TEST // Adventure Island - Wertung + Fazit + Bilder
Wer hat nun recht bei der Einordnung von “Adventure Island“? Sind es die Meinungen, die das Spiel als innovativ und abenteuervoll bezeichnen und großen Spielspaß versprechen? Oder sind es die Unkenrufe, die dem Spiel viel Glückslastigkeit vorwerfen und nur wenig Spaß in Aussicht stellen? Am Ende ist es für mich von beidem etwas, wobei das endgültige Fazit dann aber doch recht eindeutig in eine Richtung tendiert. Zu Beginn des Spiels war die Begeisterung bei mir relativ groß. Die Mechanik sorgt für schnelle, spannende Spiele, mit kaum spürbarem Leerlauf. Das Erkunden der Insel macht richtig Spaß und das Finden von Gegenständen, die hilfreich sind, sorgt für Glücksgefühle. Am Ende des ersten Abenteuers war ich äußerst motiviert und hatte das Gefühl, dass dies ein ganz besonderes Spielvergnügen werden könnte. Beim zweiten Abenteuer stellt man sich dann schon die Frage, warum man die ungefähre Lage der erkundeten Umgebung komplett wieder vergessen hat, sprich, alles komplett und weiterhin zufällig über den Ortsstapel neu erkunden muss, und warum die zuvor gefundene Axt und die Fackel auf einmal nicht mehr da sind. Aber mal abwarten, vielleicht gibt es ja Gründe dafür. Es wird ja ein durchgehendes Abenteuer gespielt und es muss ja nicht jede Erklärung gleich auf dem Fuße folgen. Wie spannend wäre wohl „Lost“ gewesen, hätte man gleich alles über die mysteriöse Eingabe des Codes gewusst. Bedenken bei Seite hat mir das zweite Abenteuer auch wieder richtig Spaß gemacht und es fühlte sich weiterhin alles machbar an. Von dem großen Glücksfaktor, der das Spielvergnügen nachhaltig trüben soll, war weiterhin nicht viel zu spüren.
Beim Wechsel vom zweiten zum dritten Abenteuer gibt es dann allerdings Änderungen, die das Schiff kräftig vom Kurs abbringen und es mitten in einen Orkan steuern. Es stellte sich bei mir und meinen Mitspielern das Gefühl ein, dass bei dem Spiel so einiges in die falsche Richtung läuft. Dass man als Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel erst einmal seine Umgebung erkunden muss und sich Handwerkszeug beschafft, ist ohne Frage selbstverständlich. Warum ich dann allerdings bei jedem einzelnen Abenteuer so gut wie keinen Ort mehr kenne außerhalb des eigenen Lagers und warum ich zu blöd bin, das wenige bisschen, dass ich an Ausrüstung habe zusammenzuhalten, ist mir nicht nur ein Rätsel, sondern zudem auch ein massiver Verlust bei der Atmosphäre des Spiels. Dass ich immer wieder Fernrohr, Axt und was ich sonst noch mühevoll gefunden hatte, neu suchen muss, will mir einfach nicht einleuchten. Da kann Pegasus Spiele noch so beschwichtigend im Leitfaden schreiben, dass jedes Abenteuer nun mal ohne Ausrüstung anfängt und man sich im Dschungel nicht so gut zurechtfindet, wie in seinem Wohnviertel, überzeugt hat mich das kein bisschen. Entweder erzählt man eine durchgängige Geschichte oder man lässt es sein. Notfalls muss am Ende eines Abenteuers eben erzählerisch ein Grund gefunden werden, warum alles wieder auf Null steht, aber zu sagen, dass es so ist, nehmt es hin, fördert nicht gerade den Spaß beim Spiel. Hinzu kommt, dass das Spiel ab dem dritten Abenteuer so drastisch vom Glücksfaktor hinsichtlich der Lage einzelner Karten in den Decks abhängt, dass eine einzige Karte den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen kann. In zwei aufeinanderfolgenden Spielen hatten wir das Pech, dass der Orts- und der Treibgutstapel so ungünstig gemischt waren, dass wir kaum eine Chance hatten, das Szenario zu schaffen. Beim dritten Anlauf hatten wir dann per Hausregel eine Mischregel für den Ortsstapel festgelegt und tatsächlich hat eine einzige Karte dann den Unterschied ausgemacht. Wo wir zuvor immer wieder erfolglos hauptsächlich auf der Suche nach einer bestimmten Karte waren, konnten wir uns nun wichtigen Dingen widmen und das Abenteuer fühlte sich wieder fair und machbar an. Das hat mit ausgewogenem Balancing dann allerdings nicht mehr viel zu tun.
