TEST // SEBASTIAN FITZEK SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL
Es ist Samstag, kurz nach 22 Uhr, als Julia und Katharina zu später Stunde auf dem Heimweg sind. Sie bekommen Angst, als sie bemerken, dass ein Mann sie verfolgt. In der Nacht zuvor haben die jungen Frauen erschreckende Nachrichten in ihren Schlafzimmern gefunden: Das Datum ihres Todestags! Und der bricht in nicht einmal zwei Stunden an. Sie müssen so schnell wie möglich zu dem Rettung versprechenden Haus am Ende des Waldweges gelangen. Werden sie es schaffen oder fallen sie dem Verfolger zum Opfer?
SEBASTIAN FITZEK SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL verspricht eine Verfolgungsjagd wie aus einer der Buchvorlagen des namensgebenden Autors. Aber kann das Spiel dieses Versprechen auch einhalten oder entpuppt es sich doch eher als langweiliger Spaziergang? Das erfahrt ihr in unserem Test.
Der MOSES VERLAG hat uns SEBASTIAN FITZEK SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Eine Hetzjagd mit Würfeln
In SEBASTIAN FITZEK SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL sitzt ihr in der Klemme und versucht, euren Verfolger abzuschütteln. Das gelingt nur, wenn ihr mithilfe von Würfeln Aufträge erfüllt und so die Hindernisse auf eurem Fluchtweg überwindet. Dabei gewinnen oder verlieren die Spielenden alle gemeinsam. Um die Aufträge zu erfüllen ist es wichtig, dass alle Flüchtenden sich miteinander absprechen, um schneller voranzukommen, denn mit jedem Wurf kommt der Verfolger näher.
Ziel des Spiels ist es, dass alle Spielenden das Safehouse erreichen, bevor der Verfolger auch nur einen von ihnen einholt – sonst verlieren alle. Das Safehouse ist in jeder Spielrunde auf Feld 40 der Laufleiste zu finden. Da alle am Spiel teilnehmenden Personen auf dem Feld 17 beginnen, sind also jedes Mal genau 23 Felder zu überwinden. Wie viele Felder man in jeder Runde weiter kommt, hängt von den Aufträgen ab, denen die Würfel zugeordnet werden. Ein Auftrag besteht aus drei bis sechs Feldern, in die Zahlen in meistens aufsteigender Reihenfolge eingetragen werden. Ist eine solche Zeile vollständig ausgefüllt, gilt der Auftrag als erfüllt und erlaubt es eine bestimmte Anzahl an Schritten vorwärts zu gehen - die jeweiligen Felder werden dabei mit einem Schrägstrich markiert.
Eine Runde besteht immer aus einem Würfelwurf durch die Person, die gerade an der Reihe ist (beginnend mit der jüngsten Person) und dem darauffolgenden Eintragen der Würfelergebnisse auf den jeweiligen Spielblättern der Spielenden.
Bevor jedoch gewürfelt wird, rückt der Verfolger zunächst ein Feld weiter vor, also zu Beginn der ersten Runde auf das Feld 1. Die Bewegungen des Verfolgers werden auf der Laufleiste jeweils durch einem zweiten Schrägstrich markiert - die Felder sind damit ausgekreuzt. Danach müssen sich alle Flüchtenden miteinander absprechen, welche Würfel geworfen werden sollen. Nach einem Würfelwurf werden die benutzten Würfel in den Deckel der Spielschachtel gelegt. Dabei ist es erlaubt direkt alle oder auch nur einen einzigen (nicht weißen) Würfel zu werfen. Aber Achtung: sobald alle Würfel verbraucht wurden, rückt der Verfolger ein paar Extrafelder vor, je nachdem, wie viele offene (also angefangene, aber noch nicht abgeschlossene) Aufträge die Person mit den meisten von diesen offenen Aufträgen hat. Alle Spielenden müssen die gleiche Anzahl an Feldern für den Verfolger auf ihren Leisten auskreuzen.
Die Spielenden sollten sich also genau überlegen, welche und wie viele Würfel wirklich geworfen werden sollen. Wirft man zu wenige, dauert es möglicherweise zu lange die einzelnen Aufträge zu erfüllen, schließlich rückt der Verfolger vor jedem Wurf ein Feld vor. Wirft man aber zu viele, kann es sein, dass die Gruppe sehr häufig alle Würfel wieder aus der Schachtel nehmen muss, was dem Verfolger auch wieder zusätzliche Schritte einbringt.
