TEST // PENDULUM
Der Kampf um die Vormachtstellung auf Dünya ist in vollem Gange. Seit dem Verschwinden des Zeitlosen Königs kämpfen die verfeindeten Fraktionen darum, wer unter ihnen der wahrhafte Nachfolger des verschwundenen Herrschers ist. In einem echtzeitgetriebenen Kampf um Ressourcen und Stimmen wird der Adlige ermittelt, der am Ende eine neue Ära einleiten soll.
Wir haben uns die englische Version von PENDULUM selbst gekauft. Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Das Pendel der Zeit
PENDULUM ist ein Echtzeitspiel, das vor allem über Sanduhren gesteuert wird. Zu Beginn erhält jeder Spieler eine Adeligenkarte und das passende 4er-Set an Kriegslisten. Jeder Adlige hat unterschiedliche Fähigkeiten und Anforderungen für den Sieg, in Form von unterschiedlichen Siegpunkteleisten und es gibt zudem zwei Schwierigkeitsgrade zum Spielen für jeden Adeligen auf seinem 2-seitigen Tableau. Unterschiede bei den Adligen gibt es auch bei den Kriegslistkarten.
Ziel des Spiels ist es, alle Marker auf den 4 Siegpunkteleisten nach vorne zu bringen. Nur wer alle Marker im hinteren Bereich hat, kann das Spiel auch gewinnen. Während die Marker für Stärke, Ansehen und Beliebtheit über die Arbeiter bewegt werden, kann der letzte Marker für die legendäre Errungenschaft nur über Errungenschaften oder die Ratskarte in der letzten Runde versetzt werden. Dafür benötigt dieser Marker allerdings auch nur 1 Bewegung.
Gespielt wird über 4 Runden, in denen Arbeiter eingesetzt werden. Zu Beginn hat jeder Spieler 2 Arbeiter zur Verfügung – einen großen und einen kleinen. Kleine Arbeiter können bei der lilanen und der grünen Sanduhr nur auf freie Felder gesetzt werden, große Spieler auch auf solche Felder, auf denen bereits andere Arbeiter eingesetzt worden sind. Wo immer eine Sanduhr an der Seite der Reihe steht, kann kein Arbeiter gesetzt oder entnommen werden. Arbeiteraktionen können hingegen nur an Reihen vorgenommen werden, an denen eine Sanduhr steht. Nach dem Bezahlen der Kosten für die Aktion kann neben der Belohnung auch der Arbeiter wieder aufgenommen und neu eingesetzt werden. Eine feste Vorgabe für das Versetzen der Sanduhren gibt es nicht. Jeder Spieler hat die Möglichkeit, eine vollständig abgelaufene Sanduhr zu versetzen, unabhängig davon, ob er Arbeiter in dem Bereich stehen hat oder nicht. Die Sanduhren haben unterschiedliche Laufzeiten. Die lilane läuft 3 Minuten, die grüne 2 Minuten und die schwarze 45 Sekunden.
Je nachdem welcher der Aktionsbereiche gewählt wurde, gibt es als Belohnung Siegpunkte, Ressourcen oder Stimmen. Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, Provinzen zu erobern. Dadurch werden die Belohnungen für einzelne Produktionsbereiche erhöht, wodurch mit der Zeit der Umfang der Belohnungen, die erlangt werden, anwächst. Wichtig ist, dass die Spieler über genügend Gold verfügen, da die meisten Aktionen über Gold ausgelöst werden. Bei der schwarzen Sanduhr gibt es sowohl kostenlose Aktionen als auch Kosten in Form von Stärke. Sind die erforderlichen Ressourcen nicht vorhanden, bleibt der Arbeiter gefangen auf seinem Feld.
Ein weitere Aktionsmöglichkeit ist das Erreichen von Errungenschaften. Diese wird über die Errungenschaftskarte vorgegeben. Hat der erste Spieler das dort angezeigte Ziel erreicht, kann er sich entweder den Errungenschaftsmarker oder die angezeigte Belohnung nehmen. Ressourcen müssen für das Einlösen nicht ausgegeben werden. Der Errungenschaftsmarker kann pro Runde nur einmal gewählt werden. Er berechtigt in der Ratsphase dazu, den Marker für legendäre Errungenschaften vorzurücken. Über Kriegslistkarten können zusätzlich unterschiedliche Aktionen ohne Setzen eines Arbeiters genutzt werden. Danach kommen die gespielten Karten auf den Ablagestapel. Es ist möglich den Ablagestapel über eine freie Aktion und das Ausgeben von Ressourcen wieder auf die Hand zu nehmen.
