TEST // CLANS OF CALEDONIA
Das Cover von CLANS OF CALEDONIA zeigt ein schottisches Ehepaar, welches mit Viehzucht von Rindern und Schafen, sowie der Herstellung von Whisky beschäftigt ist. Im Hintergrund wird eine weitläufige Landschaft von einem Fluss durchflossen, der schließlich in einem großen See mündet, auf dem ein dampfgetriebenes Schiff fährt. Insgesamt ein idyllisches und von KLEMENS FRANZ sehr schön gezeichnetes Cover. Was im Spiel steckt und wie es funktioniert, habe ich für euch herausgefunden.
Das vorliegende Rezensionsexemplar von CLANS OF CALEDONIA (Premium Edition) wurde von der brettspiel-news.de-Redaktion selbst erworben.
Auf die Bewertung hat das keinen Einfluss.
Schottland im Wandel
Das Spiel ist im Schottland des 19. Jahrhunderts angesiedelt. Zu dieser Zeit vollzog das Land den industriellen Wandel aus einem Agrarstaat heraus. Der Import und Export von Gütern nahm zu. Die Schafzucht wurde immer wichtiger und der schottische Whisky entwickelte sich zu dem alkoholischen Premiumgetränk für ganz Europa. Die Spieler erhalten die Kontrolle schottischer Clans mit individuellen Fähigkeiten, die sich in ihrer Heimat ausbreiten und dabei kleine ExportIndustrien aufbauen.
Clankämpfe um Land und Reichtum
CLANS OF CALEDONIA macht kein Hehl daraus, dass es ein Ableger von dem großartigen TERRA MYSTICA ist. Das Spiel macht dennoch vieles anders und ist dabei etwas weniger komplex als das Vorbild. Jeder Spieler startet mit lediglich 2 Bergarbeiten in den Minen bzw. Holzfällern in den Wäldern.
Wer an der Reihe ist, hat verschiedene Aktionsmöglichkeiten zur Wahl:
- Produktionsstätten können benachbart zu eigenen Gebieten bzw. in Reichweite der eigenen Schifffahrt auf dem Spielplan errichtet werden. Diese Gebäude erzeugen am Ende jeder Runde Ressourcen. Eine Schafherde erzeugt Wolle und die Rinderzucht Milch, die in der Käserei direkt weiterverarbeitet werden kann. Beide Tierarten können aber auch geschlachtet und vom Spielplan genommen werden, falls ein Exportauftrag nach Fleisch verlangt. Die Bäckerei sowie die Whisky-Destillerie erhalten ihren Grundstoff vom Getreidefeld. Neben den sechs Produktionsgebäuden für Waren gibt es noch Minen- bzw. Waldarbeiter, die für das Geldeinkommen sorgen, welches auch dringend von Nöten ist.
- Die bereits angesprochene Schifffahrt kann ebenfalls erweitert werden, um entlegene Gebiete zu erschließen.
- Es können Händler angeworben werden, die für den Kauf und Verkauf von Gütern auf dem Markt benötigt werden.
- Aufträge können aus der allgemeinen Auslage erworben werden und mit einer weiteren Aktion sowie den nötigen Waren zu Siegpunkten verwandelt werden.
- Auf dem Markt können für jeden Händler jeweils eine Ware ver- bzw. gekauft werden.
In all diesen Aktionen spielt Geld eine große Rolle. Wer keines mehr hat, kann durch den Verkauf von Waren auf dem Markt noch ein paar Münzen herausholen. Wem jedoch alle Mittel ausgegangen sind oder sich „Etwas für schlechte Zeiten“ aufheben möchte, muss passen und scheidet damit aus der aktuellen Runde aus.
Nach jeder Runde erhalten die Spieler Einkommen aus ihren Produktionsstätten und es findet eine kleine Zwischenwertung statt. Nach nur fünf Runden ist der Wettstreit in CLANS OF CALEDONIA auch schon vorbei.
Ziel des Spiels ist es, Siegpunkte zu erreichen.
- Die meisten davon werden durch Warenexporte gemacht, die aus der allgemeinen Auslage gekauft und dann mit den verlangten Waren bedient werden müssen.
- Die zweite Quelle für Siegpunkte finden die Spieler in den Zwischenwertungen. Wertungsplättchen geben an, wofür Punkte ausgeschüttet werden. Die Reihenfolge der Wertungsplättchen wird zu Beginn der Partie zufällig bestimmt und dann offen ausgelegt.
- Am Ende werden nochmals die Menge der erfüllten Aufträge sowie die Anzahl der eigenen Gebiete, die mit der ausgebauten Schifffahrt untereinander verbunden ist, mit Siegpunkten belohnt.
Das Errichten von Gebäuden in der Nachbarschaft der Gegenspieler wird belohnt und damit die Interaktion gefördert. Der aktive Spieler kann die Ware, die das gegnerische Gebäude produziert, neben welches er sein eigenes gesetzt hat, zu einem günstigen Preis auf dem Markt einkaufen. Innerhalb einer Runde dürfen Waren aber niemals gekauft und wiederverkauft werden. Deshalb wird jede Transaktion mit den benutzten Händlern auf dem Marktplan markiert. Diese kehren erst am Rundenende zu den Spielern zurück.
Allgemein ist die Mechanik des Marktes in diesem Spiel sehr gelungen. Die Preise der unterschiedlichen Waren ändern sich ständig und werden mit durchsichtigen Markern festgehalten. Nach jedem Kauf bzw. Verkauf wird der Preis der Ware entsprechend angehoben bzw. gesenkt. Allein durch diese Mechanik kann, mit etwas Planung beim Produzieren, viel Geld aus den eigenen Waren herausgeholt werden, welches dann zum Finanzieren neuer Gebäude benutzt werden kann.
