TEST // AIRSHIP CITY

TEST // AIRSHIP CITY

Der Mensch träumt schon seit langer Zeit vom Fliegen. Diese Fantasie, die sich durch die Erfindung des Flugzeugs in der Realität erfüllt hat, taucht immer wieder in den verschiedensten Formen in der Literatur oder anderen Fantasiewelten auf. Die wohl bekannteste Fantasie sind Luftschiffe. Große zeppelinähnliche Flugmaschinen, die es der Menschheit erlauben, ein Leben über den Wolken vollends zu ermöglichen. Aber wie spielt sich ein Brettspiel, das sich dieser Thematik verschrieben hat?

 

infos zum spiel

Um diese Frage zu beantworten, liegt uns eine Kopie des Spiels AIRSHIP CITY – STADT DER LUFTSCHIFFE vor, die uns freundlicherweise vom Verlag SPIELE FAIBLE zur Verfügung gestellt wurde.
Auf unsere Bewertung hat das natürlich keinen Einfluss.

 

Darum geht es in dem Spiel

 

Bei AIRSHIP CITY übernehmen die Spieler die Rollen von Luftschiffingenieuren, die zusammen versuchen, die namensgebende Stadt der Luftschiffe zu errichten, und sich dabei im Bestfall auch noch Ruhm und Ehre unter den Nagel zu reißen.

Bei AIRSHIP CITY handelt es sich um ein Workerplacement-Spiel bei dem die Spieler ihre Luftschiffe über das Spielfeld bewegen, um dort spezielle Aktionen auszuführen. Dafür hat jeder Spieler eine von 4 Spielerfarben: orange, lila, rot und grün. Auf dem jeweiligen Spielertableau, das jeder Spieler zu Beginn des Spiels erhält, werden die nötigsten Informationen mitgeteilt, wobei diese zu jedem Zeitpunkt von jedem Mitspieler einsehbar sind.

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Dazu gehören die Ressourcen, über die ein Spieler verfügt und die anhand eines Markers auf einer Skala angezeigt werden, und mögliche Verträge, die ein Spieler während des Spiels angenommen hat. Bei den Ressourcen handelt es sich genretypisch um Eisen, Holz, Gold und einer vierten Ressource, die aus diesem Muster etwas ausbricht: Getriebe. Getriebe haben eine Sonderstellung. Während Holz, Eisen und Gold dazu verwendet werden, Gebäude innerhalb der Stadt aufzubessern und neue Luftschiffe zu bauen, kann Getriebe, neben dem Einsatz zum Bau von neuen Luftschiffen, dazu eingesetzt werden, das Spielfeld zu verändern.

Wie ist das zu verstehen? Das Spielfeld besteht aus einem 4x4 Raster von speziellen „Gebäuden“ der Stadt. Während seines Zuges kann ein Spieler sich dazu entscheiden, eine Ressource „Getriebe“ einzusetzen, um, ähnlich wie beim verrückten Labyrinth, eine Reihe um eine Stelle zu verschieben. Dadurch verschieben sich alle Plättchen einer Zeile oder einer Spalte um eine Stelle und versetzt das Plättchen, das durch diese Bewegung vom Spielfeld genommen werden würde, an die nun freie gegenüberliegende Position. Luftschiffe, die sich auf einem dieser Plättchen befunden haben, führen diese Bewegung ebenfalls aus, was auch ihre Position simultan verändert und dadurch neue taktische Möglichkeiten eröffnet.

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Die Mechanik des Spiels ist darüber hinaus ein bekanntes Prinzip. Jeder Spieler besitzt zu Beginn des Spiels zwei Luftschiffe und manövriert diese so über das Spielfeld, dass die gewünschten Aktionen auf den „Gebäuden“ ausgeführt werden können. Pro Zug kann sich ein Luftschiff ein Feld weit bewegen, wobei es seine Bewegung nicht auf einem Feld beenden kann, auf dem sich bereits ein anderes eigenes Schiff befindet. Würde dies geschehen, muss dieses Luftschiff ein Feld weiterfliegen, bis ein anderes gültiges Feld erreicht wird. Dadurch ist es möglich, durch geschicktes Positionieren Bonusbewegungen zu generieren.

Die „Gebäude“ der Stadt bestehen aus Ressourcenplättchen wie einem Wald für Holz, einem Berg für Eisen und einer Fabrik für Getriebe sowie Produktionsgebäude, auf denen neue Schiffe oder Gebäude errichtet oder neue Verträge angenommen werden können. Besonders an den Ressourcenplättchen ist die sogenannte „Huckepack-Aktion“, bei der Spieler von den Aktionen anderer Spieler profitieren können. Befindet sich während des Zuges eines Mitspielers ein eigenes Luftschiff auf einem Ressourcenplättchen von dem dieser Mitspieler seine Ressourcen einsammeln möchte, erhält auch jedes weitere Schiff aller Mitspieler auf diesem Ressourcenplättchen eine Ressource dieser Art.

