TEST // BRASS BIRMINGHAM
Wir schreiben das Jahr 1825. Die Welt ist im Wandel. Während vielerorts Kriege gefochten werden und mit rückschrittlicher Technologie gearbeitet wird, eröffnet in Großbritannien die weltweit erste Strecke einer Dampfeisenbahn zur Personenbeförderung. 39 Kilometer ist sie lang und erstreckt sich von Darlington bis nach Stockton. So rückt Großbritannien in den Mittelpunkt der Welt. Kein weiteres Land kann mit dem ständig wachsenden technologischen Fortschritt mithalten. Das Zeitalter der industriellen Revolution erreicht ihren Höhepunkt und Ihr seid mitten drin.
GIANT ROC hat uns BRASS BIRMINGHAM freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Darum geht es im Spiel
BRASS BIRMINGHAM ist ein kompetitives Wirtschaftsspiel aus der Feder von Matt Tolman, Gavan Brown und Martin Wallace. Es ist für zwei bis vier Spieler im Wettstreit um die Vorherrschaft in und um Birmingham ausgelegt. BRASS BIRMINGHAM ist für Kinder ab 14 Jahren geeignet und eine Partie dauert, laut dem Verlag GIANT ROC, durchschnittlich 60-120 Minuten. In BRASS BIRMINGHAM schlüpfen die Spieler in die Rollen von Unternehmern. Die Aufgabe besteht darin, Einkommen und Ruhm in Form von Siegpunkten zu akquirieren.
Siegpunkte erhalten die Spieler durch das Verkaufen von Waren, das Bauen von Kanal- oder Eisenbahnverbindungen oder das Verbrauchen von Ressourcen. Der Spieler, der am Ende der Eisenbahnepoche die meisten Siegpunkte besitzt, gewinnt BRASS BIRMINGHAM.
Wenn es ums Geld geht, gibt es nur ein Schlagwort: „Mehr“
BRASS BIRMINGHAM wird in 2 Phasen aufgeteilt. Zum einen in die Kanalphase und zum anderen in die Eisenbahnepoche. Beide Phasen werden identisch gespielt. Lediglich die Kosten und die Anzahl der Verbindungsplättchen, die pro Aktion gebaut werden können, unterscheiden sich.
Jede dieser Phasen ist in Runden aufgeteilt. Jede Runde besteht aus 2 Aktionen pro Spieler. Bei jeder Aktion wird eine Karte von der Hand abgeworfen. Sind alle Karten durch die Spieler verbraucht, endet die erste Phase und es kommt zu einer Zwischenwertung.
In Brass Birmingham stehen den Spielern folgende Aktionen zur Auswahl:
Bauen: Ein Industrieplättchen der niedrigsten Stufe wird vom Spielertableau genommen, die Kosten werden gezahlt und das Plättchen kann nun auf dem Spielplan platziert werden. Diese Aktion benötigt als einzige Aktion eine bestimmte Spielkarte
Verbinden: Je nachdem, in welcher Phase sich die Spieler befinden, werden die Kosten für die Verbindung gezahlt, um mit dem entsprechenden Plättchen eine weitere Stadt mit dem Netzwerk zu verbinden.
Entwickeln: Die Spieler zahlen 1-2 Eisen, um 1-2 Industrieplättchen der niedrigsten Stufe von dem eigenen Spielertableau zu entfernen. Somit stehen nun Technologien höherer Stufe zur Verfügung.
Verkaufen: Ein gebautes Baumwoll-, Fabrik-, oder Töpfereiplättchen wird umgedreht, wenn eine Verbindung zu einem Markt besteht, welcher die Ressource ankauft. Hierdurch erhalten die Spieler Einkommen und Siegpunkte. Für das Verkaufen von Ressourcen ist oftmals Bier notwendig.
Kredit aufnehmen: Die Spieler erhalten 30 Pfund und rücken ihren Einkommensmarker 3 Felder zurück.
Erkunden: 2 Karten werden abgeworfen, um eine Jokerkarte zu ziehen.
Passen: Keine Aktion wird ausgeführt. Es muss dennoch, wie bei allen anderen Aktionen, eine Karte abgeworfen werden.
Bestimmte Karten werden für das Bauen von Industrieplättchen benötigt. Es gibt 2 Arten von Karten, Orts- und Industriekarten.
