Test | Arche Nova - Fazit + Wertung + Bilder vom Spiel
Die Tatsache, dass ich Arche Nova zum jetzigen Zeitpunkt rezensiere, kreiert eine Interessante Perspektive auf das Spiel. Zum einen handelt es sich bei Arche Nova wahrscheinlich um das „Hype-Spiel“ des Jahres 2021 und nun befinden wir uns bereits einige Wochen im neuen Jahr. Der Hype um das Spiel hat sich also etwas gelegt. Weiterhin bin ich jemand, der Spielen mit einer solchen Menge an Vorschuss-Lorbeeren generell etwas skeptisch gegenübersteht. Außerdem bin ich auch kein Terraforming Mars-Experte, der Arche Nova als eine Art Spin-Off oder ähnliches betrachtet. Dementsprechend werde ich die beiden Engine-Builder nicht miteinander vergleichen, denn das wurde an anderer Stelle schon zur Genüge getan.
Was mir zuerst ins Auge gefallen ist, als ich anfing mich mit dem Spiel zu beschäftigen, war die Thematik. Die Einleitung im Regelbuch versucht bereits sehr deutlich zu machen, dass es sich bei dem Zoo, den wir in Arche Nova bauen, um einen modernen Zoo handelt. Zeitgemäße Themen wie Artenschutz, Forschung und Verbandsarbeit spielen eine Rolle und transportieren das Spiel thematisch ins 21. Jahrhundert. Ein lobenswerter Schritt, den auch heute eine Vielzahl an Verlagen und Autoren (noch?) nicht gehen und der deswegen besonderer Erwähnung bedarf.
Als nächstes fiel mir die interessante Mischung aus bekannten Mechanismen und der durchaus innovativen doppelten Punkteleiste auf. Der Kartenmechanismus zur Wahl der Aktion ist bereits allen bekannt, die „Civilization: Ein neues Zeitalter“ gespielt haben. Dieser steht hier allerdings nicht im Zentrum des Spiels, sondern ist nur einer von mehreren ineinandergreifenden Mechanismen. Die beiden Punkteleisten bilden tatsächlich zwei verschiedene Arten von Siegpunkten ab, die sich auch wirklich unterschiedlich anfühlen. Während die Attraktionspunkte leicht durch den Erhalt von Sponsoren, neuen Tieren für den Zoo oder den Bau von bestimmten Gebäuden zu bekommen sind, sind die Artenschutzpunkte deutlich kniffliger. Diese erhält man nämlich hauptsächlich durch Artenschutzprojekte, die mal mehr und mal weniger hohe Anforderungen haben. Mal soll eine bestimmte Tierart in einer bestimmten Anzahl vorhanden sein und mal benötigt es Tiere aus verschiedenen Teilen des Erdballs. Die Varianz dieser Karten ist groß und da sie immer zufällig ins Spiel kommen, lassen sich feste Strategien kaum anwenden.
Und hier kommt auch der erste Kritikpunkt auf Arche Nova zu. Für ein Spiel dieser Gewichtsklasse und Länge sind die Zufallselemente wirklich sehr ausgeprägt. Das Deck mit der schier unglaublichen Anzahl an verschiedenen Zookarten (212 Stück!) kann den Spielenden nämlich sehr wohlgesonnen oder spinnefeind sein. Wollen die afrikanischen Reptilien, auf die meine Mittel- oder Langzeitstrategie baut nämlich einfach nicht kommen, habe ich ein Problem. Zwar ist es möglich, die eigenen Optionen zum Kartenziehen zu verbreitern, aber auch diese Verbesserungen müssen erstmal gezogen und ausgespielt werden. Hinzu kommt, dass das Spiel beim Aufbau kein Fundament für die ersten Spielzüge schafft. Alle ziehen acht Karten und behalten vier – das war’s. Dabei ist es absolut möglich nur Karten zu ziehen, die einem am Anfang der Partie überhaupt nicht nützlich sein können und dann werden die ersten Runden zur Geduldsprobe. Und ob die zu Beginn gezogenen Karten auch nur im Ansatz mit den eigenen Zielen oder den offenliegenden Artenschutzprojekten harmonieren, ist auch reine Glückssache. So kommt es vor, dass eine Person von Anfang an richtig aufblüht und eine andere die ersten ein bis fünf Züge eher vor sich hin krebst. Das birgt ein nicht unerhebliches Frustpotenzial.
