TEST // FRENCH AND INDIAN WAR
Fans von historischen Strategiespielen haben oft das Problem, dass sich ihre Lieblingsspiele meist kaum mit ihren Freunden spielen lassen, die sich eher weniger für Brettspiele begeistern. Viele Spiele des Genres sind für Brettspielanfänger viel zu komplex oder dauern zu lang. FRENCH AND INDIAN WAR scheint hier neue Wege beschreiten zu wollen. Die Spieler sollen in die Kämpfe eintauchen, die als Auftakt der amerikanischen Revolution gesehen werden – und das alles innerhalb einer Stunde mit einem einsteigerfreundlichen Schwierigkeitsgrad. Wir haben uns das Spiel einmal genauer angesehen, um zu überprüfen, ob das Konzept aufgeht oder ob es im Schatten der bereits etablierten Konkurrenz untergeht.
Wir haben FRENCH AND INDIAN WAR selbst gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Darum geht es in dem Spiel
Bei FRENCH AND INDIAN WAR übernehmen 2 Spieler jeweils die Rollen von französischen oder englischen Generälen, die sich mitten im Siebenjährigen Krieg befinden. Das Spiel geht über insgesamt 3 Runden, die aus 11-12 Spielzügen der Spieler bestehen. Gelingt es einem Spieler, am Ende einer Runde 10 Siegpunkte mehr als der Gegner zu besitzen, gewinnt dieser Spieler das Spiel. Wenn dies nach 3 Runden kein Spieler geschafft hat, gewinnt die französische Seite automatisch das Spiel.
Daraus ergeben sich zwei unterschiedliche Spielstile für die beiden Fraktionen, die vom Spiel vorgeschlagen werden. Der Spielstil des britischen Generals sollte sich auf das Erobern und Halten wichtiger französischer Städte konzentrieren, während der französische General die Verteidigung der Städte im Blick haben sollte. Siegpunkte erhalten die Spieler durch das Halten von strategisch wichtigen gegnerischen Orten (auf der Karte markierte Städte) am Ende einer Runde sowie das Ausschalten von gegnerischen Armeen. Den Spielern steht es also frei, ob sie sich an die Spielempfehlung halten oder sie sich zu einem beliebigen Zeitpunkt umentscheiden.
Um ihre Ziele zu erreichen, kommandieren die Spieler 3 unterschiedliche Einheitentypen auf dem Schlachtfeld, über die beide Fraktionen gleichermaßen verfügen. Der aktive Spieler wählt während seines Zuges dafür eine seiner Einheiten oder eine gesammelte Gruppe von Einheiten, die sich am gleichen Ort befinden müssen, und bewegt diese entlang der vorgegebenen Straßen. Bis auf einen einzelnen Einheitentyp, der sich um zwei Felder bewegen kann, können sich alle anderen Einheiten nur um ein Feld bewegen. Befinden sich feindliche Einheiten am neuen Ort, kommt es zum Kampf.
Jede Einheit besitzt eine Kampfreihenfolge, in der sie sich aktiviert. Grundsätzlich gilt, dass der verteidigende Spieler (also nicht der aktive Spieler) immer als erster mit der jeweiligen Einheit in Kampfreihenfolge agiert. So kann der Verteidiger den Angreifer schwächen, bevor dieser seinen ersten Schuss abgeben kann. Je nach Kampfstärke der Einheit wird eine Anzahl an speziellen Würfeln geworfen und anschließend auf Treffer überprüft. Die Würfel verfügen über die Einheitensymbole. Eine Einheit trifft dabei nur, wenn sie auch ihr eigenes Symbol gewürfelt hat.
Die Kampfstärke jeder Einheit ist auf ihrem Aufsteller angegeben. Jeder Einheitentyp verfügt über die gleiche Basisstärke, wodurch sich die 3 Bodeneinheiten in ihren individuellen Stärken unterscheiden. Zum Beispiel hat ein Soldat eine Basisstärke von 4, eine Miliz eine Basisstärke von 3 und ein Partisan (als Übersetzung für „Irregular“ im Original gewählt) eine Basisstärke von 2. Diese Werte sind anhand von Strichen auf den Aufstellern vermerkt. Wird eine Einheit im Kampf verwundet, wird der Aufsteller so gedreht, dass die nächstniedrigere Zahl am oberen Rand zu sehen ist. Gibt es keine niedrigere Zahl mehr, wird die Einheit ausgeschaltet und vom Spielfeld entfernt. Der Clou an den Aufstellern ist, dass ihre Einheitenwerte und Bezeichnungen nur von einer Seite eingesehen werden können. Die zum Gegner gewandte Seite ist blank, wodurch der Gegner erst bei einem Kampf weiß, um welche Einheiten es sich beim Gegner handelt.
Ist die Kampfreihenfolge komplett abgehandelt worden, können sich die Spieler entscheiden, ob sie sich aus dem Kampf zurückziehen wollen (die Franzosen haben bei dieser Entscheidung immer das Vorrecht). Geschieht dies, wird der sich zurückziehende Spieler noch ein letztes Mal beschossen, wobei nun nur ein Würfel je Einheit geworfen wird, aber dafür das Stern-Symbol als zusätzlicher Treffer gilt.
