Test | Imperial Steam

Test | Imperial Steam

Wir befinden uns im Österreich der Kaiserzeit und bauen Fabriken und ein Eisenbahnnetz, das von Österreich bis nach Norditalien reicht. Das thematische Expertenspiel bringt nicht nur die Lokomotiven, sondern auch unsere Köpfe zum Rauchen. Doch ob "Imperial Steam" nur ein weiteres Eisenbahnspiel ist, wollen wir jetzt genauer unter die Lupe nehmen.

 

infos zum spiel

Wir haben "Imperial Steam" selbst gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

Auf nach Trieste

Ziel von "Imperial Steam" ist es, am Ende des Spiels das meiste Geld und damit die meisten Siegpunkte zu haben. Die Spielerinnen und Spieler müssen mit den wenigen Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen, sorgfältig umgehen, um ihr Eisenbahnnetz auszubauen. Warum? Weil die Städte, an die sie angeschlossen sind, wirtschaftliche Vorteile bieten. Diese sind jedoch begrenzt, was zu einem Konkurrenzkampf mit den anderen Personen am Tisch führt. Bei "Imperial Steam" gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Sozusagen, ein wirtschaftlicher Wettlauf. Einige Städte haben eine begrenzte Nachfrage nach Gütern, andere wenig Platz für den Bau von Fabriken und wieder andere bieten limitierte Geschäftsoptionen. In der gegenüberliegenden Ecke der Karte von Wien liegt Trieste. Diese Stadt hat großen Einfluss auf die Geldauszahlung und löst das Spielende aus, wenn sie erreicht wird. Übrigens, wusstest du, dass eine der ostindischen Handelskompanien in Triest(e) gegründet wurde? Wird Trieste jedenfalls nicht erreicht, endet das Spiel automatisch nach der achten Runde – alle Runden sind in acht Phasen unterteilt.

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Die Phasen eins bis sechs sind administrative Phasen, wie zum Beispiel Handmarker einsammeln, bestellte Güter einlagern, Arbeiter weiterbilden, usw. In Phase sieben können bis zu fünf der insgesamt elf Hauptaktionen ausgeführt werden. Die erste Hauptaktion "Gleise bauen" kostet Holz, Stein und Eisen. Diese Ressourcen müssen auf Waggons und/oder in Bahnhöfen vorrätig sein, um das eigene Schienennetz mit bis zu zwei Schienen zu erweitern. Dabei ist zu beachten, dass ein Spieler nur zwei Gleise aus einer Stadt heraus bauen darf. Es sei denn, der Spieler hat dort einen Bahnhof gebaut. Zusätzlich zu den Rohstoffkosten müssen Arbeiter eingesetzt werden, deren Fertigkeit mindestens der Summe der Fertigkeitsanforderungen der Städte entspricht. Diese Anforderungen und die Fertigkeit eines Arbeiters werden durch das Zahnradsymbol dargestellt.

Um die Rohstoffe für den Gleisbau zu sammeln, kann die Aktion "Güter produzieren" genutzt werden. Mit dieser Aktion kann in jeder eigenen Fabrik ein Rohstoff produziert werden. Alternativ können auch die Aktionen "Güter kaufen" und "Güter bestellen" verwendet werden, um die benötigten Rohstoffe auf dem Markt zu kaufen. Die maximale Bestellmenge ist durch den Verschiffungsmarker begrenzt und, liegt je nach Spielrunde, zwischen zwei und fünf Gütern. Die bestellten Waren werden erst in Phase drei der nächsten Runde ausgeliefert und bleiben bis dahin auf dem eigenen Tableau liegen. Erst dann werden die Rohstoffe auf die Züge und Bahnhöfe verteilt.

In "Imperial Steam" können wir mit Arbeitern Gleise bauen und Fabriken besetzen. Die Arbeiter sind in drei Fertigkeitsstufen eingeteilt. Diese Stufen werden auf dem eigenen Tableau angezeigt und sind nochmal in Arbeits- und Schulungsbereich unterteilt. Wenn Arbeiter zum Beispiel Gleise bauen, dann werden sie in den Arbeitsbereich verschoben. Arbeiter, die nicht zum Einsatz kommen steigern ihre Fertigkeit. Ein Arbeiter der maximalen Stufe drei, schafft dann so viel wie drei Arbeiter der Stufe eins. Ein Arbeiter der Stufe eins wird durch die Aktion "Gebäude bauen" zum Fabrikarbeiter. Er produziert dann zum Beispiel zwei Güter weniger als ein Arbeiter der Stufe drei.

