Test | The Great Wall - Fazit + Wertung + Bilder vom Spiel
„The Great Wall“ empfängt uns mit einer Fülle an Spielmaterial. Die Ressourcenmarker und das mitgelieferte Tray sind sehr schön und hochwertig und auch die Holzmeeple fühlen sich gut an und sorgen für eine tolle Tischpräsenz. Diese können mit den beiliegenden Stickern beklebt werden, für manch einen eine meditative Aufgabe, anderen treibt dies schon den Angstschweiß auf die Stirn. Es sind erstens zu wenige Ersatzsticker mitgeliefert und zweitens blättern die Sticker bereits nach einigen Partien teilweise schon wieder ab. Die Holzmeeple sind aber auch ohne die Sticker sehr gut nutzbar und in mancherlei Hinsicht auch schöner als die sehr dunkel gehaltenen Sticker. Die bei der Kickstarter Version enthaltenen Plastikfiguren haben wir übrigens nicht vermisst und halten die Meeple-Version für mehr als ausreichend. Die Mauerabschnitte sind schnell zusammengesteckt, erweckten bei uns aber eher den Eindruck bei mehrmaligen Auf- und Abbauen schnell kaputt gehen zu können. Ein absolutes No-Go ist die Schachtelgröße, es ist nicht möglich die Mauern aufgebaut in der Box zu verstauen, ohne dass der Schachteldeckels zwei bis drei Finger übersteht. Wir können nicht verstehen, warum man dem Spiel ein tolles Inlay verpasst, um dann qualitativ nicht hochwertige Pappmauern bei jeder Runde auseinanderbauen zu müssen.
Für „The Great Wall“ wird definitiv Platz benötigt. Der Spielplan wirkt fast unnötig groß. Dies fällt vor allem im Kontrast zur Schriftgröße auf den Karten auf. Sitze ich am unteren Ende des Spielbrettes, habe ich kaum eine Möglichkeit die Beraterfähigkeiten zu lesen. Besonders positiv ist uns aber das Artwork und die Illustrationen auf den Karten und dem Spielbrett aufgefallen, hier hat das Team unserer Meinung nach ganze Arbeit geleistet und von so manch einem Motiv haben wir uns einen Poster-Abdruck gewünscht.
Nach dem Sichten und Sortieren des Spielmaterials setzte jedoch schnell die Ernüchterung ein. Für uns war die Anleitung ein Graus. So werden Begrifflichkeiten zu Beginn der Anleitung aufgeführt, Grundregeln ausführlich beschrieben bevor überhaupt ein Überblick über den eigentlichen Spielablauf gegeben wurde. Somit war es für uns oftmals schwierig den kleinteiligen Regeln zu folgen, da uns der Kontext und eine Einordnung ins Spielgeschehen fast unmöglich waren. Beispiele finden sich so gut wie keine in der Anleitung wieder und passend zum Titel des Spiels besteht die Anleitung zu großen Teilen aus einer Wall of Text. In den ersten Partien mussten wir immer wieder in die Anleitung schauen, um bei den kleinteiligen Regeln nichts zu vergessen, das geht definitiv besser. In der Neuauflage von „The Great Wall“ wird auch genau aus diesem Grund die Anleitung noch einmal komplett überarbeitet. Auch der Wiedereinstieg in das Spiel nach einigen Tagen oder Wochen ist alles andere als einfach, da zumindest wir die kleinteiligen Regeln schnell wieder vergessen hatten. Regelmäßiges Spielen ist also von Vorteil.
Hat man sich durch die Anleitung gekämpft bekommt man jedoch ein abwechslungsreiches und spannendes Spiel geboten. Das zufällige Zusammenstellen der Generäle und Berater bietet einen hohen Widerspielwert, hat aber auch zur Folge, dass „The Great Wall“ sich nicht wirklich fair anfühlt. Eine hundertprozentige Balance ist bei der Vielzahl an Karten nie gegeben, aber wir würden die Balance als gut beschreiben. Es gibt zwei bis drei Generäle, die uns etwas zu schwach vorkommen, aber alle anderen sind sehr nahe beieinander und unterscheiden sich teilweise stark in ihrer Komplexität. Eine unerfahrene Person wird die komplexeren Generäle als zu schwach empfinden, obwohl sie es in den richtigen Händen nicht sind. Um dieses Problem zu umgehen, hätten wir uns gewünscht, dass „The Great Wall“ bestimmte Kombinationsempfehlungen für die ersten Partien gibt. Dies hat zum Glück die Brettspielcommunity übernommen, sodass wir mit unserer Spielgruppe einigermaßen ausgeglichene Startbedingungen schaffen konnten.
„The Great Wall“ besticht durch seine taktischen Möglichkeiten, Siegpunkte können auf einer Vielzahl an Wegen erzielt werden. Möchte ich mich mehr beim Bau der Mauer beteiligen, mich mutig den Horden an Feinden entgegenstellen, oder mich doch eher im Hintergrund halten und an einer Vielzahl an Aktionen teilnehmen - alles ist möglich und eine valide Strategie. Auch der für uns neue Worker-Placement-Mechanismus konnte uns auf ganzer Linie überzeugen, da es immer abzuwägen galt, ob die Aktion am Ende wirklich ausgeführt wird oder ob ich damit meine Schreiber vergeude. Bei allen Entscheidungsmöglichkeiten ist uns jedoch aufgefallen, wie wichtig und zum Teil übermächtig die Teereihenfolge ist. Die Person, deren Teemarker zuoberst liegt, hat eine Vielzahl an Vorteilen, sodass bei uns zu jeder Zeit ein erbitterter Kampf um die Positionen geherrscht hat. Uns ist vor allem die geringe Downtime im Vergleich zu anderen Expertenspielen positiv aufgefallen. Während ich bei anderen Spielen gefühlt alle Gäste mit frischen Getränken ausstatten, die Reste des Abendessens zusammenräumen und noch die Angebote im hiesigen Supermarkt checken kann bevor ich wieder am Zug bin, bin ich bei „The Great Wall“ fast durchgehend am Spielgeschehen beteiligt. Jede Aktionskarte meiner Konkurrenz beinhaltet auch eine Aktion, die ich ausführen kann. Außerdem haben die Entscheidungen der anderen am Tisch möglicherweise auch direkte Auswirkungen auf meine Taktik, sodass ich dem Spielgeschehen die meiste Zeit gebannt gefolgt bin.
Leider empfanden wir die Spieldauer als zu lang, da sich viele Aktionen wiederholen und wenig neues auf dem Spielbrett passiert. Sollte das Spiel nicht durch den Bau der Mauer vorzeitig beendet werden hatten wir bei jeder Partie das Gefühl, dass man auf die letzte Runde hätte verzichten können, da sie dem Spiel eigentlich nichts mehr hinzufügt. Meist sind die Horden an den Mauern stabilisiert und die spannenden Momente im Spiel reduzieren sich auf ein Minimum.
Ein wenig mehr Feinschliff, Streamlining und ein verbesserter Einstieg und „The Great Wall“ wäre für uns ein Topkandidat im Expertenbereich. So bleibt das Spiel leider ein wenig hinter seinen Möglichkeiten und verschenkt wertvolles Potenzial. Fans von Expertenspielen und Personen, die das Spiel regelmäßig in einer festen Gruppe auf den Tisch bringen und über die anderen Schwächen hinwegsehen können, sollten aber auf jeden Fall mal einen Blick auf „The Great Wall“ werfen.
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