TEST // FREEDOM!
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In FREEDOM! werden zwei Spieler ins Griechenland des 19. Jahrhunderts versetzt. Während des griechischen Unabhängigkeitskriegs begegnen sich die Spieler als erbitterte Feinde in der Belagerungsschlacht um Messolonghi. Wird die imperiale Armee Messolonghi erobern können oder können die Freiheitskämpfer von Messolonghi die Geschichte neu schreiben?
Das Spiel ist ausschließlich in englischer Sprache erhältlich.
Dieses Testexemplar wurde von uns käuflich erworben.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Spielablauf
Bei FREEDOM! übernimmt ein Spieler die Rolle der imperialen Belagerungsarmee, der andere Spieler die Rolle der Freiheitskämpfer von Messolonghi. Dank des asymmetrischen Spielaufbaus stehen den Spielern in den sechs Spielrunden einer Partie unterschiedliche Möglichkeiten auf dem Weg zum Sieg zur Verfügung.
Eine Spielrunde verläuft über vier Phasen. Auf die Verwaltungsphase, in der die Spielrunde vorbereitet wird, folgt die Eröffnungsphase, in welcher der imperiale Spieler Einheiten auf die Stadt zubewegen und der belagerte Spieler Einheiten innerhalb der Stadt umgruppieren darf.
Den Kern des Spiels bildet die nun folgende Kartenphase. Jeder Spieler erhält zu Beginn der Runde acht Spielkarten, welche von einem gemeinsamen Stapel gezogen werden. Die Karten sind einer der beiden Parteien zugeordnet oder neutral. Ist ein Spieler an der Reihe, spielt er eine Karte aus und nutzt entweder die darauf abgebildete Zahl von Aktionspunkten oder er aktiviert den besonderen Effekt der Karte. Letzteres ist jedoch nur möglich, sofern es sich um eine Karte der eigenen Partei oder um eine neutrale Karte handelt. Spielt ein Spieler eine Karte der gegnerischen Partei aus, kann er ausschließlich die Aktionspunkte auf der Karte verwenden. Im Anschluss erhält der Gegenspieler die Möglichkeit, eine seiner Handkarten abzuwerfen und die Sonderaktion der ausgespielten Karte zu nutzen.
Mithilfe der Aktionspunkte können die Spieler diverse Standardaktionen durchführen, die unterschiedlich viele Aktionspunkte kosten. Zu den wichtigsten Aktionen gehören die Bewegungsaktion sowie die Angriffsaktion. Zu den weiteren Aktionsmöglichkeiten gehören unter anderem der Bau von Kanonen, die Beschaffung neuer Ressourcen (Geld und Einheiten) sowie die Beeinflussung von Regionen des Umlandes zum eigenen Vorteil. Die Sonderaktionen ermöglichen besonders starke, allerdings situationsabhängige Aktionen, wie beispielsweise das Entfernen bestimmter gegnerischer Einheiten.
Die Phase endet, nachdem beide Spieler sieben ihrer Spielkarten ausgespielt haben. Nun werden die Kanonen der Spieler aktiviert. Während die Kanonen des imperialen Spielers auf die Stadtmauern zielen und versuchen, diese einzureißen, zielen die Kanonen des belagerten Spielers unmittelbar auf die angreifenden Einheiten.
Sämtliche Kämpfe (sowohl von Einheiten als auch von Kanonen) im Spiel werden durch Würfelwürfe geführt. Für einen Kampferfolg muss der angreifende Spieler je nach Situation ein Mindestergebnis würfeln. Verteidigungswürfe werden nicht ausgeführt.
Die Spielrunde schließt mit einer Versorgungsphase ab, in welcher die Spieler aus dem kontrollierten Umland zusätzliche Ressourcen erhalten. Am Ende der dritten Runde findet zudem ein „Period Chance“ statt. In diesem Moment erhält der imperiale Spieler Unterstützung in Form weiterer Einheiten durch seine Alliierten. Der belagerte Spieler nimmt indes weitere Zivilisten in der Stadt auf, welche es zu ernähren gilt.
Der imperiale Spieler gewinnt das Spiel, wenn er entweder am Ende der Kartenphase einer Runde einen bestimmten Teil der Stadtmauern des Gegenspielers erobert hat oder wenn er es geschafft hat, durch Sonderaktionen und militärische Erfolge die Moral von Messolonghi auf 0 zu bringen. Der Spieler der Messolonghi gewinnt dagegen, wenn er es schafft, die feindlichen Angreifer für sechs Runden abzuwehren oder die Moral der Angreifer auf 0 zu bringen.
Was ist in der Box?
FREEDOM! enthält einen Spielplan, 124 Holzwürfel, fünf Würfel (sechs- bzw. achtseitig), diverse Pappmarker, 100 Spielkarten und zwei große Spielübersichten. Die Qualität des Materials schwankt zwischen mäßig und durchschnittlich. Die Kanonenspielsteine sind leider sehr klein geraten. Der Spielplan ist teilweise so ungünstig bedruckt, dass einzelne Texte auch bei gutem Licht und genauem Hinschauen nahezu unlesbar sind. Im Übrigen ist das Material nicht zu beanstanden.
Die Spielbox in Standardgröße bringt problemlos alle Spielkomponenten unter. Ohne den Spielplan hätte allerdings auch ein deutlich kleinerer Karton gereicht. Nach dem Verstauen sämtlicher Materialien enthält die Spielbox noch gut 50% Luft.
