Test | Medici - The Dice Game

Verfasst von Deniz Jansen am 27. September 2022. Veröffentlicht in Brettspieltest

Wer sich auch nur kurz mit Brettspielen beschäftigt, wird insbesondere im deutschen Raum nahezu unweigerlich auf den Spieleautoren Reiner Knizia treffen. Er selbst war an über 650 Spielen beteiligt, von denen einige zu großen Klassikern der Brettspielwelt gehören. Eine seiner großen Leidenschaften scheint zu sein, die Welten seiner Brettspiele immer weiter zu erkunden und die Thematiken seiner großen Spiele mit unterschiedlichen kleineren Versionen auszuschmücken. So ist auch „Medici – The Dice Game“ eine erst kürzlich veröffentlichte Würfelspiel-Fassung des beinahe 20 Jahre alten „Medici“, in der Spielgruppen das Thema des großen Spiels in einem Bruchteil der Zeit erleben können. Wie sich „Medici – The Dice Game“ dabei schlägt, schauen wir uns hier genauer an.

Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss!

Darum geht es im Spiel!

Wie auch im großen „Medici“ übernimmt die Spielgruppe die Rollen von Händler:innen, die versuchen, das meiste Geld mit dem Verladen ihrer Güter zu verdienen. In jeder Runde werden dafür vier Würfel geworfen und die Ergebnisse nach typischer „Roll and Write“-Manier auf einem Wertungsbogen notiert. Die fünf Sonderwürfel des Spiels können Zahlen von 0-5 anzeigen, wobei die Farben gleicher Zahlen durchaus unterschiedlich auf verschiedenen Würfeln sein können.

Sind die Würfel geworfen, kann die aktive Person 1-3 Würfelergebnisse wählen und in die aktiven Bootsfelder eintragen. Die Zahlen werden dafür immer addiert und in die untere Reihe eingetragen, während die Farben in einer gesonderten Spalte abgehakt werden können. Die Null und die Fünf stechen dabei heraus. Da die Null dem Endergebnis keine höhere Zahl einbringt, gibt sie als Entschädigung zwei Kreuze in der Farbreihe ihrer Farbe. Die Fünf wiederum hat keine Farbe, ist dafür aber eine besonders hohe Zahl.

Ist die aktive Person fertig, müssen alle anderen Personen einen der übrigen Würfel wählen und in ihre Reihe eintragen. Ist die aktuelle Bootsreihe bei allen gefüllt, wird diese gewertet. Dafür vergleichen alle ihr Endergebnis in der Bootsreihe sowie ihren Fortschritt der verschiedenen Farbreihe. Für die Bootsreihe werden Punkte entsprechend der Platzierung ihres Ergebnisses vergeben. Hat eine Person am meisten Punkte, erhält sie je nach Spielgruppengröße zwischen 20 und 30 Punkte. Hat sich eine Person nicht wirklich auf diese Reihe konzentriert, geht sie leer aus (selbst beim 2-Personen-Spiel erhält die bzw. der Erstplatzierte 20 Punkte und Zweitplatzierte 0 Punkte!).

Die Farbreihen werden anschließend miteinander verglichen und auch hier die Mehrheiten bestimmt. Die Person mit den meisten Kreuzen in einer Reihe erhält zusätzlich 10 Siegpunkte für diese Farbreihe. Wurden die Punkte vergeben, geht es in die zweite Runde. Die Bootsreihe wird gewechselt, aber die Farbreihe bleibt gleich! So sammelt die Spielgruppe weiter Kreuze in den Farbreihen, während sie eine neue Zahlenreihe aufbauen.

Wurden alle drei Bootsreihen fertig ausgefüllt, endet das Spiel und eine siegreiche Person anhand der kombinierten Siegpunkte aus allen drei Runden bestimmt.

Ich selbst bin ein großer Würfelspielfan. Insbesondere „Roll and Write“-Spiele tun es mir schnell an, wodurch ich eine große Vorfreude auf „Medici – The Dice Game“ verspürte. Auch ohne das ursprüngliche Spiel „Medici“ persönlich gespielt zu haben, gelingt es, mit „Medici – The Dice Game“ ein gewisses Gefühl für dessen Thematik zu erhalten. Wie bei vielen Würfelspielen üblich sind die Regeln von „Medici – The Dice Game“ schnell erklärt und verstanden. Das Regelbuch hilft dabei, die Regeln zu strukturieren, und bietet gute grafische Beispiele, die das Lernen zusätzlich erleichtern.

Die Wertungszettel haben aber ein kleines Gestaltungsproblem. Klein ist hier das richtige Stichwort. Die unterschiedlichen Reihen sind meist so schmal und sehr schwierig einsehbar, sodass der Vergleich der eigenen Reihen, mit denen der Mitspielenden während einer Partie nicht problemlos möglich ist. Ständig muss der Hals gestreckt oder eine andere Person gefragt werden, um die Ergebnisse dessen Wertungsblockes überhaupt erkennen zu können.

Größere Schwierigkeiten hatten wir mit dem Spielablauf an sich. Wie es sich viele von einem Würfelspiel vermutlich vorstellen können, ist „Medici – The Dice Game“ stark vom Würfelglück abhängig. Während gute Würfelspiele meist eine gewisse Planbarkeit einbauen, um eventuell auftretende schlechte Würfelergebnisse abzufedern, ist man bei „Medici – The Dice Game“ beinahe ausschließlich auf die Würfel angewiesen. Natürlich kann man sich entscheiden, nur einen der gewürfelten Würfel einzutragen, jedoch öffnet das den Gegenspielenden die Möglichkeit, auf mehr Würfel für die eigene Reihe zuzugreifen. Das endete bei uns darin, dass eine Person immer einer anderen überlegen war, indem sie zum richtigen Zeitpunkt die richtige Farb/Zahl-Kombination gewürfelt und/oder immer drei Würfel eingetragen hat.

Verstärkt wurde das Ganze im 2-Personen-Spiel, bei dem insbesondere höhere Zahlen in jedem Fall besser waren als niedrige. Erlangt man die höchste Endsumme werden einem 20 Punkte gutgeschrieben, während die andere Seite komplett leer ausgeht. In einem Spiel, in dem 30-40 Punkte pro Runde ein wirklich gutes Ergebnis sind, ist es kaum zu kompensieren, wenn man mit 0 Punkten in einem Teilbereich herausgeht. Einzig das 4-Personen-Spiel bei dem Platz 1 30, Platz 2 20, Platz 3 10 und Platz 4 0 Punkte erhalten, empfanden wir als ausgewogen, da die Punktesprünge nicht so dramatisch sind.

Wer also gerne Würfelspiele mit mindestens vier Personen spielt, ein Fan vom Grundspiel ist oder von der äußeren Gestaltung angetan ist, bekommt mit „Medici – The Dice Game“ ein Würfelspiel, das zwar seine Baustellen mit sich bringt, für einige Spielgruppen aber durchaus interessant sein kann. Möchte man sein Glück als Händler:in versuchen und das Schicksal immer wieder herausfordern, kann „Medici – The Dice Game“ mit seiner kurzen Spieldauer und den unkomplizierten Regeln punkten. Spielgruppen, die ihre Würfelspiele mit mehr Kontrolle mögen und gerne knifflige Herausforderungen mit etwas weniger Glück bevorzugen, sollten sich lieber nach Alternativen (wie das „Lost City – Roll and Write“) umsehen.

Bilder zum Spiel

Tags: Roll-and-Write, Familienspiel, Sets erstellen, Würfelspiel