Frust kann aber nicht nur zu Beginn einer Partie, sondern auch am Ende aufkommen. Denn auch so interessant das Punktesystem ist, können die erzielten Punkte am Ende erheblich pro Person variieren. So kommt es nicht selten vor, dass jemand weit im Minusbereich landet. Denn das Spiel endet, wenn die Artenschutz- und Attraktionspunkteleisten sich kreuzen. Sollten die anderen Mitspielenden es also nicht schaffen, in derselben Runde auch noch dieses Kunststück zu vollbringen, rutscht die eigene Punktezahl wahrscheinlich ins Negative. Und das ist vor allem für weniger erfahrene Personen oder Neulinge natürlich keine schöne Erfahrung.
Für Erfahrene hat Arche Nova allerdings eine Menge zu bieten. Neben der bereits erwähnten beeindruckenden Zahl der Zookarten ist auch das restliche Material sehr variantenreich. So gibt es neben verschiedensten Basis-Artenschutzprojektkarten, Endwertungskarten und Bonusplättchen auch acht verschiedene doppelseitige Zoopläne. Auf deren Vorderseite finden sich acht verschiedene Zoos, die allen Mitspielenden einen unterschiedlichen Fokus geben. Auf der Rückseite hingegen finden sich Anfänger- und leicht fortgeschrittene Pläne, die man wunderbar als Handicap für verschieden erfahrene Personen im Spiel verteilen kann.
Auch sehr angenehm für erfahrenere Personen sind die schnellen Spielzüge. Nicht selten dauert ein Spielzug unter 5 Sekunden, wenn jemand seine Taktik abarbeitet und sich vorher einen Ablauf zurechtgelegt hat. Die berüchtigte „Downtime“ ist also meistens niedrig. Ebenfalls erfreulich sind die eingängigen Regeln, die zwar zu Beginn durch das (mal wieder) schlecht strukturierte Regelbuch etwas Zeit beanspruchen, nach ein bis zwei Partien aber absolut sitzen. Auch nach mehrwöchiger Pause mussten bei uns nur selten Regeln oder Symbole nachgeschlagen werden. Trotzdem fällt das Regelbuch (bzw. die Regelbücher) negativ auf. Können wir uns darauf einigen, dass Grundregeln des Spiels nicht in ein extra Glossarheft gehören? Und dass Symbole auf extra Übersichtsblättern bitte auch vollständig erklärt werden sollten? Auch bei Arche Nova muss man wieder mit mehreren Heften und Übersichtsblättern jonglieren, wenn man bestimmte Erklärungen benötigt.
Insgesamt macht „Arche Nova“ aber auch einfach Spaß. Die schnellen Züge und eingängigen Regeln gepaart mit den komplexen Punkte- und Kartenmechanismen laden zum Experimentieren mit verschiedenen Herangehensweisen und Taktiken ein. Das Thema ist stimmig und wird dem modernen Anspruch gerecht. Zwar spielt sich das Spiel insgesamt eher mechanisch als thematisch immersiv, aber das vermindert den Spielspaß nicht im Geringsten. Die etwas zu zahlreichen Zufallselemente, die damit verbundenen Frustmomente und die anstrengenden Regelbücher hindern das Spiel aber daran, zu den besten Pferden im Stall zu gehören.
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Tags: 1-4 Personen, Enginebuilder, Set sammeln, Handmanagement