Ortskarten: An dem Ort kann eine beliebige Industrie gebaut werden. Der Ort muss nicht zum eigenen Netz gehören.
Industriekarten: Die abgebildete Industrie kann an einem beliebigen Ort gebaut werden. Der Ort muss Teil des eigenen Netzwerks sein.
Am Ende jeder Runde wird die Zugreihenfolge geändert. Je weniger Geld ausgegeben wurde, desto eher startet der Spieler in die nächste Runde. Anschließend erhalten alle Spieler Geld in Höhe des Einkommens und die Handkarten werden wieder auf 8 Karten nachgezogen.
Pro Ort kann lediglich ein Industrieplättchen von jedem Spieler gebaut werden. Nachdem alle Karten verbraucht sind, endet die erste Phase und es kommt zur Zwischenwertung.
Hierbei werden alle Siegpunkte der umgedrehten Industrie- und Verbindungsplättchen gewertet. Die Kanalverbindungsplättchen werden abgeräumt, ebenso wie alle Industrien der Stufe 1. Anschließend werden alle Karten gemischt und die nächste Phase beginnt.
Der Unternehmer mit den meisten Siegpunkten nach Abschluss der Eisenbahnepoche ist der Sieger und gewinnt BRASS BIRMINGHAM.
Das Material
Das Material umfasst einen Spielplan und 4 Spielertableaus. Ebenfalls vorhanden sind 4 doppelseitige Charakterplättchen, 56 Verbindungsplättchen, 4 Siegpunkt- und Einkommensmarker, 30 Kohlewürfel, 18 Eisenwürfel, 15 Bierfässer, 77 Geldchips, 9 Händlerplättchen, 180 Industrieplättchen und 72 Orts-, Industrie- und Jokerkarten. Zusätzlich sind 4 Spielerhilfen vorhanden.
Der Spielplan, die Spielertableaus, die Geldchips und die Industrie- und Händlerplättchen sind aus dicker Pappe gefertigt. Die Würfel, die Bierfässer und die Einkommens- und Siegpunktmarker bestehen aus Holz und sind somit von guter Qualität. Die Karten sind, ebenso wie der Spielplan, die Spielertableaus und das Cover, wunderbar illustriert. Leider sind die Karten etwas dünn, wodurch sie leicht biegen und bei mehrmaligem Gebrauch gesleevt werden müssten. Auch die Industrieplättchen verlieren an Material und nutzen sich dadurch schnell ab.
Die Anleitung ist ebenfalls toll illustriert. Sie ist verständlich geschrieben und beinhaltet einige Beispiele und erklärende Bilder. An einigen Stellen muss gesprungen werden, da es bei BRASS BIRMINGHAM nur schwer umzusetzen ist, alle Regeln kontinuierlich zu verdeutlichen. Die Anleitung fasst sich glücklicherweise recht kurz, wodurch ein schnelles Nachschlagen gewährleistet bleibt.
BRASS BIRMINGHAM ist ein Spiel, um welches ich schon länger herumgeschlichen bin. Nicht allein die Optik hat mich begeistert, sondern auch eine Bewertung von 8,7 auf Boardgamegeek. Zuerst sah ich das Spiel 2018 auf der Brettspielmesse in Essen. Leider war meine Freundin damals noch nicht so angetan von BRASS, sodass wir es damals haben liegen lassen. Später habe ich mich nie dazu aufraffen können, das Spiel zu kaufen.
Glücklicherweise darf ich es heute für Euch rezensieren. Also, was halte ich nun von dem Spiel, welches auf Boardgamegeek den 3. Platz der besten Spiele aller Zeiten einnimmt?
Zunächst muss ich gestehen, dass mich das Artwork zu 100 Prozent anspricht. Das Cover, die Karten, und auch die Anleitung selbst sind wunderschön illustriert. Die Spieler werden direkt in die Jahre um 1800 hineinversetzt. Der Spielplan ist doppelseitig bedruckt und die Karten besitzen alternatives Artwork.
Die Mechaniken des Spiels greifen sehr gut ineinander, wodurch beim mehrmaligen Spielen ein angenehmer Spielfluss aufkommt. Generell dominieren die Mechaniken das Spiel, wodurch das Thema etwas ins Hintertreffen gerät. Dies sollte den Spielern bewusst sein.
Ein wenig Thematik wird allerdings durch die Flavourtexte der Charaktere in der Anleitung geschaffen. Diese sind kurz und gut geschrieben, wodurch die Spieler sich besser mit den Charakteren identifizieren können.