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Das Ziel des Spiels ist es, mehr Punkte zu erlangen als die Mitspieler. Siegpunkte erhalten die Spieler durch das Spenden von Luftschiffen, das Erweitern ihrer Ressourcenlager, das Bauen von öffentlichen Gebäuden oder das Erfüllen von Verträgen. Beim Bau von neuen Luftschiffen haben die Spieler jedes Mal mehrere Entscheidungen zu treffen.

Zuerst ist die Art des Luftschiffes zu wählen. Mit Holz können Holzschiffe, mit Eisen können Eisenschiffe und mit einer Kombination der beiden Ressourcen Touristenschiffe gebaut werden. Ist eine Art Schiff gebaut, muss der Spieler entscheiden, ob er es der Stadt spendet, was ihm zum Spielende Boni bringt, oder es direkt verkauft, was einen sofortigen Bonus beinhaltet. Entscheidet er sich, das Schiff zu spenden, kann er einen „Schenkungsmarker“ auf die entsprechende Schiffsart legen. Dies hat den Vorteil, dass, je nach Schiffsart, bestimmte Aktionen weniger Ressourcen kosten.

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Sobald er zwei Schiffe der gleichen Art gebaut hat, kann er die nächsthöheren Schiffe bauen, die zwar mehr Ressourcen brauchen, jedoch auch höhere Boni einbringen. Sollte er am Ende des Spiels die meisten Schiffe dieser Art gespendet haben, erhält er zusätzliche Siegpunkte in der Endwertung. Entscheidet sich der Spieler dagegen für das Verkaufen des Schiffes, erhält er Gold in Höhe des momentanen Wertes dieser Schiffsart.

Mit jedem verkauften Schiff sinkt nämlich der Wert dieser Schiffsart (Angebot und Nachfrage). Während der erste Spieler also noch sehr viel Gold für sein Schiff bekommt, sinkt der Wert immer weiter, bis es Schiffe nur noch zu „Dumpingpreisen“ gibt. Dies soll verhindern, dass Spieler sich zu sehr auf eine Ressource und eine Schiffsart konzentrieren, ohne den anderen Möglichkeiten ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

Durch das Erweitern des Lagers ist es den Spielern möglich, mehr Ressourcen einer gewissen Art zu erhalten. Zusätzlich können sie durch diese Aktion auch ein zu dieser Ressource gehörendes Plättchen auf dem Spielfeld „verbessern“, indem sie es umdrehen. Dadurch erhält das gewählte Plättchen einen Bonus den nur Spieler nutzen können, die das Lager der bestimmten Ressource verbessert haben.

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Das Bauen von öffentlichen Gebäuden ist, ähnlich wie das Spenden von Schiffen, auf die Endwertung ausgelegt. Der Unterschied ist jedoch, dass nur sehr wenige Spieler und teilweise nur ein einziger Spieler gewisse Gebäude bauen kann und dadurch davon profitiert.

Verträge sind eine der Haupteinnahmequellen für Gold und Siegpunkte im Spiel. Zu jedem Zeitpunkt liegen 5 Verträge offen aus, deren Schwierigkeitsgrad und Belohnungen variieren können. Bei jedem Vertrag muss eine gewisse Menge Ressourcen verwendet werden, um diesen Vertrag zu erfüllen. Nach einer bestimmten Zeit läuft der Vertrag aus, was in Minuspunkten für diesen Spieler resultiert. Eine geschickte Planung, welcher Vertrag also zu welchem Zeitpunkt angenommen werden sollte, ist dabei also von Vorteil.

Am Ende des Spiels werden alle erhaltenen Siegpunkte verglichen, wobei noch Sonderziele wie „Die meisten gespendeten Schiffe gesamt“ oder „Die meisten erfüllten Verträge“ ausgewertet werden. Der Spieler, der nach dieser Reise die meisten Siegpunkte ergattern konnte, kann sich damit Meisterluftschiffingenieur nennen, was sich bestimmt gut auf einer Visitenkarte machen würde.

 

Was ist in der Box?

 

Die Spielschachtel von AIRSHIP CITY kommt in mehr als nur einer Hinsicht sehr schlicht daher. Das Spielmaterial besteht ausschließlich aus Pappe. Von den Markern über die „Gebäudeplättchen“ bis hin zu den Ressourcenanzeigern ist alles aus stabiler Pappe hergestellt, die einen qualitativ guten Eindruck machen, jedoch bei Weitem keine Besonderheit darstellen.

Unverkennbar ist aber die reine Fülle an Pappmarkern in der Box. Jeder Spieler erhält dabei ein Spielertableau, 4 Luftschiffe, 20 Schenkungsmarker, 4 Rohstoffmarker, 1 Siegpunktmarker und 4 Ausbauplättchen. Zusätzlich sind 16 große „Gebäude- bzw. Aktionsfelder“, 20 Vertragskarten, 1 großes Entwicklungstableau und 1 großes Schenkungstableau neben ein paar weiteren kleineren Markern enthalten.

