Test | Beast
Je größer die Siedlungen wurden, desto größer wurde auch die Gefahr. Als wir die uralten Wälder abgeholzt haben, müssen wir eine ebenso alte wie grausame Kraft geweckt haben, die jetzt durch das Dunkel schleicht und unsere Dörfer bedroht. Einige berichten eine riesige Bestie gesehen zu haben, doch sie gibt sich Mühe im Verborgenen zu bleiben. Um dem Grauen entgegenzutreten haben wir einen Jagdtrupp aufgestellt, der sich mutig in die finsteren Wälder wagen soll.
Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss!
Worum geht es in dem Spiel?
„Beast“ ist ein Hidden-Movement-Spiel, bei dem eine Person die Rolle einer Bestie übernimmt, die hinter einem kleinen Sichtschirm sitzt und sich geheim über eine Karte bewegt, während alle anderen am Tisch gemeinsam den Jagdtrupp bilden, um diese Bestie ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen.
Bestie wie Jagdtrupp haben die Auswahl zwischen sechs Charakter-Tableaus mit individuellen Eigenschaften und eigenen Karten. Je nach Personenzahl wird die Vorder- oder die Rückseite des Spielplans benutzt. Mit weniger Leuten ist die Karte etwas kleiner. Ein Auftrag wird ausgewählt, welche die Siegbedingungen für beide Seiten festlegt und über wie viele Runden die Partie läuft.
Eine Runde besteht aus der Dämmerung, dem Tag und der Nacht. In der Dämmerung werden Karten gedraftet, welche immer zweigeteilt sind. Der obere Abschnitt enthält die Effekte für den Jagdtrupp und der untere die Effekte für die Bestie. Außerdem haben diese Aktionskarten immer eine von zwei Farben. Am Tag darf jede Person nacheinander im Uhrzeigersinn bis zu zwei Karten ausspielen. Diese beiden Karten müssen aber von verschiedener Farbe sein. In der Nacht werden die Bedingungen des Auftrags geprüft und gegebenenfalls Belohnungen für erfüllte Teilschritte vergeben. Außerdem kann nun Groll ausgegeben werden, um weitere Fähigkeiten auf den Charaktertableaus freizuschalten.
Groll ist eine treibende Ressource in dem Spiel. Die Bestie erhält Groll durch das Töten von Tieren und der Jagdtrupp durch Karten und das Erfüllen des Auftrags. Zwar sitzt die Bestie hinter einem kleinen Sichtschirm mit einer kleinen Karte dahinter, um die geheimen Bewegungen festzuhalten, doch sie muss oft Auftauchen, um zu töten. Das sind die Momente für den Jagdtrupp, um das Biest zu jagen, denn ansonsten müssten sie aktiv die Aktion „Suchen“ durchführen, die auf einigen Karten zu finden ist.
Jede Bestie hat ein bevorzugtes Habitat. Insgesamt gibt es drei verschiedene Habitate für die Bestie und Siedlungen für die Menschen. Einige Karten setzen voraus, dass die Bestie sich auf einem bestimmten Habitat befindet, um den Effekt nutzen zu können. Das kann eine wichtige Information für den Jagdtrupp sein, um die geheime Bewegung der Bestie nachzuvollziehen.
Die geheime Bewegung funktioniert mit Richtungskarten. Die Bestie hat einen ganzen Stapel davon und immer wenn sie sich bewegt, wird die Bewegung verdeckt mit Richtungskarten am Spielfeldrand ausgelegt. Es gibt die Richtungen Norden, Osten, Süden und Westen, aber auch „Keine Bewegung“, um zu bluffen und an einem Punkt zu verweilen. Sollte der Jagdtrupp den Pfad der Bestie betreten, muss sie Spuren auf den Spielplan legen, um anzuzeigen, dass sie dort war. Der Pfad der Bestie wird nach jedem Auftauchen anhand der Richtungskarten kontrolliert und gelöscht. Danach beginnt ein neuer Pfad.
Der Jagdtrupp kann im Laufe des Spiels noch an Objektkarten kommen, die es z.B. erlauben Wachtürme oder Fallen aufzustellen. Der Bestie stehen als Pendant dafür „Bestialische Talente“ zur Verfügung.
Schafft der Jagdtrupp es die Bestie zur Strecke zu bringen, gewinnt er das Spiel. Erfüllt die Bestie vorher ihren Teil des Auftrags, gewinnt sie das Spiel.
