TEST // WIKINGER 878 A.D.
Die Gischt Englands lag in der Luft, als die Kriegshörner ertönten. Die Huscarls sind noch weit entfernt, doch ihr Angstschweiß und das nervöse Zittern in ihren Augen bleiben nicht unbemerkt. „Odin vi kommer!!“ Brüllen eure Männer, während ihr der Küste unerbittlich näherkommt. „Eine letzte Stärkung, bevor wir dem Allvater entgegentreten?“ Ihr schaut zu eurer Rechten und blickt in das Gesicht eines entschlossenen Mitkämpfers, welcher euch ein Getränk reicht. Ihr nehmt einen kräftigen Zug. Plötzlich scheint euer Herz zu rasen anzufangen. Das Geschrei, das peitschende Wasser, das Zittern der Engländer, alles wirkt schlagartig intensiver. Ihr reißt euch, schon längst nicht mehr Herr eurer Sinne, das Hemd vom Leib und werft euren Schild in die Ecke des Bootes. Ihr schaut zum Himmel auf und erblickt die Walküren und hört das Schlagen von Thors Hammer und ehe ihr euch verseht, steht ihr knöcheltief watend im Blute eurer Feinde. Den heutigen Tag wird keiner der Verteidiger überleben.
Hierbei handelt es sich um eine Rezension des Spiels WIKINGER 878 A.D., welches von Brettspiel-News.de gekauft wurde.
Auf diese Bewertung hat das keinen Einfluss.
Darum geht es in dem Spiel
WIKINGER 878 A.D. ist ein kompetitives Area Control Spiel, aus der Feder von David Kimmel. Es ist für zwei bis vier Heerführer im 9. Jahrhundert ausgelegt. WIKINGER 878 A.D. bietet, neben dem normalen Eroberungsmodus, zusätzlich 2 Szenarien zum Durchspielen an. Das Spiel ist für Kinder ab 12 Jahren geeignet und eine Partie dauert, laut dem Verlag ACADEMY GAMES, durchschnittlich 60-120 Minuten.
Die Spieler befehligen entweder die Seite der Invasoren mit den beiden Fraktionen der Nordmänner und der Berserker oder die Seite der Verteidiger mit den beiden Fraktionen der Huscarls und der Thanes. Zusätzlich schließen sich den Engländer noch die Fyrds an, welche beim Verteidigen von Städten aushelfen.
Während eines Zuges werden die Reihenfolge der Spieler bestimmt, Ereigniskarten gespielt, Einheiten verstärkt, Armeen bewegt und Kämpfe ausgefochten. Area Control typisch gilt es, Städte zu halten bzw. zu kontrollieren, um Siegpunkte zu erlangen. WIKINGER 878 A.D. wird über 7 Runden gespielt und bietet 2 verschiedene Siegmöglichkeiten. Entweder gewinnen der oder die Spieler der Wikinger, indem sie 14 Städte kontrollieren, oder der Vertrag von Wedmore wird ausgespielt, welcher eine neue Siegbedingung der Spieler schafft.
Lindisfarne soll brennen
In WIKINGER 878 A.D. beginnt der Wikingerspieler stets mit dem ersten Zug. Hierfür deckt er die oberste Karte des Invasionsstapels auf. Die auf der Karte aufgedruckte Armee wird bereitgelegt. Der Pappaufsteller des aufgedeckten Heerführers startet zumeist in der Nordsee.
Anschließend wird eine Bewegungskarte des aktiven Spielers ausgelegt. Die Bewegungskarte enthält Informationen, wie viele Armeen sich um wie viele Felder bewegen dürfen. Armeen, die von einem Anführer geführt werden, ziehen zuerst. Erreicht eine Armee eine feindliche Armee, kommt es zum Kampf. Findet der Kampf in einer Stadt statt, wird zusätzlich eine Fyrdkarte zur Unterstützung der englischen Verteidiger gezogen und sodann werden dementsprechend viele gelbe Miniaturen in das Gebiet gelegt.
Die Verteidiger würfeln zuerst. Jede Fraktion hat unterschiedliche Würfel in unterschiedlicher Anzahl. Es dürfen niemals mehr Würfel gewürfelt werden, als vorhanden sind. Pro Miniatur einer Farbe wird ein entsprechend farbiger Würfel der Schlacht hinzugefügt. Eine Schlacht wird so lange ausgetragen, bis eine Seite keine Miniaturen mehr in dem Gebiet besitzt. Jeder Würfel ist bestückt mit unterschiedlichen Symbolen.
Treffer: Eine Miniatur der feindlichen Armee wird entfernt. Der erste Treffer der Engländer in jedem Kampf tötet einen Berserker.
Taktischer Rückzug: Die entsprechend farbige Miniatur kann in ein angrenzendes Gebiet fliehen, wenn es von einer verbündeten Fraktion kontrolliert wird.
Flucht: Die Figur flieht und wird auf das Fluchtgebiet gestellt. Sie kann während der Verstärkungsphase neu aufgestellt werden.
