TEST // BLITZKRIEG!
Den gesamten zweiten Weltkrieg nachstellen in einer minimalistischen Form, trotzdem aber angereichert mit vielen schweren, strategischen Entscheidungen und aufregenden Duellen und das Ganze in nur 20 Minuten Spielzeit - das sind die Ziele, die sich Spieleautor Paolo Mori für sein Spiel BLITZKRIEG! gesetzt hat. Ist ihm das tatsächlich gelungen?
BLITZKRIEG! wurde uns freundlicherweise von PSC GAMES kostenlos zur Verfügung gestellt.
Auf unsere Bewertung hat das keinen Einfluss.
Zu den Waffen!
BLITZKRIEG! ist eine Kriegssimulation für 2 Spieler. Einer übernimmt das Kommando über die Alliierten und sein Gegner über die Achsenmächte.
Die Vorbereitung geht schnell vonstatten. Nachdem der Spielplan auf den Tisch gelegt wurde, müssen lediglich noch sieben farbige Holzwürfel auf den Kampfleisten und der Siegpunktleiste platziert werden.
Die Spieler werfen dann alle ihre Einheiten in ihren jeweiligen Stoffbeutel und ziehen blind drei sogenannte Reserveeinheiten, die ihnen von Spielbeginn an für den Einsatz zur Verfügung stehen. Außerdem gibt es Spezialeinheiten, die zuerst erforscht werden müssen. Diese werden verdeckt und für beide Spieler erreichbar in einem allgemeinen Vorrat neben dem Spielplan bereitgelegt.
Das Spielbrett zeigt die fünf großen Schauplätze des zweiten Weltkriegs, bestehend aus West-Europa, Ost-Europa, dem Pazifischen Ozean, Afrika/Mittlerer Osten und Südostasien. Diese Schauplätze bestehen zum einen aus einer Kampfleiste mit einem Holzmarker. Dieser wird zu Beginn des Spiels mittig platziert und symbolisiert das anfängliche Gleichgewicht der Mächte.
Zum anderen umfassen die Schauplätze zwei bis drei Kampagnen, wobei zu einer Kampagne mehrere Kampffelder gehören, die in einer Zeile angeordnet sind. Durch das Platzieren der eigenen Einheiten auf diesen Feldern versuchen die Spieler, die Oberhand über die Kampfleisten und somit auch über die Kriegsschauplätze zu gewinnen und schalten dabei noch nützliche Boni frei.
Beginnend mit dem Kommandanten der Achsenmächte werden abwechselnd Runden gespielt. Das Kriegs- und somit das Spielende wird eingeleitet, sobald ein Spieler auf der Siegpunktleiste mindestens 25 Punkte erlangt hat. Erreicht der Achsen-Spieler die geforderten Punkte zuerst, darf der Alliierten-Spieler noch mit einer Runde nachziehen. Wer dann die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt den Krieg und damit das Spiel.
Die Runde eines Spielers besteht aus den folgenden vier Schritten:
1. Der Spieler platziert eine seiner verfügbaren Reserve-Einheiten auf einem freien Kampffeld. Dabei muss beachtet werden, dass Heere nur auf braune Landfelder und Marine-Einheiten nur auf blaue Meerfelder gelegt werden dürfen. Einheiten der Luftwaffe können hingegen flexibel auf allen Feldern eingesetzt werden.
2. Ist auf dem soeben besetzten Feld ein Bonus zu sehen, erhält der Spieler diesen in Schritt 2. Die Boni sind vielseitig: Beispielsweise darf eine zufällige Einheit aus dem Beutel gezogen und zu den eigenen Reserven hinzugefügt werden. Es kann aber auch der Kontrahent geärgert werden, indem dieser durch ein Bombardement eine zufällige verfügbare Reserve wieder zurück in den Beutel schicken muss. Außerdem gibt es noch Boni taktischer Art, die einen auf verschiedenen Kampfleisten weiter nach vorne rücken lassen oder direkt wertvolle Siegpunkte einbringen. Durch einen Forschungs-Bonus können die Spieler Spezialeinheiten vom allgemeinen Vorrat in den eigenen Nachzieh-Beutel verfrachten. Unter diesen Spezialeinheiten befinden sich unter anderem starke Elitetruppen, kluge Wissenschaftler, gewitzte Spione, aber auch die mächtige Atombombe kann erforscht werden.
3. Fast jede Einheit ist mit einer Zahl versehen. Der Holz-Marker auf der Kampfleiste des jeweiligen Schauplatzes wird nun um die entsprechende Zahl in die Richtung der Kriegspartei bewegt. Wurde zudem durch das Legen der Einheit eine Zeile komplett befüllt und damit diese Kampagne abgeschlossen, erhält der Spieler, der laut Kampfleiste an diesem Schauplatz die Oberhand hat, Siegpunkte entsprechend des neben der Kampagne abgebildeten Wertes. Rückt der Spieler mit dem Holzwürfel auf das letzte Feld der Kampfleiste, schließt er den Schauplatz ab. Das heißt, dass er alle dort noch offenen Boni und Siegpunkte direkt erhält und ab sofort dort keine Einheiten mehr platziert werden dürfen.