BRASS BIRMINGHAM ist gut geeignet für viele Typen von Spielern, denn das Spiel bietet ein gutes Maß an kompetitiven Elementen. Hierdurch können sich die Spieler sowohl gegenseitig unterstützen, als auch blockieren, was zu einer hohen taktischen Tiefe führt.
Die Downtime ist zwar einigermaßen gering, wenn alle Spieler BRASS bereits kennen, jedoch ist eine durchschnittliche Spielzeit von 2-3 Stunden zu erwarten. Nicht- oder Familienspieler sollten die Finger von dem Spiel lassen, weil es aufgrund seiner Komplexität in den Expertenbereich fällt. Sollte Euch die Tatsache nicht abschrecken, dass Ihr hier ein äußerst mechanisches Wirtschafts-Eurogame geboten bekommt, dann kann ich BRASS BIRMINGHAM wärmstens empfehlen. Da es meiner Freundin ebenso gefällt wie mir, wird das Spiel bei uns nicht mehr ausziehen.
Ich habe das alte „Kohle“ nie gespielt, durfte aber bereits Bekanntschaft mit dessen Neuauflage „Brass: Lancashire“ machen, was der 1:1 Nachfolger sein soll.
„Brass: Birmingham“ fügt dem ursprünglichen Spiel einen kleinen Aspekt hinzu, lässt dafür einen anderen Teil weg. Es ist dennoch der etwas anspruchsvollere der beiden Titel.
Es gibt viele Aktionsmöglichkeiten, die nach ein paar wenigen Spielzügen bereits verinnerlicht sind. Die Regeln sind im Grunde recht einfach und ich konnte sie bisher jedem Mitspieler verständlich erklären.
Das Spiel und dessen Zusammenhänge dann zu beherrschen ist dagegen eine Herausforderung. Vor allem, wenn Mitspieler einem immer wieder dazwischenfunken! Sie kaufen die für den eigenen Zug so dringend benötigte Kohle aus dem Markt oder - was noch viel schlimmer ist - sie benutzen mein mühsam gebrautes Bier, um ihre eigenen Waren zu verkaufen!
Bei all dem Leid, was die Interaktion der Mitspieler einbringt, kommt mein Spielzug nie ins Stocken und es findet sich immer eine gute Ausweichmöglichkeit. So bringt mir das Bier, welches mein Gegenspieler aus meiner Brauerei genommen hat, zum Beispiel wertvolles Einkommen. Unter Umständen wird meine Aktion etwas teurer, durchführbar ist sie in den meisten Fällen aber doch.
Im Allgemeinen ist viel Planung vonnöten. Zwei bis drei Spielzüge im Voraus zu planen, ist keine Seltenheit. Um eine Ware zu verkaufen brauche ich die Fabrik, Bier und eine Verbindung zum Markt. Um das alles zu bauen, benötige ich Eisen und Kohle. Nehme ich diese aus dem Markt, kostet es wertvolles Geld. Möchte ich dagegen meine eigenen Ressourcen herstellen, bedarf es mehrere Spielzüge, dafür aber auch einen höheren Gewinn. Viel besser wäre es, wenn meine Konkurrenz Fabriken baut und mir die Ressourcen sozusagen frei Haus liefert!
Negatives habe ich nicht viel zu berichten. Höchstens die bei schwachem Licht schlecht erkennbare Nachtseite des Spielplans, bzw. der Spielertableaus. Da ich die Tagseite sowieso bevorzuge, ist es für mich nicht relevant. Das Material und die Illustrationen der Karten und des Spielbretts sind wunderschön.
Die erste Partie sollte als eine Kennenlernpartie angesehen werden. In den Folgepartien gewinnen manche Aktionen an Gewicht, die anfangs für sehr schwach gehalten wurden und vermeintliche Extremstrategien stellen sich als harmlos heraus, sobald die Spieler gelernt haben, wie diese auszuhebeln sind.
Ich empfinde „Brass: Birmingham“ als absolut genial. Es ist innerhalb weniger Partien auf meiner Rangliste ganz nach oben geklettert und konnte den Vergleich mit „Brass: Lancashire“ locker standhalten.
Bilder vom Spiel
Tags: Ressourcenmanagement, Pick up and deliver, 60-120 Minuten, Auslegen, 2-4 Spieler, Eurogame