Nach einem erfolgreichen Kampf können beteiligte Armeen nicht weiter voranschreiten. Dies ist ausschließlich den von Anführern geführten Armeen vorbehalten.
Von allen Fraktionen können jederzeit Ereigniskarten ausgespielt werden, um Siege zu begünstigen oder andere Fraktionen zu schwächen. Das Spiel endet regulär mit Abschluss der 7. Runde, wobei Alfred der Große zu Beginn der 5. Runde ins Spiel kommt. Sollten die Wikinger es nicht schaffen, bis zum Ende der 7. Runde 14 Städte zu kontrollieren, gewinnen die Engländer.
Wird von 2 Fraktionen einer Seite der Vertrag von Wedmore ausgespielt, so tritt ab der 5. Runde eine neue Siegbedingung in Kraft. Am Ende der Runde, in welcher der Vertrag ausgespielt wurde, wird überprüft, wie viele Städte in die Hände der Invasoren gefallen sind. Ab 9 kontrollierter Städte gewinnen die Wikinger. Kontrollieren sie weniger, gewinnt die englische Seite.
Wie die Axt im Walde
Dem Spiel WIKINGER 878 A.D. ist einiges an Material beigelegt worden. Es sind zahlreiche Miniaturen vorhanden, mehrere individuelle Würfel, ein Beutel, ein großes Spielbrett inkl. 2 Referenztableaus, mehrere Karten für jede Fraktion und einige Pappaufsteller.
Ich bin immer schon ein Freund von individuellen Würfeln gewesen, weshalb sie mir auch in diesem Spiel sehr gut gefallen. Der beigelegte Beutel ist sehr groß und von guter Qualität, allerdings werden hier maximal 4 Würfel herausgezogen, weshalb ich ihn schlichtweg für zu überdimensioniert halte. Das Spielbrett ist aus solidem Material. Die Miniaturen sind äußerst klein und so verschwinden hier einige Details, allerdings sind sie, nach genauerer Betrachtung, recht gut gelungen. Die Karten der einzelnen Fraktionen sind robust und sehr schön illustriert. Lediglich das Inlay ist meines Erachtens weniger gut gelungen, da hier ausschließlich Plastikabdeckungen das Spiel vor der Vermischung des Materials schützen.
Die Anleitung beinhaltet 19 Seiten, wobei nach Seite 10 bereits losgespielt werden kann. Die Anleitung ist mittelmäßig bis gut geschrieben und ist mit zahlreichen Beispielen und Abbildungen ausgeschmückt, um eventuell auftretende Fragen zu klären. Leider hatte ich trotz alledem eine unbeantwortete Frage, welche ich erst durch weitere Regelvideos aufklären konnte. Am Ende der Anleitung befinden sich 2 Szenarien und einige historische Fakten rund um die Wikingerzeit und die wichtigsten Feldherren. Diese Erklärungen verleihen dem Spiel die nötige Immersion und sind extrem gut gelungen.
Als ein Mann mit nordischer Abstammung habe ich mich sehr auf das Spiel gefreut. Die Durcharbeitung der Anleitung gelang, mit den oben angesprochenen Problemen, recht schnell. Anschließend folgten die ersten Partien. Was ich sagen kann ist, dass sich das Spielen der beiden Seiten, trotz der generell gleichen Aktionsmöglichkeiten, unterschiedlich anfühlt. WIKINGER 878 A.D. ist schön illustriert und bietet den Spielern die Möglichkeit, durch die immersiven Texte am Ende der Anleitung in die damalige Zeit einzutauchen. All diese Aspekte sind dabei behilflich, spannende und emotionale Situationen zu kreieren. Alles in allem bietet das Spiel ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Nichtsdestotrotz sind mir bei meinen Testpartien einige Probleme aufgefallen. Allen voran wäre da die nicht wegzusprechende Glückslastigkeit des Spiels zu nennen. Vom Ziehen der Eventkarten bis zum Werfen der Würfel ist annähernd alles abhängig vom Zufall, was ziemlich frustrierend sein kann. Hinzu kommt, dass sowohl die Eventkarten der Engländer als auch die Würfel erheblich schwächer ausfallen, als die der Wikinger, wodurch die Engländer fast keinen Angriff gewinnen. Da hilft auch kein Alfred der Große mehr, welcher nur eine Handvoll Huscarls und Thanes in die Schlacht führt. Ein weiteres Problem bietet die Bewegung der Armeen und ihrer Anführer, welche schlichtweg nicht intuitiv genug ist.
WIKINGER 878 A.D. ist ein schnell erklärtes Spiel mit hohem historischen Bezug. Mir persönlich ist es zu glückslastig, doch für Spieler, welche in klassischer Amitrash Manier ein paar Engländer abschlachten wollen, könnte WIKINGER 878 A.D. ein netter Zeitvertreib sein.
Bilder vom Spiel
Tags: Area Control, Kämpfen, Strategie, Miniaturen, Kennerspiel, 2-4 Spieler, 60-120 Minuten