung für eine bequeme Reise
Das Spiel entwirft in seiner grafischen Gestaltung keinen modernen Nemo im Superheldenstil, sondern lehnt sich komplett an die Zeit der Romanveröffentlichung an. Dementsprechend präsentiert sich das Spielbrett in gedeckten Pastellfarben und die Illustrationen der Personen sowie der Szenen auf den Ereigniskarten entsprechen harten Strichzeichnungen mit einfarbigen Kolorationen ganz im Stil des 19. Jahrhunderts. Flavourtexte auf den Ereigniskarten sind Auszüge aus dem Klassiker und vermitteln dessen Fans sicher eine Art Heimkehrgefühl. Neben einer Vielzahl an Karten, Pappplättchen, Holzklötzchen, bunten Plastikkristallen, zwei schwarzen Stoffbeuteln und einer Miniaturnautilus bringt das Spiel ein passendes Plastikinlay mit, in dem alles ordentlich verstaut werden kann. Lange haben wir keine so gute Anleitung mehr lesen dürfen, in der Schritt für Schritt der Spielablauf und gängige Begriffe bebildert und strukturiert erklärt werden.
Tags: Engine Builder, Entdecken, Solospiel