TEST // Roll Player
Stell dir vor, du würfelst dir deinen Charakter aus, und dann ist das Spiel auch schon vorbei! Nein, hier ist nicht die Rede von Kingdom Death: Monster, bei dem die Überlebenschance der Protagonisten ungefähr derjenigen der Eiswürfel bei Cool Runnings entspricht.
Hier geht es um das Würfelspiel Roll Player, das oberflächlich zwar wie ein waschechtes Rollenspiel aussehen mag, tief im Innern aber ein taktisches Würfelspiel ist. Und was für ein Würfelspiel. Nicht weniger als 73 Würfel liegen dem Spiel bei. Alle bereit, in eine der 18 Würfeleinsparungen auf dem Spielertableau gelegt zu werden. Doch bevor es an das Befüllen des Tableaus geht, muss zunächst einmal der Charakter in Grundzügen festgelegt werden.
Zu Beginn wählt jeder Spieler eine der 6 verfügbaren Rassen aus, wobei die Unterschiede in den Rassenbesonderheiten nur marginal aus 2 Modifikatoren bei den Attributen bestehen. Bedruckt sind die Tableaus beidseitig; auf einer Seite gibt es den männlichen Vertreter und auf der anderen die weibliche Vertreterin der Rasse seiner Wahl. Weiter geht es mit der Klasse, die an Hand der Farbe eines zufällig gezogenen Würfels bestimmt wird. Auch hier gibt es beidseitig bedruckte Karten mit thematisch ähnlichen Klassen, wobei jede eine andere Spezialfähigkeit besitzt. Welche der beiden Möglichkeiten gewählt wird, hängt einzig vom Spieler ab. Ohne Wahlmöglichkeit werden zum Abschluss noch eine Vorgeschichten- und eine Gesinnungs-Karte gezogen.
So thematisch sich die Charakterwerte auch anhören mögen, so egal und austauchbar sind die Begrifflichkeiten letzten Endes und dienen einzig dazu, ein wenig Rollenspielflair an den Spieltisch zu bringen. Entscheidend bei den Karten sind die darauf aufgedruckten Würfel- und Zahlensymbole. Auf den Klassenkarten werden Werte angezeigt, die in den entsprechenden Attributsreihen des Tableaus durch einlegen von Würfeln erzielt werden müssen, um am Ende Punkte dafür zu bekommen. Die Vorgeschichten-Karte gibt Würfelfarben an, die bei den Attributsreihen an der entsprechenden Stelle gesetzt sein müssen, um hier zusätzliche Punkte zu erhalten. Die Gesinnungs-Karte hat schlussendlich Bonus- und Maluswerte aufgedruckt, die ebenfalls in die finale Endwertung eingehen.
Nachdem die Charaktere festgelegt wurden geht es ans Auswürfeln. Zunächst wirft jeder Spieler 6 Würfel und verteilt diese frei in die Attributsfelder seines Tableaus. Ab der 2. Runde würfelt nur noch ein Spieler je nach Anzahl der Spieler eine bestimmte Anzahl Würfel und legt diese in aufsteigender Reihenfolge auf durchnummerierten Karten ab. Reihum nimmt sich anschließend jeder den Würfel und die Karte seiner Wahl, legt den Würfel in das Wunschfeld auf der Charakterkarte und nutzt die spezielle Attributsfähigkeit, zu der er den Würfel gelegt hat.
Zum Ende der Runde können noch Waffen, Rüstungen, Fähigkeiten und Merkmale aus dem Marktangebot gekauft werden. Dies geschieht der Reihe nach, entsprechend der Karte, welche die Spieler zusammen mit dem Würfel gewählt haben. So darf der Spieler, der den Würfel mit der niedrigsten Zahl gewählt hat, in der Regel als erster eine Marktkarte kaufen, während für den Rest der Spieler das Angebot immer kleiner wird, sie dafür aber die höhere Punktzahl bei den Würfeln für sich gewinnen konnten. Sobald das Tableau mit Würfeln gefüllt ist, geht es an die Auswertung und der Spieler mit der höchsten Punktzahl hat gewonnen.
Das Material
In der Box machen vor allem die buntgemischten Würfel einiges her. Damit sie nicht lose in der Schachtel umherfliegen, liegt ein stabiler Sack zur Aufbewahrung bei. Die Charaktertableaus sind aus stabiler Pappe und dürften auch über die Jahre noch für Freude sorgen. Gleiches gilt für die Goldmünzen, mit denen auf dem Markt eingekauft werden kann, sowie die Vorteilsmarker für den Markt. Auf 101 Karten sind u.a. Klassen, Vorgeschichten, Gesinnungen, Marktkarten enthalten und beim Kartenmaterial kann ebenfalls von ordentlicher Qualität gesprochen werden.
Wer Roll Player in den Verkaufsregalen stehen sieht, könnte sehr schnell zu dem Irrglauben gelangen, dass es sich dabei um einen wie auch immer gelagerten Dungeon Crawler mit interessanter Charaktererstellung handelt. Doch weit gefehlt, die Nähe zum Klassiker „Kniffel“ oder dem noch recht neuen „Ganz schön clever“ ist deutlich größer als die zu Dungeons & Dragons & Co.
Auf interessante Art und Weise hat Spielentwickler Keith Matejka Würfelstrategie-Spiele von üblichen Blättern mit Kreuzen und Zahlen befreit und sie in ein buntes Fantasygewand gesteckt. Das Ergebnis ist ein kurzweiliges und kniffliges Würfelspiel, bei dem es darum geht, die besten Synergien aus den Vorgaben, Würfeln und Marktkarten zu erzielen. Neben Würfelglück ist auch eine gute Strategie durch die Nutzung von Attributseffekten, die es zum Beispiel erlauben, Würfel zu tauschen, Würfelwerte zu erhöhen oder den Marker auf der Gesinnungskarte zu verschieben, und ein wenig Timing im Nutzen einzelner Fähigkeiten gefragt. Nicht zu vergessen die Marktkarten, die noch einmal weitere Einflussmöglichkeiten auf den Zug und die finale Punktewertung ermöglichen.
Auch wenn der mühsam erschaffene Charakter anschließend nicht in eine dunkle Höhle hinabsteigt, um böse Monster zu besiegen, entführte Prinzessinnen zu retten und große Schätze zu bergen, bietet Roll Player auch so beste Unterhaltung am Spieltisch. Und wer dann doch noch unbedingt kämpfen möchte, für den sei an dieser Stelle noch die für den kommenden Frühling von Pegasus angekündigte Erweiterung „Monster & Minions“ erwähnt, durch die es nicht allein bei der Erschaffung des Charakters bleibt, sondern zusätzlich auch noch das Verdreschen von Monstern ins Spiel kommt. Das dürfte dann tatsächlich ein Schritt weg von „Kniffel“ & Co. sein!
Tags: 1-4 Spieler, Solospiel, Würfelspiel, Würfelplatzierung, Fantasy, Deckbauspiel, Set sammeln, Variable Helden-Fähigkeiten