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Das Artwork und Design der Box zeigt sich ebenso schlicht. Bei der Farbgebung scheint sehr viel auf Effizienz und Klarheit ausgelegt zu sein, da hauptsächlich nur eher schlichte Farben, wie grau, creme und braun, genutzt werden. Auch das Design der Gebäude und Luftschiffe ist als minimalistisch zu beschreiben, wobei dies keinesfalls negativ gemeint sein soll. Die Gebäude sind dadurch mit einem Blick voneinander zu unterscheiden, ohne ganze Gemälde dafür zu nutzen und dem Spieler eine Reizüberflutung zuzumuten.

Effizient kann auch als Beschreibung für die Anleitung des Spiels benutzt werden, wobei hier vielleicht etwas übertrieben wurde. Zwar beschreibt das Regelbuch die verschiedenen Mechaniken und den Spielablauf verständlich, jedoch wird dafür eine Schriftgröße genutzt, die selbst Spielern ohne Augenprobleme Probleme beim Lesen bereitet. Dies trifft auf die gesamten Texte des Spiels zu. Für Personen, die gerne viel prägnant geschriebenen Text lesen, ist das Regelbuch definitiv ausreichend, Spieler mit Sehproblemen sollten sich aber vielleicht eine Erklärung im Internet raussuchen, um die Regeln besser erkennen zu können.


AIRSHIP CITY ist etwas Besonderes. Nicht nur, dass es das erste japanische Brettspiel meiner Sammlung ist, sondern die gesamte Anwendung der Mechanik in diesem Gewand hat meine Spielergruppe überzeugt. AIRSHIP CITY ist ein Taktikspiel mit sehr viel Tiefgang, ohne dabei auf die Komplexität von Mechaniken oder Regeln zu setzen.

Nachdem die Spieler die Symboliken der verschiedenen Aktionsfelder und die Abläufe des Spiels verinnerlicht haben, spielt sich das Spiel sehr flüssig und ohne ständige Blicke in das Regelheft. Dabei ist auch keine große Brettspielerfahrung von Nöten, da die Taktik und Komplexität eher durch die zahlreichen Möglichkeiten ins Spiel kommen. Stellenweise fühlt es sich besonders durch seinen simplen Ablauf an, als würden altbewährte Brettspiele wie Schach oder Dame gespielt werden.

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Brettspielneulinge sollten sich allerdings keine Illusionen darüber machen, dass eine Chancengleichheit bei allen Spielern bestehen würde, da, wie beim Schach, eine besser durchdachte Taktik von aufeinander abgestimmten Spielzügen bei AIRSHIP CITY einer „Ich schau mal was da kommt“-Haltung immer überlegen sein wird. Besonders ist dabei, dass trotz dieses Umstandes alle Spielergruppen mit diesem Spiel Spaß haben können, wenn sie sich darauf einlassen.

Besonders die „Getriebe“-Mechanik, die das Spielfeld ändert, bietet sehr viele Möglichkeiten für neue Strategien oder die Chance, dem Gegner seine Strategie zu verbauen. Das Artwork und das generelle Grafikdesign des Spiels sind dabei, wie so oft, Geschmackssache. Wie ich aber schon angesprochen habe, ist das Textdesign jedoch ein Problem für viele Spielergruppen. Ich persönlich hatte große Probleme, das Regelbuch in einem Anlauf zu lesen, da ich viele Pausen aufgrund der Textgröße machen musste. Da auch die Textgröße auf den Aktionsfeldern die gleiche ist, könnten Spieler mit größeren Spieltischen ebenso Probleme haben, die Texte eindeutig zu erkennen.

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Dass das Spielmaterial hauptsächlich aus Pappe besteht, ist grundsätzlich kein Problem, jedoch empfanden wir es als etwas „too much“. Besonders die kleinen Marker für Siegpunkte werden durch kleine Pappscheiben dargestellt, die wir beinahe weggeworfen hätten, da sie Überresten aus Ausstanzbögen sehr ähnelten. Die Entscheidung, diese Textgröße und dieses Material zu wählen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund des niedrig erwarteten Absatzes mit dem Ziel getroffen worden, den Preis so niedrig wie möglich zu halten. Für spätere Versionen wären aber vielleicht ein paar Holzmarker für die Siegpunkte und ein bis zwei Seiten im Regelbuch mehr, um die Textgröße wenigstens um einen Schritt zu vergrößern, wirklich hilfreich.

Meine Empfehlung spreche ich aber trotzdem für diejenigen unter den Spielern aus, die sich davon nicht beirren lassen und auf der Suche nach einem etwas anderen Taktikspiel, jenseits der bekannten Eurospiele, sind.

 

Wertung zum spiel

 

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Bilder vom Spiel

Tags: 75-120 Minuten, Ressoucenmanagement, 3-4 Spieler, Worker Placement, Eurogame

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