Wenn der letzte lilane Sanduhrmarker durch Versetzen der Uhr entfernt wurde, geht es über in die Ratsphase. Jeder Spieler darf noch seine möglichen Aktionen zu Ende führen, allerdings keine Sanduhren mehr versetzen. Danach wird die Reihenfolge auf der Privilegleiste anhand der gesammelten Stimmen aktualisiert und jeder nimmt sich die Belohnungen seiner aktuellen Stufe. Dazu gehört auch die Auswahl der Ratsbelohnungskarte, die entweder Sofortboni oder eine neue Karte für das Kriegslistdeck bringt. Wer mehr als 2 Provinzen unter einem Bereich liegen hat, muss nun überschüssige Karten ablegen. Nach der 4. Ratsphase ist das Spiel an dieser Stelle beendet und der Gewinner ist der Spieler, der in allen Bereichen am weitesten auf der Siegpunkteleiste vorangeschritten ist.
Die Uhr und das Pendel
Das titelgeben Pendel ist im Spiel nicht enthalten, dafür aber eine Menge hochwertig produziertes Spielmaterial. Die Spielertableaus sind aus dem gleichen Kunststoff gefertigt wie schon die Nationstableaus bei TAPESTRY. Die Marker sind aus Holz, der legendäre Marker ist aus Metall und die Stimmplättchen sind aus festem Kunststoff. Die Karten sind robust gefertigt und das Spielbrett ist aus dickem Karton. Die Illustrationen sind sehr fantasievoll und schön anzusehen, haben mit dem Spiel an sich aber nur wenig zu tun. Thematisch macht bei PENDULUM nur wenig Sinn. Die Spielbox verfügt über ein Inlay, in dem sich sämtliches Material sehr gut verstauen lässt.
Die Anleitung ist übersichtlich gestaffelt und bietet einige Grafiken. Beim ersten Lesen der Regeln gab es den einen oder anderen Punkte, der Blättern und Suchen in der Anleitung erforderlich machte. Das ewige Wiederholen der Arbeiter-Setzen-Regel wirkte teils etwas ermüdend, allerdings macht dies Sinn. Während des Echtzeitspiels kommt es in der Hektik durchaus vor, dass Arbeiter in oder aus gesperrten Bereichen versetzt werden. Umso tiefer diese Regel sitzt, desto besser.
PENDULUM ist die Sorte Spiel, das im Vorfeld für reichlich Aufsehen gesorgt hat. Gewinner in der STONEMAIER GAMES Vorauswahl und mit einem frischen Echtzeitmechanismus versehen, war die Neugierde sehr groß. Meine Erwartungen waren relativ entspannt. Beim Thema Echtzeit und der deswegen zu erwartenden Hektik im Spiel bin ich zunächst einmal vornehm zurückhaltend. Interessiert hat mich PENDULUM aber dennoch, da der Echtzeit-Sperrmechanismus sich vom Prinzip her sehr interessant anhörte.
Beim ersten Spiel haben wir, wie in der Anleitung empfohlen, zunächst auf Echtzeit verzichtet und haben das Zeitanzeigetableau genutzt. Was uns dabei gleich aufgefallen ist, und das nicht unbedingt im positiven Sinne, war die mehr als simple Mechanik des Spiels. Das Setzen der wenigen Arbeiter auf die offenen Felder, das Warten bis zum Entnehmen der Ressourcen und das erneute Setzen wirkte schnell öde und eintönig. Das Erspielen von Provinzkarten, die Kriegslisten und die Ratsbelohnungen in der Ratsphase sind nur kleine Mini-Mechanismen, die nicht für allzu viel Spielspaß sorgen und die Eintönigkeit kaum ausgleichen können.
