Test | Abomination: Frankensteins Vermächtnis

Test | Abomination: Frankensteins Vermächtnis

In den belebten Straßen des historischen Paris im Jahre 1819, inmitten der prächtigen Architektur und dem kulturellen Glanz der Epoche, spielt sich eine Geschichte ab, die sowohl Faszination als auch Schrecken vereint. Die Dämmerung verbirgt die Geheimnisse, die im versteckten Laboratorium eines mysteriösen Wissenschaftlers schlummern. Hier, in den schattigen Gassen der Stadt der Liebe, bahnt sich ein Ereignis an, das die Grenzen von Wissenschaft, Moral und Menschlichkeit sprengt. Die Geschichte von einer Schöpfung, die die Welt verändern soll. Inwieweit wir Frankensteins Erbe fortführen, schauen wir uns jetzt genauer an.

 

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Es lebt!

Basis dieser Rezension ist die deutsche Ausgabe des Spiels. Bei der Lokalisierung wurden ein paar Aspekte gegenüber der englischen Version geändert. Ich kenne die englische Version leider nicht. Bei dem Eingriff soll es sich aber um eine kürzere Spielzeit und eine angebliche Verbesserung der Spielmechanik für die Wiederbelebung von Körperteilen handeln. Es ist unklar, ob diese Regeländerungen in zukünftige internationale Fassungen einfließen werden.

 

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„Abomination: Frankensteins Vermächtnis“ ist ein asymmetrisches Worker-Placement-Spiel, das im Jahr 1819 spielt, nach den Ereignissen von Mary Shelleys Frankenstein. Ziel des Spiels ist es, ein Monster zu erschaffen, indem Körperteile gesammelt und im Labor zusammengesetzt werden. Dafür übernehmen zwei bis vier Personen die Rollen von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und bewegen sich quer durch Paris. Die Person mit den meisten Siegpunkten am Ende des Spiels gewinnt und erfüllt damit das dunkle Erbe von Frankenstein, ob zum Guten oder zum Schlechten.

„Abomination: Frankensteins Vermächtnis“ ist ein Spiel, das über mehrere Runden gespielt wird. Jede Runde besteht aus vier Phasen.

 

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In der ersten Phase, der Ereignisphase, wird eine Karte vom Ereignisstapel gezogen. Entweder handelt es sich um ein allgemeines Ereignis, das sofort ausgelöst wird, oder um eine Begegnung, die beim Besuch eines bestimmten Ortes stattfindet.

 

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In der zweiten Phase, der City-Phase, platzieren alle ihre Figuren auf dem Spielbrett von Paris oder in ihrem eigenen Labor. Ob im Krankenhaus, auf dem Friedhof oder in den Docks - je nach Qualitätsanspruch gibt es die passenden Ressourcen. Holz, Stein und Wasser werden in das jeweilige Labor gebracht. Na ja, fast… denn hier sind die Rohstoffe Organe, Muskeln, Knochen, Blut und Tiere.

Hat niemand mehr eine Figur zum Platzieren übrig, folgt die Laborphase. In dieser dritten Phase arbeiten alle gleichzeitig in ihren Laboren, um Monsterteile herzustellen, zu verbessern, zu beleben oder zu verkaufen. Um ein Körperteil von hoher Qualität herzustellen, wird ein bestimmter Wissensgrad verlangt. Ein Akademiebesuch oder mehr Zeit im Studierzimmer wären jetzt von Vorteil gewesen.

 

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In der letzten Phase, der Aufräumphase, wird die Verwesung im Labor überprüft und das Spielbrett für die nächste Runde vorbereitet.

Zum Schluss wird der Kapitän auf der Handlungsleiste ein Feld weiter bewegt. In Runde drei und sechs löst er dabei eine Hinrichtung aus. Zeit auf dem Richtplatz eine frische Leiche zu kaufen.

 

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Das Spiel endet entweder nach der achten Runde, wenn der Kapitän das letzte Feld erreicht oder wenn eine bzw. mehrere Personen am Tisch ihr Monster zum Leben erweckt haben. Dafür müssen alle sechs Körperteile am Ende einer Labor-Phase lebendig sein. Am Spielende werden Siegpunkte für lebendige Kreaturenteile, erfüllte Bonusziele, den höchsten Wert für Prestige, Wissen und Menschlichkeit vergeben.

 


 

NEU micheal Meine Meinung HeaderDas Kennerspiel „Abomination: Frankensteins Vermächtnis“ ist anders und sehr viel thematischer als ich erwartet hatte. Nach kurzem Regelstudium bewegen wir uns auf morbiden Fußspuren durch Paris.

