TEST // Glen More II: Chronicles (Prototyp)
Im März 2016 haben wir erstmals den Nachfolger des beliebten Glen More Spiels in auf den Ratinger Spieletagen gespielt. Fast drei Jahre danach konnten wir die spielerisch nahezu finale Version von "Glen More II" spielen, die schon bald auf Kickstarter starten wird. Lesen Sie hier, warum das Spiel einen Blick wert sein wird.
Das ist Glen More II: Chronicles
„Glen More“ ist 2010 bei Alea erschienen. Das Spiel fand damals viele Freunde und war ein unglaublicher Verkaufserfolg. Nun strebt der neu gegründete Verlag Funtails an, den zweiten, stark überarbeiteten Teil zu veröffentlichen. Die Finanzierung soll über Kickstarter realisiert werden. Der Creative Direktor Andreas Geiermann sagte uns gegenüber, dass sie das beste Drittel des Spiels erhalten wollten, ein Drittel sollte besser gemacht werden und ein Drittel gänzlich neu erschaffen sein.
Wir testeten das Spiel mit einer Partie auf einem Spieletreff in Mönchengladbach. Dabei spielten wir eine der acht Chronicles, die im Spiel enthalten sein werden. Michael und Daniel von Brettspiel-News.de und zwei befreundete Spieler spielten das Spiel und probierten es in Ruhe aus. Gespielt wurde ein Prototyp, der optisch noch absolut nicht final war. Die Regeln waren jedoch schon fertig und alles funktionierte reibungslos.
Exkurs zu Glen More
„Glen More“ ist ein Rondell Spiel, bei dem Plättchen in einer Art Kreis ausliegen und die Spieler entscheiden bei jedem Zug, wie weit sie vorwärts ziehen um sich ein Plättchen zu nehmen. Sie sind dann erst wieder an der Reihe, wenn die anderen Spieler vorbeigezogen sind.
Wer sich auf ein Plättchen setzt, muss dieses bezahlen können. Das Plättchen wird in das eigene Reich eingebaut und alle angrenzenden Plättchen werden einmal aktiviert. Dabei gibt es Gebäude, die Rohstoffe (Korn, Holz, Kühe, Schafe und Stein) erzeugen. Es gibt weiterverarbeitende Gebäude, wie Schlachthöfe (generieren Siegpunkte) oder Brennereien, die schottischen Whisky produzieren und viele mehr.
Zudem können einzigartige historische Gebäude errichtet werden, die dem Besitzer Vorteile bringen und bei der Siegpunkteverteilung relevant sind – das Plättchen muss ebenfalls in das eigene Clangebiet eingebaut werden.
Es werden Clanmitglieder angeworben und „Chieftains“ ernannt. „Chieftains“ sind die zweite Art um in den Zwischenwertungen Punkte zu sammeln.
Die dritte Art sind die Whisky-Fässer, die zu diesem Zweck herhalten müssen.
Zwischenwertung
Im alten Glen More gab es drei Stapel, die jeweils auf das Rondel nach und nach leer gespielt wurden. War ein Stapel erschöpft, wurde eine Zwischenwertung ausgelöst. Dabei erhielten die Spieler Siegpunkte in der Höhe der Differenz zwischen dem der am wenigsten hat, zu dem eigenen Anzahl. Wenn ein Spieler 5 Whisky-Fässer hat und ein anderer 0, dann ist die Differenz 5. Auf einer Tabelle wird dann nachgeschaut, wie viele Punkte das einbringt. Es werden wie schon Beschrieben Whisky-Fässer, „Chieftains“ und Orte zahlenmäßig verglichen, dann geht das Spiel weiter.
Endwertung
Sobald die dritte Wertung stattgefunden hat, endet das Spiel und die Schlussabrechnung findet statt. Wichtig bei der Endwertung ist die Anzahl der Plättchen.
Das ist neu in Glen More II
Es hat sich einiges getan. Neben den Grundfunktionen wie zuvor beschrieben wandern nun Charaktere in das Spiel. Diese bieten Funktionen auf einen externen Spielplan. Dort wird nach und nach immer mehr freigeschaltet. Jeder Bonus ist nur einmal möglich. Das spornt an und ergibt mehr Möglichkeiten als nur seine Plättchen passend zu legen.
Zudem hat die gespielte Chronicle Spaß bereitet und sich sinnvoll in das Spiel eingefügt. Zum einen bleibt das Gefühl, Glen More auf dem Tisch zu haben, zum anderen hat sich richtig viel getan. Die vielen Jahre der Entwicklung zahlen sich hier offensichtlich positiv aus. Wir waren mit zwei Spielern, die das erste Glen More kennen am Tisch und zwei, die es noch nicht gespielt hatten. Allen hat es Spaß gemacht. Optisch war es noch ausbaufähig, was bei einem Prototypen kein Wunder zu sein scheint. Erste Bilder des finalen Material waren hingegen mehr als vielversprechend. Der Verlag will hier nicht kleckern, sondern klotzen!
