TEST // THE CASTLES OF BURGUNDY
Die burgundischen Fürsten des 15. Jahrhundert wollen die Region in Mittelfrankreich zum wirtschaftlichen Erfolg führen. Neben Warenhandel, Viehwirtschaft und Städtebau ist auch der Wissensfortschritt für ein ruhmreiches CASTLE OF BURGUNDY nicht außer Acht zu lassen.
Das Spiel wurde uns freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.
Auf unsere Bewertung hat das keinen Einfluss.
Aus „DIE BURGEN VON BURGUND“ wird „THE CASTLES OF BURGUNDY“
Die erste Ausgabe des Spiels hieß noch DIE BURGEN VON BURGUND und ist 2011 erschienen. Der moderne Klassiker kehrte 2019 unter dem neuen internationalen Namen THE CASTLES OF BURGUNDY zurück. Das Spiel von Stefan Feld ist für 1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren geeignet, dauert ca. 70 bis 120 Minuten und ist bei ALEA erschienen.
THE CASTLES OF BURGUNDY wird über 5 Durchgänge mit je 5 Runden gespielt. Zunächst würfeln alle Spieler gleichzeitig ihre zwei Würfel in der Spielerfarbe. Der Startspieler würfelt zusätzlich auch immer einen weißen Würfel, der festlegt, auf welchem Depot das Warenplättchen der aktuellen Runde platziert wird. Nun führen alle Spieler in Spielerreihenfolge zwei Aktionen aus.
Im Anschluss an diese Runde startet direkt die neue Runde. Nach fünf Runden beginnt ein neuer Durchgang, der wieder aus fünf Runden besteht. Es werden übrig gebliebene Plättchen aus den Depots entfernt und alle Depots neu aufgefüllt. Die fünf Warenplättchen für die nächsten fünf Runden werden offen bereitgelegt. Wer schon über Silberminen in seinem Königreich verfügt, erhält nun sein Einkommen. Und schon kann der nächste Durchgang starten. Nach fünf Durchgängen (je fünf Runden) endet das Spiel und es gewinnt, wer nach der Schlusswertung die meisten Siegpunkte sammeln konnte.
Während seines Spielzugs hat jeder Spieler zwei Aktionen zur Verfügung und kann dabei frei aus den vier möglichen Aktionen wählen. Für jede Aktion ist einer der gewürfelten Würfel notwendig und meistens ist die gewürfelte Augenzahl relevant. Allerdings kann der Spieler jederzeit Arbeiterchips aus seinem Vorrat einsetzen, um die Augenzahl zu erhöhen oder zu senken.
- Aktion „Plättchen vom Spielplan nehmen“
Mit dem Einsatz eines Würfels kann ein Plättchen vom Spielplan in der Tischmitte genommen werden. Dafür bestimmt die Augenzahl des Würfels, aus welchem Depot ein Plättchen genommen werden kann. Das so erworbene Plättchen wird nun auf dem eigenen Tableau auf einem der drei Schlüsselfelder platziert. - Aktion „Plättchen im eigenen Fürstentum platzieren“
Ein Würfel kann eingesetzt werden, um ein eigenes Plättchen von einem Schlüsselfeld auf einem farblich passenden Feld im eigenen Fürstentum zu platzieren. Dabei muss die Augenzahl des Würfels mit der Augenzahl auf dem Zielfeld übereinstimmen. Außerdem darf nur angrenzend an bereits belegte Plätze gebaut werden. - Aktion „Warenverkauf“
Mit dem Einsatz eines Würfels kann der Spieler alle Warenplättchen aus seinem Vorrat verkaufen, die der entsprechenden Augenzahl zugeordnet sind. Dafür bekommt er eine Silbermünze und Siegpunkte. - Aktion „Arbeiterchips nehmen“
Ein Würfel wird genutzt, um sich zwei Arbeiterchips zu nehmen und in den eigenen Vorrat zu legen. Dafür spielt es keine Rolle, welche Augenzahl der eingesetzte Würfel zeigt. - Zusatz-Aktion „Plättchen aus dem schwarzen Depot kaufen“
Einmal pro Spielzug kann der Spieler zwei Silbermünzen abgeben, um ein beliebiges Plättchen aus dem schwarzen Depot zu kaufen. Dieses Plättchen wird nun auf ein leeres Schlüsselfeld des eigenen Spielertableaus platziert. Im Gegensatz zu den normalen Aktionen ist für diese Zusatz-Aktion kein Würfel notwendig.
Durch das Platzieren von Plättchen können Gebiete von unterschiedlicher Größe vollständig bebaut werden. Dafür erhält der Spieler wertvolle Siegpunkte. Außerdem werden beim Platzieren von Plättchen deren unterschiedlichen Funktionen aktiviert. So kann man mit dem Legen von Handelsschiffen neue Waren erhalten und die Spielerreihenfolge beeinflussen. Durch eine Burg erhält man sofort eine Extraaktion. Für Tiere erhält man Siegpunkte. Ein Wohnhaus generiert sofort einmalig vier Arbeiterplättchen, ein Warenhaus erlaubt sofort einen zusätzlichen Warenverkauf. Es gibt auch Klosterplättchen. Für diese kann man am Spielende noch einmal extra Siegpunkte erhalten. Dies sind nur einige Beispiele.
