Test | Dark Ages – Das Erbe Karls des Großen
Eine mittelalterliche Europakarte, Herrschercharaktere, Barbarenplättchen in unbesetzten Gebieten, Miniaturtstädte, in die kleine Turmettagen gebaut werden können, einen neuartigen Aktionsmechanismus mit Aktion und Reaktion, Ausbau von Technik und Kultur, 15 Zusatzmodule, Enginebuilding, Action-Selection und Areacontrol….das alles verspricht "Dark Ages – Das Erbe Karls des Großen“ eingefleischten Brettspielfans.
Wir haben "Dark Ages – Das Erbe Karls des Großen" mit einem Presserabatt von der Spiele-Offensive gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Spielablauf
Jede Person spielt einen Fürsten, der mit zwei individuellen Startkarten und einem Heimatgebiet im mittelalterlichen Europa aufwartet. Hier wird direkt die erste eigene Stadt errichtet. Im eigenen Zug gibt es grundsätzlich zwei Handlungsmöglichkeiten: eine Adelsaktion ausführen oder passen.
Ersteres bedeutet eine der fünf (bzw. sechs, je nach Spieleranzahl) Adelsscheiben auf ein Feld unter den zufällig ausgelegten Aktionen auf dem Kulturtableau zu legen und diese auszuführen. Das Feld ist damit nicht blockiert, eine andere Person oder auch man selbst, darf eine Scheibe drauflegen und die gleiche Aktion aktivieren. Sobald die dritte Scheibe auf diesen Stapel gelegt wird, wird die unterste Scheibe ,,herausgebrochen“ und die dazugehörige Person hat die Auswahl zwischen zwei angrenzenden Reaktionen, z.B. Ressourcen erhalten, Karten aus der Auslage nehmen, eine zusätzliche Anwerbeaktion tätigen oder die eigenen Truppen umgruppieren. Jede Aktion hat also eine Verzweigung, die solche ,,Unteraktionen“ beinhalten. Die Aktionen bestehen aus Bauen, Kultur entwickeln, forschen, anwerben und marschieren.
Beim Bauen können an eine eigene Stadt bis zu drei Gebäude angebaut werden, Produktionsgebäude und Kirchen. Kirchen geben schlicht Siegpunkte, während Produktionsgebäude beim Passen unterschiedliche Ressourcen generieren. Zwei Plätze für Siedlungen gibt es in jedem Gebiet, wodurch dieses geschützt und das allgemeine Versorgungslimit für das Marschieren erhöht wird. Bis zu drei Turmetagen kann jede Stadt in ihrer Mitte tragen, wodurch eigene Angriffe auch in Nachbargebieten erleichtert werden. Des Weiteren kann das eigene Lager ausgebaut werden, um mehr Ressourcen nach dem Passen behalten oder verkaufen zu können.
Die Aktion Kultur entwickeln ermöglicht es, eine der sechs offen ausliegenden Karten auf dem Kulturtableau auf die Hand zu nehmen, allerdings sind nur die Karten in Reichweite des eigenen Markers auf der Kulturleiste erhältlich.
Die so aufgenommenen Handkarten können durch Forschen ausgespielt werden. Errungenschaften werden dann unter die Oberkante des eigenen Spielertableaus geschoben. Diese zeigen drei Stufen. Um die nächste Stufe von Fähigkeiten freizuschalten, muss geforscht und ein Gold ausgegeben werden. Eine Kriegstechnik kann so ebenfalls für ein Gold auf das entsprechende Feld des Kämpfers gelegt werden, um entweder Fußsoldaten, Bogenschützen oder Reitersoldaten für den Kampf aufzurüsten.
Beim Anwerben müssen, entsprechend der aktuell ausliegenden Kriegstechnik auf dem Tableau, unterschiedlich viele Ressourcen bezahlt werden. Danach darf ein passender Kämpfer als Miniatur in einer eigenen Stadt platziert werden.
