Test | Solar 175

Verfasst von Alex & Wandee Steinmaier am 06. Oktober 2023. Veröffentlicht in Brettspieltest

Der „unsagbare Krieg“ und technologischer Fortschritt beschleunigen in einer nicht allzu fernen Zukunft die Besiedlung des Sonnensystems. Der Bedarf nach neuen Städten und technologischen Megaprojekten lassen Megakonzerne entstehen. Doch dies geschieht nicht ohne politische Konflikte. In diese dystopische Welt entführt uns „Solar 175“

Wir haben "Solar 175" selbst gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

Die Menschheit im Wandel

Zu Beginn einer Runde ziehen alle die maximale Anzahl an verschieden farbigen Chips aus Ihrem Beutel. Diese stellen die zur Verfügung stehenden Arbeiter für diese Runde dar. Ist eine Person am Zug, kann sie diese auf ihrem Player Board einsetzen, um Aktionen auszulösen. Dabei ist die benötigte Anzahl und Farbkombination jeweils unterschiedlich. Es dürfen Aktionen auch nur teilweise mit Chips befüllt werden, die dann liegen bleiben, so dass in der nächsten Runde weniger benötigt werden.

Meist besteht eine Aktion aus dem Erhalt eines zusätzlichen Chips und einer weiteren Aktion. Beispielsweise kann das Limit der nachzuziehenden Chips aus dem Beutel erhöht werden, das eigene Raumschiff darf sich zu anderen Planeten bewegen, es dürfen Einflussringe genommen bzw. in eine der farblich dargestellten Regionen des Weltraums gelegt werden, oder es gibt ein Einkommen, mit dem dann beispielsweise eine Basis auf einem Planeten gebaut werden kann, die ebenfalls Einfluss darstellt.

Bei den meisten Aktionen wandern die Chips wieder in den Beutel und stehen dann später wieder zur Verfügung. Allerdings gibt es auch Aktionen, die nur einen einzelnen Arbeiter benötigen, die dann aber auf das Spielfeld gelegt werden, um die Wertung einer bestimmten Kategorie am Spielende für alle zu beeinflussen. Durch solche Aktionen können Abzeichen zum Wahren des Friedens erhalten, oder der Bau einer Megastruktur unterstützt werden.

„Solar 175“ ist ein Legacy Spiel und diese Megastrukturen stellen in der Geschichte technologische Fortschritte dar, die eine Veränderung am Spiel bewirken, wie zum Beispiel dass entferntere Regionen des Weltraums nun erreichbar sind, wodurch ab nun das Spielfeld erweitert wird.

Die Wertung und deren Beeinflussung ist ein zentrales Element in „Solar 175“. Jede Region des Weltraums, dargestellt durch gleiche Farben, hat einen Hub-Planeten. Wer zum Schluss den meisten Einfluss in einer Region hat, erhält so viele Siegpunkte wie Arbeiter auf dem Hub der Region stehen. Auf anderen Planeten stellen die Arbeiter Multiplikatoren für die Anzahl gesammelter Friedenswahrer-Abzeichen, Unterstützung beim Bau der Megastruktur und für gebaute Basen auf Planeten dar.

Es können Stimmzettel geheim ausgefüllt und in eine Wahlurne geworfen werden, die zum Spielende ausgewertet werden und bestimmen, welche Kategorie mit doppelten Siegpunkten gewertet wird.

Das Spiel endet, wenn der Vorrat einer Farbe Arbeiter aufgebraucht ist, oder wenn alle Einflussringe einer Person genommen wurden, wodurch die Endwertung ausgelöst wird. Die Person mit den meisten Siegpunkten gewinnt. Im Anschluss werden einige Fortschritte dokumentiert, die Geschichte weiter erzählt, neue Umschläge und Boxen geöffnet, die neues Spielmaterial, sowie neue Spielmodifikationen inklusive Regelerweiterungen integrieren.

„Solar 175“ ist ein optischer Leckerbissen. Die große Spielbox ist gut gefüllt mit hochwertigem Spielmaterial und trumpft mit schicken Illustrationen, die wunderbar zum Thema passen. Die Entwickler haben sich sehr viel Mühe gegeben, ein immersives Spielerlebnis zu schaffen. Es gibt ein Hochglanz-Magazin, das einige Artikel enthält und hilft, in die Welt einzutauschen. Nach einer Mission gibt es professionell vertonte Kapitel zum anhören als Download. Eine Wahlurne und Metallmarker runden die Erfahrung ab.

