Test | Skytear
Skytear ist ein von MOBA-Computerspielen inspiriertes Brettspiel. "Ein MOBA was?" werden sich jetzt einige fragen. Multiplayer Online Battle Arena oder kurz auch MOBA ist ein Computerspiel-Genre bei dem mindestens zwei Teams auf einem arenaartigen Spielfeld gegeneinander antreten. Das erste Spiel dieser Art war der Mod "Defense of the Ancients" kurz DotA des Echtzeit-Strategie-Spiels Warcraft 3 aus dem Jahr 2003. Im Bereich des E-Sports ist League of Legends ein weiterer bekannter Vertreter des Genres. Schön und gut, aber funktioniert das Spielprinzip auch auf einem Brettspiel?
Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss!
Ziel des Spiels
In Skytear übernehmen zwei bis vier Spieler die Rolle von asymmetrischen Fraktionen. Sie haben das Ziel den gegnerischen Nexus zu zerstören oder eine von drei Siegbedingungen zu erfüllen. In maximal fünf Runden werden abwechselnd die Helden aktiviert, die jeweils drei Aktionen ausführen dürfen. Mit den gezogenen Machtkarten versucht jeder Spieler und jede Spielerin die Aktionen zu verstärken. Unterstützt werden die Helden von ihren Gefolgsleuten, den sogenannten Minions. Das Spiel endet, wenn eine der drei zufällig gezogenen Siegbedingungen erfüllt ist, der gegnerische Nexus zerstört ist oder die fünfte Runde vorbei ist. Im letzteren Fall wird das Spiel unentschieden gewertet.
Spielaufbau
Das Spielfeld ist symmetrisch aufgebaut und in Hexfelder unterteilt. Jede Person am Tisch hat einen Nexus, quasi das Hauptquartier, und jeweils einen Turm zur linken und rechten Seite. Die vier Helden jeder Fraktion starten von ihrem Nexus aus in die Schlacht. In der Spielfeldmitte zwischen den Türmen befindet sich auf jeder Seite ein Kontrollmarker. Dort werden von beiden Fraktionen je zwei Minions platziert. Das Zentrum der Karte nimmt die, ebenfalls mit einem Kontrollmarker versehene, Energiekuppel ein. Beide Fraktionen haben an der Längsseite eine Lebensenergieleiste von 1 bis 20 für die Helden. Außerdem bietet das Spielfeld noch Platz für die drei Siegbedingungskarten, die Fluxkarte, die Rundenleiste und die Außenseiterkarte. Außerhalb des Spielfelds werden die vier Helden jeder Spielpartei, der Kraftkarten-Nachziehstapel und die Statusmarker ausgelegt.
Spielablauf
Eine Partie geht über maximal fünf Runden. Die Rundenzahl entspricht zudem den Manawert, den die Spielenden zur Verfügung haben, um ihre Machtkarten auszuspielen. So kommen Machtkarten mit hohen Manakosten erst im späteren Spielverlauf zum Einsatz. Eine Runde beginnt mit der Heldenphase in der drei von fünf verfügbaren Aktionen gespielt werden dürfen: Bewegen, Angriff, Scharmützel, Anführen und Anbeten. Bei der Aktion Bewegen darf sich ein Held eine bestimmte Anzahl an Feldern bewegen. Die Aktion Angriff erlaubt es Schaden auf gegnerische Helden und Minions auszutragen. Scharmützel ist eine Kombination aus Bewegen und Angriff. Allerdings können mit dieser Aktion nur gegnerische Helden angegriffen werden. Mit der Aktion Anführen wird die Stärke von Helden bzw. deren Einfluss mittels Machtkarten erhöht. Die letzte Aktion Anbeten wird genutzt, um Zauber auszulösen.
Haben alle acht Helden ihre Züge abwechselnd gemacht beginnt die Minionphase. Es wird geprüft, wer die Oberhand auf dem Spielfeld besitzt. Die wesentlichen Konfliktzonen werden die Bereiche zwischen den gegnerischen und eigenen Türmen sein. Denn dort befindet sich ein Kontrollmarker. Wer in der Nähe des Kontrollmarkers die Übermacht mit seinen Truppen erreicht, verschiebt diesen Marker in Richtung des gegnerischen Turms. Liegt der Kontrollmarker im Einflussbereich eines Turmes erleidet dieser Schaden, wenn der Angreifer die Übermacht hat. Sobald ein Turm zerstört ist, kann die Basis, der Nexus, angegriffen werden. In der Mitte des Spielbretts befindet sich eine Energiekuppel, die von einem Außerirdischen bewohnt wird. Der Spieler, der die Kontrolle über die Kuppel gewinnt, beschwört den Außenseiter und erhält zusätzliche Unterstützung im Kampf.
Dies ist eine vereinfachte Übersicht der Regeln bzw. der Mechaniken. Das Spiel ist unglaublich tiefgründig und komplex. Es gibt weitere Regeln zum Kampfsystem: Heldenzustand (Langsam/Schnell, Entwaffnet, Markiert, …), Wirkungsbereich von Zaubern, Sichtline, Nah- und Fernkampf, …. Nur um mal ein paar zu nennen. Helden gleicher Fraktion profitieren darüber hinaus noch meist von Synergieeffekten. Außerdem ist es möglich sein eigenes Kartendeck zu erstellen.
