Brettspiele zwischen 1933 und 1945 zur Zeit des NS-Regimes
Brettspiele gehören schon seit tausenden Jahren zur Kultur der Menschheit dazu. Wir haben uns die Brettspiele angeschaut, die in Deutschland zwischen 1933 und 1945 erschienen sind. In diesem Beitrag geht es um acht beispielhafte Brettspiele, die unter dem Einfluss des NS-Regimes veröffentlicht wurden.
Woher stammen die gezeigten Spiele?
Aktuell bietet das Niederrheinisches Freilichtmuseum in Grefrath eine Ausstellung zu Brettspielen aus dem 1900 Jahrhundert und später. Außerdem hat es im eigenen Spielzeugmuseum eine Dauerausstellung, bei der auch Spiele und Spielzeug aus der NS-Zeit gezeigt werden. Zur Recherche haben wir mit dem Stellvertretende Leiter Kevin Gröwig gesprochen und durften auch Bilder der Spiele machen. Von Herr Gröwig stammt auch die Zusammenfassung der einzelnen Spiele, die wir nur noch weiter ausformuliert und um Informationen aus dem Gespräch ergänzt haben.
An wen richteten sich die Spiele?
In dem Buch "Spielzeug im Dritten Reich" von Albert Schramm und Roland Flade wird das wie folgt zusammengefasst: Die Spielzeugindustrie war ein wichtiger Teil der Kriegswirtschaft und wurde von der NS-Regierung als solche behandelt. Es gab eine starke Regulierung der Produktion von Spielzeug. Somit richteten sich Spiele mit dem Thema Krieg oder politischen Umfeld vor allem an die „Heimatfront“, also an die zivile Bevölkerung.
Brettspiele als Propaganda und Schulung
Die meisten Brettspiele, die während der NS-Zeit veröffentlicht wurden, dienten einem Zweck: der Propaganda. Viele Spielzeuge wurden mit nationalsozialistischen Symbolen und Botschaften versehen und sollten den Kindern die Ideologie der NSDAP näherbringen. Außerdem sollte das Bewusstsein für Teilaspekte des Krieges gefördert werden und es gab Spiele, die sogar einen schulenden Charakter hatten. In den acht beispielhaften Spielen wird darauf näher eingegangen.
Das sind acht Brettspiele von 1933 – 1942
Die hier gezeigten Spiele erschienen bis zum Jahr 1942. Dann wurde die Produktion von Spielwaren wegen der Ressourcenknappheit verboten. Es ist zu vermuten dass bereits produzierte Spiele auch nach 1942 zu haben waren, weswegen wir diesen Artikel die Jahre bis 1945 inkludieren.
SAKAMPF
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Das Spiel ist 1933 oder früher bei einem unbekannten Verlag erschienen. Es handelt sich um ein Würfelspiel, dem Spielprinzip des „Mensch ärgere dich nicht“-Spiels sehr ähnlich. Ein Zitat aus der Anleitung: „Das Spiel ist der braven SA gewidmet. […] Auch bei fröhlichen Stunden der Geselligkeit möge der Name SA und das hohe Zeichen der deutschen Freiheitsbewegung nicht außer Acht bleiben.“
Hakenkreuz
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Das Spiel „Hakenkreuz“ ist um das Jahr 1933 ebenfalls bei einem unbekannten Verlag erschienen. Es handelt sich ebenfalls um ein Würfelspiel. Ziel des Spiels: Spielsteine der Gegner schlagen oder gefangengenehmen. Das Spiel „soll deutsches Kampf- und National-Spiel“ sein.
Ziel war es vor allem das Symbol der NSDAP zu zeigen. Schon Kinder und Jugendliche sollten an die Symbolik, aber auch an das Gedankengut herangeführt werden. Es ist möglich, dass das Spiel bereits vor der Machtergreifung veröffentlicht wurde.
Volk ans Gewehr. Das moderne Spiel der Kriegskunst
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Dieses Spiel ist beim Verlag O. & M. Hausser im Jahr 1936 erschienen. Das Strategiespiel hat ein Spielprinzip, ähnlich dem des Halma-Spiels.
Ziel des Spiels: Die Spielsteine des Gegners schlagen, Stellungen einnehmen oder halten. Das Spiel ist die Nummer 7 in der Reihe „Nationalen Spiele“ des Hausser Verlags. Zitat aus der Anleitung: „Der schneidige Angriff ist die Seele des Spiels; auf dem Angriff beruht der Sieg.“
Durch das Spiel sollten Kinder und Jugendliche schon früh ein taktisches Verständnis bilden.
TAK TIK Wehr-Schach
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Dieses Spiel ist beim Verlag „Die Wehrmacht“ GmbH, Berlin erschienen und somit ein 100-prozentiges Produkt der Regierung. Erschienen ist es 1938 und das Strategiespiel ähnelt dem Schachspiel sehr stark, hat aber abgewandelte Regeln.