Außerdem unterscheiden sich die Blätter der Spielenden leicht voneinander. So müssen für den ersten Auftrag mal drei gleiche Zahlen in den Farben Gelb, Rot und Grün gesammelt werden, während auf einer anderen Blatt-Variante Gelb, Rot und Blau gefordert sind. Das führt dazu, dass es immer einiges an Diskussionspotenzial bei der Auswahl der richtigen Würfelfarben und deren Anzahl gibt.
Eine Box mit tollem Inhalt, aber auch mit viel Luft
In der Spielschachtel von SEBASTIAN FITZEK SAFOUSE – DAS WÜRFELSPIEL erwartet die Spielenden zunächst eine sehr überschaubare Anleitung. Darauf folgt allerdings sofort ein sehr großer zweigeteilter Block (den man wie ein Buch aufklappen kann) mit einer schier unglaublichen Menge an doppelseitigen Spielblättern in vier Varianten, die für viele zig oder gar über hundert Partien (je nach Anzahl der Spielenden) reichen sollten. Das ist einerseits natürlich gut, da die Blätter so nicht schnell ausgehen, andererseits nehmen sie auch sehr viel Platz innerhalb der Schachtel ein. Ansonsten befinden sich in der Schachtel nur noch zehn Würfel, jeweils zwei in den Farben Rot, Grün, Gelb, Blau und der Joker-Farbe Weiß.
Die Box an sich fühlt sich sehr wertig und robust an und lässt sich wunderschön von der Seite aufklappen. Der Innendeckel dient dabei sogar als Würfelablage für bereits in einer Spielrunde benutzte Würfel. Ob das nötig ist, ist allerdings eine andere Frage. Eine weitere Frage ist außerdem, ob die Schachtel nicht auch deutlich kleiner hätte ausfallen können. Denn unterhalb des (wahrscheinlich übertrieben großen) Würfelblocks befinden sich nur die zehn Würfel in einer proportional winzigen Aussparung. Mindestens die Hälfte der Schachtel ist also nur mit Luft gefüllt.
Die grafische Gestaltung des Spiels ist klar auf Funktionalität ausgerichtet, was in einem recht deutlichen Kontrast zur Spielschachtel steht. Ist auf dem Cover der Box noch eine schöne Hintergrundgrafik zu finden, so bestehen die Spielblätter nur aus den farbigen Auftrags-Feldern und der weißen Laufleiste auf einem steingrauen Hintergrund.
Ein ähnlich zweischneidiges Schwert ist die Anleitung. Einerseits ist sie sehr kurz und klärt die Spielenden vollumfänglich über alle Regeln auf, andererseits ist sie trotz des geringen Umfangs doch etwas unübersichtlich.
Viele der kleinen Sonderregeln, beispielsweise die Nutzung der Würfelzahlen oder Summen (bei mehreren Würfeln derselben Farbe), sind einfach als Stichpunkte untereinander aufgeführt. Dadurch muss man häufig mehr suchen als nötig. Ebenso gibt es zwar viele Grafiken und Beispiele, aber eine kompakte Rundenübersicht fehlt und die einzelnen Abschnitte sind oft weniger intuitiv benannt („Los geht’s mit Würfeln!“ statt „Rundenablauf“). Die Anleitung in Gänze zu lesen und das Spiel zu erlernen ist auf diese Weise also denkbar einfach, aber zwischendurch im Spiel schnell mal etwas nachschlagen unnötig frustrierend.
Ich gebe es zu: Ich habe vor meiner ersten Runde mit SEBASTIAN FITZEK SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL wirklich keine besonders hohen Erwartungen gehabt. Eher das Gegenteil. Dieser Eindruck verbesserte sich auch nach dem Studium des kleinen Regelbuchs nicht wirklich. Das klang für mich doch alles zu sehr nach Kniffel mit einem draufgeklatschten Thema. Zudem muss ich gestehen, dass ich auch mit der Literaturvorlage nicht wirklich etwas anfangen kann. Zwar habe ich ein oder zwei Bücher von Sebastian Fitzek gelesen, positiv im Gedächtnis geblieben sind sie mir aber nicht. Außerdem habe ich das Grundspiel SEBASTIAN FITZEK SAFEHOUSE, auf dem das Würfelspiel beruht, nie gespielt.