Der Widerspielwert ergibt sich aus vier doppelseitigen Spielplanteilen, die allein 16 Varianten für den Aufbau ergeben. Dazu kommen die asymmetrischen Clanfähigkeiten und Hafenplättchen mit einmaligen Boni an den Ecken des Spielfeldes. Diese Häfen ermöglichen den benachbarten Spielern einmalige Sonderaktionen im Spiel.
Auch die Reihenfolge und Art der verwendeten Zwischenwertungsplättchen lassen den Fokus der Spieler immer wieder auf andere Dinge richten.
Billig-Fusel oder Deluxe-Whisky
CLANS OF CALEDONIA hat das Licht der Welt über einen erfolgreichen Kickstarter erlangt. Obwohl keine detaillierten Miniaturen beigelegt sind, kann sich das Material durchaus sehen lassen.
In der Schachtel finden sich 67 Waren und 172 Spielsteine aus hochwertigem Holz. 10 Spielfelder und –tableaus sowie 127 Plättchen aus stabiler Pappe. Die 70 Münzen sind der Deluxe Edition aus Metall beigefügt, bestehen ansonsten ebenfalls aus dicker Pappe, was absolut ausreichend ist. Außerdem finden sich noch 4 klartransparente Preismarker, 2 Würfel fürs Solospiel, 4 Regelübersichten, ein Wertungsblock und natürlich die beiden Anleitungen in Deutsch und Englisch.
Diese sind übersichtlich strukturiert und etwaige Regelfragen können schnell gefunden werden. Weitere Sprachen stehen auf der Webseite des Verlags als pdf-Datei bereit.
Leider fehlt dem Spiel ein Inlay! Besitzer eines 3D-Druckers können ein solches herunterladen, um einen schnelleren Aufbau und gut sortiertes Material zu erhalten. Das ist aber leider kein Service des Verlags und natürlich mit Extrakosten verbunden.
Für das 2-Spieler Spiel dürfen ein paar der Randfelder nicht bespielt werden. Diese sind auf den Spielfeldern durch kleine Wolken und einen schattigen Rand markiert, werden aber manchmal trotzdem von dem ein oder anderen Spieler übersehen. Auf BGG gibt es hierfür Abdeckplättchen zum Ausdrucken, die dem Grundspiel leider auch nicht beiliegen.
Die Spielertableaus sind sehr übersichtlich und enthalten von der Rundenübersicht bis zu den Kosten und den erzeugten Waren alle relevanten Informationen, um das Spiel ohne große Regelfragen spielen zu können. Dabei bleibt die Ikonografie dezent und fügt sich sehr gut in die schöne Illustration ein.
Ich bin ein "Bauchspieler" und verliere daher häufig diese Art von Spielen. Das macht mir nichts aus, wenn das Spielen an sich Spaß macht.
CLANS OF CALEDONIA ist ein solcher Fall. Allein das Aufbauen einer Produktionskette und das Ausbreiten auf dem Spielplan bereiten mir bereits viel Spaß. Der Handel auf dem Markt ist eine tolle Neuerung zum inoffiziellen Vorgänger TERRA MYSTICA und erhöht die Interaktion mit den Mitspielern noch einmal ein Stückweit.
Im Spiel gibt viele Wege, an Siegpunkte zu gelangen, doch Aufträge zu erfüllen scheint mir der lukrativste darunter zu sein. Dies missfällt mir ein wenig, da ich gerne verschiedene Wege zum Ziel hätte. Das macht das Spiel nicht schlechter, nur bewusst sollte es jedem sein, der auf einen Sieg spielt.
Die unterschiedlichen Clanfähigkeiten regen dazu an, das Spiel immer wieder hervorzuholen und dabei ist keine Partie wie die zuvor.
Auch Wenigspieler kommen mit den Regeln gut klar. Diese sind auch nochmals auf den Regelübersichten Schritt für Schritt erklärt, was ich mir für jedes Spiel wünschen würde.
CLANS OF CALEDONIA ist trotz der Nähe zu TERRA MYSTICA und dessen „offiziellen“ Nachfolger GAJA PROJECT als eigenständiges Spiel anzusehen. Es ist durchaus das einfachste der dreien, kann dafür aber auch mit Familien mit weniger Spielerfahrung gespielt werden und kommt aufgrund dessen auch häufiger auf den Spieltisch.
An dieser Stelle soll auch der Solomodus nicht unerwähnt bleiben. Viel mehr, als dass er existiert, kann ich leider nicht über ihn sagen, da ich kein Freund des Solospiels bin und ihn somit nicht ausprobiert habe. Es ist eine High-Score-Jagd mit variablen Spielaufbau, also ohne künstlichen Gegenspieler.
Mir hat das Spiel bisher großen Spaß bereitet und es kristallisierte sich mehr und mehr zu einem meiner Top-Spiele heraus. Der geringe Komplexitätsgrad und das unverbrauchte schottische Thema gefallen mir sehr gut. Die kleinen Produktionsketten und der öffentliche Markt sind thematisch ebenfalls sehr gut in die Spielmechanik eingebunden.
Dafür erhält CLANS OF CALEDONIA einen ewigen Platz in meinem Spieleregal.
Bilder vom Spiel
Tags: 30 MInuten pro Spieler, Enginebuilder, Ressoucenmanagement, 1-4 Spieler, Area Control, Eurogame