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Die Arbeiter deiner Fabriken können "Güter produzieren". Mit dieser Aktion darf pro Fabrik eine Ware auf Waggons und in Bahnhöfen platziert werden. Diese Güter können direkt mit der nächsten Aktion verwendet werden. Die Lieferung einer einzelnen Ware in eine Knotenpunktstadt ist eine freie Aktion. Allerdings muss die zu beliefernde Stadt über eigene Gleise an das Eisennbahnnetz angeschlossen sein. Zudem darf der gewünschte Rohstoff nur aus der eigenen Fabrik stammen und es wird einmalig Kohle für die Lieferung verbraucht. Sobald die Ware geliefert wurde, wird der Lieferant bezahlt und der Einflussmarker der Knotenpunktstadt um die auf dem Stadtbanner angegebene Anzahl erhöht. Die Anzahl variiert zwischen null und zwei Schritten. Um den Schlüssel einer Knotenpunktstadt zu erhalten, es gibt vier Stück, muss diese mit Kohle beliefert werden. Der Stadtschlüssel ist am Ende des Spiels je nach Position der Stadt auf der Einflussleiste eine Menge Geld wert. Derjenige, der als zweiter Kohle an eine Knotenpunktstadt liefert, erhält den kleinen Stadtschlüssel. Dieser ist mindestens die Hälfte des großen Stadtschlüssels wert. Auch bei der Kohlelieferung wird der Einflussmarker weitergezogen.

Zum Kauf und Aufrüsten von Lokomotiven steht ebenfalls eine Aktion zur Verfügung. Verbesserte Lokomotiven erhöhen die Anzahl der Zugwagenplättchen und kosten nur die Differenz zwischen alter und neuer Lok. Neue Lokomotiven kosten den vollen Preis und werden zusätzlich mit Kohle geliefert. Jeder Spieler und jede Spielerin kann maximal drei Züge besitzen.

Die Märkte

Auf dem Fabriktableau gibt es vier Arten von Fabriken, die Holz, Stein, Eisen oder Kohle produzieren. Je mehr Fabriken eines Typs gebaut werden, desto geringer wird die Nachfrage nach diesem Rohstoff und desto höher wird der Preis für den Bau der Fabrik.

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Auf dem Aktienmarkt können jeweils 10% der Unternehmensanteile an private Investoren verkauft werden. Am Ende des Spiels müssen die Investoren jedoch ausbezahlt werden. Bei einem Vermögen am Spielende von z. B. 800 Gulden und zwei verkauften Aktien (20%) bleiben nur noch 640 Gulden in der Kasse. Je nach Auftragsstufe werden ein bis drei Investoren auf dem persönlichen Aktienmarkttableau platziert. Zusätzlich werden ein bis drei Waggons für den Vertrag bis zum Spielende reserviert bzw. blockiert. Das Ganze wird durch die Hauptaktion "Einen Vertrag sichern" ausgelöst. Jede der spielenden Personen kann mit der Aktion "Aktienkurs beeinflussen" seinen Aktienkurs manipulieren.

Der Arbeitsmarkt ermöglicht über die Aktion "Personal einstellen" Arbeiter zu erwerben. Arbeiter werden in Fabriken und zum Ausbau des Schienennetzes gebraucht. Der Zugang zum Arbeitsmarkt erfolgt über die vier Knotenpunktstädte. Arbeiter aus den Knotenpunktstädten können nur gekauft werden, wenn der persönliche Einfluss gleich oder höher ist als der Einfluss der jeweiligen Knotenpunktstadt. Nach jedem Erwerb von Arbeitern steigen die Kosten. Außerdem können Tunnel- und Brückenbauer gekauft werden. Diese Spezialisten sind Pflicht, um auf orangen (Tunnel) und schwarzen (Brücken) Streckenabschnitten bauen zu können.

Die vier Güter Holz, Stein, Eisen und Kohle können auf dem Rohstoffmarkt gekauft bzw. bestellt werden. Im weiteren Spielverlauf werden die Rohstoffe zwangsläufig immer teurer. Zwar werden ab der vierten Runde wieder Rohstoffe dem Markt hinzugefügt, aber bei weitem nicht genug, um die Preissituation zu entspannen.