Schnell stellte sich heraus, dass es gar nicht so viel Hidden Movement ist, wie ich anfänglich annahm. Ich hatte mit einem Spiel in Richtung „Sniper Elite“ gerechnet, bei dem das Entdecken der versteckten Partei das Spielende bedeutet. Ich war überrascht, dass ich als Bestie so oft auftauchen musste, um zu kämpfen.
Zwar ist das Versteckspiel einer der Hauptaspekte des Spiels, aber der taktische Kampf darf absolut nicht vernachlässigt werden. Es fängt beim Draften der Karten in der Dämmerung an. Als Bestie sehe ich ja auch was die Karte, die ich aussuche, der Gegenseite bringen würde und umgekehrt. Ich kann dem Jagdtrupp gezielt die Angriffe weg draften, muss dann aber auch mit den vielleicht unpassenden Effekten für meine Seite leben. Der Jagdtrupp muss abwägen wie viele Bewegungskarten weitergegeben werden. Je agiler die Bestie ist desto schwerer wird es sie zu fangen.
Oft taucht die Bestie schon in den ersten Zügen auf, um Tiere zu reißen und den Groll zu ernten. Es gibt keine anfängliche Aufbauphase. Das Spiel startet und die Jagd beginnt. Es ist ab dem ersten Zug spannend. Zudem ist es aufregend als Bestie die Deutungen des Jagdtrupps zu hören, während immer mehr geheime Bewegungskarten auf den Stapel gelegt werden. Ich fühlte mich oft wirklich unter Druck gesetzt und gejagt. Es macht unheimlichen Spaß, wenn eine Finte klappt und die Bestie an einer unerwarteten Stelle zuschlägt und danach direkt wieder abtaucht.
Die verschiedenen Bestien-Tableaus offerieren haufenweise Möglichkeiten. Es ist immer wieder ein anderes Spielgefühl, weil sie so unterschiedlich sind. Jede Bestie hat noch Gefährten, die sie auf den Spielplan bringen kann. Diese können Dörfer bedrohen, obwohl die Bestie selbst an einem ganz anderen Ort ist, den Jagdtrupp ablenken oder diesen sogar angreifen und töten. Die Fähigkeiten der Gefährten unterscheiden sich schon stark untereinander.
Der Spielplan ist in mehrere Gebiete unterteilt. Das Wolfsbiest Fangrir hat eine Karte, mit der alle Wolfsgefährten im eigene Gebiet bewegt werden können. Das sorgt dafür, dass alle Wölfe als Rudel über die Karte ziehen. Was sich sehr thematisch anfühlt. Mara hat eine Karte, um sich zu einer ihrer Banshees auf dem Spielplan zu bewegen. Um agil zu bleiben werden diese natürlich breit gefächert über den ganzen Plan verteilt. Im Gegensatz zu den Wölfen. Die Unterschiede wirkten abwechslungsreich und waren alle aufregend, wirkten aber nie unausgeglichen.
Die beiden größten Schwächen des Spiels sind das Spielmaterial und das Spiel zu zweit. Alle Charakter-Tableaus sind Double Layer Boards. Alle Tiere sind bedruckte Holzfiguren und die Habitat Chips befinden sich in einem unnötigen, bedruckten, kleinen Beutel. Es hat sogar jede Bestie ihre eigenen Spurenmarker. Doch die Figuren für die Bestie, ihre Gefährten, den Jagdtrupp und die Wachtürme sind Pappstandees, die ständig auseinander fallen. Da steht die Figur eines Spielers, oder einer Spielerin, als dünne Pappfigur neben einem einfachen Bauern, der nur auf dem Feld steht um getötet zu werden, aus schön bedrucktem Holz.
Zudem sind die Standees alle so dunkel gehalten, dass sie auf einem Haufen kaum zu unterscheiden sind. Einige Leute, mit denen ich das Spiel gespielt habe, haben aus Versehen die Figuren der anderen gezogen, weil sie nicht sofort erkannt haben, welche ihre eigene ist. Doch am schlimmsten fand ich, dass eine Verbindung auf der kleinen Karte fehlt, die auf dem großen Spielplan verzeichnet ist. Die nördliche Verbindung von der Siedlung Neu-Arkenstatt ist nicht auf der kleinen Karte verzeichnet. Was ich schmerzlich feststellen musste, weil ich als Bestie hauptsächlich auf die kleine Karte achte und dadurch einen strategischen Fehler gemacht habe.