Module inklusive: Was ist neu?
Neben den zahlreichen Standardplättchen enthält diese Neuauflage von THE CASTLES OF BURGUNDY zahlreiche zusätzliche Plättchen und weitere Module. Sonderplättchen:
- Gänse: Ein Plättchen mit zwei Gänsen kann auf Weiden platziert werden. Sie zählen zu anderen Tierarten hinzu und generieren so Siegpunkte.
- Kran: Der Kran ist ein neues Gebäude. Es kopiert beim Platzieren die Funktion eines beliebigen anderen Gebäudeplättchens.
- Weiße Burg: Diese Gebäudeplättchen werden eingemischt und erlauben es, beim Platzieren die Augenzahl des weißen Würfels für eine beliebige Aktion zu nutzen.
- Gasthöfe: Gasthöfe haben keine Funktion beim Platzieren. Allerdings können Gasthöfe auf einer beliebigen Region platziert werden und bringen beim Abschließen einer Region zusätzliche Siegpunkte.
- Zusätzlich gibt es noch zwei neue Klosterplättchen in dieser Edition.
Weitere Module:
- Grenzposten: Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Spielertableaus. Darunter sind nun auch welche, bei denen je drei Grenzposten markiert sind. Zusätzliches Ziel ist es nun, diese Posten miteinander zu verbinden. So können nochmals extra Siegpunkte gesammelt werden.
- Teamspiel und Solospiel: Enthalten sind auch Spielertableaus, auf denen das Fürstentum zweigeteilt ist. Hier spielen immer zwei Spieler gemeinsam und bauen gemeinsam am Fürstentum. Auch das Spiel alleine ist nun durch ein Solotableau möglich.
- Handelsstraßen: Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler eine zufällige Reihe an Bonusfeldern, die von rechts nach links angeordnete Warenfarben zeigen. Wer Waren liefert, legt die Plättchen auf der Straße ab. Falls die Warenart der angegebenen Warenart entspricht, erhält der Spieler sofort den angezeigten Bonus.
- Schilde: Eine Vielzahl an Schilden können in diesem Modul genutzt werden. Dafür werden zufällig einige auf den Depots des Spielplans platziert. In seinem Spielzug kann ein Spieler nun seine beiden Aktionswürfel mit identischer Augenzahl (auch durch Abgabe von Arbeiterchips erreicht) gleichzeitig einsetzen, um sich einen Schild vom Depot dieser Augenzahl zu nehmen. Es wird sofort auf einer freien Burg gelegt. Die Schilde gewähren dem Spieler teilweise starke Dauerboni und Siegpunkte am Spielende.
Der moderne Klassiker im neuen Gewand
Die Spielschachtel ist schlicht gehalten. Die Regel ist ausführlich und sehr strukturiert geschrieben. Es gibt für die einzelnen Plättchen ein Glossar, in dem die Funktionen genau beschrieben werden. Der Spielplan ist groß und doppelseitig, sodass er für unterschiedliche Spielerzahlen nutzbar ist. Das Material der Plättchen ist stabil. Die Symbole sind eindeutig und grundsätzlich gut auseinander zu halten. Die grafische Gestaltung ist leider teilweise unübersichtlich und stellenweise sehr klein geraten. Die Spielsteine und Würfel sind gut auseinanderzuhalten und für ihren Zweck einwandfrei geeignet. Die Spielerhilfen sind ebenfalls aus stabilem Karton und übersichtlich gestaltet.
Klassiker vs. Neuauflage
Spielerisch hat sich (bis auf die enthaltenen Module) nichts geändert. Doch optisch ist in der Neuauflage alles neu. Hier findest Du unseren Artikel mit dem Vergleich der alten und neuen Version.
THE CASTLES OF BURGUNDY wird als moderner Klassiker bezeichnet. In meinen Augen zu Recht. Im Vergleich zur ersten Auflage unter dem Namen DIE BURGEN VON BURGUND hat sich allerdings spielerisch nichts geändert, sodass sich meine Bewertung auf beide Auflagen gleichermaßen bezieht.
Spielerisch ist dieses Spiel geschliffen. Es läuft rund und hat einen schönen, flotten Spielablauf. In voller Besetzung dauert es natürlich trotzdem seine Zeit, aber das Spielgefühl ist dabei nicht schleppend. Trotz des Würfelns hat man nie das Gefühl, dass man nichts machen kann. Es gibt immer eine sinnvolle Aktion und die Arbeiterplättchen erlauben es, den Würfel doch mal zu ändern, wenn man auf ein Plättchen nicht verzichten kann. So kommt hier eine perfekte Balance zustande: Die Augenzahlen der Würfel beeinflussen die Spielentscheidung und dennoch ist das Spiel nicht zu glückslastig. Nur wenige Spiele mit Würfeln als zentrales Element schaffen es, dass das Würfeln nicht über Sieg oder Niederlage entscheidet, aber dennoch Einfluss auf die Spielentscheidungen nimmt.
