TEST // JÄGER DER NACHT
Werwölfe und Vampire scheinen untrennbar mit dem Social Deduction-Genre verbunden zu sein. Nach dem großen Erfolg von WERWÖLFE VOM DÜSTERWALD kamen immer mehr Spiele auf den Markt, die einer ähnlichen Prämisse und einem ähnlichen Thema folgten. Im Jahr 2005 versuchte JÄGER DER NACHT (im Original SHADOW HUNTERS) frischen Wind in das Genre zu bringen, indem es nicht zwei, sondern drei Fraktionen beinhaltete und Werwölfe, Vampire und Menschen gegeneinander antreten ließ. Das Spiel erfreute sich seinerzeit einer recht großen Beliebtheit, sodass Fans den Verlag, auch nachdem es vom Markt genommen wurde, immer wieder nach einer Neuauflage fragten. 2021 war es nun endlich soweit und eine Neuauflage von JÄGER DER NACHT kam mit neuem Artwork und leichten Überarbeitungen wieder in die Ladenregale: Aber ist es das Spiel, das sich die Fans erhofft hatten?
KOSMOS hat uns JÄGER DER NACHT freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Darum geht es im Spiel
Bei JÄGER DER NACHT müssen Spielende in bester Social Deduction-Manier die Identitäten ihrer Mitspielenden herausfinden und die Ziele ihrer zugewiesenen Rollen erfüllen. Zu Beginn des Spiels erhalten alle Spielende eine Rollenkarte, auf der ihr eigener Charakter mit allen relevanten Werten und Fähigkeiten vorgestellt wird. Jeder Charakter verfügt über eine individuelle Fähigkeit (die während des Spiels eingesetzt werden kann) und individuelle Lebenspunkte, die bei der Identifikation der Rolle behilflich sein können.
Alle Charaktere gehören einer von insgesamt drei Fraktionen an: Vampire, Werwölfe oder Menschen. Alle Fraktionen besitzen individuelle Ziele, um das Spiel zu gewinnen. Während Werwölfe und Vampire einen Teamsieg anstreben (indem die Vampire alle Werwölfe besiegen müssen und vice versa) sind die Menschen auf sich alleingestellt und verfolgen individuelle Ziele. Diese reichen von „Sorge dafür, dass du als erstes ausscheidest, um zu gewinnen“, über „Du gewinnst, wenn dein rechter Nachbar gewinnt“ bis hin zu „Sei am Spielende noch am Leben“. Die zusätzlichen Fähigkeiten der Charaktere können jederzeit aktiviert werden, um den eigenen Vorteil zu nutzen. Gleichzeitig sorgt diese Aktion aber dafür, dass die eigene Charakterkarte aufgedeckt wird, wodurch sie für alle Spielenden am Tisch einsehbar wird. Das Spiel endet sofort, wenn eines der im Spiel befindlichen Ziele erfüllt wurde. Alle Spielende, deren Ziel zu diesem Zeitpunkt erfüllt wurde, gewinnen das Spiel.
Anders als andere Social Deduction-Spiele setzt JÄGER DER NACHT nicht zentral auf die soziale Interaktion der Spielgruppe. In der Theorie ist es während des Spiels nicht einmal nötig, ein einziges Wort mit den anderen Spielenden zu wechseln, um das Spiel zu gewinnen. Der Grund dafür ist die zentrale Kernmechanik von JÄGER DER NACHT. Während eines Spielzuges werden zwei Würfel geworfen (ein sechsseitiger und ein vierseitiger Würfel). Das addierte Ergebnis dieses Wurfes dient zur „Bewegung“ des eigenen Charakters über Ortskarten, die jeweils eine feste Augenzahl angeben, die benötigt wird, um den entsprechenden Ort zu betreten. Einmal an einem Ort angekommen kann der dortige Effekt genutzt werden, der Heilung oder Schaden für sich selbst oder andere Spielende oder das Ziehen spezieller Karten beinhalten kann.
Insgesamt gibt es drei unterschiedliche Kartenstapel, auf die sich diese Ortskarten beziehen können: Vorteilskarten, Kampfkarten oder Orakelkarten. Vorteilskarten bringen (wie der Name schon sagt) einen Vorteil ein, indem sie zum Beispiel Spielende mit Ausrüstungen versorgen. Kampfkarten können Schadenspunkte zufügen, Ausrüstungen stehlen oder die Kampfeigenschaften von Spielenden verstärken. Orakelkarten dienen JÄGER DER NACHT aber als Rückgrat, da diese die Stelle der sozialen Interaktion einnehmen.
