TEST // DOMINION: RENAISSANCE
Wir schreiben das beginnende 15. Jahrhundert. Kunst, Medizin und Naturwissenschaften unterliegen schon seit einiger Zeit einem stetigen und raschen Wandel. Der Fortschritt scheint unermüdlich voranzuschreiten und kündet gar von einem goldenen Zeitalter der Menschheitsgeschichte. Da seht ihr es nur als euer gutes Recht an, euch auch einen gehörigen Teil für euer DOMINION zu sichern. Während das ganze Land geschäftig einer Vielzahl von Projekten nachgeht, engagiert ihr Schauspieltruppen, welche das gemeine Volk unterhalten sollen. Forscherinnen lüften das Geheimnis von Artefakten und Erfinder führen waghalsige Experimente durch, von denen ihr euch neue Erkenntnisse und ausgeklügelte Gerätschaften erwartet, die das Leben erleichtern sollen. Der Handel mit fernen Ländern bringt erstmals Seide und seltene, wohlriechende Gewürze in euer Königreich. Doch ob euch all diese Errungenschaften der DOMINION: RENAISSANCE letztlich langanhaltende Freude bereiten werden oder nicht, kann uns nur der zukunftsweisende Blick des Sehers in die Kristallkugel verraten.
Das Spiel wurde uns vom Verlag gestellt.
Auf unsere Bewertung hat das keinen Einfluss.
Eine Zeit der weitreichenden Veränderungen
In DOMINION: RENAISSANCE, seines Zeichens die 13. Erweiterung für den Deckbuilding-Klassiker, werden die Spieler mit einigen Neuerungen konfrontiert, welche die Spielmechanik des Grundspiels gründlich durchrütteln. Der eigentliche Spielablauf bleibt davon aber unberührt und wurde an anderen Stellen schon zu Genüge erklärt. Deswegen beginne ich direkt mit den eben angesprochenen Neuerungen.
Taler und Dorfbewohner
Die wohl umfassendste Veränderung der Spielmechanik bringen die Taler und Dorfbewohner mit sich, welche die Spieler durch Karteneffekte im Laufe einer Partie erhalten. Taler und Dorfbewohner können dann in der entsprechenden Phase des Spiels wieder in beliebiger Zahl ausgegeben werden. Während durch Taler weiteres Geld in die eigene Schatztruhe fließt, erlauben es die Dorfbewohner, zusätzliche Aktionen auszuführen. Beides führt letztlich dazu, dass die Spieler weniger abhängig sind von ihren Handkarten.
Projekte
Bei den Projekten handelt es sich um einen Kartentyp, welcher gegen Geld in der Kaufphase erworben werden kann. Projekte werden anders als Königreich- und Geldkarten nicht in das eigene Deck integriert, sodass ihre Effekte bis zum Ende der Partie dauerhaft wirken.
Artefakte
Auch Artefakte bringen dem Besitzer permanente Vorteile. Sie können allerdings nicht gekauft werden. Um Artefakte zu erhalten, müssen die Spieler vielmehr erst eine bestimmte Königreichkarte ausspielen. Zusätzlich müssen manchmal noch bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Und selbst dann kann sich der Besitzer seines Glücks nie sicher sein, da die Mitspieler einem das Artefakt durch erneutes Ausspielen der entsprechenden Königreichkarte auch wieder wegnehmen können.
Dauerkarten
Die Dauerkarten sind streng genommen keine wirkliche Neuerung, da es sie bereits in DOMINION: SEASIDE und DOMINION: ABENTEUER gab. Nichtsdestotrotz gehe ich an dieser Stelle nochmals kurz auf ihre Funktion ein, damit auch DOMINION-Neulinge ein Gefühl für diesen speziellen Typ an Aktionskarten bekommen.
Der größte Unterschied zu normalen Aktionskarten ist, dass sie für gewöhnlich in der Aufräumphase nicht direkt auf den Ablagestapel wandern. Dies geschieht erst, wenn die letzte Anweisung des Kartentextes abgehandelt wurde, was zumeist erst in einer der darauffolgenden Spielzüge der Fall ist. In DOMINION: RENAISSANCE erlauben einem die Dauerkarten, Karten für die nächste Runde zu sichern und damit die Auswahl an Handkarten zu erhöhen.
Alle anderen Karteneffekte sind so oder so ähnlich bereits aus dem Basisspiel oder anderen Erweiterungen bekannt und können im Bildmaterial auf Seite 2 eingesehen werden.
Taler und Karten im Überfluss
Das Spielmaterial von DOMINION: RENAISSANCE besteht aus 25 neuen Königreichkarten und insgesamt 300 Karten, welche eine ausreichende Materialstärke für zahlreiche Spieleabende aufweisen. Diese unterteilen sich in die folgenden Kategorien:
Geld | 3 |
Aktion | 17 |
Aktion - Angriff | 2 |
Aktion - Reaktion | 1 |
Aktion - Dauer | 2 |
Projekte | 20 |
Artefakte | 5 |
Wie immer sorgt ein Sortiersystem für ausreichend Ordnung in der Spielschachtel. Diese enthält neben den Karten sechs mitteldicke Tableaus, welche als Ablage für die wertigen und schön anzusehenden Münzmarker fungieren. Des Weiteren gibt es noch zwölf verschiedenfarbige Holzwürfel, mit denen angezeigt wird, welche Projekte ein Spieler bereits erworben hat. Deren Handhabung fällt dank ihrer Größe angenehm leicht.
