TEST // ALIEN ARTIFACTS

TEST // ALIEN ARTIFACTS

Bereits 2017 veröffentlichte der polnische Spieleverlag PORTAL das Spiel ALIEN ARTIFACTS. Ein Spiel, das durch sein Artwork und seine hohen Ambitionen Wellen in der Brettspielgemeinde schlug und von vielen Spielern heiß ersehnt wurde. Seitdem ist es still um das Spiel geworden und wir fragten uns, woran das liegen könnte, sodass wir nun einen genaueren Blick in die Spielschachtel von ALIEN ARTIFACTS riskieren. Wird es seinen Ambitionen gerecht oder verirrt es sich auf seinem Weg zum Ziel in den unendlichen Weiten des Weltraums?

 

infos zum spiel

Wir haben ALIEN ARTIFACTS mit einem Presserabatt von PORTAL GAMES gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

 

Darum geht es im Spiel

 

In ALIEN ARTIFACTS übernehmen 2-5 Spieler die Rollen einer futuristischen Fraktion, die jeweils ihr Imperium durch Expansion, Erkundung, Wissenschaft und Vernichtung ihrer Konkurrenten festigen möchte. Die Fraktionen besitzen asymmetrische Regeln, die den Aufbau, die Endwertung und eine spezifische Fähigkeit für das Spiel umfassen, im Grunde aber den gleichen Strukturen folgen. Sobald sich jeder Spieler für eine Fraktion entschieden hat und den individuellen Aufbau durchgeführt hat, kann das Spiel beginnen.

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Das Zentrum von ALIEN ARTIFACTS bilden die Spielertableaus der Spieler. Diese sind in zwei übergeordnete Bereiche unterteilt, die am linken und rechten Rand zu finden sind. Am linken Rand werden alle neu erworbenen Karten angelegt, da sich diese Karten im Aufbau befinden und noch keine Effekte einbringen können. Der rechte Rand ist für die abgeschlossenen Projekte gedacht, die bereits aktiv für das jeweilige Imperium arbeiten. Diese zu entwickelnden Projekte sind in 3 übergeordnete Kategorien eingeteilt: Technologie, Erkundung und Schiffsbau. Jede dieser Projektkarten verfügt über eine Vorder- und Rückseite, die jeweils andere Effekte bewirken und nicht mehr gewechselt werden können, sobald die Karten fertig entwickelt worden sind.

Die weißen Vorderseiten der Karten ermöglichen es den Spielern, über neue Aktionen oder passive Effekte zu verfügen. Technologiekarten haben hier die weitreichendsten Fähigkeiten, da sich hier keine der Vorderseitenfähigkeiten doppeln. Die Erkundungskarten werden von Planeten dargestellt und reduzieren die Kosten von bestimmten anderen Projekten und der Schiffsbau erhöht das Handkartenlimit (dazu aber später mehr). Die farbigen Rückseiten der Karten unterscheiden sich gravierend von ihren Vorderseiten. Die Rückseiten von Raumschiffen ermöglichen es dem Spieler, mit diesen Schiffen ein ausliegendes Aliensystem oder sogar einen anderen Spieler zu attackieren, Planeten „auszubeuten“ und Ressourcen zu produzieren. Technologiekarten werden zu Siegpunktgeneratoren, weil sie dem Spieler Siegpunkte während des Spiels und/oder am Ende des Spiels für erfüllte Ziele geben.

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Um Projekte abzuschließen, nutzen die Spieler Handkarten, auf denen jeweils zwei verschiedene Ressourcentypen in einer Menge von 1-3 angegeben sind. Um ein Projekt zu beenden, können die Spieler nun zwei Karten aus ihrer Hand aussuchen, um mindestens 5 Ressourcen eines Typs zu erhalten, um ein Projekt der jeweiligen Farbe abzuschließen. Es klingt komplizierter als es ist. Um zum Beispiel ein Technologieprojekt abzuschließen, müssen die Spieler für das erste Technologieprojekt ihres Imperiums 5 blaue Ressourcen von ihrer Hand (oder von einem Planeten) ausgeben. Pro abgeschlossenes Projekt der gleichen Art erhöhen sich die Kosten um 1. Solange der Spieler keine Raumschiffe hat, die ihm einen erhöhten Karteneinsatz gewähren, können die Spieler nur 2 Karten auf diese Weise ausgeben.