Wer „Glen More“ gerne gespielt hat oder gerne spielt - und davon soll es einige geben – der kann sich die neue Version unbedingt anschauen. Die Ideen, die noch für die anderen Chronicles bieten hörten sich sehr gut an und somit erscheint das Spiel viel Abwechslung zu bieten. Aus der Erfahrung heraus, dass sich die erste Chronicle sehr gut in das Spiel eingepasst hat und dem großen Aufwand, den der Autor seit Jahren betreibt wird es am Ende ein gutes bis sehr gutes Spiel geben.
Besonders gut hat mir der Plan gefallen, der neben das Spielfeld kommt und auf dem sich zusätzliche Boni erhalten lassen. Dies bietet schon allein neben den vielen modularen Erweiterungen eine gute Alternative um Punkte zu sammeln, oder die eigene Spielweise stärker zu untermauern. Es gibt auch viel Potential auszuprobieren, welche der Boni in welcher Situation am sinnvollsten sind.
Außerdem finde ich nach wie vor den „großen Gleichmacher“ eine kleine aber feine Lösung. Durch das Punkte abziehen am Spielende für zu groß geratene Ländereien wird das grenzenlose Sammeln von Plättchen die schlechteste Option. Es lohnt sich Gedanken zu machen welches Plättchen wirklich gebraucht wird und es muss immer mit den Mitspielern verglichen werden, um nicht zu übertreiben.
Durch die neuen und alten Aspekte des Spiels, hat der Autor etwas mehr Interaktion bzw. Berührungspunkte mit den Mitspielern in das Spiel gebracht, was ihm merklich guttut.
Da ich bislang von „Glen More“ zwar gehört, es selbst aber noch nicht gespielt hatte, ging ich recht unbelastet an das Spiel des Prototypens heran. In den ersten 1-2 Runden musste ich mich zwar erst mal ein wenig in die Mechanik einfinden. Wie etwa was wann aktiviert wird, worauf zu achten ist beim Anlegen der Plättchen oder auf welche Fähigkeiten, welchen schottischen Edelmannes ich meine Marker setzen sollte, auf der Tafel mit den Belohnungen. Danach war ich schnell im Spiel und konnte mich zeitnah mit möglichen Strategien vertraut machen, die mir hoffentlich ganz viele Siegpunkte bringen würden.
Auf Grund der Lage der Plättchen und der vermuteten Strategien meiner Mitspieler verlegte ich mich auf die Whiskey-Produktion. Getrunken wird immer, ein Getreidefeld hatte ich in meiner Anfangsphase ohne Plan bereits geholt und eine Destillerie lag in Schrittweite aus. Als zweites Standbein wählte ich später noch die Schlachterei, da ich – wie Andreas von Funtails sie liebevoll nannte – einige McMuhs und McMähs angesammelt hatte und diese gerne in Siegpunkte umwandeln wollte. Das hört sich zunächst zwar nicht sonderlich tierlieb an, aber da es sich bei dem Schlachtgut um Holzmeeples handelte, war zum Glück genügend Distanz zur Realität gegeben. Ein wenig Energie setzte ich dann noch auf das Bootsrennen, das während des Spiels als Chronik startete und einmal quer über alle schottischen Reiche führte. Nach rund 2 Stunden Spielzeit, die wie im Flug vergingen, war ich zufrieden mit meiner Leistung im schottischen Hochland.
„Glen More II“ war durchaus anzumerken, dass der Prototyp bereits einiges an Entwicklungszeit auf den Highlands hat, vor allem das Balancing erschien mir schon recht gut gelungen. Zu keinem Moment gab es das Gefühl, dass eine Fähigkeit zu mächtig ist oder eine Strategie in eine Sackgasse führt. Die Idee mit den Chronicles ist gut und durch die spätere Möglichkeit aus 8 verschiedenen Varianten zu wählen, ergibt sich ein recht hoher Wiederspielwert. Die 4er-Gruppe, in der wir gespielt haben, erschien mir von der Spielerzahl perfekt. Mit weniger dürfte einiges an Wettbewerb um die Plättchen verloren gehen; als 2-Spielerspiel stelle ich mir den Wettkampf um die Siegpunkte etwas dröge vor, lasse mich später hier aber auch gerne eines Besseren belehren.
Was das Spielen des Prototypens von „Glen More II“ anbetrifft, kann ich für mich feststellen, dass dieser im Wettkampf mit 3 weiteren Lairds kurzweilig für beste Unterhaltung bei mir gesorgt hat. Das Spiel bot einige Entscheidungsmöglichkeiten, es belohnte auch kurzfristige Strategien und ließ mich nie mit dem Gefühl zurück, hoffnungslos unterlegen zu sein, nur weil ich in meiner anfänglichen Orientierungslosigkeit aufs falsche Schaf gesetzt hatte. Die ersten Bilder, die ich vom finalen Artwork des Spiels gesehen habe, konnten mich zusätzlich überzeugen. Wer strategische Spiele für ein Spielerquartett sucht, sollte sich mit „Glen More II Chronicles“ ernsthaft auseinandersetzen.
Bilder zum Spiel
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