Test | Eila and Something Shiny - Fazit + Wertung
Wie schon an der Spielbeschreibung zu erkennen, ist „Eila and Something Shiny“ ein sehr einfach erklärtes Spiel. Alle Runden spielen sich ähnlich und brauchen daher keine tiefe Regellektüre, ein langwieriges Erklären oder Einarbeiten. Das Spiel wird aber besonders durch seine vielen kleinen Änderungen der bekannten Muster in den jeweiligen Kapiteln nicht langweilig.
Die Entscheidung, den Prolog und die unterschiedlichen Epiloge anhand von kleinen Comics darzustellen, gibt dem Spiel noch viel mehr Charme und zeigt die besondere Stärke des Spiels. Das Spielmaterial und das Artwork sind von höchster Qualität. Es macht großen Spaß, sich mit dem unterschiedlichen Spielmaterial zu beschäftigen und die vielen Karten und ihre einzigartigen Artworks zu untersuchen. Dass hier sehr viel Liebe drinsteckt, ist schon auf dem ersten Blick zu erkennen.
Auch die Geschichte ist spannend und motiviert dazu, alle Kapitel so schnell wie möglich durchzuspielen. Pro Kapitel braucht es ungefähr 30-45 Minuten, obwohl einberechnet werden sollte, dass besonders die höheren Kapitel auch wiederholt werden müssten, da hier der Schwierigkeitsgrad gut ansteigt.
Der Schwierigkeitsgrad an sich ist ein relativ heikles Thema. Durch das Mischen der Karten kam es bei uns nämlich sehr häufig vor, dass mehrere negative Effekte hintereinander kamen und uns damit eine komplette Runde verbockt haben, ohne dass wir etwas dafür konnten. Pech durch schlechtes Mischen kann dabei zu einem sehr großen Frustfaktor werden. Besonders da „Eila and Something Shiny“ in seinen Karten auf wichtige moralische Entscheidungen setzt, die teilweise durch Kartenpech verbaut werden. Auch wenn gewisse Entscheidungen eigentlich nicht gefällt worden wären, werden Spielgruppen damit auf einen Weg gezwungen, der sich bis zum Ende des Spiels durchzieht.
Während ich weiter unten noch etwas genauer auf ein paar sehr gravierende Story-Problematiken eingehe (für alle, die leichte Spoiler weniger schlimm finden), soll für alle anderen spoilerfrei gesagt sein, dass „Eila and Something Shiny“ NICHT FÜR KINDER AB 8 JAHREN GEEIGNET IST! Auch wenn es auf der Spielschachtel angegeben ist, werden die gezeigten Inhalte nach einer Zeit äußerst düster, was besonders schwierig ist, da sie aus heiterem Himmel kommen. Das gesamte Spiel sieht aus, als wäre es perfekt für einen gemütlichen Spieleabend zusammen mit Kindern (zum Beispiel als „Gute-Nacht-Geschichte“) und auch der Kickstarter bot kleine süße Kuscheltiere an. Die Realität ist aber weitaus düsterer. Während auch die deutsche Version von „Mirakulus“ ein Alter von 8 angibt, stuft es die französische Version ab 12 Jahren ein, was ich für viel angemessener halte. Auch wenn Kinder die Tragweite mancher Interpretationen oder Entscheidungen der Thematiken im Spiel nicht greifen können, sind manche Grafiken so gestaltet und platziert, dass sie im Grunde Angst verursachen wollen. Vom unvorbereiteten Spielen mit Kindern ist hier also absolut abzuraten!
Dabei ist „Eila and Something Shiny“ ein außerordentlich gutes Spiel, wenn die spielenden Personen emotional gefestigt sind und mit den Thematiken, die ihnen hier präsentiert werden, umzugehen wissen. Die Mechaniken und das Spielmaterial sind absolute Spitzenliga, auch wenn das Kartenglück eine Rolle spielen kann. Wäre die Geschichte aber so familienfreundlich gehalten worden, wie das Spiel auch am Anfang den Anschein macht, hätte der Verlag hier einen richtigen Homerun gelandet. So ist es zwar immer noch ein gutes Spiel, die Zielgruppe ist aber immens eingeschränkt.
Wer keine leichten Spoiler zur Geschichte lesen möchte, kann hier getrost abschalten, für den Rest gehe ich ein wenig näher ins Detail.
SPOILER
Die größeren Problematiken des Spiels sind, dass sie die Spielgruppen unvorbereitet in Situationen werfen, auf die sie nicht vorbereitet sind. So kommen Thematiken wie Zwangsarbeit, der gewaltsame Tod von Freunden und Eltern und körperliche Entstellung so plötzlich vor, dass sich selbst meine Frau stark unwohl fühlte. Das Spiel geht im Grunde zwar nicht wirklich schlimm mit diesen Thematiken um und nimmt diese eher auf die „leichte Schulter“. Das Spiel legt einen großen Wert auf die moralischen Entscheidungen, weiß am Ende aber nicht, unterschiedliche moralische Graustufen zu unterscheiden. Es weiß nicht zu unterscheiden, ob das eigene Handeln von Not oder purem Willen beeinflusst war, wurde aber eine falsche Abzweigung genommen ist man plötzlich die Finsternis in Person.
Die drei möglichen Enden würde ich ebenfalls nicht als Happy End sehen. Während es ein wirklich schlimmes Ende gibt, ist das zweite nicht viel besser. Das „gute“ Ende erhält seinen Namen auch nur, weil das Spiel es so sieht. Hat die Spielgruppe alles so gemacht, wie es das Spiel wollte, wird dieses wahre Ende des Spiels gezeigt. Dabei werden jedoch Bilder aufgeworfen, die uns nachhaltig zum Nachdenken über die Zerbrechlichkeit des Lebens gebracht haben. Während Erwachsene mit solchen Gedanken umgehen können, ist es grob fahrlässig, solche Bilder einem Kind zu zeigen, das von diesem Spiel eine süße Abenteuergeschichte versprochen bekommen hat.
SPOILER ENDE
Unterm Strich ist „Eila and Something Shiny“ ein gutes Abenteuerspiel für alle, die sich emotional in der Lage sehen, auch über unschöne Aspekte des Lebens nachzudenken.