TEST // THE COLD WAR
Die Welt in der Schwebe, jahrzehntelang nur eine falsche Entscheidung vom nuklearen Untergang entfernt. Die Menschheit hält den Atem an, während sich Supermächte mit gezogenen Waffen gegenüberstehen. Das ist das beklemmende Szenario des Kalten Krieges.
THE COLD WAR wurde uns freundlicherweise von PLASTIC SOLDIER COMPANY (PSC) zur Verfügung gestellt.
Auf unsere Bewertung hat das keinen Einfluss.
Im Auge des Sturms
In THE COLD WAR übernehmen 3-6 Spieler die Kontrolle über eine von 3 verschiedenen Fraktionen: den Ostblock, den Westen und die nichtalliierte unabhängige Nationalistenbewegung. Jede Fraktion verfügt über zwei Kartendecks. Bei drei Spielern werden diese zusammengemischt, bei mehr Spielern teilen sich zwei Spieler eine Fraktion. Die Fraktionen sind dabei nicht symmetrisch und verfügen über eigene Stärken, Schwächen und Kartenkombinationen.
Kartenarten:
Baukarten: zum Bau von Einheiten.
Kampfkarten: um einen Kampf zu initiieren. Damit entfernt der Spieler eine gegnerische Einheit vom Spielfeld. Diese kehrt in den Vorrat des entsprechenden Gegners zurück.
Luftkarten: zum Einsatz von Lufteinheiten. Lufteinheiten können sowohl offensiv als auch defensiv verwendet werden (jedoch nicht gegen gegnerische Luftangriffe).
Eventkarten: mit unterschiedlichen einmaligen Effekten.
Statuskarten: mit unterschiedlichen dauerhaften Effekten.
Ferner gibt es Karten, die erst vorbereitet (ausgespielt) werden müssen, bevor sie später aktiviert werden können:
Spionagekarten: eine Art Fallenkarte, die einmalig bestimmte Effekte auslöst, wenn gewisse Bedingungen erfüllt werden.
Massenvernichtungswaffen (Weapons of Mass Destruction, WMDs): mit mächtigen einmaligen Effekten. Ihr Einsatz kostet den Spieler selbst Siegpunkte. Diese Kosten können reduziert werden, abhängig davon, wie aggressiv der jeweilige Gegner gegen die eigene Faktion vorgegangen ist. Dies wird durch den Eskalationspegel festgehalten. Karten, die den Pegel erhöhen, sind mit einem Nuklearsymbol gekennzeichnet.
Mit diesen Kartendecks bestimmen die Spieler ihr Vorgehen. Anders als in vielen anderen Spielen wird jedes Deck nur ein einziges Mal pro Spiel durchgespielt. Der Abwurfstapel wird also nie gemischt und zum neuen Zugstapel. Dadurch müssen die Spieler ihre Ressourcen taktisch einsetzen, damit ihnen nicht auf den letzten Metern „der Dampf ausgeht“.
Die Spieler wollen ihren Einfluss möglichst ausbauen (und sich so Siegpunkte sichern). Nach 19 Runden endet das Spiel - es sei denn, in einer der Wertungsphasen während des Spiels liegt der führende Spieler 20 Punkte oder mehr vor dem letzten. In diesem Fall kann der Zweitplatzierte eigene Siegpunkte spenden, um diese Distanz zu verringern, andernfalls endet das Spiel.
Zu Beginn des Spiel ziehen alle Spieler Karten, stellen sich daraus eine Starthand mit 7 Karten zusammen, platzieren Spionagekarten und die verbliebenen Karten unter ihrem Deck. Es beginnt in jedem Zug der Ostblock, dann der Westen, dann die Nichtalliierten. Nach jeder geraden Runde erfolgt eine Wertung, eine finale Wertung gibt es nach Runde 19.
Jede Runde besteht aus sieben Phasen.
1. Zugbeginn: Für einige Karten wichtig, die in dieser Phase aktiv werden.
2. Luftphase: Der Spieler kann eine Luft-Karte spielen oder eine beliebige Karte abwerfen, um eine Luftbasis zu versetzen.
3. Aktionsphase: Der Spieler darf eine Karte von seiner Hand spielen (keine Spionage- oder Luft-Karte).
4. Versorgungsphase: Alle Einheiten, die eine ununterbrochene Kette zu einem Versorgungspunkt auf der Karte bilden, gelten als versorgt. Die Versorgungskette wird von feindlichen Einheiten unterbrochen. Alle nicht versorgten Einheiten müssen in dieser Phase entfernt werden, es sei denn, der Spieler wirft eine Karte ab.
5. Abwurfphase: Der Spieler darf eine Karte abwerfen oder gegebenenfalls eine Karte an seinen Teamkameraden geben oder von ihm empfangen.
6. Spionagephase: Der Spieler darf eine Spionagekarte spielen, um sie vorzubereiten, muss allerdings eine weitere Karte abwerfen.
7. Ziehphase: Der Spieler zieht auf 7 Karten auf. Hat er mehr als 7 Karten, muss er nicht abwerfen.
Alle Phasen außer dem Zugbeginn, der Versorgungsphase und der Ziehphase sind optional.
Jede Fraktion verfügt über Boden- und Lufteinheiten sowie Schiffe. Jeder Spieler darf maximal eine von jeder Sorte pro Feld haben, wobei Lufteinheiten auch nur auf einem Feld stehen können, auf dem sich bereits eine Luft- oder Bodeneinheit befindet.