In DIE BURGEN VON BURGUND gibt es immer etwas sinnvolles zu tun. Die Augenzahl gibt hier nämlich nicht vor, welche Aktion möglich ist, sondern grundsätzlich gehen alle Aktionen auch mit allen Würfelergebnissen. Dennoch muss man als Spieler priorisieren. Ich kann mit der gewürfelten 5 vielleicht meine Ware verkaufen, aber auf der 6 im Depot liegt das letzte Burgplättchen aus. Bevor meine Mitspieler es mir wegschnappen, setze ich lieber einen Arbeiter ein, um mir das Plättchen zu sichern. Die Waren laufen ja erst einmal nicht weg und können auch in der nächsten Runde noch verkauft werden. Und so kommt auch eine schöne Interaktion zum Tragen, die in diesem Spiel dennoch nicht übermäßig hoch ist. Wir bauen alle an unserem eigenen Fürstentum, aber ich muss auch im Blick behalten, was die Mitspieler mir möglicherweise gleich wegnehmen.
Daher ist auch der Mechanismus der Spielerreihenfolge ein wichtiger Bestandteil des Spiels. Über das Platzieren von Handelsschiffen im eigenen Fürstentum rückt man auf der Leiste für die Spielerreihenfolge voran. Es kann unter Umständen sehr wichtig für ein lukratives Plättchen sein, dass man nicht als letztes dran ist, denn dann ist das Plättchen vielleicht schon weg. Das schafft einen zusätzlichen Anreiz, das Bauen der Schiffe nicht außer Acht zu lassen und richtig zu timen.
Insgesamt entsteht zudem ein sehr angenehmes und sanftes Spielgefühl am Tisch. Das Thema ist ausgesprochen unverfänglich und die vielen Möglichkeiten, die das Spiel bietet, erlauben es, jede Strategie einmal auszuprobieren. Dabei kann jeder Ansatz zum Sieg führen. DIE BURGEN VON BURGUND ist dabei kein Mangelspiel. Minuspunkte gibt es gar nicht und jede Strategie wird belohnt.
Auch Spieler, die noch nichts vergleichbares gespielt haben, kommen schnell in den übersichtlichen Spielablauf herein und haben direkt Spaß daran, ihr Fürstentum auszubauen. Dabei wird das Spiel dennoch nicht langweilig. Die Spieltiefe kommt in diesem Spiel nicht durch Komplexität des Spiels an sich, sondern durch die Vielzahl an Plättchen und deren Funktionen. Gepaart mit der zufälligen Auslage dieser Plättchen pro Durchgang ist der Wiederspielreiz ausgesprochen hoch. Zusätzlich steigt der Wiederspielreiz durch die zahlreichen unterschiedlichen Spielertableaus.
Wem das noch nicht reicht, der findet in der Neuauflage auch noch einige Module, die beliebig kombinierbar sind. Dadurch gibt es im Spiel weitere Möglichkeiten, die noch einmal eine größere Herausforderung schaffen. Auch das Teamspiel stellt einen weiteren Anreiz dar.
Einziges Manko bei dieser Neuauflage ist, dass die Symbole auf den Klosterplättchen teilweise wirklich winzig klein geraten sind. Da braucht es schon einen sehr genauen Blick, um zu erkennen, was darauf abgebildet ist. Das stört stellenweise den Spielablauf, aber das gute Glossar schafft hier schnell Abhilfe.
Ich persönlich kann das Spiel DIE BURGEN VON BURGUND oder THE CASTLES OF BURGUNDY wirklich jedem ans Herz legen: Vielspielern, Gelegenheitsspielern und interessierten Nichtspielern. Besonders sei es an dieser Stelle Leuten empfohlen, die gerne Eurogames zu zweit spielen. Da die Interaktion durch das Wegnehmen von Plättchen zustande kommt und die Anzahl dieser im 2-Spieler-Spiel angepasst wird, funktioniert das Spiel auch zu zweit im Grund genauso gut wie zu dritt oder viert.
Für welche Version sollte man sich entscheiden? Die erste Ausgabe oder die Neuauflage? Das hängt eigentlich fast ausschließlich davon ab, was einem hier optisch mehr zusagt . Wer allerdings den maximalen Wiederspielreiz mit Modulen erreichen möchte, sollte sich für die Neuauflage entscheiden. Die Module für die alte Auflage sind derzeit nicht alle einfach zu bekommen. Da ein Modul das Solospiel erlaubt, sollten Solospieler auf jeden Fall zur Neuauflage greifen, wenn sie sich für DIE BURGEN VON BURGUND interessieren.
Bilder vom Spiel
Tags: Würfelplatzierung, Auslegen, 1-4 Spieler, Eurogame