Test | Dinosaur World (Retail Edition)
Wir schreiben das Jahr 20XX. Nicht lang ist es her, dass die Wissenschaft die DNA von Dinosaurierknochen so gut entschlüsseln konnte, dass es nun möglich ist, die vormaligen Herrscher unseres Planeten wieder zum Leben zu erwecken. Oder besser gesagt: Zu klonen! Ein Meilenstein in der Geschichte der Forschung. Und welch besseren Nutzen aus dieser Entdeckung des Jahrtausends ziehen, als… naja, alle, die Jurassic-Park gesehen haben, ahnen es schon… Vergnügungsparks mit eben jenen Monstern zu eröffnen und Schaulustige auf eigene Gefahr auf sie loszulassen. Aber vergesst nicht die Sicherheitsverzichtserklärung!
„Dinosaur World“ will den übertriebenen Spaß von Jurassic-Park in einem komplexen Eurogame verpacken. Ob diese Form der Unterhaltung mehr Spaß oder Leid zu bieten hat, erfahrt ihr in unserem Test.
Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss!
Dinosaurier, DNA-Labore und Achterbahnen
In „Dinosaur World“ erbauen und verwalten Spielerinnen und Spieler ihre eigenen, neuartigen Dinosaurier-Parks. Die wollen mit Attraktionen wie Casinos, Achterbahnen, Merchandise-Läden und natürlich Dino-Gehegen gefüllt werden. Aber auch administrative Gebäude wie beispielsweise ein Sicherheitsdienst oder ein Dino-Ei-Inkubator sind nötig.
Und das baut und verwaltet sich natürlich nicht alles von selbst, womit Arbeiter eingestellt werden müssen. Diese bringen je nach Farbe der kleinen Meeple verschiedene Stärken mit sich. Blaue Meeples stellen so zum Beispiel Wissenschaftler dar, die besonders effektiv sind, wenn man sie auch in blauen Wissenschaftsgebäuden arbeiten lässt. Man kann sie allerdings auch für generelle Aufgaben verwenden, dann geben sie nur keine Boni. Mit den anderen Farben verhält es sich ähnlich; so sind grüne Meeple gut darin, an Geld zu gelangen, und gelbe für Security-Arbeiten von besonderem Nutzen.
Gespielt wird „Dinosaur World“ über fünf Runden, die auch jeweils aus fünf Phasen bestehen. Zu Beginn gilt es, die verschiedenen Arbeiter per offenem Drafting auszusuchen. In der zweiten Phase werden dann Park-Plättchen erworben und errichtet sowie DNA-Tokens gesammelt, um sie dann in Phase 3 auszugeben, indem man seine Arbeiter den passenden Einrichtungen zuordnet. Danach fährt der Jeep mit den Besucherinnen und Besuchern des Parks los und klappert die Attraktionen ab, die von den angehenden Dino-Park-Bossen festgelegt wurden.
Aber Achtung: Werden die Gäste immer wieder zu denselben Attraktionen geführt, wird ihnen das langweilig. Auch der wildeste Tyrannosaurus Rex ist wohl beim dritten Mal nicht mehr so besonders spannend anzusehen – in der Zukunft sind die Aufmerksamkeitsspannen der Menschen wohl nicht gerade länger geworden.
Dinos gibt es als nicht ganz so gefährliche Pflanzenfresser (grün), kleine und schon deutlich bissigere Fleischfresser (lila) oder absolut mörderische große Fleischfresser (rot). Diesen werden dann entsprechende Gefahrenwürfel zugeordnet, die bei jedem Besuch einer solchen prähistorischen Killermaschine gewürfelt werden müssen. Nicht selten gehen dann ein paar Gäste dabei drauf… was nicht schön, aber auch nicht sooo schlimm ist, solange in anderen Dino-Parks etwa gleich viele Todesfälle vorkommen.
Wer am Ende den spannendsten Park erbaut hat und dabei die Extrapunkte der Zielkarten für bspw. eine bestimmte Mischung aus Attraktionen oder eine gewisse Anzahl einer Saurier-Farbe ergattern konnte, gewinnt.