Einheiten können entweder gebaut oder rekrutiert werden (je nach Kartentext). Wird eine Einheit gebaut, muss ihre Versorgung gesichert sein, sie darf nur auf einem Feld platziert werden, welches eine ununterbrochene Versorgungslinie zu einem Versorgungspunkt aufweist. Für rekrutierte Einheiten gilt diese Einschränkung nicht.
In jeder geraden Runde sowie nach der 19 Runde gibt es eine Wertung. Siegpunkte gibt es für Bodentruppen auf dem Spielbrett, für kontrollierte Versorgungspunkte sowie für Statuseffekte.
Keine Materialschlacht
Das Material von THE COLD WAR ist zweckmäßig. Das Spielbrett ist übersichtlich, wie man es von einem Kriegsspiel erwartet. Allerdings kommt THE COLD WAR mit nur wenigen Miniaturen und Markern aus, Schwerpunkt des Spiels ist die Interaktion über die Karten. Diese sind schlicht gestaltet und weisen überwiegend identisches Artwork auf. Die Events basieren auf historischen Vorkommnissen.
Auch die Plastikminiaturen sind sehr schlicht gehalten und könnten auch aus den 80er Jahren stammen. Dazu gibt es noch eine Handvoll Pappmarker sowie zweiseitig bedruckte Übersichtskarten für jeden Spieler. Insgesamt mutet das Spielmaterial deutlich älter an, als es ist.
Die Anleitung ist sehr detailliert, was sie aber angesichts der umfangreichen Regeln auch sein muss. Sie ist sehr schlicht und zweckmäßig bebildert. Die Regeln sind jedoch systematisch dargestellt und gut gegliedert. Außerdem gibt es zahlreiche Beispiele.
Die Box selbst weist ein für die QUARTERMASTER GENERAL-Reihe typisches Artwork auf. Allerdings ist sie meiner Meinung nach viel zu groß. Eine halb so große Box hätte beinahe ebenfalls ausgereicht.
Insgesamt gibt es vermutlich wenige Kriegsspiele, in denen (meist) so wenig gekämpft wird wie in THE COLD WAR. Das passt natürlich sehr gut zum Setting, ebenso die grafische Gestaltung des Spiels. Wie zu erwarten war, ist das Thema nicht jedermanns Sache. Auch mich hat allein schon die Optik abgeschreckt. Als ich mich aber auf das Spiel eingelassen habe, konnte ich die anspruchsvollen Entscheidungen und den Tiefgang schätzen lernen. (Die Frage des Themas lasse ich bei meiner Bewertung außen vor.)
Hinter der schlichten Fassade verbringt sich ein sehr gut durchdachtes und detailliert ausgearbeitetes Taktikspiel. Die Regeln an sich sind gar nicht so kompliziert, allerdings gibt es oft Ausnahmen und Einzelfälle.
Die asymmetrischen Fraktionen spielen sich unterschiedlich: Der Ostblock verfügt über materielle Stärke und ist wohl am einfachsten zu spielen. Der Westen hat viele Karten, die miteinander interagieren. Die Nichtalliierten spielen sich am anspruchsvollsten, da man effektiv drei unterschiedliche Fraktionen gleichzeitig spielt, die auch am Anfang wenig Punkte machen. Gegen Ende können sie aber mächtig Dampf machen.
THE COLD WAR ist eines der wenigen Spiele, die auf drei Spieler zugeschnitten sind. Dies verleiht dem Spiel eine interessante Dynamik mit temporären Bündnissen oder Nichtangriffspakten. Auch die „Strafpunkte“ für den Einsatz von Massenvernichtungswaffen tragen zu dieser Dynamik bei. Wenn sich allerdings zwei Spieler nicht gegen den führenden Spieler verbünden, kann es teilweise schwierig werden, einen größeren Vorsprung wieder aufzuholen.
Die Runden sind schnell, die Downtime ist relativ gering. Der Einstieg ist etwas holperig, da man die Decks und ihre Stärken und Schwächen nicht kennt. Hier hilft es, regelmäßige Mitspieler zu haben.
Mir persönlich hat die Gestaltung des Spiels nicht so gut gefallen. Auf mich wirkte sie dröge. Dies ist aber ein ganz persönlicher Eindruck, Geschmackssache. Die Komponenten sind von ordentlicher Qualität, aber in keiner Weise herausragend.
Leider sind die Ostblock-Armeen und die der unabhängigen Nationalisten farblich so nah beieinander, dass ich sie mit meiner Farbenblindheit partout nicht auseinander halten konnte. So etwas ist heute auch nicht mehr zeitgemäß. Ich hätte mir außerdem eine kleinere Box gewünscht.
Eine Empfehlung ist relativ schwierig: Fans des Genres werden THE COLD WAR schon längst auf dem Schirm haben und auch wissen, worauf sie sich bei einem Titel der QUARTERMASTER GENERAL-Serie einlassen. Daher mache ich es mal ganz simpel: Wer Taktikspiele wie Risiko mag, aber eben weniger würfeln möchte und am besten auch noch zwei regelmäßige Mitspieler hat, sollte auf jeden Fall einen Blick auf THE COLD WAR werfen.
Bilder vom Spiel
Tags: 3-6 Spieler, 90-120 Minuten, Kriegsspiel, Strategie