Die Übersetzung ist klar formuliert und inhaltlich korrekt. Schnell fühlt sich diese makabre Art also vertraut an und wir handeln ganz im Zeichen der Wissenschaft. Doch mit jeder Entscheidung wird die eigene Menschlichkeit infrage gestellt. Das Thema ist dabei so tief im Spiel verankert, dass jede Entscheidung absolut Sinn macht. So stellen wir keine großen Fragen und beginnen mit der Erschaffung des modernen Prometheus.

 

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Das Spielbrett, die Spielkarten und die Tokens haben eine vernünftige Kartonstärke. Die Playerboards der Labore könnten allerdings für meinen Geschmack etwas kräftiger sein. Die Zeiger für Menschlichkeit, Prestige und Wissen müssen montiert werden. Da die Anzeigewerte sehr nah beieinander liegen, sollte auf einen strammen Sitz der Zeiger geachtet werden, da diese ansonsten schnell mal im Spiel verrutschen.

Sind die Labortableaus erst mal zusammenmontiert, ist das Verstauen im Spielkarton eher suboptimal. Die Lagerung übereinander führt schnell dazu, dass die hervorstehenden Messuhren Abdrücke hinterlassen. Tokens, Karten und Würfel werden leider in einem sehr einfachen Inlay mittels Plastikbeuteln verstaut.

 

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Positiv aufgefallen ist mir die Spotlack-Lackierung auf dem Spielbrett – mag ich einfach. Ebenso finde ich den Illustrationsstil passend zum Thema. Die Ikonografie ist eindeutig und dank Spielerhilfen schnell verinnerlicht. Die hölzernen Meeple für Assistenten und Wissenschaftler unterscheiden sich deutlich in Größe und Farbe. Thematisch passen die verschiedenen Farben. Die Kartentexte könnten für eine bessere Lesbarkeit etwas größer sein.

Rein mechanisch bewegen wir uns auf bekannten Pfaden: Rohstoffe beschaffen und in Siegpunkte umwandeln.

 

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Ein für Eurogames untypischer Mechanismus - das Würfeln - garniert das Ganze. So können wir mit etwas Pech unsere gebastelten Körperteile wieder zerstören. Dieser Zufallsfaktor ist mir zu hoch, da er ein zentrales Spielelement ist. Das kann einem gefallen oder auch nicht. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass es am Ende nur darauf ankommt, wer besser würfelt. Hier liegt wahrscheinlich der entscheidende Schmerzpunkt für Liebhaber ausgeprägter Kontrollstrategien.

Das bricht irgendwie auch dem Spiel das Genick. „Abomination: Frankensteins Vermächtnis“ ist kein typisches Eurogame, die oft thematische Schwächen haben. Es schafft eine immersive Atmosphäre über die zahlreichen Flavortexte der Begegnungs- und Ereigniskarten. Die große Kartenanzahl sorgt dabei für Varianz im Spiel. Für ein rein storylastiges Spiel bietet es aber wiederum zu wenig Tiefe. Bleibt die Frage nach der Zielgruppe: Planungsstrategen, Zufalls-Enthusiastinnen, Menschen mit finsterem, makabrem oder schwarzem Humor?

 

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Die Spieldauer ist, wie für diesen Schwierigkeitsgrad typisch, nicht gerade kurz, kam uns aber in unseren Partien etwas zu lang vor. Im Spiel zu zweit hatten wir so gut wie keine Downtime, da wir während des Zuges des anderen genug Zeit hatten, unseren eigenen Zug zu planen und die verschiedenen Möglichkeiten abzuwägen. Die Laborphase kann sogar gleichzeitig gespielt werden. Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass die gesamte Spieldauer proportional zur Anzahl der Mitspielenden steigt und es ohnehin kein kurzes Spiel ist. Den Sweetspot sehe ich hier bei drei Personen.

Trotz der negativen Punkte ist „Abomination: Frankensteins Vermächtnis“ aber kein schlechtes Spiel. Gerade thematisch überzeugt es auf ganzer Linie, bleibt dabei im Kern aber ein klassisches Worker-Placement-Spiel, mit einem etwas zu hohen Glücksfaktor im Bezug zur Spielzeit. Es ist eine herausfordernde Erfahrung und ich kann es allen empfehlen, die ein einzigartiges, wenn auch nicht vollständig kontrollierbares Spiel suchen.

wertung

 

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