Spiel mit Plagiat-Vorwurf ist veröffentlicht und erhielt Shitstorm
Im März 2023 sorgte die Spieleautoren Zunft (SAZ) mit einem Plagiat-Vorwurf zum Spiel „Unfinished Business“ für Aufsehen. Das Spiel Unfinished Business wurde nicht nur inspiriert von dem Spiel „Cover Your Assets“ aus dem Jahre 2011, sondern laut SAZ wurden die Regeln zum großen Teil einfach kopiert. Dies äußerten auch viele andere kritische Stimmen im BGG-Forum oder im Bereich Social-Media.
Nun ist das Spiel auf der SPIEL ESSEN erschienen und auch wir haben ein Exemplar erhalten, um darüber zu berichten. Doch bevor wir das machen, ist es wichtig, den richtigen Umgang damit zu besprechen. Der Vorwurf, der im Raum steht, ist keine Kleinigkeit. Wegen Plagiaten sind bereits viele großen Karrieren gescheitert, weil in wissenschaftlichen Arbeiten kopiert wurde, ohne das entsprechend zu kennzeichnen. Auch sonst sind offensichtliche Plagiate in der Wirtschaft ein großes Problem, denn wenn zum Beispiel Kleidung oder Technik mehr oder weniger kopiert nachgemacht werden und somit in den Verkauf kommen und potenzielle Kunden eine Kopie kaufen, ohne es zu ahnen.
Aber bei Spielen auch?
Jetzt könnte man meinen, dass dies bei einem Spiel doch nicht so schlimm sein kann, denn schließlich ist es absolut üblich Mechaniken zu nehmen, und in anderen Spielen zu verwenden. Es gibt unglaublich viele Spiele, die auf Würfeleinsetz-Mechanismen setzen oder Workerplacement, da sollte es doch auch legal sein, ein Spiel zu erweitern, oder? Nun ja, das kommt ganz darauf an, wie unterschiedlich das Spiel am Ende ist. Laut dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) sind unter §2 Absatz 1 ganz ausdrücklich auch schriftliche Werke urheberrechtlich geschützt, darunter fallen auch Anleitungen von Spielen.
Der Stand aus dem März 2023
In dem Fall „Unfinished Business“, war das Spiel von den Regeln her laut SAZ und auch von Personen, die sich online gemeldet haben, zu großen Teilen eine 1:1 Kopie. Leider liegt uns die Anleitung des deutschen Schmidt Spiels nicht vor, um den Sachverhalt selbst überprüfen zu können, denken aber, dass eine SAZ als Organisation so etwas nicht ohne Fakten öffentlich behaupten würde. Fakt ist, dass die Kreatoren des Spiels, vertreten durch Stephan Gust auf Boardgamegeek.com im Forum und wohl auch bei Videos und Podcasts einräumte, dass Spiel Big Deal genommen zu und abgeändert zu haben.
Es stand seitens der Autorenzunft die Forderung im Raum eine Lizenz abzuschließen und die ursprünglichen Autoren in der Anleitung und auf der Schachtel zu nennen. Das ist offensichtlich seit März nicht passiert.
Der Stand Oktober 2023
Wir haben sowohl die SAZ als auch Personen von mplprn angesprochen, um ihnen die Chance auf aktuelle Stellungsnahmen zu geben. Wir boten auch unser Rezensionsspiel der SAZ an, damit geprüft werden kann, ob die Plagiatsvorwürfe noch immer aufrechterhalten werden. Leider war das nicht gewünscht. Auch von Seiten mplprn gab es keine aktualisierte Rückmeldung mehr.
Ehrlich gesagt ist das auch nachzuvollziehen. Nur die Rechteinhaber des Spiels, also die Autoren Brent Beck, Jeffrey Beck haben die Möglichkeit, diesen Fall per Gericht zu klären, offensichtlich haben sie aber entweder nicht genug Geld für einen Rechtsstreit auf einem anderen Kontinent oder der Wille dazu fehlt. Sie bedankten sich lediglich auf BGG im Forum, dass so viele Menschen Anteil an dem Diebstahl geistigen Eigentums nehmen.
Und nun?
Tja, aktuell geht der BGG-Wert des Spiels durch die Community arg in den Keller. Das Spiel hat aktuell nur noch eine 5,3 von 10 Punkten bei 176 1-Punktbewertungen. Neben den 1er- und auch 2er-Bewertungen steht immer als Grund der Plagiatsvorwurf. Da können die vielen Menschen, die das Spiel gut finden gar nicht mehr nachkommen. Es sind nun also langsam Verhältnisse wie im Videospielebereich, wo auch regelmäßig ein wütender Mob verschiedene Spiele abwertet aus diversen Gründen, aber oft, ohne das Spiel zu kennen.