Die Spieleanleitung von DOMINION: RENAISSANCE entführt uns zunächst mit einem kleinen Teaser in die namensgebende Epoche. Zum wiederholten Male fällt hierbei jedoch negativ auf, dass die Übersetzung an vielen Stellen hölzern wirkt. Die Anleitung selbst ist aber verständlich geschrieben, wenn auch der Text etwas zu klein und unübersichtlich geraten ist. Dank einer ausführlicheren Bebilderung, gut gewählten Beispielen und ausreichenden Ergänzungen zu den einzelnen Karteneffekten blieben bei uns bereits bei der Erstpartie keine Fragen mehr offen. Die Auswahl an Königreichkarten wird anfangs dadurch vereinfacht, dass es Zusammenstellungsvorschläge für diese gibt. Dabei werden auch Kombinationsmöglichkeiten mit dem Basisspiel und einigen anderen Erweiterungen aufgezeigt.
Im Werbetext des Verlags steht zu DOMINION: RENAISSANCE, dass damit „Licht und Schatten in der Dominion-Welt einkehren“ würden. Genau das trifft meiner Einschätzung nach auch auf das Spielgefühl zu, welches die nunmehr 13. Erweiterung des Spieleklassikers auf den Tisch bringt. Hardcore-Fans wird das sicherlich nicht abschrecken können. Ganz abgesehen davon werden die meisten von ihnen das Spiel ohnehin schon in ihrer Ludothek haben.
Wer hingegen neu im DOMINION—Universum ist oder nur einzelne Erweiterungen anschaffen möchte, sollte lieber zu echten Meilensteinen wie DOMINION: DIE INTRIGE oder DOMINION: BLÜTEZEIT greifen. Warum ich das so sehe, will ich im Folgenden noch näher erläutern. Dabei werdet ihr schnell merken, dass bei DOMINION: RENAISSANCE in der Tat Licht und Schatten untrennbar miteinander verbunden sind.
Dem Spiel zugutehalten muss man nämlich, dass versucht wurde, mit den Talern und Dorfbewohnern wirklich neuartige Elemente einzubauen. Dieser Mut wird zumindest bei mir nur zum Teil belohnt, da beides die klassische Spielmechanik für mich doch zu sehr aushebelt. Musste man früher noch sehr strategisch vorgehen, um zusammenhängende Aktionen zu spielen und genügend Geld zu haben, kann dies nun meist mit Talern und Dorfbewohnern kompensiert werden.
Dadurch geht meiner Meinung nach ein wesentliches Element von DOMINION verloren. Andere werden wahrscheinlich entgegnen, dass dadurch der Glücksfaktor abnimmt und sich dieser Effekt in Kombination mit dem Basisspiel und anderen Erweiterungen ohnehin abschwächt, weil weniger Karten im Spiel sein werden, die einem Taler und Dorfbewohner bringen. Zumindest letzterem kann ich durchaus zustimmen. Mir ist abgesehen davon aufgefallen, dass es für manche meiner Mitspieler anfangs schwierig war, zu verstehen, wieso denn nun ein Münzmarker Taler und Dorfbewohner zugleich sein soll. Das hätte man sicherlich etwa schlauer lösen können.
Auch die anderen Neuerungen wissen nicht vollends zu überzeugen. Die Projekte machen das Spiel zwar etwas planbarer, bringen einem oft aber auch nur einen sehr überschaubaren Vorteil. Demgegenüber sind die meisten Artefakte wirklich reizvoll und können langfristig durchaus spielentscheidend sein, wenn die Mitspieler es versäumen, einem diese wieder abzunehmen. Daher erhöhen die Artefakte die Interaktion zwischen den Spielern merklich. Allerdings wird der eigene Zug durch die Projekte und Artefakte auch manchmal etwas unübersichtlich, sodass gerne der ein oder andere Karteneffekt schlicht vergessen wird.
Weniger ist eben manchmal mehr und das ist ein sehr gutes Stichwort für meinen größten und wohl auch subjektivsten Kritikpunkt: die zu starke Fokussierung auf Geldstrategien. Spielt man lediglich DOMINION: RENAISSANCE, kommt es nämlich öfters vor, dass neben den drei Geldkarten aus dem Basisspiel noch ein bis zwei weitere Geldkarten hinzukommen. Zusammen mit den Talern schwimmen die Spieler dann förmlich im Geld, was sicherlich zum Thema von DOMINION: RENAISSANCE passt. Wer dann in meinen Testrunden keine Geldstrategie gefahren ist, kam dagegen kaum an und hat haushoch verloren, was ich persönlich schade finde, da hierdurch ein eindimensionales Spielgefühl entsteht. Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt. Wie bereits eingangs gesagt, mag diese Fokussierung auf Geldstrategien vielleicht manch anderen gerade reizen.
Zusammengefasst muss ich sagen, dass sich DOMINION: RENAISSANCE für mich anfühlt wie das neue Album einer Lieblingsband, welche einem zwar einerseits zuverlässig mehr vom Selben serviert. Das reißt einen zwar nicht mehr vom Hocker, löst aber immerhin kurzfristig wieder ein altbekanntes Wohlgefühl aus. Langfristig erhöht das neue Material aber sicherlich die eigenen Möglichkeiten und wird daher immer wieder seine Beachtung finden. Andererseits sind da diese Experimente, bei denen man sich selbst irgendwie nicht sicher ist, ob sie einem nun gefallen sollen oder nicht.
Bilder vom Spiel
Tags: Deckbau, Erweiterung, 2-4 Spieler