Abseits dieser Regeln existieren Marine-Einheiten, die sich um die Vorherrschaft an der Küste streiten. Anstatt eine Bodeneinheit zu bewegen, kann ein Spieler eine Marine-Einheit in den Atlantik bewegen. Befindet sich dort ein gegnerisches Schiff, kommt es auch hier zum Kampf, wobei Marine-Einheiten nicht über Kampfstärke verfügen und auch nicht verwundet werden können. Beide Spieler werfen bei einem Marine-Kampf zeitgleich jeweils einen Würfel pro beteiligtem Schiff und überprüfen das Ergebnis. Ist ein Marine-Symbol dabei, muss sich ein gegnerisches Schiff zurückziehen. Dieser Vorgang wird wiederholt, bis alle Schiffe einer Seite beschädigt sind oder sich ein Spieler freiwillig zurückgezogen haben. Beschädigte Schiffe können im darauffolgenden Spielzug nicht verwendet werden, da sie die Zeit zur Reparatur benötigen.
Der Atlantik ist wichtig für den Angriff auf Hafenstädte und die Nutzung eines Seeweges, womit neue strategische Möglichkeiten entfaltet werden. Zudem erhält der Spieler, der den Atlantik am Ende der Runde besitzt, zusätzliche Siegpunkte.
Am Ende der ersten und zweiten Runde erhalten die Spieler ihre Reserven, bei denen sie sich frei unter den Einheiten entscheiden können. Ein anderer Weg, Einheiten zu generieren, ist nicht möglich, wodurch die eigenen Einheiten eine spielentscheidende Ressource sind.
Spielvariationen
Das Grundspiel von FRENCH AND INDIAN WAR bietet verschiedene Variationsmöglichkeiten an. Zu Beginn ist es den Spielern bereits möglich, zu entscheiden, ob sie einen historischen oder freien Aufbau bevorzugen, was das Spielgeschehen stark beeinflusst. Zusätzlich ist es den Spielern möglich, die optionale verdeckte Bewegung zu nutzen. Dafür liegt dem Spiel ein Block bei, auf dem die Spieler angeben können, welche ihrer Einheiten auf welches Gebiet zieht, bevor diese simultan aufgedeckt werden. Zur Vereinfachung dieses Prozesses ist auf der Rückseite des Regelheftes eine Angabe der wichtigsten Abkürzungen von Orten und Einheiten verzeichnet, die für diese Art der Bewegung nötig sind. Abschließend ist ein Solo-Modus enthalten, bei dem ein Spieler beide Seiten des Krieges und zusätzlich mit einer optionalen Effekttabelle spielen kann, um unvorhergesehene Ereignisse ins Spiel zu bringen.
Was ist in der Box?
FRENCH AND INDIAN WAR konzentriert sich stark auf die Holz-Aufsteller und die Spielerhilfen bzw. das Spielfeld. Die Einheitenaufsteller bestehen aus eingefärbtem Holz, die einseitig mit Aufklebern versehen werden. Wird ein Aufsteller beschädigt oder geht ein Aufsteller verloren, sind einige Ersatz- Aufsteller und -Aufkleber beigelegt, da sich das Spiel ohne ein vollständiges Set kaum spielen lässt. Die Aufsteller erfüllen ihren Zweck vollkommen und ergeben als gewähltes Mittel im Spiel durchaus Sinn. Qualitativ ist nichts zu beanstanden. Die Holzblöcke sind gleichmäßig und gut gefärbt und auch die Aufkleber sind groß genug, dass sie auch aus einer angenehmen Entfernung gelesen werden können.
Beim Spielfeld und bei den Spielerhilfen wurde der 2-Spieler-Aspekt des Spiels bedacht, da auf dem Spielfeld die Städte der Fraktionen in jeweils andere Richtungen zeigen und am unteren und am oberen Rand Siegpunktleisten aufgedruckt worden sind, die aus der jeweiligen Position der Spieler gelesen werden können. Auch die Spielerhilfe ist in der Mitte gespiegelt, wodurch sie aus beiden Positionen gut lesbar ist, ohne sie umständlich drehen zu müssen. Das Design und das Artwork des Spiels vermitteln ein einheitliches Bild und lassen einen schnellen und eindeutigen Überblick über alle spielrelevanten Aspekte zu.
Die Spielschachtel der Kickstarter-Version enthält zudem ein Sortiersystem, das alle Spielmaterialien an Ort und Stelle hält, ohne zusätzliche Beutel notwendig zu machen.
Das Regelbuch vermittelt die Regeln sehr strukturiert und verständlich, obwohl der Textanteil die enthaltenen Grafiken bei Weitem übersteigt. Auf den 11 Seiten werden Beispiele zwar in Textform dargeboten, aber grafische Beispiele sind nur auf den ersten Seiten zu sehen, wodurch der Lernprozess für einige ein wenig mühsamer werden könnte. Zur Auflockerung der Regeln bietet das Regelbuch ab und an kleine Informationskästen, die den Spielern die Intention der Regeln am historischen Beispiel erklären. Dadurch soll ein tiefergehendes Verständnis für Spielmechaniken entwickelt und eine zusätzliche Aufmerksamkeit auf den historischen Hintergrund gelenkt werden.
Tags: Kampfstrategie, Historisch, 60 Minuten, 1-2 Spieler, Area Control