„Dinosaur World“ ist ein Paradebeispiel für ein Spiel, das bei mir einen sehr gemischten Eindruck hinterlassen hat – und das gleich vom Start weg. Auf der einen Seite bin ich großer Fan von komplex verzahnten Eurogames, die ein neues oder zumindest nicht allzu sehr verbrauchtes Thema haben. Handel im Mittelmeer oder in der Karibik betrieben haben wir ja wahrscheinlich alle schon oft (genug). Auf der anderen Seite ist das der Jurassic Park-Filmreihe angelehnte Thema so überhaupt nicht mein Fall. Dinosaurier haben mich schon als Kind nie besonders gereizt. Von daher gehöre ich teilweise zur Zielgruppe, aber dann irgendwie doch nicht.
Dazu passt dann, dass die Spielmechaniken für mich auch nicht so wirklich mit dem Thema des Spiels harmonieren. Denn das ziemlich exzentrische und von Ironie und Übertreibungen triefende Thema trifft hier auf beinharte Eurogame-Mechanismen: Ressourcen(mangel)-Verwaltung und Kopfzerbrechen bezüglich der Platzierung von Arbeitern und Plättchen. Und da entsteht für mich eine eigenartige Diskrepanz. Wenn ich an verrückte, lebensgefährliche Themenparks mit geklonten Dinosauriern denke, dann erwarte ich kein nüchternes, kalkulatorisches Grübelspiel.
Was ich aber anerkennen muss: „Dinosaur World“ ist ein echter Hingucker mit eindrucksvoller Tischpräsenz. Die Tableaus, Plättchen, Dinosaurier und Meeples sehen wirklich klasse aus. Für mich persönlich könnte zwar alles ein Ticken kleiner und kompakter sein, aber die knalligen Farben machen schon was her. Allerdings kommt hier der nächste Zwiespalt auf. Denn so schön alles aussieht, umso unübersichtlicher wird es auch. In meinen ersten paar Partien musste ich immer wieder darauf hinweisen, wo bestimmte Aktionen abgebildet sind bzw. wo welche Phase stattfindet. Die Ikonographie geht nämlich öfter mal auf den Tableaus zwischen knallbunter Flora, Gebäuden und mit Text und Symbolen vollgestopften Plättchen unter.
Außerdem ist eben doch nicht alles Gold, was glänzt. Auf den ersten Blick sieht das Material zwar super aus, aber beim näheren Hinschauen lässt sich die teils fast gruselig minderwertige Verarbeitung erkennen. An schlimmsten sind für mich die kleinen Plastikmeeple, die nicht selten sicht- und fühlbare Grate aufweisen. Heutzutage ein absolutes No-Go für mich. Die Dinosaurier sind leider kaum besser. Die fühlen sich billig an und haben vor allem am Schweif fürchterlich scharfe Kanten. Immerhin das passt thematisch, wenn auch vielleicht am falschen Ende…
Alle Qualitätsmängel hier aufzuzählen, würde den Rahmen dieser Rezension leider sprengen. Einen muss ich aber noch erwähnen: Die Langeweile-Tokens. Wow, ich glaube, ich habe noch nie kleinere, fummeligere Tokens zur Platzierung auf exakt genau so kleinen und fummeligen Feldern erlebt. Purer Frust!
Das klingt jetzt alles so negativ, dabei gefällt mir das Spiel an sich eigentlich aber ganz gut. Es spricht meine Eurogamer-Instinkte fast auf allen Ebenen an. Die Auswahl und Platzierung der mit verschiedenen Fähigkeiten ausgestatteten Arbeiter, das Anordnen der Attraktionsplättchen, die Verwaltung der DNA-Vorräte… Das ist alles stimmig und spielt sich auch flüssig, denn in den richtig zeitintensiven Phasen kann alles gleichzeitig gemacht werden. Es entsteht also nicht zu viel „Downtime“.
Insgesamt geht der Daumen von mir für „Dinosaur World“ also weder nach oben, noch nach unten – er verharrt so auf Mittelposition, unschlüssig in welche Richtung der Ausschlag gehen soll. Das liegt aber wahrscheinlich zum großen Teil auch daran, dass mir das Dino-Thema einfach nicht besonders zusagt. Vor allem in Kombination mit den für mich nicht passenden Mechaniken. Fans von Jurassic Park oder World sind hier aber wahrscheinlich bestens aufgehoben… vorausgesetzt man mag Eurogames und legt Wert auf optische Opulenz. Nur zu genau darf man nicht hinschauen bzw. hin… fühlen. Ansonsten findet man in der Spielschachtel vielleicht wortwörtlich Leid. Ich persönlich lasse wohl lieber die Finger davon.
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Bilder zum Spiel
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Tags: 2-4 Personen, Workerplacement, Eurogame