Preisgekröntes Spiel „La Famiglia: Der Große Mafia-Krieg“ erfährt heftige Kritik – das steckt dahinter
Jüngst wurde „La Famiglia“ von den Kritikern des französischen Spielepreis „As d’Or 2024“ hoch gelobt. Nun steht das Spiel im Fokus einer internationalen Kontroverse, ausgelöst durch die Übersetzung von „La Famiglia“ ins Italienische.
Der Lokalpolitiker Alessandro De Leo und Maria Falcone, die Schwester des in den 90ern ermordeten anti-Mafia Richters Giovanni Falcone, zeigen sich bestürzt. Der Autor des Spiels, Maximilian Maria Thiel entschuldigte sich. Gleichzeitig versuchte er die Kritik in einem Statement an die britische Zeitung „The Guardian“ zu relativieren.
Parallelen zwischen Realität und Spiel
Laut der Seite des Verlags „Boardgame Atelier“ ist „La Famiglia: Der Große Mafia-Krieg“, an den realen Ereignissen der gleichnamigen „Mafia-Kriege“ angelehnt. In den 1980ern bis in die 1990er Jahre kämpften mehrere Mafia-Familien um die Vorherrschaft in Sizilien. Während des Spiels bekriegen sich ebenfalls zwei verfeindete Mafia-Teams. Auch das Ziel ist ähnlich: Die Kontrolle über die Insel an sich zu reißen.
Auch die Methoden ähneln den realen Ereignissen: Mit Hilfe von „Autobomben“, „Schrottflinten“ und dem Einfluss auf Institutionen wie dem Rechtssystem und der Kirche, können die Spielenden Macht über Gebiete auf Sizilien gewinnen.
Jedoch sind laut Spieleanleitung die im Spiel auftretenden Familien und Personen frei erfunden. Auch die Gewalt an Zivilisten und Amtsträgern wird in „La Famiglia“ ausgeklammert. In der Realität starben innerhalb von zwei Jahren mehr als 1000 Personen darunter zahlreiche Zivilisten, während einer der blutigsten Auseinandersetzungen in den 80ern.
Vorwurf der Respektlosigkeit
In einem Interview mit der italienischen Zeitung „Corriere Del Mezzogiorno“ zeigte sich Maria Falcone geschockt: „Ein solches Spiel beleidigt das Andenken all derer, die dazu beigetragen haben, dieses Land [von der organisierten Kriminalität] zu befreien“*. Der Politiker Alessandro De Leo äußerte sich in einem Brief an den sizilianischen Präsidenten ähnlich bestürzt.
„Dieses Produkt beleidigt nicht nur die Würde der Sizilianer, sondern entwertet das tägliche Engagement von Millionen von Bürgern, die in unserer Region für Legalität und Gerechtigkeit kämpfen“*, schrieb er. Zudem forderte De Leo: alle möglichen Alternativen abzuwägen, um die Verbreitung von „La Famiglia“ einzudämmen.
Auf Anfrage der Zeitung „The Guardian“ entschuldigte sich der deutsche Autor Maximilian Maria Thiel zunächst bei jenen, die sich durch das „Spiel verletzt oder beleidigt fühl[en]“*. Jedoch versuchte er die Kritik zu relativieren, indem er erklärte, dass das Design von „La Famiglia“ bewusst so abstrakt gewählt worden sei, also Blöcke statt Figuren, „sodass die Morde im Spiel nicht bewusst wahrgenommen werden“. Zudem argumentierte Thiel, dass der im Spiel thematisierte „zweite große Mafia-Krieg“ nichts mit den späteren Morden der Mafia zu tun habe. Als Beispiel nannte er unter anderem das in den 90ern verübte Attentat an den anti-Mafia Richter Giovanni Falcone. Damit bezog er sich mutmaßlich auf die Kritik Maria Falcones.
*Zitate aus dem englischen/italienischen übersetzt.
Quellen:
https://www.boardgameatelier.de/spiele/la-famiglia/
https://www.boardgameatelier.de/wp-content/uploads/2024/08/LaFam_Rules_DE_Print_V1-1_Pict_low.pdf
https://www.diepresse.com/5222536/als-die-mafia-den-krieg-erklaerte
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