Das Hochsetzen der Siegpunkteleisten stellte sich für mich ebenfalls sehr schnell als ermüdend langweilig heraus. Klar, es müssen Synergien genutzt, Provinzen angelegt und die passende Ratsbelohnungen genommen werden. Aber am Ende war es nur ein müdes Setzen der wenigen Arbeiter, um die passende Balance zwischen Ressourcen und Siegpunkten zu erhalten. Zwischendurch konnten sicherlich auch noch Kriegslisten gespielt werden, was bei anfangs 4 Karten ebenfalls recht eintönig ausfiel. Der Gedanke war, dass es vielleicht daran lag, dass alles im Zug-um-Zug-Modus gespielt wurde und nicht im eigentlich vorgesehenen Echtzeitmodus.
Aber auch der Echtzeitmodus hat es nicht besser gemacht. Eher im Gegenteil. Die Aktionen blieben die gleichen, das Spielgefühl änderte sich kaum. Lediglich das Setzen und Entnehmen der Arbeiter wurde teils etwas hektischer. Wer beim Setzen der Arbeiter nicht aufpasst, hat zudem das Problem, im schlimmsten Fall 3 Minuten zuschauen zu können, wie die anderen spielen. Die Zeit, die zum großen Planen genutzt werden könnte, ist kaum der Rede wert, da es nicht allzu viel zu planen gibt. Die Echtzeit hat es für mich nicht besser gemacht, eher sogar noch schlechter. Die teilweise Hektik und die Eigenverantwortung beim Setzen der Sanduhren kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine viel zu eintönige Mechanik hinter PENDULUM steht.
Bei mir und meinen Mitspielern wollte der Funke überhaupt nicht überspringen. Wir haben uns selbst bei Echtzeit teils gelangweilt, egal wie gut das Setzen auf die Zeitphasen der einzelnen Sanduhren auch abgestimmt war. Mit jeder Ratsphase stellte sich mehr Langweile ein und ich war bei jedem Spiel froh, als wir endlich durch waren. Thematisch hat mich PENDULUM auch null überzeugen können. Das Zusammenkommen, um die Macht in Dünya an sich zu reißen, spiegelt sich für mich nahezu null im Spiel wider. Auf der Habenseite bleibt somit am Ende nur das gewohnt tolle Spielmaterial, das man von STONEMAIER GAMES gewohnt ist. Das reicht aber bei weitem nicht aus, um die Schwächen von PENDULUM auch nur annähernd ausgleichen zu können. Für mich ist das Spiel einer der großen Flops, die ich 2020 gespielt habe.
PENDULUM hat es mir nicht ganz einfach gemacht. Selbstverständlich war mir der anfängliche Hype um das Spiel bekannt. Ich selbst bin ein großer Fan der STONEMAIER GAMES-Dauerbrenner und deren gute Qualität gewohnt. PENDULUM muss meines Erachtens aber zwingend separat betrachtet werden und kann nicht mit den anderen Spielen des Verlages verglichen werden. Warum, sollte durch die Rezension deutlich geworden sein. PENDULUM bietet zwar interessante neue Spielmechaniken, die auch an und für sich funktionieren, scheint sich aber an einigen Stellen ein wenig zu verrennen.
Nun aber einmal Schritt für Schritt. PENDULUM ist ein Echtzeitspiel mit allen Vor- und Nachteilen, die ein Echtzeitspiel mit sich bringt. Auch wenn es sich mit strategischen Optionen herausreden möchte, werden Spieler, die generell gut bei Echtzeitspielen und schnellen Analysen abschneiden, in PENDULUM immer besser als andere Spieler sein, die dies eben nicht sind. Deutlich wird dies schon beim ersten Spiel, weil neue Spieler zunächst keinerlei Anhaltspunkte haben, was sie eigentlich wie machen müssen, und nur wissen, dass es schnell gehen muss. Für die erste Runde bietet PENDULUM daher einen Modus ohne Echtzeit an, was aber nur eine kurzfristige Lösung ist und nicht als vollwertiger Modus angesehen werden sollte.
Erfahrene Spieler wischen hier mit Anfängern sehr schnell den Boden auf, ohne dies absichtlich machen zu wollen. Die sogenannte „Analyse-Paralyse“ ist bei PENDULUM recht dominant, da langsamere Spieler kaum hinter schnellen Spielern herkommen, was besonders bitter ist, wenn die eigenen Arbeiter permanent in einer Leiste gefangen sind, weil der Spieler sie nicht rechtzeitig wegzieht.