4. Als vierter und letzter Schritt wird genau eine Einheit aus dem Beutel gezogen und hinter den Sichtschirm zu den anderen verfügbaren Reserven gelegt.
Sind diese vier Schritte abgeschlossen, ist der Gegner an der Reihe.
Was ist in der Box?
Das Spielmaterial ist alles in allem gut, sticht aber nicht aus dem Durchschnitt hervor. Besondere Highlights gibt es nicht. Siegpunkt- und Schauplatz-Marker bestehen aus Holz und sind in entsprechenden Farben lackiert. Die Einheiten der Spieler sind auf stabiler Pappe gedruckt. Der Spielplan ist übersichtlich gestaltet. Außerdem werden zwei Stoffbeutel, aus denen die Spieler ihre Einheiten ziehen, und je zwei bedruckte Papp-Sichtschirme, hinter denen die gezogenen Reserven für den Gegner unsichtbar platziert werden können, mitgeliefert.
Dem Rezensionsexemplar lag außerdem noch die “Nippon-Erweiterung” bei. Diese beinhaltet einen Nordamerika-Spielplan, die Fraktion Japan inklusive neuer Einheiten und ein neues Szenario. In diesem hat Deutschland den Krieg gewonnen und Nordamerika erobert. Die Japaner wenden sich aber gegen den ehemaligen Verbündeten und versuchen, den Deutschen das Gebiet streitig zu machen. Dabei sind ihnen alle Mittel recht. Stichwort “Godzilla”.
Die Anleitung ist plausibel aufgebaut und der Spielablauf nach einmaligem Lesen verinnerlicht. Die Regeln sind nicht besonders komplex und schnell erlernbar. Die Bedeutung der Bonus-Symbole ist auf der letzten Seite der Spielanleitung nochmals als Übersicht abgedruckt.
BLITZKRIEG! hat mir Spaß gemacht. Die größten Stärken kurz zusammengefasst: Es ist sehr spannend, einfach zu lernen, schnell gespielt und sehr konfrontativ. Trotz aller Reduktion auf das Wesentliche ist das Spiel doch sehr strategisch und es gibt viele Entscheidungen zu treffen. Wo platziere ich meine verfügbaren Einheiten? Welcher Bonus ist gerade wichtig für mich? Forsche ich an Geheimwaffen oder stocke ich lieber meine Reserve auf? Versuche ich meinen Gegner daran zu hindern, an einem Schauplatz die Oberhand zu gewinnen oder nehme ich eine Kampagne an einem anderen Ort in Angriff?
Diese Entscheidungen und der Wettlauf um die benötigten Siegpunkte machen Blitzkrieg zu einem sehr aufregenden Area-Control-Spiel in Duell-Form. Zusätzlich sorgt das Ziehen der Einheiten aus dem Beutel, vor allem in engen Partien, für eine beinahe nervenzerreißende Spannung, wenn die nächste Einheit über Sieg und Niederlage entscheiden kann.
Leider hat BLITZKRIEG! auch Schwächen. So spannend der „Beutel-Zieh-Mechanismus“ ist, bringt dieser auch eine nicht unerhebliche Glücks-Komponente ins Spiel. Dieser Glücksanteil kann der besten Strategie frustrierend in die Parade fahren, wenn zum Beispiel aus dem Beutel nur schwache oder für die aktuelle Situation ungeeignete Einheiten gezogen werden. Außerdem bietet das Spiel für mich auf die Dauer gesehen zu wenig Abwechslung, um tatsächlich zum Dauerbrenner zu werden. Es gibt zwar viele verschiedene Strategien, die ausprobiert werden möchten, aber die Grundprämisse und die Einheiten bleiben immer gleich. Etwas mehr Varianz bringt die dem Rezensionsexemplar beiliegende Erweiterung ins Spiel. Das neue Szenario und die frischen Einheiten machen Spaß, auch wenn die Gefahr besteht, dass das Thema durch das Auftauchen von Godzilla leicht ins Alberne gezogen wird.
Die Solo-Variante ist ok und funktioniert rein mechanisch gut. Sie hat mich persönlich aber nicht abgeholt. Grundsätzlich bin ich Solo-Varianten in Spielen nicht abgeneigt, BLITZKRIEG! aber konnte mich nicht motivieren, den imaginären Feind zu besiegen. Dafür lebt das Spiel zu sehr von der Konfrontation zwischen zwei Duellanten.
Natürlich muss noch erwähnt werden, dass das Thema Krieg und insbesondere der zweite Weltkrieg ein sehr sensibles Thema ist. Das ist nicht jedermanns Sache und letztlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob es für ihn in Ordnung ist, „Krieg zu spielen“.
BLITZKRIEG! ist die richtige Wahl für Spieler, die ein Duell-Spiel für Zwischendurch suchen, welches trotz der kurzen Spieldauer ein spannendes Spielerlebnis mit vielen strategischen Entscheidungen und Anspruch bietet.
Bilder vom Spiel
Tags: 20 Minuten, 1-2 Spieler, Kriegsspiel, Area Control, Strategie