
Test | Murder Mystery Case File: Der Tote im Weinkeller - Fazit + Wertung + Bilder vom Spiel
„Der Tote im Weinkeller“ richtet sich mit seiner geringen Komplexität eigentlich an Neulinge in diesem Genre. Wer genau sich in diesem speziellen Fall als Neuling betrachten sollte, ist allerdings fraglich. Die Handlung ist zwar unblutig, aber thematisch dennoch nicht für Kinder geeignet. Empfohlen wird das ‚Spiel‘ ab 14 Jahren, doch diese Altersgruppe dürfte sich bei der Lösung des Falles wahrscheinlich genauso langweilen, wie Erwachsene. Das liegt nicht an einer fehlenden oder gar schlechten Handlung, sondern schlicht daran, dass es nichts zu tun gibt. Über die gesamte Spielzeit lesen die Beteiligten die vorliegenden Dokumente. Kein Rätsel muss währenddessen gelöst, kein Alibi überprüft werden. Berufen sich Personen bei ihren Alibis auf andere Personen, gibt es dazu schlicht keine Aufzeichnungen über weitere Ermittlungen. Die einzige Ermittlungsaufgabe steht am Ende der 120 Minuten Spielzeit. Wer bis dahin noch wach ist, steht aufgrund der schwammigen Unterlagen vor dem eigentlichen Rätsel: Wer hat meine Spielfreude gerade ermordet und warum?
Auch qualitativ ist das gesamte Material so prickelnd wie ein tödlicher Cocktail aus Schlaftabletten. Alles läuft über Zettel. Gesprächsprotokolle gibt es nur nachträglich von einer Tonbandaufzeichnung abgetippt. Hier wäre eine tatsächliche Tonaufzeichnung ein Lichtblick gewesen. Doch verschenktes Potenzial findet sich in der überzogen großen Schachtel an jeder Ecke. Die Unterlagen wirken billig mit schnell hingeklatschten Behördenwappen. Die Gestaltung der Texte ist monoton. Personenfotos sind bedruckte Pappkarten, statt authentischer Fotos, wie in Ermittlungsspielen anderer Verlage. Besonderes Spielmaterial suchen die Ermittlerinnen und Ermittler ebenfalls vergebens. Davon liegen nur Fotos bei. Das allerschlimmste sind jedoch die lausig bearbeiteten Fotos des Ermordeten. Bei allen anderen Personen wurden einfach Datenbankfotos verwendet und diese wirken durch Schattenwürfe glaubhaft. Der Kopf des Opfers wurde leider immer von links, der restliche Körper von rechts beleuchtet. Das Resultat ist mehr als peinlich und offensichtlich unecht. Dadurch wirkt der gesamte Fall lächerlich. Ein Mord an meinen Sehnerven.
Gerne würde ich nun berichten, dass zumindest der Schreibstil den Fall tragen kann und weitgehend auf stereotype Rollenbilder verzichtet wurde. Doch in dieser Art von Spielen geht es natürlich immer etwas klischeehaft zu, damit die Personen eindrücklicher sind und in Schubladen passen. Das ist auch bei „Der Tote im Weinkeller“ der Fall. Dass dabei allerdings jeder beteiligten Frau des Falles durch die Ermittelnden, ohne jegliche Anhaltspunkte, Affären unterstellt werden, ist dann aber doch etwas zu viel für meine Mitspielerin gewesen. Die gleiche „Ehre“ wird den Männern nicht zuteil. Schließlich kann auch der Rest des Falles nicht wirklich überzeugen. Niemand scheint wirklich an der Suche und dem Auffinden des Opfers interessiert zu sein. Ohne die Ermittlungen und das Erdbeben waren alle Beteiligten glücklicher. Die Lösung findet sich schließlich wieder nur in Textform auf einer Internetseite. Spätestens dort ist unser Interesse für den gesamten Fall gestorben, denn der Epilog ist ein echter Killer.
Der gesamte Fall stützt sich ausschließlich auf Indizien. Handfeste Beweise existieren nicht. Im einen Moment ist die Leiche fast völlig mumifiziert , im nächsten gibt es kein organisches Material. Fingerabdrücke sind verwischt, Schuhabdrücke werden nicht abgeglichen. Logische Folgefragen werden nicht gestellt und die Unterlagen sind fehlerhaft, nur um Tatschen zu verschleiern. Vom Opfer, über die Verdächtigen bis hin zu den Polizisten und der Staatsanwaltschaft scheint sich niemand in diesem Fall ernsthaft Mühe gegeben zu haben.
Um dieses Fazit nicht völlig negativ enden zu lassen, sei gesagt, dass „Der Tote im Weinkeller“ funktioniert. Der Fall ist lösbar und auch stimmig in seiner Handlung als Kriminalfall. Anfänger können ihn sicher bewältigen, doch wahrscheinlicher ist, dass sie das Interesse an diesem Genre verlieren. Die Konkurrenzverlage dieses Metiers haben unglaublich immersive Alternativen geschaffen. Angesichts dessen ist „Der Tote im Weinkeller“ wie abgestandener Sekt.
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Tags: 1-4 Personen, Detektiv, 120 Minuten, Deduktion