Auf dem Tisch braucht das ganze Spielmaterial dann bereits nach wenigen Missionen auch einiges an Platz und der Aufbau dauert ein wenig.

Spielerisch haben wir eine interessante Mischung aus Bag Building, Area Control, Worker Placement mit Ressourcen-Management und Legacy-Elementen. Permanente Veränderungen am Spiel erfolgen eher weniger. Es werden Gebiete benannt und es darf zwischen Optionen entschieden werden. Mit neuen Missionen und erreichten Fortschritten dürfen immer wieder Umschläge und Boxen geöffnet werden, die das Spiel mit neuen Modulen und Möglichkeiten ergänzen.

Wir wollen hier nicht spoilern, aber so viel sei verraten, dass es immer spannend war was uns der nächste Umschlag bescherte und die neuen Möglichkeiten zu testen. Trotz des Kampagnen-Charakters ist es problemlos möglich, eine weitere Person auch nur für ein Spiel mitspielen zu lassen. Das Spiel kann durchaus auch nur für eine Partie mit den gewünschten Modulen aus dem Regal geholt werden. Gut hat uns gefallen, dass die neuen Möglichkeiten die gewählte Strategie immer aufs Neue verändert hat.

Wir haben die Kampagne zu zweit gespielt, was zwar gut funktionierte, aber die optimale Anzahl ist dies eher nicht. Das Spiel ist zwar sehr taktisch, aber zu dritt war eine Partie doch gleich deutlich dynamischer und abwechslungsreicher mit mehr Interaktion und dem Drang, sich an das Spielgeschehen anzupassen.

Der Auswahlmechanismus der Aktionen durch gezogene Chips, die in richtiger Kombination eingesetzt werden müssen, ist zwar nicht unbedingt neu, aber zusammen mit den vielseitigen Aktionen in der Spielwelt, dem Beeinflussen der Punktemöglichkeiten und dem hübschen Spielmaterial verbreitet das Spiel eine wunderbare eigene Atmosphäre.

Die Schlusswertung einer Partie ist verhältnismäßig aufwendig und sorgt immer wieder für Überraschungen. Hier ist zum einen die Wahlurne zu erwähnen, deren Stimmen während dem Spielende ausgezählt werden und durch die eine Kategorie Punkte doppelt gewertet wird. Es gibt Punkte für den größten Einfluss je Sektor, für die Anzahl der verschiedenen Marker, sowie gesammelte Ressourcen. Vieles davon ist abhängig davon, wie viele Arbeiter auf den entsprechenden Planeten zuvor von allen eingesetzt wurden.

Auch wenn das umfangreiche Spielmaterial und der erhebliche Platzbedarf eine deutlich längere Spielzeit suggeriert, benötigten wir zu zweit meist knapp weniger als eine Stunde Spielzeit, zu dritt waren es etwa 75 Minuten. Allerdings ist dies natürlich auch von der Spielweise abhängig. Meist hatte eine Person einen Vorteil, das Spielende schnell herbeizuführen, wodurch häufig andere überrascht wurden, weil nicht genug Zeit blieb, die eigene Strategie effektiv umzusetzen. Daher ist es wichtig, immer genau im Auge zu behalten, welche Strategie die anderen wählen.

In Summe hat uns „Solar 175“ sehr gut gefallen. Der tolle optische Eindruck und die liebevoll gestaltete Spielwelt bietet zusammen mit der interessanten Spielmechanik eine ganz eigene Spielerfahrung. Im Kern haben wir einen eher einfachen Bag Builder Mechanismus, um den herum eine komplexe Welt mit vielen Möglichkeiten geschaffen wurde, die durch den Legacy Charakter nochmal lebendiger wirkt. Durch die Wahlzettel ist sogar ein leichtes Deduktionselement im Spiel enthalten. Das unverbrauchte Konzept mit dem aktiven Beeinflussen der Punktewertung durch unsere Aktionen und den daraus entstehenden vielseitigen, spannenden und belohnenden Möglichkeiten, ist durchaus gelungen und wir können daher nur empfehlen, einen Blick auf das Spiel zu werfen.

Bilder vom Spiel

Tags: 40-120 Minuten, 1-5 Personen, Bagbuilder, Weltall, Legacy, Weltraum, Science Fiction, Eurogame