PENDULUM hat ein besonders schönes Artwork, nutzt dieses aber nicht für sich. PENDULUM besitzt kein Thema. Ich kämpfe als Spieler nicht um Stimmen, Gold und militärische Kraft, sondern stelle ein Meeple an einen Ort, um die meisten lilafarbenen Scheiben zu sammeln, gelbe Steine zu erhalten oder eine neue Karte unter mein Spielertableau schieben zu können, die mir mehr farbige Steine gibt. Erst beim genaueren Hinsehen werden die Spieler erkennen, dass sogar die Provinz-Karten sehr schön gestaltet worden sind, dies jedoch vom Design der Karte fast vollständig verdeckt wird. Es fühlt sich an vielen Stellen so an, als seien dieser interessanten und schön gestalteten Welt beliebige Spielmechaniken übergestülpt worden.
Für mich sind aber letztlich die Sanduhren ein kleiner Gamebreaker. Es darf nicht passieren, dass das Kernelement des Spiels so fehleranfällig sein kann. In jeder unserer Runden ist es vorgekommen, dass mindestens eine Sanduhr einfach stehengeblieben ist und es in der Hektik zunächst niemand bemerkt hat. Als der Spieler, der die ganze Zeit auf den Ablauf dieser Sanduhr gewartet hat, weil an diesem Ort alle seine Arbeiter platziert waren, es bemerkt hatte, mussten wir pausieren und die Sanduhr wieder zum Laufen bringen. Für den Spieler war es zu diesem Zeitpunkt aber bereits zu spät, weil er den Vorsprung, den nun die Mitspieler hatten, nicht mehr einholen konnte.
Auch das Spielmaterial von PENDULUM überzeugt nicht völlig. Einerseits sind die Karten, die Spielertableaus und das restliche Spielmaterial auf dem ersten Blick makellos! Insbesondere das Artwork der Charaktere, der Karten und des Spielfeldes ergibt ein sehr stimmiges Bild und erschafft eine interessante Welt für die Spieler. Die Spielertableaus und das Spielfeld sind groß genug, dass jeder Spieler alle Felder problemlos erreichen kann und auch die Ikonographie der Aktionsfelder benötigt kaum weiterer Erläuterungen. Andererseits treten immer wieder kleinere Problemchen auf, wenn das Spielmaterial genauer betrachtet wird. Die Spielertableaus haben eine raue Oberfläche, was dabei hilft, die unterschiedlichen Ressourcen auf dem Spielertableau zu halten. Durch die stetige Reibung der Ränder an den anderen Spielertableaus werden sie jedoch schnell abnutzt und weisen Gebrauchsspuren auf. Bei meiner Kopie waren diese sogar bereits beim ersten Spiel erkennbar. Das größte Problem ergibt sich jedoch bei den Sanduhren. Diese können in manchen Kopien des Spiels unterschiedlich schnell bzw. langsam ablaufen oder sogar, wie es bei meiner Kopie der Fall ist, plötzlich zum Stillstand kommen, was den Spielfluss zu einem abrupten Halt bringt.
Das Regelbuch erklärt die Regeln auf insgesamt 22 Seiten, wobei die Solo-Regeln ein eigenes Regelbuch mit zusätzlichen 7 Seiten bekommen hat. Das Regelbuch beinhaltet viele grafische Beispiele, hätte jedoch bei vielen Abschnitten verkürzt werden können, ohne dass viel Inhalt verloren gegangen wäre.
Im Grunde sind das aber alles Punkte, die sich mit ein wenig Eigeninitiative beheben lassen. PENDULUM funktioniert, wenn eigene und gute Sanduhren angeschafft werden, und kann einige Spielergruppen glücklich machen, insbesondere Spielergruppen, die an Echtzeitspielen interessiert sind oder neue einzigartige Mechaniken lieben.
Spieler, die jedoch wegen des Artwork ein interessantes und gut gestaltetes Thema erwarten, gutes Spielmaterial voraussetzen und auf tiefgehende, strategische Möglichkeiten setzen, können PENDULUM eher dem Zahn der Zeit überlassen.
Bilder zum Spiel
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Tags: Ressourcenmanagement, Workerplacement, 1-5 Spieler, Echtzeit