TEST // DIE ABENTEUER DES ROBIN HOOD
Ich will erzähl’n von Englands Not, da Richard weilt’ im heil’gen Land, sein Bruder John will König sein und knechtet Volk durch Sheriffs Hand. Ein Mann wagt mutig Aufbegehr, in Sherwoods Wäldern ungesehen, leert Taschen reicher Edelleut’, macht Unrecht wieder ungescheh’n. Entgeht den Häschern Mal um Mal, der Usurpator spuckt vor Wut, drum höret nun ihr frommen Leut’: DIE ABENTEUER DES ROBIN HOOD.
KOSMOS hat uns DIE ABENTEUER DES ROBIN HODD freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Höret, Höret! Volk von Nottingham...
Zwei bis vier unerschrockene, aber dennoch fröhliche Mannen und Maiden dürfen in Gestalt von Robin Hood, Maid Marian, Little John und Will Scarlett den Kampf gegen den niederträchtigen Prinz John und den Sheriff von Nottingham aufnehmen. Jedes Abenteuer beansprucht ein volles Stundenglas an Zeit. Die Geächteten dürfen zwar gering an Jahren sein, doch empfohlen seien jene ab 10 Lenzen.
Ein jeder nehme sich die fünf hölzernen Figuren seiner Person und alle folgen sodann den Anweisungen des Abenteuerbuches für die Vorbereitung des Abenteuers. Weitere Regelkenntnis ist nicht von Belang, denn sogleich kann mit dem ehrenwerten Unterfangen begonnen werden.
Um zu ermitteln, welcher geneigte Recke an der Reihe sei, wird eine der Holzscheiben aus dem bereiteten Säcklein gezogen. Der ihrer Farbe entsprechende Held darf sich bewegen und, sofern gewünscht, eine Aktion vollführen.
Um einen Fuß vor den anderen zu setzen, setzt auch der Spieler nach Belieben seine zwei mittleren und die lange Holzfigur beginnend bei seiner derzeitigen Standfigur aneinander. Bäume, Sträucher, Karren, Mauern oder Personen müssen dabei natürlich umgangen werden, denn in England duldet man rücksichtslose Rüpel keinesfalls!
Verzichtet der ruchlose Geächtete auf seine lange Bewegungsfigur, so spart er seine Kräfte für zukünftige Heldentaten und darf einen weißen Holzwürfel in das Säcklein werfen. Berührt ein Held nach seiner Bewegung ein Plättchen eines Gegners, darf er nun bis zu drei Holzwürfel aus dem Beutel ziehen. Ist ein weißer unter ihnen, ist der Feind überwältigt und die Hoffnung im Lande steigt; sind hingegen nur purpurne Würfel zum Vorschein gekommen, schlägt der Versuch fehl. Doch verzaget nicht, denn alle gezogenen Würfel kommen nimmer in den Beutel zurück und erhöhen so eure Chancen beim nächsten Mal.
Wird stattdessen ein Plättchen mit Fragezeichen berührt, so darf dieses erkundet werden. Ein anderer Recke darf das Abenteuerbuch an genannter Stelle aufschlagen und euch vorlesen. Dadurch kann mit dem Volke Nottinghams gesprochen werden, sodass wichtige Kunde und hilfreiche Dinge den Weg in eure Ohren und Taschen finden.
Doch eilt euch geächtete Helden aus dem Walde Sherwood, denn Prinz John führt Böses im Schilde und trachtet nach der Krone seines Bruders. Das Volk leidet unter seiner Knute und seine Hoffnung schwindet mit jedem Tag. Solltet ihr nicht schnellen Schrittes seine Pläne vereiteln können, nimmt die Geschichte ein böses Ende...
Notizen des Quartiermeisters
Die Schätze im Inneren der Spieletruhe lassen sich nur als Güter besonderer Qualität beschreiben. Der große Spielplan aus acht Puzzleteilen ist doppellagig und bietet vielen Plättchen Platz, die erst im Verlaufe der Abenteuer erkundet und gewendet werden dürfen. Fünf Figuren für jeden Recken, reichlich Holzscheiben, weitere Holzfiguren und hölzerne Würfel sind enthalten und werden zeitweise in einem soliden schwarzen Säcklein untergebracht sein. Die Abenteuer und Entdeckungen sind in einem festgebundenen Buch verborgen.