Möchte ein Spieler seine Raumschiffe nutzen, um einen Angriff zu starten, benötigt er (wie schon erwähnt) Schiffe, die mit der Rückseite als aktive Seite entwickelt worden sind. Bei einem Angriff hat ein Spieler die Wahl, ob er einen Spieler direkt angreift oder ein ausliegendes Aliensystem attackiert. Wird ein Angriff ausgeführt, wird eine Ressourcenkarte vom Ressourcendeck aufgedeckt und die Zahl in der Mitte der Karte mit einem Verteidigungsplan der angegriffenen Partei verglichen. Auf Verteidigungsplänen befinden sich Tabellen mit Zahlen von 1-4 (entsprechend der möglichen Zahlen der Ressourcenkarten) und deren Effekte. Diese Effekte können unter anderem Siegpunkte generieren, erfüllte Projekte von Spielern blockieren (bei einem Angriff auf einen Spieler) oder mächtige Artefakte gewähren. Fällt die Zahl der Ressourcenkarte jedoch niedrig aus (und hat der angreifende Spieler nicht genug Boni auf den Angriffswert seines Schiffes), kann es passieren, dass das Schiff zerstört (also abgeworfen) oder beschädigt (also zurück in den Bau geschickt) wird.

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Ist eine Karte blockiert, muss der blockierte Spieler eine Aktion und die für die Aufhebung der Blockade benötigten Ressourcen ausgeben, weil die blockierte Karte ansonsten bis zum Ende des Spiels keinen Effekt mehr hat. Hat der Spieler aber ein Aliensystem attackiert und dadurch eine Artefaktkarte erhalten, steht es ihm jederzeit frei, ihren mächtigen Effekt einmalig zu nutzen. Diese Effekte gewähren unter anderem kostenlose Karten, eine großen Menge Credits oder eine freie zusätzliche Aktion.

In ihren Zügen dürfen die Spieler nämlich nur eine einzelne Aktion aus einer Vielzahl an möglichen Aktionen durchführen, bevor sie wieder auf 3 Handkarten aufziehen und der nächste Spieler an der Reihe ist. Zu diesen Aktionen gehören neben den bereits benannten Aktionen beispielsweise auch der Erwerb eines neuen Projektes mit Credits, der Verkauf von Ressourcen aus der Hand für Credits und die Produktion von Ressourcen auf Planeten.

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Die Spielrunde endet, sobald das Ressourcendeck bestehend aus 83 Karten komplett aufgebraucht und neu gemischt worden ist. Pro Mitspieler wird eine komplette Runde gespielt, wobei die Runden durch die Nutzung der Karten von abgeschlossenen Projekten immer schneller beendet werden. Zum Schluss werden die abgeschlossenen Technologiekarten der Spieler und die fraktionseigenen Ziele, die meist für eine bestimmte Art von Karten zusätzliche Punkte einbringen, gewertet und der Sieger ermittelt.

 

Was ist in der Box?

 

Das gesamte Spielmaterial von ALIEN ARTIFACTS ist für ein Kartenspiel von überdurchschnittlicher Qualität. Die Karten und die Spielertableaus bestehen aus mit Kunststoff verstärktem Papier, sodass sie sich sehr qualitativ anfühlen und einen besonders langlebigen Eindruck hinterlassen. An sehr vielen Stellen sind die Karten und das Artwork mit UV-Spots versehen, welche sogar auf Rückseiten zu finden sind, die in einem normalen Spiel keinerlei Relevanz haben. Das Design und das Layout der Karten sind sehr schlicht, aber damit auch sehr verständlich gehalten worden. Die Symbole erklären sich von selbst und sind durch das schlichte Design schnell ersichtlich. Auch die Qualität des Artwork ist außergewöhnlich, hier scheint sehr viel Aufwand für professionelle Illustrationen betrieben worden zu sein. Die Planeten, die Raumschiffe und das Cover-Artwork dürften damit jeden Fan von Science-Fiction ansprechen. Eine ähnliche Qualität lässt sich auch im Regelbuch wiederfinden, weil dieses recht groß gehalten worden ist, um die Seiten mit vielen Illustrationen und bebilderten Beispielen zu füllen, ohne dem Text zu viel Platz abzuringen.

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Das Regelbuch selbst versucht die Regeln zwar strukturiert zu erklären, scheitert hierbei jedoch an genauen Definitionen, was auch an einigen Kartentexten zu sehen ist. An einigen entscheidenden Stellen bleiben die Regeln unklar und verlangen den Spielern einige Logikarbeit ab. Auch die enthaltenen Spielerhilfen aus dicker Pappe weisen ähnliche Probleme auf. Die Spielerhilfen helfen den Spielern erst dann, wenn diese alle nötigen Informationen bereits kennen und die Spielerhilfen damit eigentlich überflüssig geworden sind.

Alternativ weisen das Regelbuch und die Spielschachtel auf ein offiziell unterstütztes Regelvideo des kanadisch-amerikanischen YouTube-Kanals „Watch It Played“ hin, das die Regeln in einer knappen halben Stunde strukturiert erklärt und auch einige Logiklücken des Regeltextes schließt.


