Test | Im Schein des Sichelmonds
Als die Sonne über der Wüste aufgeht und das Gebiet des Kalifats erhellt, weicht das scheinbare Gleichgewicht der Kräfte wie ein Schatten. Ein ehrgeiziger Sultan sitzt in seinem prächtigen Palast und leitet ein gigantisches Bauprojekt. Ein geheimnisvoller religiöser Führer hat eine große Schar von Gläubigen um sich geschart. Die Nomaden der Wüste haben keine feste Heimat, stellen aber eine große Armee kampferprobter Söldner. Ein rachsüchtiger Kriegsherr hat Truppen zusammengezogen, um Gebiete zu plündern. Kann sich der Kalif in diesem Chaos auf seine militärische Macht verlassen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten? Ob wir als Anführer einer dieser Truppen an vorderster Front kämpfen können, schauen wir uns jetzt genauer an.
Das Spiel wurde uns kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf die Bewertung hat dies keinen Einfluss!
"Im Schein des Sichelmonds" ist ein asymmetrisches Gebietskontrollspiel, das im 10. Jahrhundert im Nahen Osten angesiedelt ist. Ziel des Spiels ist es, durch Präsenz die Kontrolle über Gebiete auf dem modularen Spielbrett zu erlangen. Dazu schlüpfen wir in die Rolle eines von fünf für die Epoche relevanten Charakteren. Auf unterschiedlichste Art und Weise versuchen die Fraktionen Siegpunkte zu sammeln. Wer am Ende die meisten Siegpunkte hat, gewinnt das Spiel.
Das Spiel erstreckt sich über vier Jahre bzw. drei Jahre für das Kurzspiel. Jedes Jahr ist in drei Phasen unterteilt. Zu Beginn des Jahres erhalten wir unser Einkommen, bestimmen unsere Reserven und Stärke und führen die Versorgung durch. In der Jahresmitte, dem Herzstück des Spiels, führen wir abwechselnd in einer festgelegten Reihenfolge (Warlord, Scheich, Sultan, Kalif, Nomade) je eine Aktion aus, bis alle Personen am Tisch ihre vier Aktionen genutzt haben. In der kurzen Variante haben wir also insgesamt 12 und in der langen 16 Aktionen. Am Jahresende erhalten wir Sichelmonde (Siegpunkte) für die erreichten Ziele unserer Fraktion. Einzige Ausnahme ist der Kriegsherr. Er erhält seine Siegpunkte in der Jahresmitte nach den Kampfhandlungen. Kommen wir nun zu den einzelnen Fraktionen im Spiel.
Der Sultan ist die wichtigste Einkommensquelle im Spiel, denn er kann Siedlungen bauen, die ihm und den anderen Spielern mehr Einkommen bringen. Er kauft Karten von anderen Spielern auf dem Markt und verschafft ihnen dadurch Einkommen. Dadurch entsteht eine sehr unterhaltsame und interessante Wirtschaft im Spiel, die stark von den Entscheidungen des Sultans abhängt.
Ein Spieler, der sehr stark davon profitiert, ist der Scheich. Er ist der Verschwörer und Intrigant im Spiel und versucht hauptsächlich, Gebiete zu beeinflussen, anstatt sie zu kontrollieren. Da er die meisten Karten auf dem Markt hat, wird er einen Großteil seines Einkommens vom Sultan erhalten.
Im Gegensatz zum Scheich, der verschiedene Felder beeinflussen will, versucht der Kalif, Gebiete mit Einheiten und Festungen zu kontrollieren, um seinen Sieg zu sichern. Er erhält Punkte für den Schutz von Gebieten, auch wenn dort keine eigenen Gebäude stehen. Er ist auch eine der beiden Mächte, die statt Söldnern eigene Truppen aufstellen können. Der Kalif darf als einziger den Palast bauen.
Der Kriegsherr ist die aggressivste Fraktion und kann am leichtesten große Armeen aufstellen. Er baut viele Einheiten und bereitet sich auf die Eroberung des Landes vor. Sein Hauptziel ist es, feindliche Truppen anzugreifen und Städte und Festungen zu plündern. Kalif und Scheich stehen in dieser Hinsicht in direktem Konflikt mit ihm.
Der Nomade verdient sein Geld, indem er Söldner an den Scheich und den Sultan verkauft. Oder er nimmt Bestechungsgelder an und lässt seine Truppen desertieren. Außerdem ist diese Fraktion sehr mobil und kann überall auf dem Spielfeld auftauchen. Am Ende des Jahres kann der Nomade Geld gegen Siegpunkte eintauschen.
"Im Schein des Sichelmonds" ist ungewöhnlich. Das liegt zum Teil an der fernöstlichen Szenerie, vor allem aber an dem strategisch dichten Ökosystem. Es ist schwer zu durchschauen und hat eine einladende Präsenz, die trügerisch ist. Ähnlich wie "Root" bedient sich auch "Im Schein des Sichelmonds" eines Tricks, indem es ein Kriegsspiel in ein seichteres visuelles Thema transferiert. In beiden Spielen verbirgt sich jedoch unter der Oberfläche eine sehr komplexe und verzahnte Konfliktsimulation.