Ziel des Spiels: Die Hauptstellung des Gegners besetzen, bestimmte Figuren des Gegners schlagen oder den Gegner am Ziehen hindern. Slogan „Wehr-Schach ist Volkssport“
In der Zeitschrift „Die Wehrmacht“ wurden in jeder Ausgabe „Wehr-Schach-Kampfaufgaben und –lösungen“ veröffentlicht, ähnlich wie es beim Schachspiel bis heute üblich ist.
Die Spielfiguren waren sehr hochwertig gefertigt.
Das Spiel wurde vom Staat und dem Militär gefördert und im Jahr 1941 erschien eine „Kriegsausgabe“ des Spiels. Dieses Spiel wurde auch an der Front gespielt und war bei Soldaten sehr beliebt.
Die Reichsautobahnen im Großdeutschen Reich
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Das Spiel „Die Reichsautobahnen im Großdeutschen Reich“ des Josef Scholz Verlags fällt vor allem durch die malerische und aufwändige Gestaltung auf. Es ist nach 1938 veröffentlicht worden und war ein Würfelspiel.
Ziel des Spiels: Das zuvor festgelegte Ziel schneller als die Mitspielenden zu erreichen oder die Autos der Mitspielenden zu fangen. Deckel- und Spielplangrafik vom Künstler Anton M. Kolnberger.
Durch das Spiel sollten die Bürgerinnen und Bürger schon einmal auf das neue große Deutschland mit seinen Autobahnen vorbereitet werden.
Es gab sogar Metallautos als Spielmaterial
Feindliche Flieger in Sicht!
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Diese Spiel mit klaren Kriegsthema erschien um 1940. Hersteller war die Spielefabrik L. Kleefeld & Co. / Spielefabrik Christian Herbart, Fürth. Es handelt sich um ein Würfelspiel.
Das Spielprinzip ist dem des Gänsespiels sehr ähnlich. Das Spiel zeigt „Angriff feindlicher Flugzeuge und die tapfere Abwehr der einheimischen Fliegertruppen“ und soll außerdem lehren „wie sich die Bevölkerung bei derartigen Überfällen zu verhalten hat“.
Das Feld 55 zeigt, wie jemand gegen die Verdunklung bei Nacht handelt.
Als Strafe muss die Figur zurrückgezogen werden.
Besondere Fakten zum Verlag
Die Spiele-Fabrik L. Kleefeld & Co. wurde seit 1915 von den Brüdern Leopold und Moritz Bomeisl geführt. Im Jahr 1938 waren die Brüder Bomeils aufgrund der Arisierung gezwungen, das Unternehmen an die Fabrik Christian Herbart unter Wert zu verkaufen. Die Spielefabrik L. Kleefeld & Co. wurde zur Spielefabrik Christian Herbart, Fürth. Nach dem Krieg wurde die Firma den ursprünglichen Besitzern zurückgegeben.
Anmerkung: Uns wurde durch einen Leser zugetragen, das es nicht korrekt ist. Der Familie wurde das Unternehmen wohl zurückgegeben. Leider konnte Leopold Bomeisl nichts zurück bekommen, denn er wurde, wie auch seine Frau, im KZ ermordet.
Adler Luftverteidigungsspiel
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Das „Adler Luftverteidigungsspiel“ ist 1941 beim Verlag Hugo Gräfe aus Dresden erschienen. Der Verkaufspreis im Jahr 1941 lag bei 3,50 Reichs Mark.
Ziel des Würfelspiels: Durch erfolgreiche Fliegerangriffe mehr Punkte als der Gegner zu sammeln. Drittes Spiel von drei Luftangriff-Spielen des Verlags, Teil eins trägt den Titel „Adler Luftkampfspiel“, Teil zwei den Titel „Adler Luftwaffenspiel“.
Das Spiel soll „Verständnis für die Durchführung und Abwehr eines Luftangriffes wecken“.
Das besondere bei dem Spiel war, das der Schachteldeckel den Abschuss eines britischen Fliegers zeigt, im Spiel selbst aber beide Seiten neutral dargestellt werden. So können beide spielende Personen die Fantasie haben die deutsche Seite zu spielen.
Die Gulaschkanone - Ein Heeres-Nachschub-Spiel
Quelle: Niederrheinisches Freilichtmuseum
Mit „Die Gulaschkanone. Ein Heeres-Nachschub-Spiel“ ist beim Verlag Hugo Gräfe aus Dresden ein besonders verstörendes Spiel erschienen. Das Cover zeigt eine idyllische Szene mit glücklichen Soldaten an der Front, die vor einzelnen Ruinen am essen sind.
An der Front, konnten die Versorgungstrupps zerstört werden.
Ziel des Spiels: Mehr Verpflegungstransporte zu den eigenen Feldküchenstellungen zu bringen als der Gegner. Das Spiel lässt den Transport der Verpflegung an die Front „in spannender Form miterleben“.
Das Würfelspiel ist um 1942 erschienen und ist eins der letzten veröffentlichten Brettspiele zur Zeit des NS-Regimes.
Unser Podcast-Report zum Thema
Quelle
Niederrheinisches Freilichtmuseum