Um meine Einstiegsfrage zu beantworten: Ja, das MOBA-Spielprinzip funktioniert auch als Brettspiel. Vielleicht sogar viel besser für die unter uns, die keine Fingerakrobaten sind und eine Reaktionszeit wie ein Profi-Boxer haben. Jeder Zug kann sorgfältig geplant werden und mögliche Reaktionen des Gegners können abgewägt werden. Dabei verliert Skytear aber nicht an Dynamik - die Spielmechanik ist exakt die gleiche wie bei einem MOBA-Spiel. Angreifen, einen Turm zerstören, weiter angreifen und den gegnerischen Nexus zerstören. Das Spiel gewinnt zudem durch die drei zufälligen Gewinnbedingungen (insgesamt gibt es 10 unterschiedliche) an Varianz. Wobei ich es bis jetzt in 10 Partien nur einmal erlebt habe, dass der Nexus zerstört wurde. Aber gut, es fordert die Spielenden ihre Strategie stets an die jeweilige Situation anzupassen. Die Beziehungen zwischen den Karten und den Heldenfähigkeiten und das spezifische Vokabular bedeuten, dass es viel zu lernen gibt, um gut zu spielen. Dadurch haben Spielerfahrende sicherlich einen großen Vorteil gegenüber Anfängern.
Die vorgefertigten Kartendecks ermöglichen einen schnellen Einstieg ins Spiel. Doch die Option sein eigenes Deck zusammenzustellen gibt vielen die Chance tiefer in das Spiel einzutauchen. Wer noch mehr Vielfalt sucht wird schnell bei den zahlreichen Erweiterungen mit neuen Helden, Machtkarten, Außenseitern und sogar Spielfeldern fündig. Skytear ist sehr ausbalanciert, denn vermeintlich starke Helden lassen sich mit anderen kontern. Selbst bei den Machtkarten haben Karten mit drei Manakosten (sehr starker Zaubereffekt) einen niedrigen Schadensmodifikator für den Nahkampf. Eine Sache werden eingefleischte MOBA-Fans vermissen: Die Helden werden während der Spielzeit nicht aufgelevelt und dementsprechend stärker. Skytear kommt ohne Würfel aus, sodass sich der Glücksfaktor, obwohl er durch die Kartenmodifikatoren natürlich vorhanden ist, in Grenzen hält.
Die Qualität der Miniaturen ist sehr gut. Das Material ist stabil und Figurendetails sind sehr gut erkennbar. Das Spiel schreit danach bemalt zu werden. Denn ansonsten ist es auch oft schwierig, auf einen Blick zu erkennen, wie viele und wessen Minions und Helden an einem Kontrollpunkt stehen. Meine Figuren haben einen leichten Wash, passend zur Fraktionsfarbe, bekommen. Das Spielbrett und die Statusmarker sind aus einem festen Karton und wie die Spielkarten in guter Qualität. Die optische Aufmachung gefällt mir sehr gut und des grafischen Ikons fügen sich gut ins Gesamtbild ein. Die Rückseite des Spielbretts ist ebenfalls bedruckt und bietet eine Arena für Runden mit bis zu 8 Personen. Oh Überraschung, denn die Spielbox weist das Spiel nur für 2-4 Spielende aus. Im Prinzip bleibt das Spiel auch ein 2 Personenspiel, da lediglich die Helden aufgeteilt werden und es unterm Strich zwei Seiten gibt, die gegeneinander antreten.
Skytear ist ein Kennerspiel mit einer hohen Einstiegsschwelle, denn es gibt eine Vielzahl an Regeln. Mit dem 24-seitigen Regelwerk bin ich nicht ganz so glücklich. Warum ist der Spielaufbau zum Beispiel erst auf Seite 18/19 erklärt? Manche Regeln lassen Raum für Interpretation. Bei offenen Fragen fällt es meist schwer die klärende Stelle im Regelwerk zu finden. An dieser Stelle möchte ich noch auf die sehr nette und hilfsbereite Online-Community hinweisen. PvP Geeks betreibt einen Discord-Server sowie eine Website mit einem umfangreichen Deckbuildertool. Zudem lässt sich Skytear über Tabletopia kostenlos testen.
Negativ aufgefallen ist mir das es öfter vorkommt, dass der eigene Minionvorrat erschöpft ist. In den Regeln gibt es dazu keine konkrete Aussage. Als Lösung schlägt der Verlag den Kauf einer Erweiterung oder die Nutzung alternativer Meeple vor. Im Gegensatz dazu enthält das Spiel 16 Marker für Helden, die man gar nicht besitzt. Das senkt wahrscheinlich die Erweiterungskosten, aber ich hätte es gerne gesehen, wenn dieser Platz für Spielmarker genutzt worden wäre, um zum Beispiel die Siegbedingung "Ansturm - Besiege 3 gegnerische Helden" zu verfolgen.
Für mich spielt sich Skytear am besten zu zweit und wenn du ein Fan von konfrontativen Spielen oder gar MOBAs bist, dann wird dir Skytear bestimmt gefallen. Auch wenn du ein Deckbuilding-Fan bist, ist Skytear sicherlich ein Blick wert. Bei mir bleibt es im Schrank und wenn mein Stammgegenspieler und ich Lust haben uns ca. 45 Minuten zu kloppen kommt es auf den Tisch. Der Preis für die Starter-Box finde ich mit 59 € etwas hoch. Dafür bekommst Du allerdings ein kurzweiliges Miniaturen-Spiel mit überraschend hoher taktischer Tiefe.
Welche Erfahrungen hast du mit diesem Spiel gemacht
oder hast du noch Fragen zu diesem oder anderen Spielen?
Dann schaut doch auf unserem Discord-Server vorbei: https://discord.gg/DacwPAQJWs
Bilder zum Spiel
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Tags: MOBA, 2-4 Personen, Kennerspiel, Deckbauspiel