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TEST // BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS

TEST // BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS

Euer über die Jahre entstandenes Reich ist in Gefahr. Wie alle BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS müsst ihr mitansehen, wie die Mischung aus verlorenem Glauben und Armut immer mehr für Unruhen sorgt und den Frieden gefährdet. Ihr müsst euch entscheiden, wie eure Bewohner und Arbeiter eingesetzt werden, um dem negativen Lauf entgegenzuwirken. Und nur wer seine Macht effektiv einzusetzen versteht, kann sich gegen die Burggrafen der benachbarten Regionen am Ende als Sieger behaupten.

Wir haben BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS selbst gekauft. Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

Ein Königreich für viele Siegpunkte

BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS wird in Runden gespielt, in der die Spieler abwechselnd ihre Aktionen jeder Phase abhandeln. Gespielt wird so lange, bis entweder die Armutskarte bei den Schuldscheinen oder die Wohlstandskarte bei den Urkunden zu erkennen ist. Danach wird die aktuell laufende Runde beendet und anschließend wird noch eine weitere komplette Runde gespielt. Wer nach der finalen Auswertung die meisten Punkte erreicht hat, gewinnt das Spiel.

Zu Beginn des Spiels sucht jeder Spieler eine der zufällig ausgelegten Kombinationen aus Spielerkarte und Helden-Stadtbewohnerkarte aus, wodurch Startressourcen und Startfeld festgelegt werden. Dazu erhält jeder ein identisches Set aus Startkarten. In den folgenden Runden besteht die erste Phase einer Runde aus dem Kartenmanagement, das in der ersten Runde noch entfällt. In dieser Phase werden die Stadtbewohner auf dem Spielertableau jeweils ein Feld nach rechts verrückt. Stadtbewohner, die dadurch auf den Ablagestapel kommen, können ggf. noch Ablageeffekte auslösen. Danach wird ein neuer Stadtbewohner aus der Hand auf das linke Feld ausgespielt. Einige Stadtbewohner haben Ausspieleffekte, die direkt abgehandelt werden.

Phase 2 heißt Bewegen und beinhaltet genau das. Die Burggrafen bewegen sich gemäß der Punktzahl vorwärts, die auf ihren zuvor ausgespielten Stadtbewohnerkarten oben links angegeben ist. Es folgt Phase 3, in der die Hauptaktionen gespielt werden. Welche Aktion gespielt werden kann, hängt davon ab, wo sich der Burggraf befindet. Im äußeren Ring kann Handel getrieben oder ein Gebäude errichtet werden, im inneren Ring ist es möglich, Arbeiter einzusetzen oder Manuskripte zu kopieren.

Für jede Aktion ist es erforderlich, über ausreichend Symbole zu verfügen. Welche Symbole für den Zug zur Verfügung stehen, ergibt sich in erster Linie aus den ausliegenden Stadtbewohnerkarten auf dem eigenen Spielertableau. Auf der linken Seite der Karten stehen Symbole für Händler, Baumeister, Adelige und Kleriker. Totenkopf-Symbole auf Verbrecherkarten zählen als Joker. Zusätzliche Symbole können über Ressourcen, Boni auf Stadtbewohnerkarten sowie Boni über bereits errichtete Gebäude erzielt werden. Außerdem kann die neben dem Burggrafen ausliegende Stadtbewohnerkarte auf dem Spielfeld entlassen werden, um deren Symbol(e) direkt einmalig zu nutzen. Dafür müssen jedoch die auf der Stadtbewohnerkarte angegebenen Silberkosten gezahlt werden. Zudem muss die Entlassenaktion oben rechts auf der Karte ausgelöst werden.

Zum Handeln werden die Händlersymbole zusammengezählt. Zudem können Silbermünzen gezahlt werden, um zusätzliche Symbole zu erhalten. Im Gegenwert gibt es die neben dem Handel bei dem Burggrafen angegebenen Ressourcen oder Aktionen. Zum Errichten von Gebäuden sind Baumeister-Symbole erforderlich. Aufgestockt werden können die Symbole über Stein-Ressourcen. Je nachdem, ob es sich um Werkstätten, Handelsposten oder Zunfthallen handelt, sind unterschiedlich viele Symbole erforderlich. Durch das Bauen werden Aktionen auf dem Spielertableau frei geschaltet, die verschiedene Vorteile mit sich bringen, wie z.B. zusätzliche Symbole, weniger Kosten beim Entlassen oder zusätzliche Handkarten.