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Je nach Stadt, mit der sich die Spieler und Spielerinnen verbinden, gibt es direkte Boni. Diese können eine Erhöhung des Einflusses und Geschäftsoptionen sein. Mit den Optionen kann der persönliche Einfluss und der Aktienkurs erhöht werden. Außerdem können Güterwagen dauerhaft in Personenwagen umgewandelt werden. Personenwagen erwirtschaften in jeder Runde Einkommen, können aber keine Güter transportieren.

Zu guter Letzt gibt es noch die Aktionen "Spenden sammeln" und "Passen". Bei der ersten Aktion werden 10 Gulden ausgezahlt. Bei "Passen" passiert nichts. Diese Aktion macht durchaus Sinn, denn doppelt genutzte Aktionen kosten einen Punkt auf der Einflussleiste.

Das Spiel endet nach acht Runden oder sobald ein Spieler die Stadt Trieste erreicht und alle Spieler der Runde ihren letzten Zug gemacht haben. Die Person am Tisch, die nach der Endabrechnung das meiste Geld erwirtschaftet hat, gewinnt das Spiel. Geld gibt es für das Semmeringplättchen, die Stadtschlüssel, den persönlichen Einfluss und die Verträge. Unerfüllte Verträge kosten Geld. Verträge kosten bzw. bringen nur Geld, wenn Trieste erreicht wird. Außerdem muss jeder Investor mit 10% ausgezahlt werden.


"Imperial Steam" ist ein forderndes Expertenspiel. Es ist viel mehr als ein einfaches Eisenbahnspiel in dem ein Schienennetz aufgebaut wird. Hier agieren die Personen am Tisch natürlich auf dem Spielbrett aber darüber hinaus, schön miteinander verzahnt, über die verschiedenen Märkte. Jeder Eingriff in einen Markt, ausgenommen der Aktienmarkt, hat direkten Einfluss sprich erhöhte Kosten für die Kontrahenten zu folge. Somit wird das Timing jeder Aktion wichtig, denn nur kleinste Abweichungen der Preise können das geplante Ziel unerreichbar machen. Unterschiedliche Strategien können zum Sieg führen. Doch ist wie gesagt das richtige Timing meist genauso entscheidend wie die Spielerreihenfolge. "Imperial Steam" fängt vermeintlich seicht an, doch erste Schritte im Spiel, wie zum Beispiel das Anfangsgebot auf den persönlichen Einfluss können Optionen genauso eröffnen wie auch verwerfen.

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Abhängig von der Personenanzahl spielt sich "Imperial Steam" anders. Zu zweit ist es schnell gespielt, da weniger mögliche Einflussfaktoren von den mitspielenden Personen berücksichtigt werden müssen. Die Downtime sinkt, aber ebenso auch die Interaktion. Im Spiel zu zweit kann man sich nahezu aus dem Weg gehen und nur über die Manipulation der Märkte interagieren. Ganz anderes im Spiel zu viert, hier kommen sich die Personen am Tisch unweigerlich in die Quere und müssen interagieren. Mit wieviel Personen auch gespielt wird, "Imperial Steam" ist so flexibel und passt sich durch den modularen Aufbau fast perfekt der Spieleranzahl an. Aber auch nur fast, denn in einer 4-Spieler-innen-Runde ist die vierte Person in Zugreihenfolge schon im Nachteil, was die möglichen Optionen angeht. Mir fehlt hier ein Ausgleich in Form von zum Beispiel Geld. Der modulare Aufbau und der Wunsch in der nächsten Partie alles besser zu machen, führen zu einem hohen Wiederspielreiz.

Euer Kopf wird rauchen. "Imperial Steam" ist kein Spiel für Bauchspieler, jeder Spielzug will gut überlegt sein. Letztendlich ist es immer ein Abwägen oder besser gesagt Berechnen, ob sich die jeweilige Entscheidung lohnt bzw. rentabel ist. Aber vor allem ist es wichtig voraus zu planen. Besonders gut hat mir die Strategievielfalt gefallen, die "Imperial Steam" bietet. In diesem Spiel gibt es nicht die eine Strategie. In unseren Partien haben unterschiedliche Aspekte, Fokussierungen oder gar Timings zum Erfolg geführt.