Sollen die angeworbenen Truppen in ein anderes Gebiet bewegt werden, muss die Aktion marschieren gewählt und zunächst das Versorgungslimit auf der Siedlungsleiste gecheckt und ggf. mit Gold ausgeglichen werden. Ein Marsch in ein besetztes Gebiet aktiviert immer einen Kampf. Zufällig ausgelegte Barbarenplättchen offenbaren oftmals erst dann ihre Truppenstärke und werden als graue Miniaturen auf dem Gebiet platziert. Ein Kampf wird mit einer Würfelrunde ausgetragen, bei dem beide Parteien gleichzeitig würfeln. Zuerst wird für jeden Fernkämpfer im Gebiet ein Würfel geworfen. Entspricht die Augenzahl mindestens der auf der Kriegstechnik vermerkten Angriffszahl, erhält ein gegnerischer Kämpfer einen Schaden und wird ggf. in den Vorrat gelegt. Reitereinheiten können zwei Schaden erleiden und würfeln als nächstes. Nun folgt der Nahkampf, bei dem nun alle verfügbaren Einheiten würfeln und entsprechend ihren Angriffswerten einen Erfolg erzielen können. Die Person, die abschließend die wenigsten Kämpfer auf dem Feld stehen hat, zieht sich in ein angrenzendes Gebiet zurück. So können fremde Regionen besiedelt und das eigene Herrschaftsgebiet ausgebaut werden. Heimatgebiete von anderen Spielenden können nicht erobert werden, geben bei erfolgreichem Angriff jedoch Rohstoffe und Siegpunkte.
Hat eine Person mindestens eine Adelsscheibe gesetzt, darf sie in der nächsten Runde passen und alle Scheiben wieder zurücknehmen. Hat sie in einer Region die Mehrheit der Gebiete erobert, darf sie einen Titel beanspruchen, der einmalig Siegpunkte bringt und ihr nur durch einen anderen Fürsten am Tisch wieder weggenommen werden kann. Anschließend wandert die erste Karte in der Auslage auf den Ablagestapel, die Karten rutschen durch und eine neue Karte wird aufgedeckt. Die Person erhält ein Gold, darf entsprechend ihrer Lagerkapazität Ressourcen gegen Kulturpunkte verkaufen und muss Ressourcen abgeben, die über ihrem Lagerlimit liegen. Danach produzieren alle eigenen Produktionsgebäude.
Sind entweder alle Kirchen oder alle Städte verbaut, ist der Kartenstapel leer oder hat ein Marker das Ende der Kulturleiste erreicht, wird noch so lange gespielt, bis alle abschließend gepasst haben. Danach werden die Siegpunkte auf den Errungenschaftskarten, auf der Siedlungs-, Kultur- und Lagerleiste und den Titelkarten gezählt. Eigene Städte und Turmetagen geben ebenfalls Punkte. Die Person mit den meisten Siegpunkten gewinnt die Partie.
Dem Spiel liegen ein Solomodul und 14 weitere Module bei, die das Spiel unterschiedlich stark verändern, neue Karten und Miniaturen mitbringen und einzeln oder gemeinsam integriert werden können. Bestimmte Kombinationen werden in der Anleitung allerdings nicht empfohlen.
Noch ein Mittelalterspiel mit Gebietskarte, in dem Einheiten hin und hergeschoben werden. Uns hat ,,Dark Ages“ zunächst nicht sehr interessiert. Doch der neuartige Aktionsmechanismus mit dem Platzieren von Aktionsscheiben und dadurch ausgelösten Nebenaktionen, sog. Reaktionen, funktioniert einfach gut und sorgt für einen unheimlich flüssigen Spielablauf, was viel Spaß macht. Denn dadurch sind auch Personen, die nicht gerade aktiv am Zug sind, handelnd involviert.
Die Frage, wann setze ich wo eine Scheibe ein, um am besten nur mir selbst Reaktionen zu ermöglichen, erfordern eine Menge Vorausplanung und gutes Timing. Auch das Aufwerten von Fähigkeiten durch das stufenweise Herausschieben von Karten, ist eine clevere Mechanik, die uns schon in anderen Spielen begeisterte und hier sinnvoll eingebunden wird. Kämpfe sind schnell abgehandelt, was das flüssige Spielen zusätzlich fördert. Auch wenn die Auswahl an Aktionsfeldern überschaubar ist, gibt es eine Menge zu tun und abzuwägen. Die Kartenvielfalt ist hoch und die unterschiedlichen Kartentypen gewähren verschiedene Möglichkeiten von Optimierung der Truppen bis hin zum einmaligen Siegpunktgewinn.