Umso überraschter war ich dann jedoch davon, wie gut die doch sehr simplen Mechaniken des Spiels zu dem Verfolgungs-Thema passen. Stets scheint man den Verfolger im Nacken zu spüren und jede Entscheidung über die Auswahl der Würfel oder das Eintragen der Ergebnisse wird zur Zitterpartie. Sollen wir wirklich alle verbleibenden Würfel nutzen oder ist es doch besser, erstmal nur drei zu werfen und darauf zu hoffen, eine der offenen Aufgaben abzuschließen? Soll ich diese gelbe Zwei nun hier auf dem zweiten Feld der Aufgabe eintragen oder doch lieber auf eine Drei hoffen, damit ich für das rote Feld davor mehr Möglichkeiten habe? Diese Fragen stellen sich die Spielenden jede Runde pausenlos. Es fühlt sich tatsächlich an, als müsste man ganz schnell die richtigen Entscheidungen treffen, um nicht eingeholt zu werden. Ob die Entscheidungen richtig waren, ist aber schwer abzusehen – das Würfelglück lässt grüßen!
Ebenso positiv überrascht war ich von der Menge an Interaktion zwischen den Spielenden. Vor jedem Würfelwurf gibt es Gesprächsbedarf: wer benötigt gerade welche Farben und sollen auch Joker-Würfel für höhere Summen geworfen werden? Und man interessiert sich auch immer für die Aufgaben der anderen Flüchtenden, denn schließlich verlieren alle zusammen, wenn nur eine Person eingeholt wird. Es entstehen also oft Debatten um die richtige Platzierung der gewürfelten Zahlen und die Wahl der richtigen Route (Aufgaben). Es fühlt sich ein bisschen an, wie einen Film mit einer Verfolgungsjagd zu schauen, bei der man selbst teilnimmt. „Nein, nicht in die Richtung laufen!“ oder im Spiel: „Nein, nicht die Zwei dahin! Das schaffst du dann nicht mehr!“.
Getrübt wird das Gesamtbild aber doch von ein paar Dingen, wie den bereits zuvor erwähnten leichten Problemen mit der Anleitung und der etwas kargen Präsentation des Spiels. Wenn die Würfelblöcke etwas thematischere Grafiken hätten, würde das zuvor beschriebene Gefühl sicherlich noch besser zum Vorschein kommen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der Wiederspielwert, der nicht besonders hoch erscheint. Die Spielblätter, also die zu erledigenden Abläufe, sind immer exakt gleich. Es gibt vier Varianten für vier Spielende – das war’s. Man muss also immer gleich viele Felder zurücklegen, hat den gleichen Vorsprung vor dem Verfolger und muss exakt die gleichen Aufgaben erledigen. Und auch die Variationen für die vier Spielenden unterscheiden sich nur marginal durch unterschiedliche Anordnungen der Farben.
Was auch merkwürdig erscheint, ist die Begrenzung der Spielerzahl auf vier. Vom Grundprinzip her sollte es problemlos möglich sein, sich auch mit deutlich mehr Spielenden auf die Flucht zu begeben, wie es bei anderen Roll-and-Write-Spielen auch der Fall ist. Das würde zwar bedeuten, dass es mehr unterschiedliche Spielblatt-Versionen geben müsste, aber das würde wiederum das Problem der geringen Variation beheben.
Insgesamt ist SEBASTIAN FITZEK SAFEHOUSE – DAS WÜRFELSPIEL aber ein spannendes und hochgradig kommunikatives Spiel, das auf den ersten Blick viel simpler wirkt als es ist. Auch die niedrige Einstiegshürde ist zu begrüßen. Alle, die schon einmal Kniffel in ihrem Leben gespielt haben, sollten in der Lage dazu sein, das Spiel zu erlernen. Somit kann man das Spiel auch problemlos mit Menschen spielen, die ansonsten wenig Erfahrung im Hobby haben. Natürlich ist das für Vielspielende eher ein Spaziergang, aber doch einer, der sich lohnt.
Welche Erfahrungen hast du mit diesem Spiel gemacht
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Bilder zum Spiel
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Tags: push your luck, Buchvorlage, Roll-and-Write, 1-4 Spieler, Würfelspiel, Kooperativ