Doch wer bereits nach dem dritten Abenteuer der Meinung ist, dass der Glücksfaktor relativ hoch ist, sollte besser gar nicht erst mit den letzten beiden Partien starten, da die Reihenfolge der Karten in den Nachziehstapeln in diesen noch mehr über Sieg oder Niederlage entscheidet. Pegasus Spiele schreibt im Leitfaden „Im Spiel gibt es keine Situation, die es unmöglich macht, ein Abenteuerziel zu erreichen, auch wenn eine Karte ganz unten im Stapel liegt.“ Dies ist soweit korrekt, allerdings wird in der Regel mehr als eine bestimmte Karte benötigt, um ein Abenteuer zu schaffen, und so reicht es vollkommen aus, wenn 2 von 3 benötigte Karten im unteren Drittel ihres Stapels liegen, um einen Sieg so gut wie unmöglich zu machen. Im letzten Abenteuer ist dies besonders drastisch und die Mechanik wirft den Spielern Aufgabe um Aufgabe vor die Füße. Wurde voller Stolz eine Aufgabe geschafft, wird der nächste Batzen hingeknallt. Das ist weder kreativ noch herausfordernd. Für uns war im Finale irgendwann der Punkt erreicht, an dem wir das Spiel genervt und gefrustet abgebrochen haben. Ich habe wirklich nichts gegen fordernde Spiele und habe sowohl bei „7th Continent“, „The Last Expedition“ als auch bei „Kingdom: Death Monster“ kein Problem damit, Niederlagen einzustecken. Doch bei „Adventure Island“ geht spätestens mit dem dritten Abenteuer das Balancing komplett über Bord und aus Spielspaß wird Kartenziehfrust.
Vom Grundsatz her macht „Adventure Island“ dabei sehr viel richtig und versteht es auch, in den ersten beiden Abenteuern zu motivieren. Warum am Ende dann dermaßen dick in Sachen Anforderung aufgetragen werden musste, was zwangsläufig Frust bei den Spielern erzeugt, die wenig Glück beim Zusammenmischen der Stapel haben, ist mir ein Rätsel. Dabei wäre es rein von der Mechanik sicherlich machbar gewesen, alles im vorhandenen Rahmen zu einem abenteuerlichen Spielspaß zu verpacken. Zusammenstellungsregeln für die Nachziehstapel, wie z.B. bei „Pandemic“ üblich, und die Übernahme von Gegenständen, damit diese nicht jedes Mal aufs Neue gesucht werden müssen, wären schon mal ein Anfang. In der jetzigen Form wirkt „Adventure Island“ leider nicht wirklich zu Ende gedacht, ihm fehlt es am Balancing und Feintuning. Da reicht es dann auch nicht aus, die Mängel aus der ersten Auflage mit einem Leitfaden ausbügeln zu wollen. Für die schwammigen Ausführungen in der Anleitung ist es ein gelungener Ausgleich, dem durchgehenden Spielspaß wird damit allerdings auch nicht geholfen. Und somit kann ich mich als abschließendes Fazit nur der Gruppe jener anschließen, die „Adventure Island“ einen viel zu hohen Glücksfaktor anlasten, der bei den Spielern zu einem immer größer werdenden Frustfaktor führt. In den ersten beiden Runden fühlt sich das Spiel wie ein fantastischer Familienspaß an, scheitert dann aber bei dem aufkommenden Anspruch, viel mehr sein zu wollen.
Bilder zum Spiel
Tags: Storytelling, Erkunden, Abenteuer, 2-4 Spieler, Kooperativ