Kaum besser ist das Spiel zu zweit. Die unglaublich unkreative Variante für zwei Personen ist, dass die eine Person die den Jagdtrupp spielt, als zwei Personen agiert. Sie spielt zwei Charaktere, draftet für zwei Parteien und tut einfach so, als wäre sie zwei Personen. Es gibt so gut wie keinen Unterschied zum Spiel zu dritt. Da wären einige Anpassungen nötig gewesen. „Beast“ zu zweit kann ich nicht empfehlen.
Die Fehler mal beiseite ist „Beast“ ein wirklich aufregendes Spiel, das ich hoffentlich noch viele Male spielen werden. Es hat wunderschöne Illustrationen, die einen in diese finstere Welt abtauchen lassen. Es bietet permanente Spannung und schafft es über das ganze Spiel hinweg eine Bedrohungssituation aufrecht zu erhalten, die fast jederzeit in die eine, oder die andere Richtung kippen kann.
Ich kann es allen empfehlen, die aus semi-kooperative Spiele wie „Alone“, oder auf Spiele mit versteckter Bewegung wie „Sniper Elite“, oder „Die Akte Whitechapel“ stehen. Wer es mag, Pläne hinter einem kleinen Sichtschirm zu schmieden, ist hier bestens aufgehoben.
Zu „Beast“ habe ich eine ganz besondere Beziehung. Es war mein erstes Spiel, welches ich bereits als Prototypen erhalten habe und konnte so den Entstehungsprozess hautnah verfolgen. Ich war sehr gespannt, als ich das finale Produkt in den Händen halten konnte.
Beginnen wir beim Material. Das Spielbrett, der Sichtschirm, die Token und die Pappaufsteller sind aus dicker Pappe gefertigt. Die Playerboards sind ebenfalls hochwertig produziert und double-layered. Das restliche Material ist aus Holz hergestellt. Lediglich die Karten sind sehr dünn geraten. Solche Karten würde ich, wenn es mein Spiel wäre, den Leuten nicht anbieten wollen. Karten-Sleeves sind für „Beast“ verpflichtend. Glücklicherweise hatte ich mir die Hüllen beim Kickstarter direkt mitbestellt. Zwar gefällt mir die Idee eines Sichtschirms sehr gut, allerdings wäre es schön gewesen, wenn dieser etwas größer wäre. Auch die Upgrade-Token sind leider extrem klein geraten. Außerdem sehen die Meeple der Schweine eher aus, wie Mäuse. Trotzdem ist das gesamte Artwork nach wie vor eines meiner absoluten Highlights. Nur die Wege von den einzelnen Orten hätten in einer Farbe sein sollen, die sich mehr vom Untergrund abhebt. Jede Karte ist individuell illustriert und schön gestaltet.
Im Gameplay selbst hat sich während des Entwicklungsverlaufs im Prinzip nicht geändert. Allerdings meinte ich auch bereits beim Spielen des Prototyps, dass das Spiel bereits sehr final wirkt. Die verschiedenen Jäger und Jägerinnen fühlen sich deutlich unterschiedlich an und die individuellen Biester sind das absolute Highlight des Spiels. Sie besitzen thematische Fähigkeiten, welche zur Immersion beitragen. Jedes Biest spielt sich dabei anders und es macht Spaß, unterschiedliche Konstellationen auszuprobieren.
„Beast“ ist durch die begrenzte Anzahl an Runden schnell gespielt und auch Personen, die neu im Hobby sind, sollten die Regeln schnell verinnerlicht haben. Durch das abwechselnde Ausspielen der Karten kommt wenig Downtime auf. Das Spiel ist trotz vieler verschiedener Karten kaum glücksabhängig. Hierdurch kommen auch Taktiker und Strategen auf ihre Kosten.
Die Runden sind schnell gespielt, was auch durch die einfach zu verstehenden Regeln und die gute Spielerhilfe am Rand des Spielbretts gewährleistet wird.
Für mich ist „Beast“ ein besseres „Scotland Yard“. Das Spiel ist sehr spannend und thematisch. Dieses Jahr wird die Erweiterung „Shattered Isles“ auf Gamefound erscheinen. Den Link zur Gamefound Kampagne findet ihr hier.
Link: https://gamefound.com/projects/studio-midhall/beast-shattered-isles
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Bilder zum Spiel
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Tags: Hidden Movement, 2-4 Personen, Drafting, Kennerspiel