TEST // Russian Railroads
In Russian Railroads begeben wir uns ins späte Zarenreich des kalten Russlands und erbauen die berühmte Eisenbahnstrecke durch Transsibirien, nach St. Petersburg oder nach Kiew. Taucht ein in den Wettstreit des Eisenbahnbaus und erwirtschaftet Siegpunkte für die besten Strecken. Wer nutzt seine Arbeiter sinnvoll und stellt die richtige Weiche zum Sieg und wer bleibt auf der Strecke?
In dieser Rezession verschaffen wir euch einen kleinen Einblick in den Spielklassiker vom Hans im Glück Verlag. Das Spiel besitzt noch immer eine große Fangemeinde und findet bei mir regelmäßig Platz auf dem Spieltisch. Jeder der einsteigt schreit nach kurzer Zeit nach einer Revanche.
Wir haben uns ein Exemplar von "Russian Railroads" gekauft und uns für euch um den Ausbau von Gleisnetzen und Infrastrukturen gekümmert.
Wie baut man eigentlich ein Gleis? – So funktioniert es!
„Russian Railroads“ ist ein komplexes Kennerspiel für 2-4 SpielerInnen, die in die Rolle eines Eisenbahnmoguls schlüpfen und darum wetteifern, die längste Eisenbahnstrecke zu bauen und somit die meisten Siegpunkte zu erzielen. In den zu spielenden sieben Spielrunden werden Gleise und Lokomotiven gebaut, Russlands Industrie vorangetrieben oder Ingenieure eingekauft, die einem helfen, sich den gewissen Vorteil für den möglichen Spielsieg zu verschaffen.
Kern des Spiels ist ein simpler Worker-Placement-Mechanismus. Die SpielerInnen setzen nacheinander ihre Arbeiter und/oder Münzen ein um Aktionen sofort auszuführen. Aktionsfelder findet man auf dem zentralen Spielplan so wie auf der Rückseite der Ingenieure. Die Felder zeigen mit einfachen Piktogrammen die Kosten (wie viel Arbeiter oder Münzen eingesetzt werden müssen) und den Effekt der Aktion (z.B. der Bau eines braunen Gleises). Diese genutzte Aktion wird für die Mitspieler gesperrt und kann erst in der folgenden Runde wieder ausgewählt werden. Nachdem alle Spieler gepasst haben erfolgt eine Rundenwertung. Alle eingesetzten Münzen kehren in den allgemeinen Vorrat und Arbeiter zum jeweiligen Spieler zurück. Wer nach den sieben Spielrunden die meisten Siegpunkte verzeichnen kann, gewinnt das Spiel.
Der zentrale Spielplan ist übersät mit Aktionsfeldern die, solange diese noch frei zur Verfügung stehen, von jedem Spieler genutzt werden können. Die Piktogramme auf dem Spielplan geben klare Anweisungen und zeigen wie viele Arbeiter die Aktion kostet und dessen Effekt. Der Spielplan lässt sich in folgende sechs Gruppen unterteilt: Gleisbau, Bau von Lokomotiven und Fabriken, Industrialisierung, Ingenieure, Spielerreihenfolge und Sonstiges. Diese Unterteilung und die Piktogramme erleichtern den Einstieg und lassen wenig Freiraum für Fragen.
Neben dem zentralen Spielplan besitzt jeder Spieler ein eigenes Streckentableau, welches das Spiel komplexer und strategischer werden lässt. Auf dem Tableau können die drei Strecken ausgebaut und die Industrie vorangetrieben werden, wodurch Bonusfelder erreicht werden. Das Erreichen der Bonusfelder löst spezielle Effekte aus. Dies kann unter anderem eine weitere Gleisfarbe, ein weiterer Arbeiter oder ein Fragezeichenplättchen sein, welches wiederum weitere Effekte auslöst. Aufgrund der verschiedenen Möglichkeiten Siegpunkte zu generieren, ist der Strategiefaktor mittel bis hoch einzustufen. Die Planung der eigenen Runde ist kaum im Voraus möglich, da die Mitspieler in der Regel die Aktion, die einem selber am wichtigsten erscheint oftmals blockieren.
Wie sieht so ein Gleis aus? - Grafik, Haptik Spielmaterial!
Das Spielmaterial macht einen soliden Eindruck und ist von Grafik bis Haptik genau richtig. Alle Grafiken sind dem Eisenbahngenre zugeordnet und sind von Martin Hoffmann und Claus Stephan erstellt. Der überwiegende Teil ist aus einer dickeren Pappe angefertigt und lässt sich auch beim 50. Spiel gut anfassen und lesen. Die Gleisteile und Arbeiter sind aus Holz gefertigt, was für die Haptik von Vorteil ist. Gerade die Arbeiter befinden sich ständig in den Händen und lassen sich gut spielen.
Besonders hervorzuheben ist die klar gegliederte Anleitung wodurch der Einstieg in das Spiel sehr entspannt verläuft. Es werden an den richtigen Stellen klare Beispiele genannt und mit Bildern untermalt. Dadurch prägen sich die Regeln schneller ein und lassen sich ggf. auch beim Nachlesen schnell finden.
"Russian Railroads" bringt definitiv keine Neuheit mit sich und ist doch anspruchsvoll, interessant und abwechselnd. Worker Placement ist gefühlt der am weit verbreitetste Mechanismus bei Brettspielen und zeigt keine Originalität mehr. Aber braucht ein gutes Spiel ständig neue Mechanismen? Meiner Meinung nach ein klares NEIN. „Russian Railroads“ besticht durch seine Ausgewogenheit und hohe Varianz Siegpunkte zu generieren. Besonders die Komplexität des eigenen Spielplans bereitet einem bereits bei der Strategieplanung Kopfschmerzen und zugleich Freude. Jedes neue Spiel oder sogar jede neue Runde unterscheidet sich nicht nur durch die austauschbaren Ingenieure, sondern allein durch die Herangehensweise seiner Strategie. Entscheidet man sich doch lieber die Industrie zu vernachlässigen oder holt man sich doch schnell in dieser Runde eins der vielen Bonusplättchen?
Auch wenn ich hier von viel Strategie spreche muss man sich nicht vor dem Spiel fürchten. Es ist ein komplexes Spiel ohne großen Glücksfaktor, welches aber gut gegliedert und nach der ersten Runde schnell verständlich und selbsterklärend ist. Die Anleitung ist gut aufgebaut und ermöglicht einen relativ leichten Einstieg ohne viele Fragen.
Besonders positiv ist der beidseitig bedruckte Spielplan. Dieses Spiel ist für die 2 Spieler Variante extra ausbalanciert und mit einem eigenen Spielplan ausgestattet. Doch ist und bleibt die optimale Spielerzahl bei 4-Spielern. Dadurch entsteht der erforderliche Druck auch selbst Startspieler werden zu müssen, um seine erforderlichen Aktionen als erster ausführen zu können.
Ein kleines Manko ist die Zwischenwertung, die Mathematikern viel Freude und dem Rest der Welt Verzweiflung bereitet. Gerne verrechnet man sich hier und übersieht auch mal den einen oder anderen Punkt auf seinem Tableau. Aber diese hohe Varianz seine Siegpunkte zu modifizieren, machen dieses Spiel gerade interessant.
Ganz klar ist „Russian Railroads“ ein schönes Kennerspiel welches nicht nur einmal auf den Spieltisch kommt und ein Muss für jeden Worker Placement Strategen ist.
Bilder zum Spiel
Tags: Züge, Industrie, Worker Placement, 2-4 Spieler