Obgleich die Schachtel eine deutsche Anleitung birgt, so ward sie bis zum Zeitpunkte dieser Zeilen noch nicht benötigt und fromme Leser mögen sie scheuen wie der Deibel das Weihwasser. Ihr Inhalt stellt jedoch sowohl knapp als auch anschaulich die verschiedenen Regeln und Situationen dar, die während einer Partie bedeutend sein können. Lediglich das beiliegende Blatt sollte zum Zwecke der Bewegungsregelkenntnis kurz beäuget werden.
Dem verständigen oder hartnäckigen Leser mag an dieser Stelle gesagt sein, dass ich mich im Fazit weniger gestelzter Begriffe bedienen werde, um meine Meinung zu erläutern. Da ich jedoch gerne mit etwas positivem beginne, möchte ich es diesmal genau andersherum machen.
Das ständige Wenden der passgenauen Plättchen im Spielbrett führt selbst bei vorsichtigen Spielern und mit viel Fingerspitzengefühl zur Abnutzung der Plättchen. Schnell Fransen die gut verklebten Kanten aus und dadurch wird DIE ABENTEUER DES ROBIN HOOD nicht ewig halten. Aber irgendwann hat man die Geschichte sowieso durchgespielt und kennt jeden Winkel der Karte. Langlebigkeit ist doch heute kein Kriterium mehr für ein Brettspiel in Zeiten von Legacy- und Exitspielen!
Und dann wäre da noch der Preis...
50€ sind eine Menge Gold für ein Familienspiel, dass nicht bis zur Adoleszenz der Urenkel halten wird! Michael Menzel und der Kosmos Verlag hätten doch weniger schöne Illustrationen und preiswerteres Spielmaterial verwenden können, mag jemand an dieser Stelle anführen.
Doch Kompromisslosigkeit ist die Stärke dieses frischen, zugänglichen Titels. Die Regeln sind einfach und intuitiv verständlich. Statt auf eine App wurde bewusst auf ein stimmiges Buch gesetzt. Jedes Abenteuer kann, sollte die Gruppe um Robin einmal scheitern, wieder gespielt werden. Dabei werden andere Abschnitte vorgelesen, wodurch sich der Ablauf verändert, allgemein aber etwas leichter wird. Die Texte sind schön und stimmungsvoll geschrieben und erwecken Nottingham und den berühmten Sherwood Forest zum Leben. Ich empfehle passende Musik dazu aufzulegen.
Insgesamt umfasst das Abenteuerbuch neun Kapitel, wobei sich der Verlauf zwischendurch für zwei Abenteuer aufteilt. Die anderen beiden Kapitel können nur beim erneuten Durchspielen erlebt werden. Sollten besonders eifrige Helden die Geschichte noch öfter spielen, gibt es an einigen Stellen im Buch spezielle Passagen zum Vorlesen, die es schwieriger machen. Durch zusätzliche Aktionsscheiben im Säckchen können die Abenteuer erleichtert werden. Dank der vielen Entdeckungsmöglichkeiten ist der Wiederspielwert also durchaus hoch.
Ganz typisch für Robin Hood bringt das Überfallen von Adligen und Soldaten nützliche Gegenstände und hebt die Hoffnung der Bevölkerung. Das verschafft den Spielern wertvolle Zeit. Denn egal wie erfahren eine Gruppe ist, die Zeit ist stets knapp bemessen. Deshalb bietet das Spiel auch für Kennerspieler eine angenehme Herausforderung. Je nach Spieleranzahl spielen sich die Abenteuer anders, aber dennoch in jeder Besetzung gut. Zwischen den Partien können Spieler wechseln oder auch aussetzen; eine feste Gruppe, wie bei vielen Legacyspielen, ist nicht nötig.
Besonderes Augenmerk verdient aber natürlich auch das Spielbrett. Wie bei einem Adventskalender werden Plättchen gewendet oder entfernt und geben die darunter abgebildeten Belohnungen preis oder verändern das Gesamtbild. Auch hier wurde kompromisslos Wert auf kleine Details gelegt. Das Spielbrett lädt zum Entdecken ein und belohnt die Spieler an manchen Stellen auch dafür.
Ich kann DIE ABENTEUER DES ROBIN HOOD jedem empfehlen, der ein stimmungsvolles, geschichtengetriebenes Spielerlebnis haben möchte. Der Preis ist höher als bei Familienspielen üblich, die Qualität rechtfertigt dies jedoch allemal. Nach Andor, das mir persönlich nicht so gut gefallen hat, haben Michael Menzel und der Kosmos Verlag erneut ein mitreißendes Erlebnis geschaffen, das zumindest eine Nominierung zum Spiel des Jahres verdient hätte.
Schlagey hat wieder zugelockst! Ich meine, Menzel hat wieder zugeschlagen!
Bilder vom Spiel
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