Die englischsprachige Anleitung erklärt das Spiel auf 14 Seiten mit Unterstützung von Bildern und Beispielen weitgehend gut. Eine FAQ zu den Kartentexten wäre jedoch hilfreich gewesen. In unseren Partien sind immer wieder Fragen aufgetaucht, zu denen sich die Anleitung ausschweigt.
FREEDOM! hätte ein wirklich gutes Spiel werden können, scheitert bei uns jedoch an einigen hausgemachten Problemen. Das wohl größte Manko des Spiels ist für uns der ganz erhebliche Glücksanteil beim Würfeln. Glückselemente sind nicht per se schlecht, in diesem Fall allerdings schon. Es ist frustrierend, wenn die Spieler über zwei Stunden planen und taktieren, nur um das Schicksal am Ende einigen Würfelwürfen zu überlassen. So bei uns geschehen.
Der Spieler der Messolonghi verteidigte die Stadt fünf Runden lang souverän. Gegen Ende der sechsten Runde schickte der imperiale Spieler daraufhin verzweifelt seine letzten Einheiten in Reichweite zum Angriff auf die Mauer. Dank eines guten Würfelwurfs konnte sich eine einzelne Einheit auf einer Schlüsselstelle der Mauer behaupten. Für den Messolonghi scheinbar kein Problem, denn mit zwei starken Karten und insgesamt sieben Aktionspunkten (ergo sieben Angriffen) sollte die einzelne imperiale Einheit zu vertreiben sein. Falsch gedacht. Siebenmal schlecht gewürfelt und die imperiale Einheit verblieb auf der Mauer. Das bedeutete den Sieg für den imperialen Spieler, völlig unverhofft und für den Messolonghi mit taktischen Mitteln nicht zu verhindern.
FREEDOM! wirkt an vielen Ecken nicht vollkommen zu Ende gedacht. Weshalb wird die Beschriftung auf dem Spielplan in einer nahezu identischen Farbe zum Hintergrund, also völlig unleserlich gedruckt? Weshalb hat sich niemand die Mühe gemacht, die zahlreichen Aktionskarten auf etwaige Regelmissverständnisse durchzugehen? Wie kann es sein, dass kein Tester auf die winzigen Kanonensteine aufmerksam gemacht hat, die äußerst fummelig und auf den dunkleren Feldern des Spielplans zudem schwer zu erkennen sind?
Aufgrund vieler kleinteiliger Regeln wird das Spiel zudem unnötig verkompliziert und fehleranfällig. Außerhalb der Stadt dürfen sich drei Einheiten ein Feld teilen, auf der Mauer nur zwei, im Gewässer dann aber nur eine. Die für einen Kampferfolg notwendigen Würfelergebnisse? Für den imperialen Spieler nur die 8, eine 9 (durch Modifikatoren), wenn man spezielle Felder auf der Mauer angreift, eine 7 oder 6, wenn die Mauer beschädigt oder zerstört ist. Ist man selbst auf der Mauer? Dann reicht eine 5. Lobt der Imperiale eine Belohnung aus, erhalten alle Angriffe in diesem Zug nochmal +2. Und der Messolonghi? Er trifft mit einer 6, außer der Gegner ist auch auf der Mauer, dann reicht wieder eine 5. Beim Raid-Angriff auf die hinteren Reihen der Imperialen genügt auch eine 5. Beim Angriff mit Kanonen wirft man nur die sechsseitigen Würfel. Die Formel für einen Treffer lautet (3+Zahl der Felder, die das Ziel entfernt ist), außer bei der Spezialkanone der Messolonghi. Die bekommt nochmal +1 auf den Wurf. Verwirrt? Zurecht!
Das ist alles sehr ärgerlich, denn das Thema des Spiels, der griechische Unabhängigkeitskrieg, ist interessant und lädt zum Nachforschen ein. Der Kartenmechanismus, im Kern vom erfolgreichen Twilight Struggle entliehen, ist ein wenig angestaubt, aber nach wie vor spannend und unterhaltsam. Die doppelseitig bedruckten Spielhilfen sind vorbildlich.
Die separat erhältliche Solo Mode Expansion besteht aus einer zweiseitigen Anleitung und zehn Spielkarten. In der Solovariante werden die Messolonghi von einem Automa kontrolliert. Der Mechanismus konnte uns jedoch ebenfalls nicht überzeugen, da er im Wesentlichen aus einer Übersicht besteht, welche man in jedem Automa-Zug heranziehen muss: Befindet sich eine imperiale Einheit an der Mauer? Wenn ja, dann angreifen, wenn nein, dann nächste Frage. Ist ein Mauerteil zerstört, wenn ja, dann reparieren, wenn nein, dann nächste Frage, usw. usw.
Wir wollten dieses Spiel wirklich mögen, aber die positiven Aspekte des Spiels geraten hier doch allzu sehr unter die Räder der negativen Aspekte. Vergleichbare Spiele besserer Qualität findet man unter anderem in „Wir sind das Volk“ und vor allem im bereits genannten (wenn auch deutlich längeren) „Twilight Struggle“.
Bilder vom Spiel
Tags: Griechenland, Kampfstrategie, 90 Minuten, 2 Spieler, Area Control, TSD20