Aller Anfang ist schwer, aber die Regeln sind es nicht. Das Regelwerk ist übersichtlich und dank Spielerhilfen für jede Fraktion schnell zu verstehen. "Im Schein des Sichelmonds" ist ein anspruchsvolles Kennerspiel, das von den Beziehungen zwischen den Fraktionen lebt. Das komplexe Konzept lässt sich nur vollständig erfassen, wenn man jede Fraktion mindestens einmal selbst gespielt hat. Darin liegt die eigentliche Komplexität und Spannung des Spiels. Wie gesagt, das Grundregelwerk ist relativ einfach. Die Schwierigkeit, mit der zugeteilten Fraktion ins Spiel zu kommen, ist keine Frage der Regeln, sondern eher eine Frage der Strategie.
Eines der nützlichsten Dinge an diesem Spiel ist, dass es für jede Fraktion eine eigene Spielerhilfe gibt. Die Spielerhilfe listet auf der Vorderseite alle Aktionen auf. Im Innenteil gibt es eine Übersicht über die einzigartigen Eigenschaften des Charakters, eine Übersicht der Gegenstände und aller Fraktionen. Abgerundet wird die Spielhilfe auf der Rückseite mit einigen Tipps eines alten Ratgebers.
Optisch wirkt "Im Schein des Sichelmonds" klar und strukturiert. Symbole und Farben sind gut zu erkennen bzw. zu unterscheiden. Die Kartonstärke ist angemessen. Die 79 Spielkarten könnten etwas stabiler sein. Für jede Fraktion gibt es einen Stoffbeutel zum Verstauen der Truppen und Gebäude, die aus Holz sind.
"Im Schein des Sichelmonds" setzt noch einen drauf, was den Mechanismus der Gebietskontrolle angeht. Regionen können durch Militäreinheiten, durch Einfluss mittels Einflussplättchen und durch die Präsenz von Gebäuden kontrolliert werden. Und das alles durchaus von bis zu drei Fraktionen gleichzeitig. Das führt unweigerlich zu diversen Allianzen, die während des gesamten Spiels dynamisch sind.
Die zentrale Herausforderung von "Im Schein des Sichelmonds" besteht also darin, herauszufinden, wie man die anderen Fraktionen in der aktuellen Situation manipulieren kann. Es ist sehr subtil, herauszufinden, wie man mit den verschiedenen Fraktionen in Verbindung steht und sich mit ihnen überschneidet, wo sich natürliche Allianzen bilden und wie man die jeweiligen Stärken einsetzt.
Ein wichtiger Aspekt der Aktionen ist, dass sie deterministisch sind. Es gibt keine Zufallsfaktoren. Lediglich das Kampfsystem weicht vom Planspiel ab. Es ist etwas kleinteilig und es werden eine geheime Anzahl von Machtkarten ausgespielt, die einen sicheren Sieg noch zunichtemachen können. Das kann man mögen oder nicht, aber mir persönlich gefällt es, dass das Überraschungsmoment in den Händen der Spielerinnen und Spieler liegt.
Der Markt ähnelt am ehesten dem der Spiele der Pax-Reihe. Er ist ein perfektes Beispiel für die Interaktion im Spiel. Die Fraktionen haben unterschiedlich viele Karten. Der Scheich hat mehr als doppelt so viele Karten wie der Kalif, der wiederum doppelt so viele Karten wie der Nomade und der Kriegsherr hat. Der reiche Sultan hingegen hat keine einzige Karte. In der Marktaktion können eigene Karten zum halben Preis gekauft werden oder zum vollen Preis von anderen Fraktionen. Der Erlös geht direkt an diese Fraktion. So zirkulieren die Münzen zwischen den Personen am Tisch.
Die Siegpunkte werden in "Im Schein des Sichelmonds" offen vergeben und dann verdeckt abgelegt. Durch diese verdeckten Siegpunkte ist es schwer einzuschätzen, wer die größte Bedrohung für das empfindliche Gleichgewicht im Morgenland darstellt.
Das modulare Spielbrett stellt alle Spielerinnen und Spieler bei jeder Partie vor neue Herausforderungen. Zudem erfordert jede Fraktion eine andere Spielweise. Vor allem aber verlangt "Im Schein des Sichelmonds" Verhandlungsgeschick und Mut zum Verrat. Jede Fraktion hat ihr eigenes Konzept und bringt damit oft den Status quo der anderen ins Wanken. So entsteht eine heikle Ökonomie, die viel Spannung garantiert.
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Bilder zum Spiel
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Tags: 4-5 Personen, Area Majority, Kennerspiel, Modulares Spielfeld