ALIEN ARTIFACTS hat ein Problem, das sich auf den ersten Blick nicht erahnen lässt. Bei unserem ersten Spiel habe ich die Spielschachtel ohne Vorkenntnisse in die Hand genommen, die Regeln gelernt und nach dem ersten Spiel gedacht, dass es sich um einen ganz soliden Enginebuilder handelt. Das Problem an der Sache ist jedoch, dass ALIEN ARTIFACTS kein Enginebuilder sein möchte, sondern auf der Rückseite der Spielschachtel in Großbuchstaben verspricht, ein 4X-Erlebnis in weniger als einer Stunde zu bieten!

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4X, also Explore, Expand, Exploit und Exterminate, umfasst meist epische Spiele, die mehrere Stunden dauern, teilweise mit vielen Miniaturen ausgestattet sind und in den meisten Fällen viele Mitspieler benötigen, die auch über einen längeren Zeitraum am Ball bleiben. Ein Kartenspiel, das nun ähnliche Erlebnisse in weniger als einer Stunde bieten möchte, klingt danach zu schön, um wahr zu sein. Leider ist es das auch. Die Mechaniken fühlen sich absolut nicht wie ein 4X-Erlebnis an und als meine Spielergruppe dann dieses Versprechen auf der Spielschachtel entdeckt hat, waren wir alle gleichermaßen verwirrt. ALIEN ARTIFACTS hat bis auf die 4 Begriffe, die es nutzt, um Karten zu kategorisieren, nichts mit eigentlichen 4X-Spielen zu tun. Dabei sind die Enginebuilder-Mechaniken des Spiels sehr interessant und lassen eine Vielzahl von verschiedenen Strategien und Siegmöglichkeiten zu.

ALIEN ARTIFACTS lebt damit von vielen Spieldurchläufen, bei denen die Spieler bereit sind, sich auf das Spiel einzulassen und immer wieder verschiedene Strategien auszuprobieren. Jeder spielt hierbei größtenteils für sich allein und muss sich dabei nur sehr wenig mit den anderen Spielern beschäftigen. Natürlich könnten sich die Spieler gegenseitig attackieren, im Ergebnis bringt es den Spielern aber in den aller meisten Fällen wenig ein und hält alle beteiligten Parteien lediglich auf, sodass eigentlich nur der Angriff auf die Aliensysteme lohnend ist. Das geht sogar so weit, dass ich das Spiel vollständig im Solo-Modus spielen konnte, ohne eine andere Spielerfahrung zu machen, obwohl das Spiel diesen Modus eigentlich gar nicht beinhaltet.

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Auch sind die Regeln teilweise sehr abstrakt und unverständlich geschrieben, sodass ein erfahrener Spieler am Tisch definitiv helfen kann. Auch ist die Thematik des Spiels nicht mit den Mechaniken verknüpft, was natürlich auch daran liegen mag, dass das Spiel etwas sein möchte, was es eigentlich gar nicht ist. Ich empfehle außerdem ALIEN ARITFACTS nur mit bis zu maximal 3 Spielern zu spielen, da die Planbarkeit und die Schnelligkeit der sehr flüssigen Spielzüge bei einer höheren Spieleranzahl verloren geht.

Die größten Pluspunkte des Spiels sind die schönen Illustrationen und die Qualität des Materials. Ich selbst habe mich in die Illustrationen verliebt und werde das Spiel schon allein aus diesem Grund behalten. Aber auch hier schöpft ALIEN ARTIFACTS sein Potential nicht voll aus. Die Illustrationen sind großartig, nur ist kaum Abwechslung auf den Karten vorhanden. Die Planeten sehen schön aus, unterscheiden sich auf allen 40 Karten jedoch so wenig voneinander, dass sie fast alle gleich aussehen. Dasselbe gilt für die Raumschiffe.

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Unterm Strich ist ALIEN ARTIFACTS ein interessanter Fall. Spieler, die ein 4X-Spiel mit viel Thema und Spielerinteraktion erwarten, werden hier absolut nicht fündig und lediglich enttäuscht. Andererseits bietet ALIEN ARTIFACTS einen interessanten Enginebuilder, der durch die unterschiedlichen Strategiemöglichkeiten einen hohen Wiederspielwert besitzt und sehr stark von den Kombinationsmöglichkeiten und der permanenten Analyse von Optionen lebt. Spieler, die die Möglichkeit haben, ALIEN ARTIFACTS einmal zu testen, sollten dies sicherlich einmal wagen, um auszuprobieren, ob das Spiel für sie funktioniert. ALIEN ARTIFACTS ist zwar kein Diamant, es steckt jedoch viel Potential im Spiel, das Spieler, die sich mit ihm befassen wollen, entdecken können.

 

Wertung zum spiel

 

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Tags: Enginebuilder, 60 Minuten, Weltraum, Science Fiction, 2-5 Spieler

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