Prototyp | Huang
Die Zeit zwischen 475 v. Chr. und 221 v. Chr. wird in China als die Zeit der Streitenden Reiche bezeichnet. In „Huang“ wetteifern vier Dynastien um die Vorherrschaft im damaligen China zu genau dieser Zeit.
Uns wurde das Spiel kostenlos als Prototyp zur Verfügung gestellt. Auf die Bewertung hat dies keinen Einfluss.
Kein himmlischer Frieden in Sicht
Bei dem nachfolgenden Text ist zu beachten, dass es sich bei dem vorliegenden Exemplar von „Huang“ um einen Prototypen handelt. Bis zur finalen Version können noch Änderungen erfolgen.
Zur Spielvorbereitung werden auf dem Spielplan, der in Hexagone aufgeteilt ist, gelbe Gebiets-Plättchen auf die vorgesehenen Felder gelegt. Diese stellen Hauptstädte dar, an die im Spielverlauf die Oberhäupter angrenzend in Miniaturenform in verschiedenen Farben eingesetzt werden. Alle anderen Plättchen kommen zunächst in den Beutel. Die Pagoden und Siegpunkte-Marker werden in Reichweite gelegt. Alle erhalten einen Sichtschirm und die fünf unterschiedlichen Miniaturen ihrer Dynastie.
Jede Dynastie hat ein Oberhaupt jeder Farbe, zu denen es entsprechende Siegpunkt- und Gebietsplättchen gibt. Von Letzteren ziehen alle sechs Stück aus dem Beutel, legen sie hinter den Sichtschirm und die Partie kann beginnen.
Bei „Huang“ geht es darum, durch geschicktes Platzieren von Miniaturen und Plättchen während der Partie Siegpunkte zu generieren. Sowohl die Miniaturen als auch die Plättchen haben, je nachdem ob sie sich auf dem Spielbrett oder außerhalb befinden, jeweils zwei unterschiedliche Funktionen. Plättchen, die in einem Gebiet mit gleichfarbigem Oberhaupt eingesetzt werden, generieren Siegpunkte in dieser Farbe. Zusätzlich unterstützen beispielsweise angrenzende gelbe Plättchen bei einer Revolte, im Gebiet befindliche rote Plättchen im Kriegsfall. Beim Auslegen grüner Plättchen darf gezielt nachgezogen werden.
Sie können aber auch abgeworfen werden, um Aktionen zu bewirken, wie beispielsweise ein ausgelegtes Plättchen zu entfernen. Nicht eingesetzte Miniaturen reduzieren Kosten für Aktionen oder unterstützen im Kampf.
Ein wesentlicher Aspekt ist der Konflikt, zu dem es kommt, wenn sich zwei gleichfarbige Miniaturen im gleichen Gebiet befinden. Wird dies durch das Einsetzen einer Miniatur im gleichen Gebiet ausgelöst, kommt es zur Revolte. Hierbei werden die erreichten Stärkepunkte, die durch an das Oberhaupt angrenzende gelbe Plättchen generiert werden, verglichen. Dies kann durch zusätzliches Ausspielen gelber Plättchen von der Hand verstärkt werden. Wer gewinnt, erhält einen Siegpunkt in der Farbe der sich bekämpfenden Anführer. Wer verliert, muss seine Miniatur vom Spielbrett entfernen.
Ein Krieg wird ausgelöst, wenn zwei Gebiete verbunden werden und dadurch zwei gleichfarbige Miniaturen aufeinandertreffen. In diesem Fall werden die roten Stärkepunkte beider Gebiete miteinander verglichen. Auch hierbei dürfen rote Plättchen aus der Hand abgeworfen werden, um die Stärke zu erhöhen. Ist das rote Oberhaupt nicht eingesetzt, unterstützt es den Krieg mit einer Stärke zusätzlich. Wer gewinnt, erhält einen Siegpunkt in der Konfliktfarbe, muss aber eine von der Stärke der Partei, die verloren hat, abhängige Anzahl roter Plättchen aus dem Gebiet entfernen. Wer verliert, muss seine Miniatur vom Spielbrett entfernen.
Gespielt wird reihum und wer an der Reihe ist, führt zwei Aktionen aus, dies kann auch zweimal dieselbe Aktion sein. Es kann zwischen folgende Aktionen gewählt werden: Eine Miniatur vom Spielbrett nehmen oder einsetzen und dadurch ggf. eine Revolte anzetteln, ein Plättchen platzieren und womöglich dadurch einen Krieg auslösen, ein Plättchen vom Spielfeld nehmen, eine Pagode errichten oder Plättchen abwerfen, um neue zu ziehen.