Zum Einsetzen der Arbeiter werden Adeligensymbole benötigt. Verstärkt wegen können die Symbole über Gold. Je nachdem, wie viele Symbole zur Verfügung stehen, können 1-4 Arbeiter in die Burg eingesetzt werden. Nach einem Leitersystem kommen Arbeiter dabei nach und nach von der untersten auf die oberste Ebene und sammeln dabei fleißig Boni ein. Für die Aktion „Manuskript kopieren“ werden Klerikersymbole benötigt. Ergänzt werden können fehlende Punkte über Tintenfässer. Es werden so viele Symbole benötigt, wie auf dem Manuskript neben dem Burggrafen angegeben werden. Manuskripte bringen am Ende des Spiels Siegpunkte oder direkte Boni.

In Phase 4 können Burggrafen die Kosten für einen Stadtbewohner zahlen, der direkt neben ihnen ausliegt. Dadurch kommt die Karte auf den Abwurfstapel des Spielers und kann in späteren Zügen genutzt werden. In Phase 5 wird auf Kollisionen überprüft. Befinden sich der Tugend- und der Korruptionsmarker auf dem Spielertableau des aktiven Spielers zu diesem Zeitpunkt auf einem gemeinsamen Feld, führt dieser die obere Aktion aus und die anderen Spieler die untere Aktion, sofern die angegebene Bedingung erfüllt ist. Bewegt werden die beiden Marker durch verschiedene Aktionen, u.a. durch das Ausspielen oder Anwerben eines Verbrechers.

In der abschließenden Phase 6 zieht jeder Spieler auf das Handkartenlimit nach. Anfänglich beträgt dies 3 Karten. Kann nicht nachgezogen werden, wird der Abwurfstapel zum neuen Nachziehstapel gemischt. Je nachdem, ob sich zu dem Zeitpunkt ein Verbrecher auf dem Spielertableau befindet, wird der Korruptions- oder der Tugendmarker bewegt. Sind weder Armuts- noch Wohlstandkarte zu sehen, geht es bei Phase 1 weiter mit der nächsten Runde.

Edle Tücher und ein Büßergewand

Wie von der WESTFRANKENREICH-Reihe gewohnt, zeigt sich auch BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS von seiner besten Seite. Neben einer ganzen Reihe von Holzmeeple und -markern sowie stabilen Pappmarkern und -teilen fallen vor allem die Spielplanteile und die Burg ins Auge. Der Spielplan besteht aus 5 Teilen, die gemäß Spielerzahl mit der entsprechenden Seite nach oben zufällig aneinandergereiht werden. Die Burg wird auf die Mitte der Planteile aufgesetzt, was mitunter ein bisschen fummelig sein kann. Teilweise blockiert die Burg auch ein wenig den Blick auf den Spielplan, weswegen „einen langen Hals machen“ immer wieder einmal erforderlich ist. Ein wenig kümmerlich fallen die dünnen Spielertableaus aus, die nicht nur wenig stabil erscheinen, sondern durch ihre glatte Oberfläche auch immer wieder dafür sorgen, dass die Karten darauf verrutschen. Hier hätten sich die Designer etwas Besseres einfallen lassen sollen.

Die Anleitung ist wie gewohnt sehr ausführlich geworden und mit zahlreichen Bildern versehen. Der Einstieg ins Spiel fällt dadurch sehr leicht und bereits in der ersten Partie waren bei uns nur wenige Blicke ins Handbuch notwendig. Gerade wer die anderen Teile der WESTFRANKENREICH-Trilogie kennt, wird sich bei der Ikonografie und der Mechanik zu Hause fühlen, ohne dabei das Gefühl haben zu müssen, dass alles nur ein lauwarmer Aufguss ist. Die wunderbaren Grafiken von The Mico sorgen beim Gesamteindruck erneut für den letzten Feinschliff.

Wer über einen 3D-Drucker verfügt, kann über Thingiverse eine von Autor Shem Phillips kreierte und kostenlos zur Verfügung gestellte Druckvorlage für ein perfekt sitzendes Sortiersystem herunterladen.


Die WESTFRANKENREICH-Trilogie von Shem Phillips und S J MacDonald gehört zu meinen Lieblingsspielen. Es begann mit dem Bau beindruckender Gebäude und der Kathedrale in ARCHITEKTEN DES WESTFRANKENREICHS, ging über die Sicherung der Grenzen und dem Verbreiten des christlichen Glaubens in PALADINE DES WESTFRANKENREICHS und findet nun mit der Sicherung von Frieden und Wohlstand einen runden Abschluss in BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS. Bei der Ikonografie fühlte ich mich gleich wie zu Hause und die erneut wunderbar gezeichneten Illustrationen von The Mico umschmeichelten wie üblich die Augen. Die große Frage war dann allerdings, ob das Spiel den großen Spielspaß der beiden Vorgänger erreichen kann und ob die Mechanik soweit erweitert wurde, dass sie sich hinreichend von den Vorgängern unterscheidet.

BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHES knüpft an vertraute Dinge an: Die Bewohner waren teils schon liebgewonnene, alte Bekannte und die Ressourcen waren bis auf das Tintenfass ebenfalls schon lange bekannt. Doch die Nutzung von beiden fühlt sich hier doch ganz anders an. Waren die Ressourcen bislang immer einer der Kernfaktoren des Spiels, dienen sie nun nur noch als Ergänzungen. Die Bewohner und ihre Fähigkeiten stehen dafür nun im Mittelpunkt und die Art, wie sie gespielt werden, fühlt sich erfrischend neu für die Reihe an.

Mit der neu eingeführten Bewegung auf dem Spielplan gibt es eine weitere Neuerung mit taktischem Potential. Nicht immer passt die auszuspielende Karte mit den Symbolen und den Bewegungspunkten zu der angedachten Aktion. Es gibt zwar Möglichkeiten, eine kleine Schleife zu drehen, aber generell ist das Spielfeld eine Einbahnstraße und es gibt keinen Weg zurück. Bei den Hauptaktionen stellt Handeln generell eine fast immer machbare Aktion dar, bei der Ressourcen gesammelt oder auch das Deck ausgedünnt werden kann, um die Stadtbewohner aus dem Startdeck nicht mehr auf die Hand zu bekommen.

Das Häuserbauen bringt dauerhafte Vorteile, weswegen das Bauen generell keine schlechte Entscheidung darstellt. Das Kopieren von Manuskripten ist in erster Linie für die Siegpunkte entscheidend und stellt wahrscheinlich die anspruchsvollste Art dar, ans Ziel zu gelangen, auch wenn es hier vereinzelt auch direkte Boni geben kann. Ähnlich ist es beim Einsetzen von Arbeitern in die Burg. Durch den Leitermechanismus können bei sorgfältiger Planung zahlreiche Kettenreaktionen ausgelöst werden, die für reichlich Glückshormone sorgen, wenn sie denn gelingen. Der Einsatz von Verbrechern kann schnell dafür sorgen, dass Schuldscheine in den Besitz des Burggrafen kommen. Allerdings kann es hierfür am Ende Boni geben, wenn mehr Urkunden als Schuldscheine im Umlauf sind.

Bei der Komplexität sehe ich BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS zwischen ARCHITEKTEN und PALADINE angesiedelt. ARCHITEKTEN nehme ich gerne als Gateway-Spiel für weniger erfahrene Spielrunden. Die Mechanismen verzeihen großzügig Fehler und über reines Sammeln und Bauen kommt lockerer Spielspaß auf. Bei PALADINE sieht das ganz anders aus. Hier muss bereits früh mit Blick auf die letzten beiden Runden geplant werden, ansonsten steht man schnell ohne notwendige Ressourcen und Aktionsmöglichkeiten da, wodurch Frust schnell zum ständigen Begleiter werden kann. Bei BURGGRAFEN gibt es durch das Handeln immer wieder Möglichkeiten, sinnvolle Aktionen durchzuführen. Ich denke, unerfahrene Spieler, die mit den ARCHITEKTEN ganz gut klarkommen, dürften sich auch nach 1-2 Partien auf die BURGGRAFEN einlassen können. Erfahrene Spieler werden sich in der Regel dabei aber auch nicht langweilen, da es hinreichend strategische Möglichkeiten zum Ausprobieren gibt.

Mir persönlich macht BURGGRAFEN DES WESTFRANKENREICHS auf jeden Fall sehr viel Spaß. PALADINE DES WESTFRANKENREICHS wird zwar weiterhin mein absoluter Favorit der Reihe und auch eines meiner Lieblingsspiele bleiben, doch BURGGRAFEN macht mir schon jetzt deutlich mehr Spaß als ARCHITEKTEN, da es hier einfach viel mehr taktische Möglichkeiten gibt, mit denen ich nach Herzenslust herumexperimentieren kann. Jeder, der mit dem Großteil der NORDSSE- oder WESTFRANKENREICH-Titel von Shem Phillips & S J MacDonald unterhaltsame Spielabende verbindet, sollte auch hier unbedingt zugreifen oder zumindest einen intensiveren Blick wagen. Auch hier gibt es das gewohnte Spielgefühl der genannten Reihen, gepaart mit hinreichend frischen Mechaniken, um die Anschaffung zu rechtfertigen.

 

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Bilder zum Spiel

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Tags: Workerplacement, Ressoucenmanagement, 1-4 Spieler, Eurogame, Solospiel

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