Jeder Zug muss sauber durchdacht werden, wenn es darum geht, gegnerische Gebiete oder Barbaren anzugreifen, denn eigene Gebiete werden dadurch oft schutzlos zurückgelassen. Daher spielen Risikoabwägung und Absicherung eine gewichtige Rolle. Auch das Bauen verschiedener Gebäude bietet langfristige Möglichkeiten, so stehen Kampf und Ausbreitung nicht immer an erster Stelle. Da es selten Downtime gibt, steht man ständig unter Strom, beobachtet mit Sorge jede feindliche Truppenbewegung, jeden gegnerischen Turmbau und schaut mit Spannung auf Bewegung auf der Kartenauslage. Zwischendurch handelt man immer wieder Reaktionen ab, die andere ausgelöst haben oder würfelt für die barbarische Gegenseite. Langeweile geht anders. Dadurch fliegt die Zeit beim Spielen nur so dahin.
Trotzdem konnte uns Dark Ages nicht komplett überzeugen. Eine Prise Glück darf bei einem guten Spiel nicht fehlen, denn kleine Unkalkulierbarkeiten erzeugen in wichtigen Momenten Spannung. Daher wäre der Glücksfaktor beim Auswürfeln von Kämpfen noch verkraftbar. Die Zufälligkeit der Kartenauslage ist dann aber einfach ein Glückselement zu viel. Mit mehreren Spielern rauschen die Karten teilweise so schnell durch, dass mit ihnen nicht geplant werden kann. Es kam auch vor, dass keine oder kaum Aufrüstungskarten in die Auslage kamen. Außerdem gibt es große Unterschiede in der Stärke der Kartenfähigkeiten und das bereits bei den charaktereigenen Startkarten.
Gerade zu Spielbeginn, wenn die anfangs geringen Fortschritte auf der Kulturleiste nur eine stark eingeschränkte Kartenauswahl zulassen, muss auch die Reaktion Kulturaustausch bedient werden, um an gute Karten früh heranzukommen. Ärgerlich, wenn beim Spielaufbau zufällig das Aktionsfeld Marschieren darüber ausgelegt wurde, was vor allem beim Zweipersonenspiel deutlich weniger als andere Aktionsmöglichkeiten genutzt wird.
Dann entsteht ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gibt: Die ersten Runden rüstet sich jeder zäh auf, baut Ressourcenhütten und Siedlungen. Danach gilt es Gebiete zu erobern und das eigene Herrschaftsgebiet auszuweiten. Hat man hier Pech mit den zufällig ausgelegten Barbaren oder einfach kein Würfelglück im ersten Kampf, gerät man sehr schnell ins Hintertreffen. In dieser Zeit, in der erneut mit den wenigen Ressourcen, Truppen ausgehoben werden müssen, gewinnen die anderen Parteien am Tisch neue Gebiete, bauen schon die ersten Städte, wodurch sie auf der Kulturleiste nach vorne ziehen, was ihnen wiederum viel früher Zugriff auf die starken Karten gewährt. Die Starken werden immer stärker und die Schwachen immer schwächer. Eine perfekt abgebildete Weltgesellschaft. In allen Partien entstand so ziemlich schnell ein großes Ungleichgewicht und Frustration. Zu zweit haben wir sogar abgebrochen, weil klar war, dass bereits dieser erste Patzer beim Kampf und eine starke Karte in falschen Händen, dazu führte, dass auch nach zwei Stunden Spielen, ein Aufholen nicht mehr möglich war.
In diesen Momenten fühlte sich das Spiel unrund und unbalanciert an. Allen am Tisch blutete das Herz, da wir beim Spielen sehr großen Spaß hatten. Selten hat uns ein Spiel so zwiegespalten zurückgelassen. Das Material ist wirklich toll, das tatsächliche Bauen von Turmetagen macht Spaß und sieht auf dem Tisch toll aus, die Illustrationen sind stimmig, die Anleitung ist übersichtlich und der Aktionsmechanismus frisch. Die Module klingen alle spannend, wobei wir das ein oder andere auch bereits erfolgreich integriert haben. Wiederspielreiz wäre also absolut gegeben, wenn die Aussicht auf mögliche Spielabbrüche und Frustration durch schlechtes Balancing den Reiz des Spielens nicht trüben würde. "Dark Ages“ ist daher unserer Meinung nicht uneingeschränkt zu empfehlen.
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Bilder vom Spiel
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Tags: 1-4 Personen, Engine Builder, Historisch, 120-180 Minuten, Area Control