Am Ende des Zugs gibt es einen Siegpunkt, falls sich eine Pagode und eine eigene Figur in derselben Farbe in einem Gebiet befinden. Alle ziehen auf sechs Plättchen hoch und die nächste Person ist dran. Ist dies nicht mehr möglich, weil der Vorrat leer ist, kommt es zur Endwertung.
Die Punkte werden je Farbe zusammengezählt. Die Farbe mit den wenigsten Punkten bestimmt die eigenen Siegpunkte. Weiße Siegpunkte sind Joker-Siegpunktplättchen und können zum Befüllen beliebiger Farben verwendet werden. Wer dann die meisten Siegpunkte hat, gewinnt die Partie.
Der uns vorliegende Prototyp von „Huang“ macht bereits einen ausgereiften Eindruck. Hervorzuheben ist, dass dies keine Neuentwicklung ist, sondern auf der Mechanik der Spiele „Yellow & Yangtze“ (2018) und „Tigris & Euphrat“ (1998) basiert. Wir haben beide nicht gespielt, hatten aber „Yellow & Yangtze“ schon länger auf unserer Wunschliste und waren natürlich entsprechend über die Möglichkeit, „Huang“ anzuspielen, sehr erfreut.
Das Studium der Regeln war etwas herausfordernd, was aber sicherlich dem noch frühen Stand geschuldet ist. Um wirklich zu verstehen, was da auf dem Spielbrett geschieht, bedarf es ein paar Zügen, dann ist die Spielmechanik schnell verinnerlicht und ein Griff zur Anleitung kaum noch nötig. Die Sichtschirme mit den aufgedruckten, gut strukturierten Aktionsmöglichkeiten sind stets äußerst hilfreich.
„Huang“ ist ein sehr taktisches und interaktives Spiel. Der Regelumfang bleibt bei großer Spieltiefe überschaubar. Die vielen Möglichkeiten, die es bietet, laden natürlich ein wenig zum Grübeln ein, die Downtime hielt sich bei uns aber in Grenzen. Die Spielzeit steigt erfreulich gering mit wachsender Anzahl spielender Personen, da nur wenige Plättchen mehr im Beutel sind und pro Zug im Schnitt immer gleich viele Plättchen gezogen werden.
Die thematische Umsetzung der Zeit der „streitenden Reiche“ ist wunderbar gelungen. Die Spielmechanik provoziert immer wieder Kämpfe, sei es um jemandem eine starke Position, beispielsweise in einem Gebiet mit Pagode, für die es jede Runde einen extra Siegpunkt gibt, streitig zu machen oder auch nur weil der Zeitpunkt günstig und es ein einfach zu erlangender Siegpunkt ist.
Während ein Großteil der Informationen für den Ausgang eines Kampfes auf dem Spielplan klar ersichtlich ist, so gibt die Möglichkeit der Erhöhung der Stärke mit Plättchen aus der Hand dem Spiel einen Aspekt des Unvorhersehbaren. Hier gilt es abzuschätzen und auch mal ein Risiko einzugehen. Dies tut dem Spielfluss gut und sorgt für Überraschungen. Wer gut beobachtet, kann seinen Angriff zeitlich planen, beispielsweise wenn die angegriffene Partei direkt zuvor Plättchen von der Hand in einer Auseinandersetzung eingesetzt hat und nun vermutlich nur wenige nachziehen konnte. Auch kann ein Kampf in der Gewissheit einer Niederlage sinnvoll sein, um vielleicht eine starke gegnerische Position zu schwächen, um in der zweiten Aktion siegreich zu sein.
Solche Überlegungen finden quasi ständig statt. Niederlagen sind meist nicht wirklich schlimm, denn zum einen unterstützen Oberhäupter auch von der Seitenlinie mit ihren alternativen Eigenschaften, zum anderen wurden vielleicht schon genug Siegpunkte in der Farbe geholt, so dass mehr Punkte womöglich gar keinen Mehrwert bringen, da ja nur die Farbe mit den wenigsten Siegpunkten am Spielende zählt.
Uns hat „Huang“ bereits als Prototyp gut gefallen. Es erinnert entfernt an das Taktieren bei Schach. Durch die ansprechenden Miniaturen und Optik kommt das Thema schön zur Geltung. Wer friedliebender Natur ist und Auseinandersetzungen in Spielen generell nicht mag, sollte freilich einen Bogen darum machen, alle anderen sollten einen Blick auf die kürzlich gestartete Gamefound Kampagne werfen (Link: https://gamefound.com/projects/phalanx/reiner-knizias-secret-project?ref=homepage-featured_2 )
Bilder des Spiels
Tags: Geschichte, Kennerspiel, Taktik, Crowdfunding