Als eines der zentralen Elemente ist mir der Aktienmarkt aufgefallen. Er ist so simple und doch so fantastisch. Geld ist immer knapp und mit Hilfe von Investoren kann viel Geld generiert werden. Doch verkaufst du 50 % deiner Unternehmensaktien, dann verlierst du am Ende des Spiels auch 50 % deines Vermögens und somit wichtige Siegpunkte. Das Zusammenspiel aus Aktienwert und Investoren ist wirklich ein Geniestreich, den ich so noch nicht gesehen habe.

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Selten trifft der Begriff Lernpartie mehr zu als bei "Imperial Steam". Die erste Partie wird hart sein und sehr wahrscheinlich schafft ihr es nicht bis nach Trieste. In der nächsten Partie plant ihr am besten schon von Anfang an eure Ziele und versucht dann euer Bestes diese zu erreichen. Schaut euch die variablen Positionen der Städte an und entscheidet dann, wo die Reise hingeht. Alle Spielmechaniken greifen schön ineinander und bieten extrem viel strategische Tiefe. Und ja, es gibt viele Regeln aber diese werden in der 32-seitigen Anleitung sehr gut und übersichtlich erklärt – eine vorbildliche Lokalisierung.

Das Spielmaterial ist super, alle Marker sind aus Holz, das ist absolut passend für ein Eurogame. Das gesamte Spielmaterial ist sprachneutral und ist dank guter Ikonographie leicht verständlich. Doch wie auch bei Brass spiele ich am liebsten mit Pokerchips "Imperial Steam". Die Geldscheine haben zwar eine vernünftige Kartonstärke aber Pokerchips sind einfach schöner. Einziger Kritikpunkt ist hier, dass sich die Vertragskarten Kohlewerke (schwarz) und Holzwerke (dunkelbraun) farblich kaum unterscheiden. Grafisch macht "Imperial Steam" keinen Quantensprung aber einen schönen und soliden Gesamteindruck.

Obwohl ich ein Review-Exemplar bewerte, möchte ich auf das Preis-Leistungs-Verhältnis eingehen. Das Spiel kostet zwar um die 70 Euro, aber die sind sehr gut angelegt, denn das Spiel enthält, wie gesagt, hochwertige Holzkomponenten, die Plättchen sind aus dickem Karton und ihr werdet es am Gewicht merken – es steckt viel Material in der Spielbox.

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Die Spiellänge ist typisch für den Schwierigkeitsgrad des Spiels – nicht gerade kurz. Im Gegenteil, die angegebene Spielzeit von 60 bis 120 Minuten ist mit Ausnahme der Erstpartie gut getroffen. Bei vierer Gruppen kann es auch mal eine Stunde länger dauern, bis das Spiel beendet ist. Die einstündige Spielzeit ist nur im Spiel zu zweit zu schaffen.

Der bekannte Autor David Turczi hat einen Solomodus für "Imperial Steam" entwickelt. Dieser liegt Capstone Games seit Ende 2022 vor. Mit etwas Glück wird dieser hoffentlich bald veröffentlicht – Quelle: BGG.

Irgendwas fehlt immer. Der ständige Mangel an Ressourcen kann ebenso frustrierend sein, wie ein lange geplantes Ziel nicht zu erreichen, weil ein Gegner einen Zug schneller war. Aber es gibt immer einen Plan B. Das Spiel wird euch weh tun und ihr solltet eine hohe Schmerzgrenze haben. Wer also eher auf belohnende Spiele steht, dem würde ich von "Imperial Steam" abraten.

Alle die Brass Birmingham lieben sollten auf jeden Fall "Imperial Steam" spielen. Hier wird noch eine Schippe Kohle mehr ins Feuer geworfen, um die Mechaniken zu befeuern. Eurogamer sowie Wirtschaftsstrategen mit den Wunsch nach wirklich anspruchsvollen Settings kommen hier voll auf ihre Kosten. Das Spiel hat eindeutig mehr Aufmerksamkeit verdient und sowieso einen festen Platz in meinem Regal.

 

Wertung zum spiel

 

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Tags: 2-4 Personen, Ressourcenmanagement, Eisenbahn, Züge, 60-120 Minuten, Eurogame

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