Selbst wenn all diejenigen die das machen im Fall von „Unfinished Business“ Recht haben, weiß ich nicht, ob das der richtige Weg ist, mit dem Fall umzugehen. Grundlegend sollte etwas sachlicher mit dem Fall umgegangen werden, denn aus meiner Sicht hat gibt es hier zwei unterschiedliche Ebenen, die wir unterscheiden müssen.
Das eine ist die rechtliche Ebene: Hier sind wie schon beschrieben die Autoren theoretisch in der Lage ihr Recht einzuklagen, wenn sie diese noch haben. Ansonsten sind die jeweiligen Rechteinhaber dazu berechtigt, aber die Frage ist, ob da noch ein Interesse seitens der Verlage bestünde für ein so altes Spiel vor Gericht zu ziehen. Ganz nüchtern gesehen heißt es nicht umsonst: „Wo kein Kläger, da kein Richter“. „Unfinished Business“ befindet sich passend zu seinem Setting im rechtlichen Graubereich, bis das Gegenteil vor Gericht bewiesen ist.
Die zweite Ebene ist die moralische: Ich denke diese führt zu der vielfach gesehenen emotionalen Reaktion auf das Spiel. Abwertungen, böse Kommentare und Shitstorm. Auf die Truppe von mplrn ist sicherlich vieles eingeprasselt. Sicher war auch eine Stellungnahme im Forum auf BGG vom 25.2.2023 in einem mittlerweile gesperrten (aber noch zugänglichen Thread) mit dafür verantwortlich, wo zum Beispiel angeführt wurde, dass das „Cover Your Assets“ schließlich richtig viel über eine Affilnet Link bei BoadgameDigger auf Amazon verkauft worden wäre, weil so viel Werbung dafür auf dem Kanal gemacht worden wäre. Was hat das bitte mit dem Vorwurf zu tun, dass das Spiel eine leicht geänderte Version des ursprünglichen Spiels ist? Auch sonst war es eine freundliche aber insgesamt am Thema vorbei gehende Rechtfertigung.
Moralisch gesehen wäre es auch aus meiner Sicht unabdingbar gewesen, eine Lizenz zu kaufen. Als bestes Beispiel fällt mir Brass ein. Da wurde von Liebhabern des Spiels eine wunderbare Neuauflage und eine abgeänderte Version gleichzeitig über Kickstarter verkauft und erzielte unglaubliche Erfolge.
Brass: Birmingham hat auch abgewandelte Regeln des Grundspiels und trägt trotzdem den Namen des Autors auf der Schachtel, der es erfunden hat. Diejenigen die die Änderungen gemacht haben stehen dann zusätzlich dabei. „Das ist der Weg“, würden Mandaloriana sagen und dem schließe ich mich an. Es ist der bisherige Industriestandard in der Brettspiel-Industrie und das sollte auch so bleiben.
Am Ende nur Verlierer
Am Ende haben alle verloren: Die Autoren, der junge Verlag und auch wir als spielende Community.
So wie die Bewertungen von Personen ausfallen, die das Spiel spielen und mögen, scheint es gut anzukommen. Nur werden es nun vielleicht viel weniger Menschen (mit gutem Grund) spielen, als es das Spiel als solches am Ende verdient hätte. Hier findest du unseren Test zum Spiel.
Auch die ursprünglichen Autoren sind offensichtlich zu Schaden gekommen, denn ihre Namen stehen nicht auf der Box und sie haben keine Lizenzgebühren auf dem Konto und keine finanzierbare rechtliche Möglichkeit das zu ändern.
Seitens des Verlags mplprn wurde mutmaßlich unbedacht vorgegangen, ohne sich mit dem ganzen rechtlichen Teil zu genau auseinander zu setzen. Das kann vielleicht auf die Unwissenheit zu schieben sein, aber die schützt bekanntlich nicht vor der Strafe. Diese fällt rechtlich zwar weg, aber selbst, wenn das Spiel sich halbwegs rechnet, ist der Preis mit verspielter Reputation der Macher dahinter ein zu hoher Preis am Ende des Tages.
Damit nicht auch noch die Brettspiel-Community unter dem Fall leidet eine Bitte: seht davon ab online zu „Hatern“ zu werden, denn bisher war gerade die Brettspielszene eine meist sehr freundliche und umgängliche Community und am Ende des Tages ist es auch dieser Vorgang nicht wert, das gute Benehmen zu vergessen. Bleiben wir freundlich und sachlich und natürlich verspielt. Was auf dem Tisch landet kann dann jede Person selbst entscheiden.
Quellen
https://boardgamegeek.com/boardgame/121193/cover-your-assets
https://boardgamegeek.com/boardgamepublisher/26030/grandpa-becks-games
https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/BJNR012730965.html
https://boardgamegeek.com/thread/3035539/plagiarism-accusations