Während alle anderen Kartenarten offen ausgelegt und laut vorgelesen werden, müssen Orakelkarten geheim gelesen und im Anschluss an andere Spielende weitergereicht werden. Sie beinhalten immer eine Ja- oder Nein-Frage, die die Identität der Spielenden aufklären kann. Zum Beispiel könnte die Frage beinhalten, ob der Charakter mehr als 11 Lebenspunkte besitzt oder ob der Charakter ein Vampir oder ein Werwolf ist. Wird die Frage mit „Ja“ beantwortet, müssen Spielende, die die Karte von dem/der aktiven Spieler:in erhalten haben die Anweisung der Orakelkarte ausführen, ohne ein Wort zu sagen. In den meisten Fällen werden Schadenspunkte zugeteilt oder Ausrüstungskarten gestohlen. Wichtig ist, dass nur die beiden an dieser Aktion beteiligten Spielenden wissen dürfen, wonach die Orakelkarte eigentlich gefragt hat. Natürlich dürfen die Spielenden sich über Vermutungen der Teamzugehörigkeiten ihrer Mitspielenden austauschen, jedoch dient die Information der Orakelkarte ausschließlich der/dem aktiven Spieler:in.
Nachdem alle Karten- und Ortskarteneffekte abgehandelt worden sind, ist es als letzte Aktion im eigenen Spielzug möglich, andere Spielende zu attackieren, die sich auf derselben Ortskarte oder der im Uhrzeigersinn nächsten Ortskarte befinden. Auch hierfür werden die beiden Würfel geworfen und die Differenz ermittelt. Dieser Wert repräsentiert den Schadenswert, der den angegriffenen Spielenden abgezogen wird.
Um die Schadenspunkte im Blick zu behalten, liegt eine Schadensskala aus, auf der am oberen Ende die Anfangsbuchstaben der unterschiedlichen Charaktere mit den dazugehörigen Lebenspunkten angegeben sind. Durch diese Angaben kann die Identität der Spielenden zusätzlich ermittelt werden, da es immer weniger Möglichkeiten gibt, je mehr Schaden die Spielenden einstecken müssen. Übersteigt oder gleicht der Schadenswert den Lebenspunkten des Charakters, scheidet dieser aus dem Spiel aus. Das Ausscheiden an sich verhindert jedoch nicht, dass auch ausgeschiedene Spielende mit ihrem individuellen Ziel oder des Vampir- oder Werwolfziels das Spiel gewinnen können!
Was ist in der Box?
JÄGER DER NACHT enthält insgesamt 20 Charakterkarten, 16 Orakelkarten, 18 Vorteilskarten, 18 Kampfkarten, 6 Ortskarten sowie 2 Würfel, eine zweiteilige Lebenspunktskala aus Pappe und unterschiedliche Marker aus in den Spielerfarben eingefärbtem Holz.
Qualitativ entspricht das Spielmaterial voll und ganz seinem Zweck. Der Druck und die Verarbeitung der Karten sind von guter Brettspielqualität und auch an den Holzmarkern gibt es nichts zu meckern. Das Artwork der unterschiedlichen Kartenstapel weist jedoch wenig Kontinuität auf. Während die Orts-, Vorteils- und Kampfkarten ein eher mittelalterliches Fantasyartwork mit Rüstungsteilen, alten Kapellen und verfallenen Häusern besitzen, entspringen die Charakterartworks eher der Welt von Teenager-Serien und Filmen wie Twilight oder Vampire Diaries, was einen recht starken Kontrast herstellt. Das Regelheft erklärt die Regeln kurz und bündig, wobei auch die optionale Kosmos-Erklär-App unterstützt wird, die den Aufbau und die Regeln erklärt, ohne dass das Regelheft aufgeschlagen werden muss. Durch die guten grafischen Beispiele und kurzen Regeltexte lässt sich das Regelheft aber auch kurz vor Spielbeginn noch studieren oder während des Spiels als Nachschlagewerk bereithalten.
Tags: 5-8 Personen, Social Deduction, 30-50 Minuten, Bluffen