Test | Erd-Effekt

Verfasst von Thorben Köckeritz am 20. Februar 2024. Veröffentlicht in Brettspieltest

Habt ihr schon mal ein Kartenspiel zum Thema Klimawandel gespielt? Wenn nicht, dann geht es euch wie mir. Erd Effekt ist ein Spiel von Christian Confalonieri, das 2023 im Verlag Demoela Giochi erschienen ist und für 2-30 Spieler ab 8 Jahren empfohlen wird und genau diese Nische ausfüllen soll. Was hier in der kleinen Kartenspielschachtel steckt und was euch spielerisch erwartet, erfahrt ihr hier in unserem Test.

Damoela Giochi hat uns "Erd-Effekt" freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

Darum geht es in dem Spiel

Die Anleitung führt uns ein in die kompetitive Spielvariante, geeignet für 2 bis 5 Spieler/innen, bei der jeder von uns fünf CO²-Karten auf die Hand erhält. Eine Karte wird offen in die Tischmitte gelegt. Bin ich Startspieler, muss ich eine meiner fünf Handkarten auswählen und links oder rechts an die CO²-Karte in der Tischmitte anlegen. Dabei beschreiben sowohl meine Karte als auch die Karte in der Tischmitte eine Handlung oder einen bestimmten Vorgang. Auf der Rückseite ist der dabei entstehende CO²-Ausstoß angegeben und für uns vorerst verborgen.

Die Karte in der Tischmitte liegt bereits offen mit der Rückseite aus und zeigt wie hoch ihr CO² Ausstoß ist. Nun schätze ich wie hoch der Ausstoß meiner Karte ist. Glaube ich, dass der Ausstoß niedriger ist, lege ich sie links an, oder entsprechend rechts, wenn ich glaube, dass der Ausstoß meiner Karte höher ist.

Liege ich mit meiner Schätzung richtig, ist der/die nächste an der Reihe, ansonsten wird meine Karte abgelegt und ich bekomme eine Strafkarte vom Stapel. Wer zuerst alle Karten ablegen konnte, gewinnt das Spiel.

Die kooperative Variante funktioniert ähnlich, allerdings legen wir hier neun Aufgabenkarten in einem 3x3 Raster aus. Die erste Aufgabe fordert dass wir als Team vier CO²-Karten in der richtigen Reihenfolge, links und rechts an die ausliegende Karte anlegen müssen um die Aufgabe richtig zu lösen. Außerdem erhalten wir vier Baumkarten. Stellt sich beim Aufdecken heraus, dass eine Karte an der falschen Stelle liegt, wird diese abgelegt und wir verlieren eine solche Baumkarte (Lebenspunkte).

Für jede erfolgreich abgeschlossene Runde erhalten wir eine neue Baumkarte dazu. Wir müssen aufpassen, dass uns während der Runde nicht die Baumkarten ausgehen, sonst haben wir gemeinsam verloren. Nach dem Lösen einer Aufgabe wird die Aufgabenkarte umgedreht und zeigt einen kleinen Teil unserer Erde. Haben wir erfolgreich alle Erdteile aufdecken können, gewinnen wir als Team.

„Erd-Effekt ist ein Kartenspiel mit dem Ziel, das Bewusstsein für unseren CO2-Fußabdruck zu schärfen“, so lautet der erste Satz der Einleitung in der Spielanleitung. Diese Aufgabe erfüllt Erd-Effekt sehr gut. Ich weigere mich jedoch vehement, hier von einem "Gesellschaftsspiel" zu sprechen. Wenn ein Spiel schon damit beginnt, Spielvarianten anzubieten, rollen sich mir schnell mal die Fußnägel auf. Lediglich Spiele die gezielt für Kleinkinder im Alter von ein bis drei Jahren konzipert wurden, gestehe ich diese Freiheit gern zu. Für sie ist es schwierig ein klares Regelwerk vorzugeben an das sie sich eine ganze Partie lang halten müssen. Von einem Spiel, das sich vermutlich an Familien und Schulklassen mit Kindern ab 7-8 Jahren und älter richtet, erwarte ich einfach mehr.

Und damit sind wir beim wichtigsten Punkt: Erd-Effekt ist in meinen Augen eher ein Lernmittel/Lernspiel als ein klassisches Karten- bzw. Gesellschaftsspiel. Natürlich kann man gemeinsam raten, was in unserem Alltag welchen CO²-Ausstoß verursacht und bietet hier mitunter für eine überschaubare Dauer einen gewissen Unterhaltungswert. Im Bereich des Brettspiele Hobbies wirkt so ein Spiel meiner Meinung nach jedoch fehlplatziert. Meine Bewertung fokussiert sich daher ausdrücklich auf den vorhandenn Unterhaltungswert inklusive einhergehendem Lerneffekt bei dieser „Lern-Spiel-Erfahrung“. Diese nutzt sich von Mal zu Mal mehr ab, da die Karten sich in verschiedenen Partien schnell wiederholen können. Wenn man also zu Hause mit der Familie engagiert spielt, werden zwangsläufig diejenigen besser abschneiden, die sich die Werte der Karten vom letzten Mal besser einprägen konnten. Ich finde es außerdem unbefriedigend, dass mir das Spiel nicht beantwortet, was genau alles zur Erzeugung einer CO² Summe die mir auf einer Karte beschrieben wird beiträgt.

Das führt in der kooperativen Variante von der spielerischen Seite schnell zu Langeweile und in der kompetitiven Variante oft zu Frustration. Wie erwähnt bietet Erd-Effekt interessante Fakten zum Thema Treibhausgase, die es wert sind näher betrachtet und diskutiert zu werden. Ob das im Rahmen eurer Spielerunde hineinpasst oder nicht, müsst ihr am Ende selbst entscheiden. Vermutlich passt es besser als Ergänzung zu Exkursionen, Projekttagen oder entsprechenden Bildungsausflügen. Hier kann Erd-Effekt in jedem Fall als einmalige Erfahrung für jeden Teilnehmer punkten und ist in ebenfalls ein tolles Hilfsmittel für jede Lehrkraft, die in die Landschaft von Vorträgen und Entdeckungsreisen etwas Abwechslung bringen möchte. Erd-Effekt kann eine interessante Erfahrung sein, bei der auch die Gruppendynamik eine wichtige Rolle spielt. Sucht ihr hingegen Blockbuster-Unterhaltung, die euch in subtiler weise Wissen zum Thema des Spiels vermittelt, seid ihr hier leider falsch. Dafür ist der Wiederspielreiz einfach viel zu gering.

Abschließend sei gesagt, dass ich es sehr begrüße wenn Verlage und Autoren versuchen einen Bildungsauftrag so wahrzunehmen, dass die Spielenden es praktisch überhaupt nicht bemerken. Zu meinen beliebtesten Beispielen hierzu zählen Flügelschlag, Arche Nova, Cascadia und auch Terraforming Mars. In meinen Augen großartige Spiele, die mein Allgemeinwissen spielerisch erweitert und tieferes Interesse an den jeweiligen Themen geweckt haben. Erd-Effekt ist davon bedauerlicherweise sehr weit entfernt. Bedauerlich, weil das Thema aktueller und brisanter nicht sein könnte.

Bilder vom Spiel

Tags: Schätzen, 2-30 Personen, Natur, 15-30 Minuten, Kartenspiel